Unzulässige Anderkonten anwaltlicher Nachlasspfleger

  • Der BGH hat die Führung von Anderkonten (konkret: Sammelanderkonten) durch anwaltliche Pfleger (Betreuer etc.) bekanntlich für unzulässig erklärt, weil diese Art und Weise der Kontenführung einen Verstoß gegen das Vermögenstrennungsgebot des § 1805 BGB darstellt (BGH Rpfleger 2019, 201).

    Gleichwohl erlebe ich mitunter in meiner gutachterlichen Praxis, dass nach wie vor Anderkonten unbeeindruckt weitergeführt werden und dass dies auch im Rahmen der nachlassgerichtlichen Prüfung der Rechnungslegung nicht beanstandet wird.

    Wie kann das sein?

    Das sich manche Banken zu Unrecht weigern, ein Konto auf "unbekannte Erben" zu eröffnen, ist für die Weiterführung (oder sogar die Neueinrichtung!) von Anderkonten natürlich kein durchgreifendes Argument.

    Die Führung von Anderkonten wird u. a. auch deshalb für unzulässig gehalten, weil (a) die Erben ohne Mitwirkung des Pflegers auch nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft keinen unmittelbaren Zugriff auf diese Konten haben und (b) die Gläubiger des Pflegers in das Anderkonto vollstrecken können. Beides ist zweifelsfrei zutreffend.

    Aber wird nicht umgekehrt ein Schuh daraus? Denn wenn der Anwalt der Kontoinhaber ist und deshalb seine Gläubiger vollstrecken können, heißt dies doch im Umkehrschluss, dass über einen Titel verfügende Nachlassgläubiger nicht in dieses Anderkonto vollstrecken können.

    Erfüllt dies in der Person des anwaltlichen Nachlasspflegers nicht den Tatbestand der Vollstreckungsvereitelung nach § 288 StGB i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 StGB?

    Und müsste ein Nachlasspfleger, der nach wie vor Anderkonten führt (oder sogar neu einrichtet) und diese Praxis auf Verlangen des Nachlassgerichts nicht ändert, nicht sofort entlassen werden?

    Es ist kein akzeptabler Zustand, dass sehenden Auges weiterhin höchstrichterlich für unzulässig erklärte Verfahrensweisen (vom Pfleger) angewendet und (vom Nachlassgericht) geduldet werden.

    Ein Anderkonto kann zudem auch nicht mit einem Sperrvermerk nach § 1809 BGB versehen werden, weil der Pfleger nicht über ein fremdes, sondern über ein eigenes Guthaben verfügt. Damit greifen auch die gesetzlichen Genehmigungstatbestände nicht. Auch dies ist kein haltbarer Zustand.

    Meinungen?

  • Ich stimme dir zu. Ich mache zwar Insolvenz. Bei Insolvenzverwaltern gilt aber genauso das Gebot der Vermögenstrennung, sodass sich letztlich genau dieselbe Problematik ergibt.

    Den Ansatz, dass die Verwendung eines unzulässigen Kontos Vollstreckungsvereitelung sein könnte, finde ich nachvollziehbar. Darüber habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht.

    Insolvenzverwalter können zumindest bei der D... Konten einrichten, die den Vorgaben des BGH entsprechen. Ich wüsste nicht warum das Nachlasspflegern nicht auch möglich sein sollte.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Den Ansatz, dass die Verwendung eines unzulässigen Kontos Vollstreckungsvereitelung sein könnte, finde ich nachvollziehbar. Darüber habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht.

    GENAU aus diesen Gründen haben sich die Anderkonten auch zu Zeiten der KO etabliert, da der Verwalter ansonsten befürchten musste, dass die Massegläubiger nach § 61 KO das Konto leerräumen. Diese Praxis hat auch keiner in Frage gestellt, siehe nur Uhlenbruck, 11. Auflage, KO, § 60 Rn. 9. Daraus leite ich aber nicht her, dass es richtig ist bzw. war.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Den Ansatz, dass die Verwendung eines unzulässigen Kontos Vollstreckungsvereitelung sein könnte, finde ich nachvollziehbar. Darüber habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht.

    GENAU aus diesen Gründen haben sich die Anderkonten auch zu Zeiten der KO etabliert, da der Verwalter ansonsten befürchten musste, dass die Massegläubiger nach § 61 KO das Konto leerräumen. Diese Praxis hat auch keiner in Frage gestellt, siehe nur Uhlenbruck, 11. Auflage, KO, § 60 Rn. 9. Daraus leite ich aber nicht her, dass es richtig ist bzw. war.

    Von der KO habe ich keinen blassen Schimmer, was an meinem Alter liegt. Gab es damals keine Vorschrift, die dem § 210 InsO entspricht?

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Nur so ähnlich, über § 60 KO.

    Allerdings sind zur Zeiten der KO die Verfahrenskosten nicht erstrangig, sondern nur zweitrangig.

    Da gibt es dann och gewisse Feinheiten zur Alt- und Neumassegläubiger über den BGH. Das würde hier aber zu weit führen. Ich wollte nur das Thema "Vollstreckungsvereitelung" etwas mit Historie beleben.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Leider bin ich als Nachlassgericht hier mit meinem Latein am Ende.

    Mir ist in fast vier Jahren Nachlass nicht eine Bank bekannt geworden, die für Nachlasspflegschaften Konten eröffnet, die der Rechtsprechung des BGH entsprechen.
    Es gab da mal eine, die das zumindest behauptet hat, jedoch noch während wir geprüft haben, ob die Geschichte insolvenzsicher ist, das Angebot eingestellt/stark eingeschränkt hat.

    Klar kann ich gegen den Nachlasspfleger Zwangsgelder verhängen oder ihn entlassen, aber er kann es ja nicht ändern, auch wenn er es will. Und wenn ich einen neuen NLP bestelle hätte der ja sofort wieder das gleiche Problem.
    Lieber hat er das Geld auf einem Anderkonto, als bei sich im Büro im Schrank liegen, weil ich ihm nicht erlaube es auf ein Anderkonto einzuzahlen.

    Mir ist auch keine Möglichkeit bekannt eine Bank anzuweisen ein entsprechendes Konto zu eröffnen.

    Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass ich dem NLP sage "Du, du, du, der BGH sagt du musst das so und so anlegen". Dann teilt er mit, dass das nicht geht, da die Banken sich weigern und dabei belassen wir es dann.

    Sofern jemand hier andere Vorschläge hat, insbesondere wie man die Banken dazu bringt entsprechende Konten anzulegen, nur her damit.

  • Der BGH hat die Führung von Anderkonten (konkret: Sammelanderkonten) durch anwaltliche Pfleger (Betreuer etc.) bekanntlich für unzulässig erklärt, weil diese Art und Weise der Kontenführung einen Verstoß gegen das Vermögenstrennungsgebot des § 1805 BGB darstellt (BGH Rpfleger 2019, 201).


    Der BGH hat nur festgestellt, dass die Fürhung von Sammelanderkonten durch amwaltliche Pfleger etc. nicht erlaubt ist (und zur Begründung unter anderem darauf hingewiesen, dass Notaren die Führung von Sammelanderkonten gesetzlich untersagt ist). Ich kann der Entscheidung nicht entnehmen, dass die Führung von Anderkonten für jedes einzelne Mandat generell unzuläsig ist. Bei diesen ist jederzeit nachvollziehbar, um wessen Gelder es sich handelt, und auc die Kontrolle durch das Gericht ist problemlos möglich.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Einzel-Anderkonten für jeden Nachlass sind ebenfalls nicht möglich, weil nicht die unbekannten Erben, sondern der Anwalt Kontoinhaber ist und daher ein Verstoß gegen das Vermögenstrennungsgebot des § 1805 BGB vorliegt (Sonnenberg/Hauer Rpfleger 2020, 110; Schulz NLPrax 2019, 19). Auch offene Treuhandkonten sind nicht zulässig (OLG Frankfurt openJur 2020, 45443 = BeckRS 2019, 44415).

  • Banken haben derzeit kein sonderlich großes Interesse daran, das Geld anderer Leute zu verwahren. Wenn man Banken dann auch noch damit kommt, dass man ein Konto möchte, das den

    Zitat

    den Vorgaben des BGH

    oder den Vorstellungen des

    Zitat

    OLG Frankfurt openJur 2020, 45443 = BeckRS 2019, 44415

    entspricht, lachen die sich kaputt. Auch die hier gepriesene D... B... AG kann keine den Bedürfnissen der Praxis und den "höchstrichterlichen Vorgaben" gerecht werdende Lösung anbieten.

    Solange es keine gute Lösung gibt, muss man sich halt mit einer Schlechten begnügen.
    Das werden auch der BGH, das OLF FFM oder die Nachlassgerichte zu akzeptieren haben.

  • Einzel-Anderkonten für jeden Nachlass sind ebenfalls nicht möglich, weil nicht die unbekannten Erben, sondern der Anwalt Kontoinhaber ist und daher ein Verstoß gegen das Vermögenstrennungsgebot des § 1805 BGB vorliegt (Sonnenberg/Hauer Rpfleger 2020, 110; Schulz NLPrax 2019, 19). Auch offene Treuhandkonten sind nicht zulässig (OLG Frankfurt openJur 2020, 45443 = BeckRS 2019, 44415).

    Das ist umstritten und jedenfalls noch nicht höchstrichterlich für alle Fälle entschieden.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ob wir die Diskussion auf Sammelanderkonten beschränken wollen, die der BGH für unzulässig erklärt hat, bleibt sich einerlei. Im Übrigen liegt der Verstoß gegen § 1805 BGB auf der Hand.

    Es gibt in diesem Fall keine gute oder schlechte, sondern nur eine gesetzesmäßige und eine rechtswidrige Verfahrensweise.

    Ich halte es für eine Kapitulation vor einem offenkundigen Unrechtszustand, wenn sich Gerichte (zumal der BGH) danach richten sollen, wozu (ausgerechnet) die Banken gerade Lust haben.

    Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Weigerung, ein Konto für die unbekannten Erben eines konkreten Erblassers zu eröffnen. Die Banken wollen nur nicht.

    Man sollte das Verhalten der Banken zur Überprüfung der BaFin stellen. Dies könnte zu einer dringend erforderlichen Problemlösung beitragen.

  • Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Weigerung, ein Konto für die unbekannten Erben eines konkreten Erblassers zu eröffnen. Die Banken wollen nur nicht.

    Man sollte das Verhalten der Banken zur Überprüfung der BaFin stellen. Dies könnte zu einer dringend erforderlichen Problemlösung beitragen.

    "Nur" ist gut... die Banken ziehen sich darüber hinaus auf die Bestimmungen des Gedwäschegesetzes zurück, wonach für unbekannte wirtschaftlich Berechtigte eben kein Konto eröffent werden darf. Als jüngere (einfachgesetzliche) Regelung würde das GWG den älteren (auch einfachgesetzlichen) Regelungen des § 1805 BGB vorgehen.

    Und der BaFin ist das alles herzlich egal.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ein „anwaltlicher Nachlasspfleger“?

    Ich ging bisher davon aus, das die Führung einer Nachlassspflegschaft durch einen Rechtsanwalt keine „anwaltliche Tätigkeit“ ist, so dass in diesem Fall die Einrichtung eines Anderkontos gar nicht möglich/zulässig ist.

    Ein Betriebswirt oder ein Sozialpädagoge, der Nachlasspflegschaften führt kann bei einer Bank ja auch kein Anderkonto einrichten.

    Diesbezüglich habe ich früher Nachlasspflegern, die Anderkonten geführt haben aufgegeben, die Anderkonten aufzulösen und die Konten als „Erbenkonten“ zu führen.

    Ob die Regeln zur Geldwäsche Banken tatsächlich verbieten, Konten für unbekannte Beteiligte einzurichten, müsste ggf. gerichtlich geprüft werden. Hierzu könnte man ja auch eine Stellungnahme der BaFin erhalten. Ggf. müsste sich eben ein Nachlasspfleger gegen eine entsprechende nachlassgerichtliche Weisung wehren.

  • Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Weigerung, ein Konto für die unbekannten Erben eines konkreten Erblassers zu eröffnen. Die Banken wollen nur nicht.

    Natürlich will die Bank nicht. Und natürlich gibt es dafür auch eine Rechtsgrundlage: Die Vertragsfreiheit, in der Ausprägung der negativen Vertragsfreiheit.

    Oder kann sich eine Erbengemeinschaft (vertreten durch den NP) auf den Kontrahierungszwang für das Basiskonto nach § 31 ZKG berufen?

  • Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Weigerung, ein Konto für die unbekannten Erben eines konkreten Erblassers zu eröffnen. Die Banken wollen nur nicht.

    Natürlich will die Bank nicht. Und natürlich gibt es dafür auch eine Rechtsgrundlage: Die Vertragsfreiheit, in der Ausprägung der negativen Vertragsfreiheit.

    Oder kann sich eine Erbengemeinschaft (vertreten durch den NP) auf den Kontrahierungszwang für das Basiskonto nach § 31 ZKG berufen?

    Das Problem ist nur, dass sich die Banken bei ihrer Weigerung, ein Konto für die unbekannten Erben zu eröffnen, gar nicht auf die besagte negative Vertragsfreiheit berufen, sondern dass sie unzutreffenderweise behaupten, dass die Eröffnung eines solchen Kontos aus Rechtsgründen (§ 154 AO) nicht erfolgen könne. Dies ist aber eindeutig unzutreffend. In Ziffer. 7.2 des Anwendungserlasses zu § 154 AO ist vielmehr ausdrücklich geregelt, dass der Eröffnung eines Kontos für die unbekannten Erben keine rechtlichen Hindernisse entgegen stehen:

    7.2. Wird ein Konto auf den Namen eines verfügungsberechtigten Dritten errichtet, müssen die Angaben über Person und Anschrift sowohl des Kontoinhabers als auch desjenigen, der das Konto errichtet, festgehalten werden. Steht der Verfügungsberechtigte noch nicht fest (z. B. der unbekannte Erbe), reicht es aus, wenn das Kreditinstitut sich zunächst Gewissheit über die Person und Anschrift des das Konto Errichtenden (z. B. des Nachlasspflegers) verschafft; die Legitimation des Kontoinhabers ist sobald wie möglich nachzuholen.

    Damit erweist sich das besagte Vorbringen der Banken als unbeachtliche rechtliche Legende. Es verhält sich vielmehr so, dass die Banken insoweit rechtswidrig handeln und manche Nachlassgerichte dies achselzuckend akzeptieren, indem sie auf eine eindeutig rechtswidrige Anderkontenführung ausweichen.

    Das ist kein akzeptabler Zustand.

  • Ein „anwaltlicher Nachlasspfleger“?

    Ich ging bisher davon aus, das die Führung einer Nachlassspflegschaft durch einen Rechtsanwalt keine „anwaltliche Tätigkeit“ ist, so dass in diesem Fall die Einrichtung eines Anderkontos gar nicht möglich/zulässig ist.

    Ein Betriebswirt oder ein Sozialpädagoge, der Nachlasspflegschaften führt kann bei einer Bank ja auch kein Anderkonto einrichten.

    Diesbezüglich habe ich früher Nachlasspflegern, die Anderkonten geführt haben aufgegeben, die Anderkonten aufzulösen und die Konten als „Erbenkonten“ zu führen.

    Ob die Regeln zur Geldwäsche Banken tatsächlich verbieten, Konten für unbekannte Beteiligte einzurichten, müsste ggf. gerichtlich geprüft werden. Hierzu könnte man ja auch eine Stellungnahme der BaFin erhalten. Ggf. müsste sich eben ein Nachlasspfleger gegen eine entsprechende nachlassgerichtliche Weisung wehren.

    Wie hat dies dann im Einzelnen funktioniert?

    Denn aus Deinen Bemerkungen entnehme ich, dass es durchaus funktioniert hat.

  • Der Insolvenzbereich hat (und die Banken haben) sich nach dem Urteil des BGH vom 07.02.2019 -IX ZR 47/18- intensiv mit der Thematik befasst und zum Teil auch die Praxis geändert. Es lohnt sich für den Nachlassbereich, dort nachzulesen.

    Ein Hauptthema war die Vollstreckung. Beim offenen THK können Gläubiger des Verwalters vollstrecken, beim Sonderkonto (eröffnet durch den Schuldner oder regelmäßig durch xy als Insolvenzverwalter über...) Gläubiger des Schuldners. Weil die Vollstreckung durch Gläubiger des Insolvenzschuldners in der Inso-Praxis zu großen Problemen führen kann, wird an vielen Stellen am THK festgehalten. Dieses Thema ist in der Inso natürlich allgegenwärtig, es spielt aber bei Nachlasspflegschaften eine untergeordnete Rolle. Außerdem: Sollte in einer Nachlasspflegschaft vollstreckt werden, so halte ich eher eine Diskussion über die Stellung eines Insolvenzantrags für notwendig (der in Nachlasspflegschaftskreisen eher mit spitzen Fingern angefasst wird).

    Keinen echten Unterschied hingegen gibt es bei der in der o.g. Entscheidung auch betrachteten Verfügung über das Konto. Der Verwalter kann gleichermaßen über das THK als auch das Sonderkonto verfügen.

    Persönlich kann ich sagen, dass ich alle Nachlasspflegschaftskonten bei einer Bank auf "Unbekannte Erben von ..." führe, und dass ich als Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter nur Verfügungsgewalt habe. Wenn die Erben mit dem Erbschein dort aufschlagen, fragt die Bank zwar bei mir nach, wird aber im Ergebnis verpflichtet sein, an die Erben auszuzahlen. Es ist auch aus Sicht des GWG und der dortigen KYC (Know Your Customer)-Anforderungen möglich, ein Konto auf unbekannte Erben zu führen (nach AO ist es ohnehin kein Thema), und es ist nach meiner Überzeugung die einzig rechtlich korrekte Variante.

    Ich habe mich aber auch umgehört bei verschiedenen Banken und kann bestätigen, dass diese kein Interesse an Konten für Nachlasspflegschaften haben: zuviel Regulatorik, zuviel Guthaben das die Bank Geld kostet, und am Ende muss -wenn es schlecht läuft- die Identität zahlreicher Erben aus einer Erbengemeinschaft festgestellt und das Guthaben korrekt an diese ausgezahlt oder hinterlegt werden. Das ist wirklich nicht attraktiv für Banken, und daher entscheidet am Ende wohl die Praxis über die Kontoart; um das zu ändern, bräuchte es meines Erachtens auch Erleichterungen für die Banken oder, als Idee: Konten bei staatlichen Banken für Nachlasspflegschaften, Betreuungen etc., vielleicht bei der KfW.

  • Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Weigerung, ein Konto für die unbekannten Erben eines konkreten Erblassers zu eröffnen. Die Banken wollen nur nicht.

    Natürlich will die Bank nicht. Und natürlich gibt es dafür auch eine Rechtsgrundlage: Die Vertragsfreiheit, in der Ausprägung der negativen Vertragsfreiheit.

    Oder kann sich eine Erbengemeinschaft (vertreten durch den NP) auf den Kontrahierungszwang für das Basiskonto nach § 31 ZKG berufen?

    Die BGH-Entscheidungen mögen höchst ehrenwert sein, ziehen aber an der Praxis vorbei. Letztendlich hat der BGH der Nachlasspflegschaft einen Bärendienst erwiesen. Die Lobby der paar Nachlasspfleger ist nicht groß genug, um einen Federstrich des Gesetzgebers zu erzeugen.

    Das Rechtsempfinden von Cromwell ist zurecht massiv verletzt. Sinnvoll wäre es gewesen, der BGH hätte eine Übergangsfrist eingerichtet und dem Gesetzgeber aufgeben das Problem, Henne oder Ei, wer war zuerst da, Gesetzestextmäßig zu regeln. Zum Beispiel an oben genannter Stelle eine kleine Ausnahmeregelung für unbekannte Erben durch den gerichtlich bestellten und kontrollierten Nachlasspfleger eingeschoben und fertig.


    Aber was dem deutschen Recht der Nachlasspfleger Wert ist, haben wir ja schon ausführlich im Rahmen seiner Legitimation erörtert. Jeder der es nicht glaubt, dass ich der Nachlasspfleger für die unbekannten Erben just gerade jetzt noch bin, muss beim Amtsgericht anrufen und es sich fernmündlich bestätigen lassen.

    Ich führe weiterhin geduldet, weil die Nachlassgerichte auch keine Lösung haben und ich Liquidität für die vorrangigen Kosten des Verfahrens schütze, mein Fremdgeldkonto. Gerade in vielen kleinen 08/15 Nachlässen reichen ca. 1.500,00 €, um der Staatskasse 800,00€ zu ersparen.

    Mir stellt sich aber eine ganz andere Frage, wie oft in der Woche kommt es eigentlich vor, dass gegen Nachlasspfleger vollstreckt wird?

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

  • Mir ist ein Fall zu Ohren gekommen, bei welchem die Erben des verstorbenen Nachlasspflegers dessen rechtskräftig festgesetzte Vergütung vollstrecken wollten, weil der neue Nachlasspfleger die Zahlung unter Berufung auf (die im Vergütungsverfahren nicht einwendbare) mangelhafte Geschäftsführung des ersten Pflegers verweigerte und eine Vollstreckungsgegenklage ankündigte.

    Wird wohl nicht allzu oft vorkommen, aber es kann vorkommen, und zwar auch bei nicht überschuldeten Nachlässen, sodass sich hier das Insolvenzantragsproblem nicht stellt.

    Zu den Anderkonten ist festzuhalten, dass sich aus dem zitierten Anwendungserlass zu § 154 AO eindeutig ergibt, dass die Einrichtung von Konten zugunsten unbekannter Erben möglich ist (auch von tube und von @Einstein bestätigt). Also besteht das Problem nicht in materieller Hinsicht, sondern allenfalls aufgrund der unbegründeten Verweigerungshaltung der Banken.

    Die Fortführung von Erblasserkonten ist ja ohnehin nicht das Problem, weil dieses Konto bereits existiert.

    Die Schelte am BGH geht nach meiner Ansicht fehl. Ich halte die Entscheidung für absolut zutreffend und wenn man ehrlich ist, hatte man derlei auch erwartet, weil die Norm des § 1805 BGB völlig eindeutig ist.

    Beim Legitimationsproblem (hierzu vgl. die aufgrund des Erfordernisses der Vorlage des Orginalpersonalausweises für den Nachlasspfleger arbeits- und zeitaufwandverursachende Entscheidung des BGH Rpfleger 2021, 504) hat man wenigstens noch den Trost, dass die Hin- und Rückfahrt zur Bank vergütungsfähig ist.


  • Persönlich kann ich sagen, dass ich alle Nachlasspflegschaftskonten bei einer Bank auf "Unbekannte Erben von ..." führe, und dass ich als Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter nur Verfügungsgewalt habe. Wenn die Erben mit dem Erbschein dort aufschlagen, fragt die Bank zwar bei mir nach, wird aber im Ergebnis verpflichtet sein, an die Erben auszuzahlen. Es ist auch aus Sicht des GWG und der dortigen KYC (Know Your Customer)-Anforderungen möglich, ein Konto auf unbekannte Erben zu führen (nach AO ist es ohnehin kein Thema), und es ist nach meiner Überzeugung die einzig rechtlich korrekte Variante.

    Ich habe mich aber auch umgehört bei verschiedenen Banken und kann bestätigen, dass diese kein Interesse an Konten für Nachlasspflegschaften haben: zuviel Regulatorik, zuviel Guthaben das die Bank Geld kostet, und am Ende muss -wenn es schlecht läuft- die Identität zahlreicher Erben aus einer Erbengemeinschaft festgestellt und das Guthaben korrekt an diese ausgezahlt oder hinterlegt werden. Das ist wirklich nicht attraktiv für Banken, und daher entscheidet am Ende wohl die Praxis über die Kontoart; um das zu ändern, bräuchte es meines Erachtens auch Erleichterungen für die Banken oder, als Idee: Konten bei staatlichen Banken für Nachlasspflegschaften, Betreuungen etc., vielleicht bei der KfW.

    bin da ganz bei dir und Cromwell... Sammelanderkonten gehen mal gar nicht (vom Recht her). auch ich habe mal ca. 38 Euro aus einer Kontauflösung auf mein anwaltliches Fremdgeldkonto auszahlen lassen, aber nur weil es eben nicht anders ging. Sowohl ich wie auch mein Nachlass-Rechtspfleger waren wenig begeistert, aber mangels Alternative...

    tube, welche Bank macht denn diesen tollen Service für dich? die H.... Bank AG?

    ich schelte bei der Diskussion weniger den BGH, der kann auch nur das Gesetz auslegen, als den Gesetzgeber, dieser müsste mal im GWG für mehr Klarheit schaffen bzw. in Europa vorbringen dass in Deutschland so was wie Nachlasspfleger ein gewaltiges Problem haben... (AO wird gern von den Banken contra legem vorgeschoben, um nicht das GWG Problem zu haben).

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