Aktueller ALG II-Bescheid liegt vor, aber kein ausgefülltes Formular

  • Hallo ihr Lieben,

    In meiner Sache hat die Partei bei einer Überprüfung nach § 120a ZPO ihren aktuellen ALG II - Bewilligungsbescheid vorgelegt, jedoch nicht das Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausgefüllt bzw. eingereicht. Auch auf meine Erinnerung hin wurde die Erklärung nicht nachgereicht.
    Wie handhabt ihr das in diesen Fällen? Würdet Ihr tatsächlich mit einer Aufhebung drohen oder seid ihr der Meinung, durch den Bewilligungsbescheid ist hinreichend nachgewiesen, dass sich an den Verhältnissen der Partei nichts geändert hat?
    Die Partei bezieht seit Jahren ALG II - Leistungen.


    Vielen Dank Euch schon mal.

  • Ich stimme in der Theorie zu, aber: Was soll das bringen ?

    Kommt die Erklärung nicht, hebst du auf und die Forderung wird im Ergebnis niedergeschlagen: Macht außer viel Arbeit für alle keinen Sinn.

    Ich packe die in aller Regel dann weg und gut ist. Ich würde bei solchen Fällen auch nicht mehr prüfen, bzw. hätte die nie geprüft.

    Und bevor es wieder Haue gibt: Ich prüfe normalerweise beim Bezug von SGB-II Leistungen immer, außer es ergibt sich dauerhafter Leistungsbezug. Und kommt mir irgendwas schräg vor, will ich auch die Erklärung sehen, kommt da halt immer auf den Sachverhalt an.

  • Ich stimme dir da insoweit zu, dass ich in einem solchen Fall wahrscheinlich gar nicht erst mit einer Überprüfung angefangen hätte.

    Auch dürftest du damit recht haben, dass es Arbeit für eher wenig Erfolg sein dürfte. Viel Arbeit ist das aber nicht, zumindest unser Programm erstellt die Schreiben+Beschluss vollständig, das sind zwei Minuten.

    Wenn man unbedingt nach dem Minimalprinzip arbeiten will, kann man es natürlich bei dem ALG Bescheid belassen, beschweren wird sich keiner. Aber das Gesetz sagt was anderes und so völlig ohne Not davon abzuweichen, naja. Bleibt letztlich dem jeweiligen Bearbeiter überlassen ;)

  • Kommt die Erklärung nicht, hebst du auf und die Forderung wird im Ergebnis niedergeschlagen:

    Das ist zwar (sehr) wahrscheinlich, aber nicht garantiert. Und m.E. kein Grund die glasklare Rechtslage zu ignorieren.
    Im Übrigen ist es m.E. gerichtliche Willkür, wenn man ohne gesetzliche Grundlage bei einzelnen Personen von der Verwendung des Formulars absieht und bei anderen auf dieser Grundlage die PKH aufhebt.

    Der Verordnungsgeber hat gemäß §2 Abs. 2 PKHFV indes nur für Personen die Leistungen nach dem SGB XII beziehen eine (teilweise) Befreiung vom Formularzwang vorgesehen.

  • Tja, dann handel ich da wohl willkürlich.

    Klar, der Beschluss ist schnell gemacht: Der wird noch zugestellt, die Fristen überwacht pp. Da sind ja noch einige Personen mit beschäftigt.

    Es ist ja mit der Aufhebung nicht vorbei: Der KB stellt zum Soll, die Kasse schickt die Rechnung raus, es wird gemahnt und der Vollstreckungsbeamte rennt raus, um den ALG-II-Bescheid nochmal zu sehen.

    Da steck ich meine Energie und Zeit sowie die anderer bezahlter Mitarbeiter der Justziz lieber in Verfahren, bei denen noch der Hauch einer Chance besteht, das da was bei rumkommt.

    Ne, da denke ich dann sicher willkürlich, aber wirtschaftlich.

    Aber man mag es auch gerne anders machen.

  • Die fachgerichtliche Rechtsprechung, die ich kenne, ist bis ziemlich weit oben sehr eindeutig: Vordruckpflicht auch bei SGB II-Bezug. Wenn der nicht kommt, muss man den KB und den GV dann leider (meist sinnlos) laufen schicken.

    Wobei ich Störtebeckers Ansatz durch die Brust ins Auge geschossen auch verfolge: Ich prüfe vor der Überprüfungseinleitung, ob aktuell ein die PKH-Partei betreffendes Verfahren offen ist. Ich bin ja beim SG: Wenn da wieder was aktuelles gegen das Jobcenter läuft und sich der SGB II-Bezug aus dem laufenden Verfahren ergibt, verzichte ich auf die Einleitung des Überprüfungsverfahrens. Im Prinzip kommt das Störtebeckers Ansatz gleich: Ich wollte prüfen, habe das (intern) auch gemacht, habe keinen Vordruck gesehen und bin trotzdem bei ratenfreier PKH geblieben.

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • :daumenrau
    Ich bekenne mich auch zu dieser Verfahrensweise. Es sind Fälle denkbar, in denen die PKH-Freibeträge niedriger sind als die SGBII-Freibeträge und da könnte sich theoretisch etwas ergeben, z. B. bei Lebensversicherungen, die der Altersvorsorge dienen und die unter bestimmten Voraussetzungen "hartzIV-sicher" sind, aber bei denen wir etwas holen könnten. Das habe ich vereinzelt gesehen, Zahlungsbestimmungen getroffen, es kamen Beschwerden und die Rechtsmittelinstanzen haben idR zu Gunsten der PKH-Parteien entschieden.

    Aber bevor ich die Arbeitszeit von Kostenbeamten, Geschäftsstelle, Vollstreckungsbeamten bei der LJK und von mir verplempere mit magerem Ausgang, konzentriere ich mich lieber auf die Fälle, in denen was zu holen ist oder bei denen zumindest Aufklärungsbedarf ist oder denen man einfach, um einen moral hazard zu vermeiden, öfter mal auf die Füße treten möchte.

    Ist das willkürlich? Ja und nein.

    Letztlich hat es ja auch eine gewisse Außenwirkung, wenn man in Verfahren mit praktisch null Erfolgsaussichten die PKH-Parteien derart zwirbelt. Ein Schikanevorwurf ist da nicht weit, auch wenn der § 120 a IV ZPO eindeutig ist.

    Letztlich ist der Staat bei PKH-Regress da wie andere Gläubiger auch: Wir wollen kein Papier, wir wollen Geld zurück. Zum Glück sehen das meine Bezirksrevisoren auch so. Aber ich möchte auch niemanden davon abhalten, Formulare einzufordern. Zum Glück sind wir da sachlich unabhängig und ich habe da auch kein Problem, mich bei einer Geschäftsprüfung o. ä. zu verantworten.

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