AV für künftige WEG

  • Hallo!

    Ich habe hier einen Antrag auf Eintragung einer AV für eine noch zu bildende WEG. Es liegt allerdings noch keine Teilungserklärung vor (verkauft wurde das Flurstück "zum Miteigentum im Verhältnis der jeweiligen MEA am gesamten Wohnungseigentum sowie in dem Eigentumsverhältnis, in dem das einzelne Wohnungs- und Teileigentum mehreren Miteigentümern bzw. Gemeinschaften zusteht"). Es wurden lediglich noch die Vollmachten der künftigen Eigentümer vorgelegt.

    Ein künftiger Anspruch ist ja an sich durch AV sicherbar (§ 883 I 2 BGB). Aber ist der Rechtsboden dafür schon gelegt, wenn noch nicht mal eine Teilungserklärung vorliegt? Habe dazu nichts im Form gefunden und auch nicht im Kommentar.

    Kann mir jemand vielleicht weiterhelfen?

    LG

  • Den Link kannte ich schon, jedoch ist mein Fall nochmal ein Stückchen anders (da es bei mir nicht mal eine Teilungserklärung gibt). Ich versuche, es nochmal zu konkretisieren :)

    Es gibt bislang nur ein einziges Grundbuch mit einem Flurstück und einem Eigentümer. Letzterer hat für die noch zu bildende Wohnungseigentümergemeinschaft eine AV bewilligt.

    Edit: den § 9a WEG hatte ich auch im Blick, war dann aber durch das bis Ende letzten Jahres wohl verbreitete Konstrukt der werdenden WEG verwirrt. Diese forderte unter anderem ja auch die Anlegung mehrerer Grundbücher.

    Ich tendiere dazu, dass der Eigentümer zunächst einmal sein Grundstück teilen muss und ich dann erst wie beim oben stehenden Link die AVs eintragen kann...

  • Die WEG-Gemeinschaft entsteht mit Anlegen der Wohnungsgrundbücher (§ 9a WEG, s.a. BeckOK WEG). Vorher liegt m.E. keine Rechtsfähikgeit vor.
    Könnte man den Kaufvertrag evtl. so verstehen, dass die künftigen Wohnungseigentümer das Grundstück schon entsprechend ihrer künftigen Miteigentumsanteile erwerben sollen? Du schreibst ja, dass ihre Vollmachten bereits vorliegen. Sind diese Miteigentumsanteile im Kaufvertrag bereits bezeichnet? Dann ist vielleicht eine AV zu Bruchteilseigentum beabsichtigt und später Aufteilung nach § 3 WEG?
    Ich empfehle hier eine Abklärung der Sachlage mit dem Notariat.

  • Im Kaufvertrag sind keine Miteigentumsanteile bezeichnet. Es steht lediglich "Verkauf zum Miteigentum im Verhältnis der jeweiligen Miteigentumsanteile" da. Ich gehe davon aus, dass die Anteile erst zu einem späteren Zeitpunkt gebildet werden sollen und jetzt erstmal eine AV für alle am gesamten Grundstück gewollt ist.

    Die Idee mit § 3 WEG war mir tatsächlich gar nicht gekommen. Ich war davon ausgegangen, dass sämtliche Vollmachten wegen § 9b I 2 WEG eingereicht worden sind, da es keinen Verwalter gibt (bisher). Jedoch steht da ja, dass die Gemeinschaft durch sämtliche Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten wird und ohne bestehende Gemeinschaft (mangels Anlegung der Wohnungsgrundbücher wie du ja sagst) kann es in dem Sinne eigentlich noch gar keine "Wohnungseigentümer" geben :gruebel:

    Ich wollte heute sowieso mal beim Notariat anrufen, mal schauen ob was dabei rum kommt :)

    Vielen Dank erstmal an alle!

  • Wie im Bezugsthread
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1216371
    und hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1059973
    ausgeführt, muss sich dann, wenn Wohnungseigentum verkauft wird, bevor die Teilungserklärung vollzogen ist, aus den dem notariellen Vertrag beigefügten Plänen und Baubeschreibungen der Umfang des Sonder- und Gemeinschaftseigentums nach Lage, Größe und Aufgliederung ergeben (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.05.2006, 23 U 170/04, unter Zitat: BGH NJW 1986, 845; Schöner/Stöber, RN 2943). Außerdem muss der mit dem Sondereigentum zu verbindende Miteigentumsanteil der Größe nach benannt sein (BayObLG (2. ZS), Beschluss vom 13. 3. 1974 - BReg. 2 Z 12/74 = BayObLGZ 1974, 118/124; M. Müller im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.09.2021, § 4 WEG RN 73 mwN in Fußnote 71; Armbrüster im Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 14. Auflage 2018, § 1 RN 94 mwN in Fußnote 178¸ Assmann im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.08.2021, § 883 BGB RN 24.2 mwN in den Fußnoten 85, 86). Ansonsten fehlt es an der sachenrechtlichen Bestimmtheit.

    Da die Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 9a Abs. 1 S. 2 WEG erst mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher entsteht, kann der Erwerber auch nur danach die Stellung eines Wohnungseigentümers einnehmen. Dies setzt nach § 8 Abs. 3 WEG voraus, dass eine Vormerkung im Wohnungsgrundbuch am veräußerten Wohnungseigentum eingetragen worden ist. Die Eintragung einer Vormerkung an dem noch ungeteilten Grundstück genügt hierfür nicht (BeckOGK/Assmann, § 883 BGB RN 24.1 unter Hinweis auf die BT-Drs. 19/18791, 44).

    In der BT-Drs. ist ausgeführt (Hervorhebung durch mich):

    „Der Bundesgerichtshof hat bislang offengelassen, ob die Eigenschaft als sogenannter werdender Wohnungseigentümer nur innerhalb eines bestimmten zeitlichen Zusammenhangs zur Entstehung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erworben werden kann (Urteil vom 11. Mai 2012 − V ZR 196/11 Randnummer 12). Die damit verbundene Rechtsunsicherheit beseitigt § 8 Absatz 3, indem jeder Erwerb vom teilenden Eigentümer erfasst ist, unabhängig davon, wie viel Zeit seit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher oder dem Eigentumserwerb anderer Erwerber vergangen ist. § 8 Absatz 3 setzt einen durch Vormerkung im Grundbuch gesicherten Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum voraus. Wie sich aus § 9a Absatz 1 Satz 2 WEG-E ergibt, müssen zudem die Wohnungsgrundbücher angelegt worden sein. Denn solange das Wohnungseigentum als sachenrechtliches Zuordnungsobjekt nicht existiert, sind auch die Vorschriften des WEG nicht anwendbar. Insoweit weicht § 8 Absatz 3 aus Gründen der Rechtsklarheit von dem richterrechtlichen Institut des sogenannten werdenden Wohnungseigentümers ab, nach dem eine Vormerkung an dem noch ungeteilten Grundstück genügt (vergleiche BGH, Beschluss vom 5. Juni 2008 – V ZB 85/07 Randnummer 15)..“

    Und wenn die Eintragung der Vormerkung am ungeteilten Grundstück nicht genügt, sondern die Anlegung der Wohnungsgrundbücher voraussetzt, dann kann selbstverständlich keine „AV für eine noch zu bildende WEG“ am ungeteilten Grundstück eingetragen werden.

    Der vorliegende Antrag ist zurückweisungsreif. Statt „mal beim Notariat anzurufen und mal zu schauen ob was dabei rum kommt“, würde ich schriftlich zur beabsichtigten Antragszurückweisung anhören und dazu eine Frist zur etwaigen Stellungnahme von 10-14 Tagen setzen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort, Prinz :)

    Ich habe am Wochenende nochmal in Ruhe drüber nachgedacht und mir die Links angeschaut. Beim Notariat hatte ich, nachdem ich bis kurz vor 12 an einer Zwischenverfügung gebastelt habe (es gab noch mehr Probleme als das hier geschilderte), dann doch nicht mehr angerufen. Ich hatte es jetzt folgendermaßen formuliert:

    "Der beantragten Eintragung stehen folgende Hindernisse entgegen:

    1. Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für eine - mangels Anlegung der Wohnungsgrundbücher - noch nicht entstandene Wohnungseigentümergemeinschaft ist mangels Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft bislang nicht möglich (vgl. § 9a I 2 WEG).

    Möglich wäre zum jetzigen Zeitpunkt:

    - die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung eines noch zu bildenden Miteigentumsanteils für jeden einzelnen der zukünftigen Wohnungseigentümer oder

    - die Einreichung der notwendigen Unterlagen für die Anlegung der Wohnungsgrundbücher" (...)


    Ob der Antrag zurückgewiesen wird oder eine Zwischenverfügung ergeht ist nicht meine Entscheidung, da ich erst in ein paar Wochen zeichnungsbefugt bin. Warum hättest du den Antrag denn direkt zurückgewiesen trotz behebbarer Mängel?
    Außerdem würde ich gerne wissen, ob du irgendwelche Tipps zur Recherche solcher Dinge hast? Ich selbst hatte bei Juris zunächst versucht, alleine auf die Lösung zu kommen aber konnte nichts finden, was zu meinem Fall gepasst hat. Wie bist du denn genau vorgegangen?

  • Vorliegend setzt die Vollzugsfähigkeit die Abgabe geänderter Eintragungsbewilligungen voraus. Statt der nicht möglichen Belastung des Ursprungsgrundstücks zugunsten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit der AV ist eine Eintragungsbewilligung erforderlich, die auf die Belastung des einzelnen Wohnungseigentums gerichtet ist (und bei der es derzeit ohnehin an der Bestimmtheit des vorzumerkenden Anspruchs fehlt). Auch dürfte es vom Wesen des Wohnungseigentums her unzulässig sein, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Vormerkungsberechtigte bei allen zu bildenden Einheiten eingetragen wird, d.h. zur Eintragung von Erwerbsvormerkungen auf allen zu bildenden Einheiten müsste ohnehin der Vormerkungsberechtigte geändert werden.

    Eine Zwischenverfügung ist jedoch nur dann zulässig, wenn es sich um rückwirkend behebbare Mängel handelt. Ist eine geänderte bzw. neue Eintragungsbewilligung erforderlich, scheidet der Erlass einer Zwischenverfügung aus; siehe diese Threads
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…931#post1150931
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…549#post1144549
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…538#post1090538
    oder zuletzt OLG Schleswig (2. Zivilsenat), Beschluss vom 02.09.2021 – 2 Wx 53/20, Rz 15
    https://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal…hl=1#focuspoint

    Zur Methodik:

    Da es um einen Anspruch geht, der nach § 883 BGB vorzumerken ist, habe ich die neuere Kommentierung zu § 883 BGB aufgerufen. Zum künftigen Wohnungseigentum macht dazu z. B. Assmann im BeckOGK § 883 BGB in den Randnummern 24 bis 24.2 Ausführungen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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