Parteiidentität bezweifelt wegen Anschriftenänderung

  • Ich habe einen 20 Jahre alten Vollstreckungstitel mit der Anschrift der Schuldnerin in ABC. In den letzten 20 Jahren ist die Schuldnerin zigmal umgezogen und hat jetzt eine neue Anschrift in XYZ.

    Habe gerade einen PfÜB beantragt unter Vorlage des Titels, auf dem die ursprüngliche Anschrift ABC steht und die Schuldnerin mit ihrer aktuellen Anschrift XYZ im PfÜB bezeichnet wird (was ja richtig uns sinnvoll ist). Zudem habe ich das Geburtsdatum und den früheren Mädchennamen der Schuldnerin im PfÜB angegeben (beides steht auch auf dem Titel - ist eine notarielle Urkunde)

    Das Vollstreckungsgericht erläßt den PfÜB nicht, weil wegen der unterschiedlichen Anschrift im Titel bzw. im PfÜB die Parteiidentität nicht nachgewiesen sei. Ich solle beim Einwohnermeldeamt eine Bescheinigung über den Wohnsitzwechsel einholen und vorlegen. Problem ist nur, dass das EMA immer nur die letzte, vorherige Anschrift kennt - aber nicht die Anschrift von vor 20 Jahren. Ich kann doch schlecht 20 EMA anschreiben und die "Umzugsspur nachverfolgen" (kostet ja auch jedesmal 10 - 15 Euro) für so eine Bescheinigung, nur weil die Schuldnerin in den letzten Jahren 20x umgezogen ist. Die Rechtspflegerin meinte nur, ohne die Bescheinigung des EMA sei die Parteiidentität nicht gewährleistet.

    Mir fehlt das Verständnis für so eine "Förmelei" - was kann ich dagegen tun?

  • Mir fehlt das Verständnis für so eine "Förmelei" - was kann ich dagegen tun?

    Eine rechtsmittelfähige Entscheidung in der Sache verlangen.
    Gegen eine etwaige Zurückweisung des Antrages kann dann sofortige Beschwerde zum zuständigen LG eingelegt werden. Das prüft dann ob die "Förmelei" gerechtfertigt ist.

  • Dir muss ja irgendwie die jeweiligen Umzüge und die neue Anschrift bekannt geworden sein, gibts nicht noch die 'alten' EMA-Anfragen? Also zB:

    01.01.18: nicht mehr in Urkundsadresse wohnhaft, jetzt Stadt A
    01.01.19: nicht mehr in Stadt A wohnhaft, jetzt Stadt B
    01.01.20: nicht mehr in Stadt B wohnhaft, jetzt Stadt C
    01.01.21: nicht mehr in Stadt C wohnhaft, jetzt Stadt D

  • Ich habe einen 20 Jahre alten Vollstreckungstitel mit der Anschrift der Schuldnerin in ABC. In den letzten 20 Jahren ist die Schuldnerin zigmal umgezogen und hat jetzt eine neue Anschrift in XYZ.

    Habe gerade einen PfÜB beantragt unter Vorlage des Titels, auf dem die ursprüngliche Anschrift ABC steht und die Schuldnerin mit ihrer aktuellen Anschrift XYZ im PfÜB bezeichnet wird (was ja richtig uns sinnvoll ist). Zudem habe ich das Geburtsdatum und den früheren Mädchennamen der Schuldnerin im PfÜB angegeben (beides steht auch auf dem Titel - ist eine notarielle Urkunde)

    Das Vollstreckungsgericht erläßt den PfÜB nicht, weil wegen der unterschiedlichen Anschrift im Titel bzw. im PfÜB die Parteiidentität nicht nachgewiesen sei. Ich solle beim Einwohnermeldeamt eine Bescheinigung über den Wohnsitzwechsel einholen und vorlegen. Problem ist nur, dass das EMA immer nur die letzte, vorherige Anschrift kennt - aber nicht die Anschrift von vor 20 Jahren. Ich kann doch schlecht 20 EMA anschreiben und die "Umzugsspur nachverfolgen" (kostet ja auch jedesmal 10 - 15 Euro) für so eine Bescheinigung, nur weil die Schuldnerin in den letzten Jahren 20x umgezogen ist. Die Rechtspflegerin meinte nur, ohne die Bescheinigung des EMA sei die Parteiidentität nicht gewährleistet.

    Mir fehlt das Verständnis für so eine "Förmelei" - was kann ich dagegen tun?

    Mir fehlt das Verständnis für dein Nichtverständnis.

    Es stellt keine "Förmelei" dar, wenn das Vollstreckungsgericht prüft, ob es sich bei der im Antrag angegebenen Schuldnerin mit Anschrift in Berlin um die damals laut Titel in München wohnhafte Beklagte handelt (Beispiel). Dass du im Antrag durch Abschreiben vom Titel das Geburtsdatum und den früheren Mädchennamen der Schuldnerin vermerkt hast, spielt keine Rolle.

    (Oftmals enthalten Titel auch gar kein Geburtsdatum. Wie soll man da ohne Unterlagen wissen, ob der im Pfüb-Antrag genannte Heinz Müller mit Wohnanschrift in Düsseldorf die gleiche Person ist, gegen die damals der Titel mit Anschrift in Hannover erging?)

    Irgendwie musst du ja auch an die aktuelle Anschrift der Schuldnerin gelangt sein bzw. geprüft haben, ob es sich um deine Schuldnerin handelt, oder? :gruebel:

  • Ich bin nicht der Meinung, dass eine lückenlose Kette von EMAs verlangt werden kann.

    Würde man davon ausgehen, dass wirklich sämtliche Wohnsitzwechsel zwischen Titulierung von Vollstreckungsbeginn nachgewiesen werden müssten, könnte sich der Schuldner der Vollstreckung einfach dadurch entziehen, dass er sich nach unbekannt abmeldet bzw. nicht ummeldet.

    Sofern keine nachvollziehbaren Zweifel an der Parteiidentität bestehen ist der PfüB zu erlassen.

    Zudem kann selbst bei einer solchen "EMA-Kette" nicht völlig ausgeschlossen werden, dass es zu einer Parteiverwechslung kommt. Gerade bei großen städtischen Wohnkomplexen und Schuldnern mit Allerweltsnamen kann es theoretisch passieren, dass zwei Schuldner mit identischen Namen unter der gleichen Adresse leben. Dann nützen die EMAs auch nichts :cool:.

    Die Idee aus #1 sowohl im Titel als auch im PfüB das Geburtsdatum zu erwähnen um ein zusätzliches Identifizierungsmerkmal zu haben finde ich übrigens gut.

  • Bei der Angabe von Geburtsdatum und Geburtsnamen hätte ich (!) keine Zweifel an der Personenidentität.

    Unabhängig davon: du weißt woher, dass die Schuldnerin x-fach umgezogen ist? Das legst du vor.

    Meine Frage wäre eher, warum sollte trotz abweichender Identifikationsmerkmalen (wie eben der Adresse) von einer Personenidentität ausgegangen werden können? Gerade bei Allerweltsamen!

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Also, ich habe Geburtsdatum, Mädchenname und Beruf (Zahnarzthelferin) auf dem PfüB angegeben. Interessant ist, dass genau die gleichen Angaben - also inkl. Beruf - auch auf dem Titel (wie gesagt, notarielle Urkunde) stehen. Ich glaube nicht, dass es identische Personen gibt, die den gleichen Mädchennamen, das gleiche Geburtsdatum und den gleichen Beruf haben...

    Aber mir ist jetzt die Idee gekommen, dass ich mit dem Titel letzten Monat den Gerichtsvollzieher beauftragt habe und dieser der Schuldnerin das Vermögensverzeichnis abgenommen hat (obwohl im Titel ja eine andere Anschrift stand). Der GV hat offensichtlich keine Probleme mit der Parteiidentität gehabt - und die Dame, die die EV abgegeben hat, hat sich wohl auch als die richtige Schuldnerin betrachtet ;)

    Ich versuche jetzt mal, der Rechtspflegerin das Vollstreckungsprotokoll und die EV-Abschrift vorzulegen... mal sehen, ob sie dann immer noch moniert, ihren Ansprüchen sei nicht genüge getan.

  • Ich sage ja, dass ich bei diesen Angaben keine Zweifel hätte.

    Ich habe zudem keine Zweifel, wenn jemand aufgrund dieses Titels die VAK abgibt. Egal, ob er von Hamburg nach München gezogen ist und Thomas Schmidt heißt.

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  • ...

    Würde man davon ausgehen, dass wirklich sämtliche Wohnsitzwechsel zwischen Titulierung von Vollstreckungsbeginn nachgewiesen werden müssten, könnte sich der Schuldner der Vollstreckung einfach dadurch entziehen, dass er sich nach unbekannt abmeldet bzw. nicht ummeldet.

    ....

    Das ist nicht zutreffend. Für diese Fälle existiert die Zuständigkeitsregelung des § 16 ZPO (i. V. m. § 828 Abs. 2 ZPO).

    Das Abmelden "nach unbekannt" bzw. Nichtummelden kann genauso vorkommen, wenn nur die im Titel vermerkte Anschrift des Schuldners bekannt ist und dieser vor dem "Verschwinden" gar nicht umgezogen ist. Ein Zusammenhang mit dem Nachweis der früheren Umzüge besteht daher nicht.

  • Also, ich habe Geburtsdatum, Mädchenname und Beruf (Zahnarzthelferin) auf dem PfüB angegeben. Interessant ist, dass genau die gleichen Angaben - also inkl. Beruf - auch auf dem Titel (wie gesagt, notarielle Urkunde) stehen. Ich glaube nicht, dass es identische Personen gibt, die den gleichen Mädchennamen, das gleiche Geburtsdatum und den gleichen Beruf haben...

    Der Beruf ist nicht maßgebend. Dieser wird durch Banken als Drittschuldner nicht geprüft bei der Feststellung, ob die im Pfüb als Schuldner angegebene Person Kunde der Bank ist.
    Der Mädchenname ist da mutmaßlich schon hilfreicher, zumindest wenn dieser bei der Bank oder dem Arbeitgeber hinterlegt ist. Das dürfte nur vorliegen, wenn die Person schon mit ihrem Mädchennamen Kundin der Bank geworden ist bzw. das Arbeitsverhältnis beim Drittschuldner begründet hat. Ansonsten erfolgt der Abgleich beim Drittschuldner nur anhand des aktuellen Namens und Geburtsdatums.

    Aber mir ist jetzt die Idee gekommen, dass ich mit dem Titel letzten Monat den Gerichtsvollzieher beauftragt habe und dieser der Schuldnerin das Vermögensverzeichnis abgenommen hat (obwohl im Titel ja eine andere Anschrift stand). Der GV hat offensichtlich keine Probleme mit der Parteiidentität gehabt - und die Dame, die die EV abgegeben hat, hat sich wohl auch als die richtige Schuldnerin betrachtet ;)

    Ich versuche jetzt mal, der Rechtspflegerin das Vollstreckungsprotokoll und die EV-Abschrift vorzulegen... mal sehen, ob sie dann immer noch moniert, ihren Ansprüchen sei nicht genüge getan.

    Es ist immer eine gute Idee, die Schreiben des GVZ mit einzureichen, gerade wenn es um die erfolgte Abgabe der Vermögensauskunft geht. Das würde mir dann auch als Nachweis für die Personenidentität genügen.

    In der Praxis kommen nämlich auch Fälle vor, in denen der Pfüb gegen einen Schuldner Thomas Müller, geb. am Tag x, wohnhaft unter der Anschrift ..., Aachen beantragt und erlassen wurde. Die Großbank hat dann das Konto des entsprechenden Kunden mit dem Pfändungsvermerk versehen. Es stellt sich dann heraus, dass Schuldner eigentlich Thomas Müller, geb. am Tag x, wohnhaft unter der Anschrift ..., Düsseldorf ist. (Ja, bei Allerweltsnamen leben in Deutschland auch Menschen mit dem exakt gleichen Geburtsdatum.)

    Es hat daher schon seinen Sinn, dass sich das Vollstreckungsgericht Nachweise für die Identität zwischen Titelschuldner und dem im Pfüb-Antrag vermerkten Schuldner einreichen lässt.


  • Es hat daher schon seinen Sinn, dass sich das Vollstreckungsgericht Nachweise für die Identität zwischen Titelschuldner und dem im Pfüb-Antrag vermerkten Schuldner einreichen lässt.

    Das Gericht hat sich bei seiner Prüfung von der jeweiligen Parteiidentität zu überzeugen. Anhand welcher Kriterien ein Drittschuldner Zuordnungen vornimmt, ist dessen Angelegenheit.

  • Sh. LG Dresden, JurBüro 2001, 604: "Demnach darf der Antrag auf Erlass eines Pfübs nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, weil Zweifel an der Identität zwischen Titel- und Vollstreckungsschuldner bestehen, weil die Wohnanschrift des Schuldners im Titel von der im Antrag auf Erlass eines Pfübs abweicht".

    LG Dresden, JurBüro 2001, 604)


    Die Begründung wäre interessant, findet sich leider nicht bei Juris. Nur anhand des Leitsatzes kann ich die Entscheidung nicht nachvollziehen bzw. mich dieser gar anschließen.

    Die Arbeit des Vollstreckungsgerichts würde es vielleicht sogar vereinfachen, wenn einem egal sein sein kann, ob der im Pfüb-Antrag ohne Geburtsdatum vermerkte Thomas Müller mit Wohnsitz in Berlin tatsächlich der gleiche Thomas Müller ist, gegen den vor einem Jahr mit Anschrift in Schwerin der Vollstreckungsbescheid erging.
    Ist ja dann nicht mein Problem, wenn die bundesweit agierende Bank erst einmal einem falschen Thomas Müller das Konto wegen der Pfändung einschränkt. :cool:

  • Das sieht das LG Dresden zwischenzeitlich anders.

    Beschluss des LG Dresden vom 1. November 2016 (2 T 868/16):

    "... Weicht eine im Vollstreckungstitel genannte Schuldneranschrift - wie hier - von der im Vollstreckungsauftrag ab, so muss der Gläubiger auch bei bestehender Namensgleichheit -wie hier- und auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Vollstreckungsschuldner erfahrungsgemäß verhältnissmäßig häufig den Wohnsitz wechseln, worauf auch die Gläubigerin hingewiesen hat, die Identität des im Titel genannten Schuldners mit dem Vollstreckungsgegner nachweisen."

    Ich verstehe das Problem nicht. Das Vollstreckungsorgan hat zu prüfen, ob gegen den Richtigen vollstreckt wird. Der Gläubiger muß ja irgendwie an die neue Anschrift gekommen sein. Und oft hilft es ja schon, dies dem Gericht darzulegen.

  • Offtopic: Bei Thomas Müller als Schuldner pfände ich kein Kontoguthaben - da gehts direkt zur Stern-des-Südens AG.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Das sieht das LG Dresden zwischenzeitlich anders.

    Beschluss des LG Dresden vom 1. November 2016 (2 T 868/16):

    "... Weicht eine im Vollstreckungstitel genannte Schuldneranschrift - wie hier - von der im Vollstreckungsauftrag ab, so muss der Gläubiger auch bei bestehender Namensgleichheit -wie hier- und auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Vollstreckungsschuldner erfahrungsgemäß verhältnissmäßig häufig den Wohnsitz wechseln, worauf auch die Gläubigerin hingewiesen hat, die Identität des im Titel genannten Schuldners mit dem Vollstreckungsgegner nachweisen."

    Ich verstehe das Problem nicht. Das Vollstreckungsorgan hat zu prüfen, ob gegen den Richtigen vollstreckt wird. Der Gläubiger muß ja irgendwie an die neue Anschrift gekommen sein. Und oft hilft es ja schon, dies dem Gericht darzulegen.


    Danke für diese Entscheidung. Würde Dir denn auch die Vorlage einer Bonitätsauskunft reichen?

  • ...

    Würde man davon ausgehen, dass wirklich sämtliche Wohnsitzwechsel zwischen Titulierung von Vollstreckungsbeginn nachgewiesen werden müssten, könnte sich der Schuldner der Vollstreckung einfach dadurch entziehen, dass er sich nach unbekannt abmeldet bzw. nicht ummeldet.

    ....

    Das ist nicht zutreffend. Für diese Fälle existiert die Zuständigkeitsregelung des § 16 ZPO (i. V. m. § 828 Abs. 2 ZPO).

    Das Abmelden "nach unbekannt" bzw. Nichtummelden kann genauso vorkommen, wenn nur die im Titel vermerkte Anschrift des Schuldners bekannt ist und dieser vor dem "Verschwinden" gar nicht umgezogen ist.

    Das mag im PfüB Verfahren vor dem Rechtspfleger korrekt sein. Damit man aber überhaupt bis zum PfüB kommt, braucht man in der Regel erstmal die VA oder Drittauskünfte. Und da stellt sich das Problem meiner Meinung nach durchaus.

  • Für den Gläubiger gibt es zwei Fakten:
    Fakt 1: den Schuldner mit der Anschrift aus dem Titel.
    Fakt 2: der Schuldner mit der neuen Anschrift.

    Daraus ergibt sich für das Gericht der Fakt 3: Der Gläubiger weiß von der Adressänderung und kann das sehr schön dem Gericht darlegen.

    Frage also: Warum schaffen es viele Gläubiger nicht, diesen Werdegang im Antrag darzulegen, manche nicht mal auf Nachfrage?!

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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