"Versteigerungsverhinderer" anderer Art? Kommt jemanden dieser Fall bekannt vor?

  • Zur Grundidee der Threadstarterin und warum die Bietsicherheit hier eben doch von Bedeutung ist: LG Memmingen, Beschl. v. 20.5.2015, 44 T 510/15

    Beim Memmingen Fall betrug der VKW wohl an die 400.000 EUR und das Amtsgericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Saaltüren offen gelassen wurden, um auch allen im Gang Gelegenheit zu geben, mitzubieten. es war also niemand vom Bieten ausgeschlossen.

    Im vorliegenden Fall betrug der VKW 1,00 EUR, was gem. BGH V ZB 130/11 kein Verlangen von SHL rechtfertigt. Und das Gericht hat die potentiellen Bieter "ausgeschlossen" ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, mitzubieten.

    Insofern halten ich es für gewagt, das Thema Bietsicherheit zur Vergleichsgrundlage der beiden Entscheidungen zu machen.

    Und ich würde mir nach wie vor wünschen, wir würden endlich den Wortlaut der Entscheidung bekommen. Ich bin gerne dabei, LG-Schelte zu betreiben, aber ohne Urteilstext?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Schreiben wir aneinander vorbei? Gerade da gibt es doch keine Schelte des LG. Ohne die Möglichkeit bei Geboten eine Bietsicherheit zu verlangen, kann das ZV-Gericht niemanden mehr vor Beginn des Termins ausschließen, weil er keine Sicherheit dabei hat. Kann dann auch ohne Sicherheit ein Bietinteressent sein.

  • Zur Grundidee der Threadstarterin und warum die Bietsicherheit hier eben doch von Bedeutung ist: LG Memmingen, Beschl. v. 20.5.2015, 44 T 510/15

    Beim Memmingen Fall betrug der VKW wohl an die 400.000 EUR und das Amtsgericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Saaltüren offen gelassen wurden, um auch allen im Gang Gelegenheit zu geben, mitzubieten. es war also niemand vom Bieten ausgeschlossen.

    Im vorliegenden Fall betrug der VKW 1,00 EUR, was gem. BGH V ZB 130/11 kein Verlangen von SHL rechtfertigt. Und das Gericht hat die potentiellen Bieter "ausgeschlossen" ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, mitzubieten.

    Insofern halten ich es für gewagt, das Thema Bietsicherheit zur Vergleichsgrundlage der beiden Entscheidungen zu machen.

    Und ich würde mir nach wie vor wünschen, wir würden endlich den Wortlaut der Entscheidung bekommen. Ich bin gerne dabei, LG-Schelte zu betreiben, aber ohne Urteilstext?

    "... Die Sicherheitsleistung stellt daher ein sachgerechtes Kriterium für einen bevorzugten Einlass in den Sitzungssaal dar. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es auch jeder anderen Person offen gestanden hätte, durch Sicherheitsleistung in diesen Kreis zu gelangen.

    Damit steht fest, dass der Einlass in den Sitzungssaal anhand zulässiger Kriterien im Rahmen der gegebenen Kapazität erfolgt ist. Das Amtsgericht hat durch das Offenlassen der Saaltüren darüber hinaus noch versucht, weiteren Personen die Teilnahme an der Verhandlung zu ermöglichen. Bei dieser Sachlage kann es dahinstehen, ob einzelne Personen auf dem Gang - wie vom Rügeführer behauptet - nicht in der Lage waren, dem Gang der Verhandlung zu folgen. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, hat das Amtsgericht alles ihm Mögliche getan und der Ausschluss der Einzelperson(en) auf dem Gang wäre zulässige Folge der eingeschränkten Kapazität. ..."

    (LG Memmingen Beschl. v. 20.5.2015 – 44 T 510/15)

    Funktioniert nur dann nicht, wenn keine Sicherheitsleistung verlangt werden kann. Jede Wette, dass das die Begründung war.

  • Das "hat das Gericht alles ihm mögliche getan..." dürfte auch ausschlaggebend sein. Bei einem Saal für 11 Personen hat mE das Gericht gerade nicht alles getan!

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Zunächst einmal danke für die zahlreichen Beiträge.

    Da ich mich aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr schwer damit tue, die Entscheidung hier zu veröffentlichen, habe ich am Montag veranlasst, dass die Entscheidung bei beck-online eingestellt wird. Sobald diese verfügbar ist, werde ich den Link entsprechend einstellen.

    Ich selbst habe mich in meinem Nichtabhilfebeschluss auch u.a. auf LG Memmingen bezogen. Mir war dabei bewusst, dass es sich dabei um einen anderen VKW handelte.
    Zugleich habe ich mich aber auch auf folgende Kommentierung gestützt: Zehelein, COVID-19, Miete in Zeiten von Corona, 2. Aufl. 2021, § 11 Rn. 119.
    Mir ist die Problematik unseres "größten" Saales bekannt. Ich hatte mich deswegen mehrfach bei unserer Verwaltung vorab rückversichert. Andere Möglichkeiten waren mehrfach erörtert worden, scheiterten aber entweder daran, dass die Verwaltung dies mangels Erlass des MJ nicht zugelassen hat (Thema 3G) oder an der technischen/räumlichen Umsetzung. Eine Anmietung von Räumlichkeiten war zu diesem Zeitpunkt auch nicht möglich, da die hiesige Stadt und der Landkreis wegen steigender Inzidenzen keine Anmietung zuließ. Mir ist klar, dass ich den Termin auch hätte aufheben können, aber wir waren irgendwann zu dem Entschluss gekommen, dass wir nicht in alle Ewigkeit Termine verschieben können, zumal das betroffene Objekt auf Dauer auch nicht besser wurde. Bisherige Termine, die nicht von mir durchgeführt worden waren und ebenfalls 1 € VKW als Grundlage hatten, hatten bei der coronabedingten Beschränkung nicht zu derartigen Problemen geführt.

    Die Entscheidung des LG war wegen der (Un)Zulässigkeit meinerseits nicht nachvollziehbar, aber als Gericht hat man da ja auch keine Möglichkeiten mehr und das Kind ist in den Brunnen gefallen.

  • Zunächst einmal danke für die zahlreichen Beiträge.

    Da ich mich aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr schwer damit tue, die Entscheidung hier zu veröffentlichen, habe ich am Montag veranlasst, dass die Entscheidung bei beck-online eingestellt wird. Sobald diese verfügbar ist, werde ich den Link entsprechend einstellen.

    :2danke

  • Sehr schön. Dann würde ich jetzt der Verwaltung die Aufhebung unter die Nase reiben und dezent ( :) ) darauf hinweisen, dass zumindest in diesem Fall deren Entscheidung wohl nicht die beste gewesen ist.

    Zudem hätte ich versucht über den Präsidenten des AG, LG oder OLG auf die Städte/Bürgermeister dahingehend einzuwirken, dass ihnen offensichtlich entgangen zu sein scheint, dass es für Gerichtstermine bestimmte Einschränkungen nicht gibt, ich meine § 16 irgendeiner Covid-VO.

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  • ...
    Das klingt ja grundsätzlich gut. Aber kann ein Rechtspfleger einfach einen Beschluss seines übergeordneten Gerichts irgendwo zur Veröffentlichung anbieten, Stichwort Urheberrecht? :gruebel:

    Nur zur Vervollständigung: Es gibt bei gerichtlichen Entscheidungen kein Urheberrecht, § 5 Abs. 1 UrhG. Daher kann jeder solche Entscheidungen veröffentlichen. Aus Datenschutzgründen müssen nur die zur Identifizierbarkeit führenden Daten anonymisiert werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Da ich mich aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr schwer damit tue, die Entscheidung hier zu veröffentlichen, habe ich am Montag veranlasst, dass die Entscheidung bei beck-online eingestellt wird. Sobald diese verfügbar ist, werde ich den Link entsprechend einstellen.

    Nachfrage: Wie weit ist denn die Sache mit der Verlinkung gediehen?
    Grüße wohoj

  • Da ich mich aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr schwer damit tue, die Entscheidung hier zu veröffentlichen, habe ich am Montag veranlasst, dass die Entscheidung bei beck-online eingestellt wird. Sobald diese verfügbar ist, werde ich den Link entsprechend einstellen.

    Nachfrage: Wie weit ist denn die Sache mit der Verlinkung gediehen?
    Grüße wohoj

    LG Hildesheim, Beschl. v. 24.8.2021 - 5 T 166/21, BeckRS 2021, 34554 ;)


    ,

  • Da ich mich aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr schwer damit tue, die Entscheidung hier zu veröffentlichen, habe ich am Montag veranlasst, dass die Entscheidung bei beck-online eingestellt wird. Sobald diese verfügbar ist, werde ich den Link entsprechend einstellen.

    Nachfrage: Wie weit ist denn die Sache mit der Verlinkung gediehen?
    Grüße wohoj

    LG Hildesheim, Beschl. v. 24.8.2021 - 5 T 166/21, BeckRS 2021, 34554 ;)

    Danke für das Update. Nachdem der Beschluss nur die übliche Floskeln zur Zulässigkeit enthält, hat sich das LG wohl überhaupt nicht damit beschäftigt...

  • Da ich mich aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr schwer damit tue, die Entscheidung hier zu veröffentlichen, habe ich am Montag veranlasst, dass die Entscheidung bei beck-online eingestellt wird. Sobald diese verfügbar ist, werde ich den Link entsprechend einstellen.

    Besten Dank! Der Beschluss kann nun diskutiert werden.
    ZVG-mäßig ist die Literatur eh ein wenig mager.
    Ich kann die Koll. nur ermuntern, mit den Veröffentlichungen
    großzügig umzugehen.
    Grüße wohoj

  • Die Entscheidung ist eine Ohrfeige. Für die Verwaltung der Kollegin, aber leider auch für die Kollegin. (Und irgendwie auch für das LG, wenn noch nicht mal eine wie auch immer hergeleitete Zulässigkeit der Beschwerde durch einen NICHT-Beteiligten NICHT-Bieter dargelegt wird.)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Die Entscheidung ist eine Ohrfeige. Für die Verwaltung der Kollegin, aber leider auch für die Kollegin. (Und irgendwie auch für das LG, wenn noch nicht mal eine wie auch immer hergeleitete Zulässigkeit der Beschwerde durch einen NICHT-Beteiligten NICHT-Bieter dargelegt wird.)

    Sehe ich auch so.

    Ich kann die Kritik am Gericht wegen der fehlenden Thematisierung der Beschwerdebefugnis ja nachvollziehen, halte die Entscheidung aber dennoch für richtig.

    Denn das LG stellt ja im Kern (Rn 4) fest: "... gewährleistet, dass jedermann grundsätzlich die Möglichkeit hat, an Verhandlungen der Gerichte teilzunehmen ..." (Hervorhebung durch mich).

    Wenn jedermann teilnehmen darf, dann wird man daraus auch folgern müssen, dass jedermann ein Beschwerderecht hat, wenn ihm die Teilnahme verwehrt wird. Alles andere ist doch aus denklogischen Gründen sinnlos.

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  • Losgelöst von diesem Fall:

    Selbst wenn es einen Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz geben sollte, ist die Frage, ob ein solcher -durch einen nicht formal Beteiligten gerügten- Verstoß zu einer Zuschlagsversagung führen sollte oder ob eine solche Rüge nicht den Beteiligten vorbehalten sein sollte.

    Werden Urteile nach Rüge eines nicht eingelassenen Zuschauers aufgehoben?
    Wäre es richtig, den Zuschlag auf Beschwerde eines nicht formal Beteiligten aufzuheben, wenn alle Beteiligten, insbesondere Gläubiger und Schuldner, mit dem Zuschlag einverstanden sind?

    Es sollte nicht vergessen werden, dass das Versteigerungsverfahren auf die vom Gesetz dazu bestimmten Beteiligten zugeschnitten ist und diese in den Mittelpunkt stellt. Bietinteressenten und Bieter haben -bei aller wirtschaftlichen Bedeutung- verfahrensrechtlich nur eine sehr untergeordnete Position.

    Das Versteigerungsverfahren ist eben in erster Linie eine Vollstreckungsmaßnahme zur Gläubigerbefriedigung und nur in zweiter Linie ein Angebot zum Erwerb einer Immobilie. Die sehr schwach ausgestaltete Rechtsposition von Bietinteressenten und Bietern fügt sich gut in die gesetzliche Konzeption des ZVG an.

  • Ich kann die Kritik am Gericht wegen der fehlenden Thematisierung der Beschwerdebefugnis ja nachvollziehen, halte die Entscheidung aber dennoch für richtig.

    Denn das LG stellt ja im Kern (Rn 4) fest: "... gewährleistet, dass jedermann grundsätzlich die Möglichkeit hat, an Verhandlungen der Gerichte teilzunehmen ..." (Hervorhebung durch mich).

    Wenn jedermann teilnehmen darf, dann wird man daraus auch folgern müssen, dass jedermann ein Beschwerderecht hat, wenn ihm die Teilnahme verwehrt wird. Alles andere ist doch aus denklogischen Gründen sinnlos.


    Deiner Denklogik nach könnte also jede Person, die vorgibt, an einer Versteigerung teilnehmen zu wollen, auch Zuschlagsbeschwerde einlegen, wenn ihr der Einlass verweigert wird?
    Das ist lebensfremd und in Corona-Zeiten könnte man keine Termine mehr durchführen, bzw. nur noch in großen Hallen. Auch zu normalen Zeiten müsste das Gericht immer einen riesigen Saal in der Hinterhand haben, falls mal ein interessantes Objekt mir vielen potenziellen Bietinteressenten zur Versteigerung kommt.
    Wie Kai auch geschrieben hat: Es kann nicht Personen ein Beschwerdeberechtigung zugebilligt werden, die nicht am Verfahren beteiligt sind.

    Wäre es eine Klausur, hätte das Landgericht nicht bestanden, da bereits im ersten Satz der Begründung ein grundlegender Fehler gemacht wurde.
    Selbst wenn man darüber noch hinwegsehen würde - was ich nicht bereit bin zu tun - wäre die Entscheidung eine Frechheit, weil in keinster Weise dargelegt wird, wie denn unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein Termin durchgeführt werden kann, ohne Gefahr einer Zuschlagsaufhebung. Was bitte wäre denn nach Ansicht des Landgerichts ein "sachgerechtes Kriterium für einen bevorzugten Einlass in den Sitzungssaal"?

    Wenn das LG schreibt
    Neben dem Prioritätsprinzip können nach Ansicht des Gerichts für die Einlassentscheidung auch weitere Auswahlmodi herangezogen werden, diese müssen jedoch auf sachgerechten Kriterien und Erwägungen beruhen und dürfen nicht ohne sachlichen Grund einen bestimmte Personen bevorzugen.
    Was denn bitte außer der Sicherheitsleistung?
    Ginge es nur nach dem Prioritätsprinzip wäre es zukünftig für Versteigerungsverhinderer ein leichtes, jedes Verfahren zu torpedieren - sie müssen sich nur eine ausreichende Personenzahl suchen, die früh an der Tür warten, so als erste Einlass bekommen und dadurch die "echten" Bietinteressenten draußen halten.
    Die weiteren Bemerkungen zu der rechtlichen Qualität der LG-Entscheidung verkneife ich mir mal.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!

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