Aufgabenkreis

  • Allgemeine Frage das Forum:

    Wie erfasst Ihr bzw. ggf. Eure Betreuungsrichter die Aufgabenkreise bei folgendem Sachverhalt:

    Der Betroffene hat über ein -hier übliches Muster- eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt. U.a. kann der Bevollmächtigte das Vermögen des Betroffenen verwalten und über alle Vermögensgegenstande in jeder Art und Weise vertreten. Auch die Vertretung des Betroffenen im Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten ist wörtlich von der Vollmacht umfasst. Die Unterschrift der Betroffenen unter der Vorsorgevollmacht ist nicht beglaubigt.

    Die Betroffene ist im Rahmen einer Erbengemeinschaft Miteigentümerin von Grundbesitz. Die Ehefrau des Bevollmächtigten ist im Rahmen der Erbengemeinschaft (im Rahmen einer weiteren Erbfolge) am Grundbesitz ebenfalls beteiligt.

    Nunmehr soll die Erbengemeinschaft am Grundbesitz durch Veräußerung aufgelöst werden.

    Es wurde die Anordnung einer Betreuung angeregt.

    Über die Vorschrift des § 1896 Absatz 2 Satz 1 BGB soll ja nur dass "Loch", das in der allumfassenden Vorsorgevollmacht besteht, durch die Anordnung einer Betreuung ausgefüllt werden. Und aufgrund der nicht beglaubigten Vorsorgevollmacht kann der Bevollmächtigte ja auch den beabsichtigten notariellen Kaufvertrag abschließen. Die Vollmacht bedarf ja keiner Form. Nur die grundbuchrechtlichen Vorschriften schränken die Vollmacht ein.

    Wie fasst Ihr bzw. ggf. Eure Richter in so einem Fall den Aufgabenkreis für den zu bestellenden Betreuer?

    "Vermögenssorge" ist m.E. -wegen der bestehenden Vollmacht- viel zu umfassend.
    Der Aufgabenkreis "Grundeigentum" eigentlich auch.

    Richtig -und ausreichend- wäre doch "Abgabe von Willenserklärungen, die eine beglaubigte oder beurkundete Vollmacht erfordern".

    Hintergrund:
    Lt. Bevollmächtigtem liegt kein Verkehrswertgutachten vor. Man habe den Wert der gesamten Immobilie auf ca. EUR 400.000,00 geschätzt. Allerdings käme -aus welchen Gründen auch immer- nur der Nachbar (es soll sich beim Grundeigentum um eine Doppelhaushälfte handeln) in Betracht. Dieser würde -aufgrund des Zustands der Immobilie- aber "nur" EUR 300.000,00 bieten. Die anderen Miterben wären bereit, zu diesem Preis zu verkaufen.

    Nach dem Wortlaut der Vollmacht darf der Bevollmächtigte Schenkungen vornehmen, die einem Betreuer rechtlich gestattet sind.

    Würde der Bevollmächtigte aufgrund der ihm erteilten schriftlichen Vollmacht einen Kaufvertrag über EUR 310.000,00 abschließen, wäre dieser doch rechtswirksam.

    Ist im Genehmigungsverfahren (bei eingeschränktem Aufgabenkreis) dann noch die Einholung eines Verkehrswertgutachtens angezeigt? Wäre nicht die Genehmigung nach §§ 1908i, 1822 BGB -zu den formbedürftigen Willenserklärungen- zu erteilen, wenn der zugrundeliegende Vertrag wirksam ist?

  • Bei uns wird von den Richtern "Haus- und Grundstücksangelegenheiten" angeordnet.

    Wie kommst du auf eine Genehmigung nach 1822 BGB?

    Du musst eine Genehmigung nach 1821 BGB erteilen.
    Und da wird dieser Fall genauso betrachtet wie jeder andere Fall auch.
    Grundsätzlich Verkehrswertgutachten. Du musst ja auch die Genehmigungsfähigkeit prüfen. Ich würde die Genehmigung nicht einfach erteilen, nur weil die Beteiligten sagen, der Nachbar ist der einzige, der es nimmt und der zahlt aber 100.000 Euro weniger.

  • Bei uns wird von den Richtern "Haus- und Grundstücksangelegenheiten" angeordnet.

    Wie kommst du auf eine Genehmigung nach 1822 BGB?

    Du musst eine Genehmigung nach 1821 BGB erteilen.
    Und da wird dieser Fall genauso betrachtet wie jeder andere Fall auch.
    Grundsätzlich Verkehrswertgutachten. Du musst ja auch die Genehmigungsfähigkeit prüfen. Ich würde die Genehmigung nicht einfach erteilen, nur weil die Beteiligten sagen, der Nachbar ist der einzige, der es nimmt und der zahlt aber 100.000 Euro weniger.

    Sorry, klar § 1821 BGB.

    Aber:
    Schließt der Bevollmächtigte doch aufgrund seiner -ausreichenden- Vollmacht einen notariellen Kaufvertrag über eine Kaufpreis von EUR 300.000,00, dann ist dieser Kaufvertrag doch wirksam und die Betroffene/Vollmachtgeberin auch zur Abgabe der formerforderlichen Erklärungen (Grundbucherklärungen) verpflichtet. Und kann ich bei bestehender Verpflichtung der Betroffenen, die Abgabe der förmlichen Erklärungen durch einen Betreuer verweigern, wenn eine rechtswirksame Verpflichtung besteht?

    Letztendlich ist doch die Frage, tritt beim Abschluss des Kaufvertrags nur der Bevollmächtigte auf? Oder der Bevollmächtigte und der (ggf. personenidentische) Betreuer? Oder (bei entsprechendem umfassenderen Aufgabenkreis) nur der Betreuer? Durch welchen Vertreter werden die entsprechenden Erklärungen abgegeben?

    Deshalb meine Frage, wie es die anderen "Betreuungsrichter" so handhaben. Erweiterter oder eingeschränkter Aufgabenkreis?

  • Horrido.

    Bei mir würde das unter Erbauseinandersetzung laufen. Alles.
    So bleibt alles in einer Hand und der Ergänzungsbetreuer wird nicht zum bloßen Erfüllungsgehilfen des Bevollmächtigten.

    Howgh.

    Dies ist ein guter Tag um zu sterben. Folgt mir.


  • So bleibt alles in einer Hand und der Ergänzungsbetreuer wird nicht zum bloßen Erfüllungsgehilfen des Bevollmächtigten.

    Lt. der in der Vollmacht sinnvollerweise enthaltenen Betreuungsverfügung soll der Bevollmächtigte für alle Aufgabenkreise, für denen evtl. keine Bevollmächtigung vorliegt, zum Betreuer bestellt werden.

  • Bei uns wird von den Richtern "Haus- und Grundstücksangelegenheiten" angeordnet.

    Wie kommst du auf eine Genehmigung nach 1822 BGB?

    Du musst eine Genehmigung nach 1821 BGB erteilen.
    Und da wird dieser Fall genauso betrachtet wie jeder andere Fall auch.
    Grundsätzlich Verkehrswertgutachten. Du musst ja auch die Genehmigungsfähigkeit prüfen. Ich würde die Genehmigung nicht einfach erteilen, nur weil die Beteiligten sagen, der Nachbar ist der einzige, der es nimmt und der zahlt aber 100.000 Euro weniger.

    Sorry, klar § 1821 BGB.

    Aber:
    Schließt der Bevollmächtigte doch aufgrund seiner -ausreichenden- Vollmacht einen notariellen Kaufvertrag über eine Kaufpreis von EUR 300.000,00, dann ist dieser Kaufvertrag doch wirksam und die Betroffene/Vollmachtgeberin auch zur Abgabe der formerforderlichen Erklärungen (Grundbucherklärungen) verpflichtet....

    Rechtlich wirksam wäre der Grundstückskaufvertrag.

    Kommen aber derartige Konstellationen (also Abschluss des Kaufvertrages mittels privatschriftlicher Vollmacht) in der Praxis überhaupt vor? :gruebel:
    Einen Grundstückskaufvertrag, der durch einen Bevollmächtigten aufgrund ihm erteilter privatschriftlicher Vollmacht geschlossen wurde, habe ich noch nie gesehen.

    (Das liegt vermutlich auch daran, dass in den Medien verbreitet wird, dass man mit einer solchen Vollmacht keine Grundstücke verkaufen kann. Die Feinheiten kennen rechtliche Laien natürlich nicht. Unabhängig davon scheinen auch viele Notare von einer entsprechenden Beurkundung abzuraten und die Beantragung einer Betreuung für die Grundstücksangelegenheiten nahezulegen.)

    Der Aufgabenkreis des Betreuers wird an hiesigen Gerichten häufig wie folgt festgelegt:

    Zitat

    [FONT=&quot]Prüfung und Entscheidung über Verkauf des Grundstücks ... sowie Durchführung der gefundenen Entscheidung[/FONT]

    (analog [FONT=&quot]BGH, Beschluss vom 03. Februar 2016 – XII ZB 307/15)[/FONT]

  • Einstein wirft hier eine interessante Frage auf, die mir auch schon durch den Kopf gegangen ist.

    Da sich die Vollmacht des Vorsorgebevollmächtigten nicht in grundbuchmäßiger Form nachweisen lässt, kann die zutreffende Lösung wohl nur darin bestehen, dass der zu bestellende Betreuer das materielle Rechtsgeschäft vornimmt. Denn auch der denkbare Ausweg, den Vorsorgebevollmächtigten vorbehaltlich der Genehmigung des Betreuers handeln zu lassen, ist nur ein scheinbarer, weil im materiellen Sinne nicht der Vertreter, sondern der Vertretene (also der Betreuer) handelt.

    Ein anderer Weg als der beschriebene erscheint schon wegen des Nachweises der Erfüllung des Erfordernisses der gleichzeitigen Anwesenheit i. S. des § 925 BGB nicht gangbar. Denn für das Grundbuchamt ist die privatschriftliche Vollmacht nicht existent, sodass es auch nicht davon ausgehen kann, dass der durch den Vertreter vertretene Eigentümer i. S. des § 925 BGB gleichzeitig mit dem Erwerber anwesend ist.

    Eine andere Lösung ist nach meiner Ansicht auch im Interesse der Rechtssicherheit nicht gangbar.

    Der Vorrang der Vorsorgevollmacht vor dem Rechtsinstitut der Betreuung steht dieser Lösung schon deshalb nicht entgegen, weil die Vorsorgevollmacht die Vornahme - bzw. jedenfalls den Vollzug - des besagten materiellen Rechtsgeschäfts nicht zu gewährleisten vermag.

    Hieraus ergibt sich dann auch zwangsläufig der zu formulierende Aufgabenkreis: Der Betreuer wird für das materielle Rechtsgeschäft bestellt, das es vorzunehmen gilt und welches der Vorsorgebevollmächtigte faktisch nicht vornehmen kann.

    Die Erbauseinandersetzung kann dann wieder der Vorsorgebevollmächtigte vornehmen, es sei denn, sie würde bereits in der notariellen Urkunde erfolgen (etwa mittels quotaler Zahlung des Kaufpreises an die einzelnen Miterben) oder es sei denn, der Vorsorgebevollmächtigte wäre selbst an der Erbengemeinschaft beteiligt und nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit.

  • Hierzu führt aber doch der BGH in seiner Entscheidung vom 3.02.2017 -XVII ZB 307/15- aus:

    "12] Zwar wäre die Bevollmächtigte auch selbst imstande, das Hausgrundstück rechtswirksam im Namen der Betroffenen zu verkaufen und aufzulassen. Denn gemäß § 167 Abs. 2 BGB bedarf die Vollmachterklärung nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht. Jedoch soll gemäß § 29 Abs. 1 GBO eine Eintragung in das Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Das gilt auch für die Auflassungsvollmacht, sodassdie Bevollmächtigte ihre Vertretungsmacht nicht in grundbuchrechtlicher Form durch Urkunden nachweisen könnte. Ohne die Eintragung in das Grundbuch könnte eine Eigentumsübertragung aber nichtwirksam werden (§ 873 Abs. 1 BGB )".

    Ich gehe nunmehr aber davon aus, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Betroffenen i.S. des § 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB nicht ebensogut wie ein durch das Gericht bestellter rechtlicher Betreuer besorgen kann und insoweit ein Betreuungsbedürfnis i.S. des § 1896 Absatz 2 Satz 1 BGB besteht. Ich werde eine Betreuung für den Aufgabenkreis "Prüfung und Entscheidung über Verkauf des Grundstücks ... sowie Durchführung der gefundenen Entscheidung" einrichten und gemäß der Betreuungsverfügung des Betroffenen den Bevollmächtigten zum Betreuer bestellen. Ggf. wird aber die dann erforderliche betreuungsgerichtliche Genehmigung i.S. der §§ 1908i, 1821 BGB an der Differenz zwischen Verkehrswert (aufgrund des noch einzuholenden Verkehrswertgutachtens) und dem vereinbarten Kaufpreis scheitern. Im Genehmigungsverfahren wird auf jeden Fall auch ein Verfahrenspfleger für die Betroffene einzusetzen sein.

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