Häufigkeit Nachprüfungsverfahren

  • Mein LAG sieht die grobe Nachlässigkeit, wenn der Umzug oder die Einkommensverbesserung innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Verfahren erfolgt.

    Um den Thread dann hier vollständig zu kapern: Gibt's eigentlich schon Rechtsprechung zur Problematik Sprache ? D.h. dass die PKH-Partei die Hinweise aufgrund sprachlicher Probleme nicht verstanden hat ? Das ist hier bei mir die neuste Ausrede...

  • Hier ist das Thema Sprache ein tatsächliches, aber bislang noch kein rechtliches Problem. Die allermeisten Beteiligten hier sind anwaltlich vertreten und diese werden bei PKH-/VKH-Überprüfung auch immer mitangeschrieben. Daher gehen wir hier auf das Sprachproblem nicht ein.

    Die Anwälte erhalten notwendige (!) Dolmetscherkosten für Mandantenbesprechungen auch von uns erstattet. In PKH-/VKH-Überprüfungsangelegenheiten hat da aber bislang noch nie jemand nachgefragt, wäre von der Abrechnung auch etwas kompliziert, wenn auch nicht unmöglich.

    Bei persönlichen Vorsprachen oder am Telefon ist das natürlich oft ein Hindernis. Aber als erfahrener RAStler findet man da auch immer eine Lösung: Wenn eine Verständigung in Deutsch/Englisch/Händen-Füße nicht möglich ist oder der Eindruck da ist, dass da meine Botschaften beim Gegenüber nicht angekommen sind, haben wir einige Beschäftigte teils mit Migrationshintergrund, die dann kurzfristig helfen können oder bei exotischeren Sprachen machen wir auch mal einen Extra-Termin, in dem die Leute jemanden Vertrauten mitnehmen, der dolmetschen kann. Bisher sind wir damit immer zum Ziel gekommen und ich habe schon den Eindruck, dass ausländische Bürger unser Bemühen um eine einigermaäßen ordentliche Verständigung wahrnehmen. Daher haben wir deswegen keine Beschwerden.

  • Die Anwälte erhalten notwendige (!) Dolmetscherkosten für Mandantenbesprechungen auch von uns erstattet. In PKH-/VKH-Überprüfungsangelegenheiten hat da aber bislang noch nie jemand nachgefragt, wäre von der Abrechnung auch etwas kompliziert, wenn auch nicht unmöglich.

    Welche rechtliche Grundlage zieht ihr denn dafür heran?

  • Hier geht es darum, dass die die Hinweise in der Erklärung (und im Beschluss und im abschließenden Hinweisschreiben) nicht verstanden haben wollen und daher nicht wussten, dass sie was machen müssen. Da habe ich zur Zeit 4 oder 5 Sachen in den unterschiedlichsten Verfahrensstadien.

  • Habe ich auch schon angeführt, die Frage ist nur: Ist das dann noch grob nachlässig, wenn ich es nicht verstanden habe, bzw. es nicht verstehen konnte ?

  • Habe ich auch schon angeführt, die Frage ist nur: Ist das dann noch grob nachlässig, wenn ich es nicht verstanden habe, bzw. es nicht verstehen konnte ?

    Es ist m.E. grob nachlässig eine Belehrung zu ignorieren die man nicht versteht bzw. nicht lesen kann. Die Partei müsste schon versuchen sich die Hinweise übersetzten zu lassen (z.B. durch Freunde, Verwandte oder Professionelle) oder beim Anwalt bzw. beim Gericht nachfragen was diese bedeuten.
    Wer einen Prozess in deutscher Sprache führen kann, kann sich m.E. nicht darauf berufen, dass er eine Belehrung in deutscher Sprache nicht lesen könne.

  • Die Anwälte erhalten notwendige (!) Dolmetscherkosten für Mandantenbesprechungen auch von uns erstattet. In PKH-/VKH-Überprüfungsangelegenheiten hat da aber bislang noch nie jemand nachgefragt, wäre von der Abrechnung auch etwas kompliziert, wenn auch nicht unmöglich.

    Welche rechtliche Grundlage zieht ihr denn dafür heran?

    Auf Anfrage hat meine Bezirksrevisorin mitgeteilt, dass der zuständige Entscheider (Ri/Rpfl) feststellen soll, dass die Zuziehung eines Dolmetschers erforderlich ist, § 46 RVG.

  • Habe ich auch schon angeführt, die Frage ist nur: Ist das dann noch grob nachlässig, wenn ich es nicht verstanden habe, bzw. es nicht verstehen konnte ?

    Es ist m.E. grob nachlässig eine Belehrung zu ignorieren die man nicht versteht bzw. nicht lesen kann. Die Partei müsste schon versuchen sich die Hinweise übersetzten zu lassen (z.B. durch Freunde, Verwandte oder Professionelle) oder beim Anwalt bzw. beim Gericht nachfragen was diese bedeuten.
    Wer einen Prozess in deutscher Sprache führen kann, kann sich m.E. nicht darauf berufen, dass er eine Belehrung in deutscher Sprache nicht lesen könne.

    Der letzte Satz dürfte häufig kein Argument sein, da im Prozess für Termine (und gar für Besprechungen mit dem eigenen RA) regelmäßig ein Dolmetscher gestellt wird. Aus Sicht der PKH-Partei wurde der Prozess eben nicht in deutscher Sprache geführt.

    Aber ansonsten sehe ich es auch so, dass sich die sprachunkundige Partei entsprechende Hilfe suchen muss.

  • Das sehe ich auch so, gibt's da schon irgendwelche Entscheidungen ?

    Ja:
    Die Partei, deren (Deutsch-)Sprachkenntnisse nicht ausreichen und die etwas (z.B. ein gerichtliches Schreiben) nicht versteht, hat die Pflicht, diesem Defizit abzuhelfen, etwa durch die naheliegende Befragung ihres Prozessbevollmächtigten (vgl. LAG Düsseldorf vom 20.07.2016, 2 Ta 412/16 (juris), LAG München vom 25. Februar 2015 - 10 Ta 51/15, Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 25. September 2008 - 7 Ta 160/08).

    Und ja, das LAG Düsseldorf hat dazu tatsächlich bei juris veröffentlicht.:karnevali

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • @Ausgangsfrage:

    An meinem SG gibt es die Überprüfungsverfahren erst seit ein paar Jahren. Mein LSG hat sich für Überprüfungen nach zwei Jahren ausgesprochen. Ich handhabe es so, dass ich mir die Haupt- und PKH-Akte ansehe und dann entscheide. Rentner (sowohl Altersrentner als auch voll erwerbsgeminderte) wandern regelmäßig nicht in die Nachprüfung. Kurzarbeitergeldsachen schon. Mit dem Zeitraum bin ich auch flexibel: Aufstocker, die in der Gastronomie arbeiten und während des harten Lockdowns in Arbeitslosengeldbezug geraten sind, nehme ich sofort nach Verfahrensende in die Überprüfung - die Gastronomie hat ja auf. Bauarbeiter prüfe ich nach und lege mir die Prüfung auf Frühling/Sommer (Baustellen sind im Winter meist dicht, da gibt's Schlechtwettergeld und dann sieht's im Sommer erst wieder besser aus). Ich habe mir angewöhnt, vor einer Überprüfungseinleitung nochmal einen Blick ins System zu werfen, ob nicht vielleicht ein aktuelles Verfahren eingegangen ist und eine Erklärung dort vorliegt. Das erspart doppelte Arbeit. Wenn ich Zeit habe und die Zahl der anderen Verfahren übersichtlich genug ist, gebe ich meine Prüfungsergebnisse auch gerichtsintern an die anderen Sachbearbeiter weiter.

    Aufhebungsgründe... Mannigfaltige.
    - "PKH-Berechtigter reicht keine Erklärung ein": Bei uns ist gerade in Prüfung, ob es im Überprüfungsverfahren Ausschlussfristen nach §§73 a Abs. 1 S. 1 SGG, § 120 a Abs. 4 S. 2 ZPO, § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO gibt oder wir es doch wie das BAG sehen (Nein, s. Beschluss vom 08.12.2020, 9 AZB 59/20, wenn mich nicht alles täuscht).
    Ich vermute stark, dass wir uns dem BAG anschließen werden, das den BGH zu dem Thema ja auch im Nacken hatte. Aber: Rechtsfortbildung gehört dazu und vielleicht bilden wir hier einfach ein gallisches Dorf mit Mindermeinung. :)
    - "Umzug/Einkommensverbesserung": Umzug läuft bei mir meist in Kombination mit "reicht keine Erklärung ein", da an meinem Gericht noch die PKH-Partei selbst angeschrieben wird (hier gibt's Anwälte, die die Anschreiben nicht weiterleiten). Einkommensverbesserung... puh. Kommt vor. Nicht so oft, dass ich sagen würde "jeden Monat eine", aber 1-2x jährlich diskutiere ich die Frage dann doch mit Anwälten aus. Das ist hier noch im Fluss.

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  • @Ausgangsfrage:

    ...Umzug läuft bei mir meist in Kombination mit "reicht keine Erklärung ein", da an meinem Gericht noch die PKH-Partei selbst angeschrieben wird ....

    Wird bei uns auch so praktiziert.

    Bei erfolgtem Umzug kommt allerdings der Brief mit entsprechendem Vermerk zurück. (Das sollte doch bei euch auch so sein?) Nach Herausfinden der Anschrift (EMA) erfolgt die Aufforderung an die aktuelle Anschrift.

    Eine besondere Häufung der Nichteinreichung der Erklärung nach einem Umzug können wir daher nicht feststellen.

  • @Ausgangsfrage:

    ...Umzug läuft bei mir meist in Kombination mit "reicht keine Erklärung ein", da an meinem Gericht noch die PKH-Partei selbst angeschrieben wird ....

    Wird bei uns auch so praktiziert.

    Bei erfolgtem Umzug kommt allerdings der Brief mit entsprechendem Vermerk zurück. (Das sollte doch bei euch auch so sein?) Nach Herausfinden der Anschrift (EMA) erfolgt die Aufforderung an die aktuelle Anschrift.

    Eine besondere Häufung der Nichteinreichung der Erklärung nach einem Umzug können wir daher nicht feststellen.

    Ja, genau. Wir erfahren durch die Rückbriefnachricht vom Umzug.
    Ich habe kürzlich noch gerichtsintern außerhalb des gehobenen Dienstes gebeten, Umzüge und Einkommensverbesserungen, die im Zusammenhang mit der Hauptsache mitgeteilt werden ("Bitte nochmal schicken, wohne jetzt da-und-da" oder "Nehme die Klage zurück, brauche kein Arbeitslosengeld mehr, habe einen neuen Job"), unbedingt auch uns zum PKH-Heft zur Kenntnis zu geben. Ob sich das hier durchsetzt? Mal gucken.

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