Unrichtigkeitsnachweis - Löschung einer Vormerkung nach Ausübung des Vorkaufsrechtes

  • Ich möchte, anknüpfend an [h=1]Löschung einer Auflassungsvormerkung von Amts wegen,[/h]nochmal das Thema Löschung der Auflassungsvormerkung nach Ausübung des dinglichen Vorkaufsrechtes ohne Löschungsbewilligung des Erstkäufers aufgreifen. Die Eigentumsumschreibung auf den Vorkaufsberechtigten ist bereits erfolgt.

    Das OLG Düsseldorf, 2.3.2011, 3 Wx 266/10, hatte mal entschieden, dass eine Löschung der Vormerkung für den Erstkäufer im Hinblick auf die Möglichkeit der "Aufladung" der Vormerkung mittels Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO nicht in Frage käme. Nachdem der BGH, 3.5.2012, V ZB 258/11, die Möglichkeiten der Aufladung wieder eingeschränkt hat, ist die Düsseldorfer Entscheidung veraltet.

    Nun mag der Erstkäufer tatsächlich nicht mehr Eigentümer des Grundstücks werden können. Andererseits tritt der Vorkaufsberechtigte nicht in den ursprünglichen Kaufvertrag ein, sondern es entsteht ein separates Rechtsverhältnis zwischen Verkäufer und Vorkaufsberechtigten. Dem Erstkäufer könnten also wie bei einem "Doppelverkauf" eines Grundstücks Ansprüche zB auf Schadensersatz zustehen.

    Stehen etwaige Ansprüche des Erstkäufers gegen den Verkäufer einer Löschung aufgrund Unrichtigkeitsnachweis entgegen?

  • Ich gehe davon aus, dass es sich um ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht handelt, das ausgeübt wurde und bei dem in der Folge der Ausübung der Vorkaufsberechtigte aufgrund Auflassung als Eigentümer eingetragen wurde. Dann ist mit der Ausübung das Vorkaufsrecht erloschen und kann aufgrund Unrichtigkeitsnachweis gelöscht werden.

    Nach dem Gutachten des DNotI vom 10. April 2019, Abruf-Nr. 164329
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…82a545fbf7c8111

    gehen die weit überwiegende Meinung und die Rechtsprechung des Reichsgerichts davon aus, dass das Vorkaufsrecht, auch wenn es für alle Verkaufsfälle bestellt ist, mit der ersten Ausübung erlischt.

    Das sieht auch der BGH im Urteil vom 03.05.1961, V ZR 36/60 = NJW 1961, 1669, jedenfalls dann so, wenn es keinen besserberechtigten Vorkaufsberechtigten gibt. Er führt aus: „Im Normalfall führt die Ausübung des dinglichen Vorkaufsrechts zum Eigentumserwerb des Vorkaufsberechtigten, und diese Erreichung des Zwecks schließt es aus, dass es noch einmal ausgeübt werden könnte, wenn der Vorkaufsberechtigte das Eigentum auf einen anderen überträgt und dieser das Grundstück seinerseits weiterverkauft. Ebenso besteht kein Grund für die Fortdauer des Vorkaufsrechts für weitere Fälle, wenn der Vorkaufsberechtigte nach Abgabe der Ausübungserklärung seine dadurch entstandenen Rechte durch eigenes Verschulden verliert, etwa weil er auf sie - durch Erlassvertrag - verzichtet…“

    Als Folge des Erlöschens entsteht der materiell-rechtliche Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB. Grundbuchverfahrensrechtlich kann eine Berichtigung nach § 22 GBO erfolgen (s. Omlor im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.06.2021, § 1094 BGB RN 66). Das DNotI geht in dem genannten Gutachten davon aus, dass sich durch die Aufhebung des bereits geschlossenen Kaufvertrags an dem Erlöschen nichts ändern dürfte.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für Deine Antwort, Prinz! Vorliegend geht es allerdings nicht um die Löschung des Vorkaufsrechtes, sondern um die Löschung der für den Erstkäufer eingetragenen Auflassungsvormerkung.

  • Wie das DNotI im Gutachten vom 18.10.2021, Abruf-Nr. 183445
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…41fe7ba2132036b
    ausführt, wird eine Vormerkung durch die Person des Gläubigers, die Person des Schuldners und den auf eine bestimmte dingliche Rechtsänderung gerichteten Gegenstand des Anspruches konkretisiert. Tritt bei einem dieser drei genannten Punkte – Gläubiger, Schuldner, Anspruchsziel – eine Änderung ein, so kann ohne Änderung der Grundbucheintragung eine Wiederverwendung der Vormerkung nicht erfolgen. Es handelt sich vielmehr um eine „andere Vormerkung“, sodass zwangsläufig dementsprechend eine Änderung im Grundbuch erfolgen muss und kein „Wiederaufladen“ der bisherigen Vormerkung in Frage käme (Zitat BGH DNotZ 2000, 639, 642; Heggen, RNotZ 2008, 213, 215).

    Grundsätzlich hat aber ein Wechsel in der Person des Schuldners des gesicherten Anspruchs wegen der Akzessorietät der Vormerkung deren Erlöschen zur Folge, weil dann der neue Schuldner nicht Inhaber des betroffenen Grundstücksrechtes ist. (OLG Frankfurt 20. Zivilsenat, Beschluss vom 23.05.2013, 20 W 352/12, Rz. 9)
    https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190016864

    Etwas anderes gilt nach dem Beschluss des BGH vom 13.02.2014, V ZB 88/13
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…574&pos=0&anz=1
    nur dann, wenn es um einen im Wege der Schuldübernahme eingetretenen Eigentumswechsel geht.

    Besteht der vorgemerkte Anspruch nicht, wird die Vormerkung wirkungslos (BGH, Versäumnisurteil vom 27. 10. 2006 - V ZR 234/05,
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…419&pos=0&anz=1
    Rz. 18 unter Zitat: vgl. BGHZ 150, 138 [142] = NJW 2002, 2313, sowie zur fehlenden Gleichwertigkeit vgl. Staudinger/Pfeifer, BGB, Neubearb. 2004, § 925 Rdnr. 147, sowie das Gutachten des Deutschen Notarinstituts, DNotI-Report 1998, 213 [214]).

    Rieble führt dazu im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 418 BGB RN 11 aus: „Ist der Eigentümer nicht (mehr) Schuldner, so erlischt die Vormerkung, weil sie ihre Realsicherungsfunktion eingebüßt hat (BGH 13. 2. 2014 - V ZB 88/13, BGHZ 200, 179 Rn 9; Staudinger/Gursky [2013] § 883 Rn 68 mwNw)“.

    Und wenn die Vormerkung erloschen ist, müsste sie auch aufgrund Unrichtigkeitsnachweises gelöscht werden können.

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  • Nur so ein Gedanke, aber wenn die Vormerkung nicht gelöscht werden kann, dann nicht wegen eines Schadensersatzanspruchs, sondern wegen eines daraus resultierenden Zurückbehaltungsrechts (bezüglich Rückerstattung des Kaufpreises -> BGH NJW 2002, 2313, bezüglich Schadensersatzanspruch -> BGH NJW-RR 1990, 847). Wird das Vorkaufsrecht ausgeübt, entsteht durch die dem Verkäufer unmöglich gewordene Leistung ebenfalls ein Schadensersatzanspruch (§§ 275, 280 BGB), was zum selben Ergebnis führen sollte, wie bei dem aus arglistiger Täuschung (BGH a.a.O.). In aller Regel wird dem Erstkäufer aber das Vorkaufsrecht bekannt sein und im Kaufvertrag für den Fall der Vorkaufsrechtsausübung ein Rücktrittsrecht eingeräumt sein.

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