Freigabe Erwerbsminderungsrente?

  • Hallo liebes Forum,


    leider konnten mir die vorhandenen Threads nichtweiterhelfen.

    Der Schuldner hat eine Nachzahlung einerErwerbsminderungsrente bekommen (mehrere Tausend Euro). Die Auszahlung erfolgtejedoch nur zum Teil auf ein normales Girokonto (kein P-Konto). Die Bank zahltdiesen Betrag nicht aus. Der andere Teil wurde zurückbehalten, weil mehrereKassen auf den Rest Anspruch erhoben haben (vermutlich, da diese in der Zeitder ausgebliebenen Nachzahlung unterstützt haben).

    Frage: Steht dem Schuldner der restliche Teilbetrag zu, daunpfändbar? Oder muss man berechnen, wieviel monatlich über dem pfändungsbetraggelegen hätte, wenn er die Rente ausgezahlt bekommen hätte? Hierbei müsste mandann die Leistungen addieren, die er ja tatsächlich aus Ausgleich bekommen hat?
    Ich muss eine Entscheidung gemäß § 36 Abs. 4 Inso herbeiführen.

  • meines Erachtens steht das Geld der Masse zu.

    Eine Entscheidung des Gerichts könnte lediglich nach § 765a ZPO ergehen.

    Hierzu führt das BVerfG zu - 1 BvR 163/15 - aus:
    ...Denn seit dem 1. Januar 2012 wird Kontopfändungsschutz für den Schuldner - abgesehen
    von der Generalklausel des § 765a ZPO - durch ein Pfändungsschutzkonto
    gewährt (vgl. BTDrucks 16/12714, S. 16; Becker, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl.
    2015, § 850k Rn. 1b; Riedel, in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 1. März
    2015, vor § 850k). Diesem Schutz entzieht sich der Schuldner selbst, indem er es
    unterlässt, dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlungen auf seinem Pfändungsschutzkonto
    eingehen, und er allein aufgrund des fehlenden Pfändungsschutzkontos den
    Fall einer besonderen Härte im Sinne des § 765a ZPO herbeizuführen sucht,....

  • Für die Rentenleistung selbst dürfte das Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.03.2011, 7 U 148/09 einschlägig sein.

    Für Kontoguthabe gelten § 36 InsO iVm. § 850k ZPO. § 765a ZPO kann nur dann Anwendung finden, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt. § 765a ZPO ist nur ein Auffangtatbestand und als solcher nur ganz ausnahmesweise anzuwenden.

    Weil es für Kontoguthaben aber die Möglichkeiten des § 850k ZPO gibt, kann § 765a ZPO auf Kontoguthaben eigentlich keine Anwendung finden.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • ich glaubr, da liegt so ein bisschen mein Verständnisproblem.

    Über was entscheide ich? Über die Rente oder das Guthaben?

    Fakt ist, dass die Rente auf dem Konto eingegangen ist. Selbst wenn das Konto ein Pfändungsschutzkonto wäre, würde sich di Frage noch stellen oder?

    Kann ich den Antrag wirklich alleine aufgrund des nicht vorhandenen P-Kontos "abwürgen"?

  • Über die Rente kannst Du nicht mehr entscheiden, die ist ausgezahlt, der Anspruch ist erloschen.

    Das Kontoguthaben ist Masse und § 36 InsO nicht anwendbar. Der Streit, ob Massezugehörigkeit vorliegt, ist vor dem Prozessgericht auszutragen, BGH v. 11.05.2010, IX ZB 268/09.

    Du bist mE da raus.

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    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • ich glaubr, da liegt so ein bisschen mein Verständnisproblem.

    Über was entscheide ich? Über die Rente oder das Guthaben?

    Fakt ist, dass die Rente auf dem Konto eingegangen ist. Selbst wenn das Konto ein Pfändungsschutzkonto wäre, würde sich di Frage noch stellen oder?

    Kann ich den Antrag wirklich alleine aufgrund des nicht vorhandenen P-Kontos "abwürgen"?

    Der Rententräger rechnet ja eigenständig den unpändbaren Teil der Rentenleistungen aus und zahlt ihn an den Schuldner.
    Das ist ja auch erfolgt.
    Entscheidung kannst du nur hinsichtlich des durch due Überweisung der Rentennachzahlung entstandenen Kontoguthaben.
    Wäre es ein P-Konto, könntest du nach § 850k Abs. 4 ZPO den Freibetrag des Monats der Gutschrift insoweit erhöhen, als die Rentennachzahlung, umgelegt auf die Leistungsmonate und unter Berücksichtigung der weiteren Gutschriften der Monate unpfändbar nach 850c ZPO wäre.
    aber, ohne P-Konto kein § 850k Abs. 4 ZPO....

  • weil der Schuldner Pfändungsschutz lediglich über ein P-Konto erlangen kann und der Umstand, dass er keins hat, eine Härte im Sinne § 765a ZPO nicht begründet.

    Daher ist das Kontoguthaben massezugehörig.

    Dies gibt die Entscheidung des BVerfG aber nicht her.....
    Zu unterscheiden ist die Frage eines Anspruchs nach § 826 BGB von der Frage der Tatbestandlichkeit des § 765a ZPO. Diese Unterscheidung hatte das BVerfG aber nicht zu treffen, da es einzig um § 826 BGB ging. § 826 BGB ist eine Vorschrift aus dem juristischen Giftschrankt (wenn mensch da in der Klausur landet, ist meist was schiefgelaufen); § 765a ZPO ist eher aus dem Schrank der Beruhigungsmittel :D (wenn auch als ultima ratio zu betrachten).
    Das BVerfG hat mitnichten entschieden, wer kein P-Konto hat, ist i.S.v. § 765a ZPO nicht mehr schutzwürdig !
    Einer anderen fundierten Entscheidungs-"analyse" gerne entgegensehend:
    Greez Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • ich glaubr, da liegt so ein bisschen mein Verständnisproblem.

    Über was entscheide ich? Über die Rente oder das Guthaben?

    Fakt ist, dass die Rente auf dem Konto eingegangen ist. Selbst wenn das Konto ein Pfändungsschutzkonto wäre, würde sich di Frage noch stellen oder?

    Kann ich den Antrag wirklich alleine aufgrund des nicht vorhandenen P-Kontos "abwürgen"?

    Es ist unabhängig von der Verzwicktheit Deines Falles immer ein Prob, wenn es um Nachzahlungsfälle geht. Z.T. könnten diese problematisch werden, wenn es in Richtung der von LfDC genannen Streitfrage geht.
    Wir haben bei Glasklarfällen die - bereits durch Überweisung auf das Konto untergegangen Ansprüche - "freigegeben", die zu einem Bereichungsanspruch des Schuldners gegen die Masse führen.
    So umgehen wir auch die "Kontenfreigabe-entscheidung" die jenseits des P-Kontos ja nicht mehr funktionieren soll - sofern nicht § 765a ZPO anzuwenden ist - (dem das BVerfG eben keine Absage erteilt hat, da dies nicht Entscheidungsgegenstand war, und nach meinem Dafürhalten auch kein obiter dictum war (wobei da nach wie vor intererssant wäre, ob einem obiter dictum in einer Entscheidung des BVerfG Gesetzeskraft nach § 31 BVerGG zukäme - ein Thema, mti dem ich mich zugegebenermaßen sehr lange nicht mehr beschäftigt habe).

    Nun ist Dein Fall ja auch noch darum verquer, weil offenbar noch Pfändungen (da ist der SV nicht klar) weiterer Sozialversicherungsträger vorliegen sollen. Hier wäre noch aufzuklären. An Insolvenzmasse hm.... § 91 InsO ?
    Also ne Patentlösung kann ich grad nicht aus der Hüfte schießen.... bin mal gespannt

    greez Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Für die Rentenleistung selbst dürfte das Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.03.2011, 7 U 148/09 einschlägig sein.

    Für Kontoguthabe gelten § 36 InsO iVm. § 850k ZPO. § 765a ZPO kann nur dann Anwendung finden, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt. § 765a ZPO ist nur ein Auffangtatbestand und als solcher nur ganz ausnahmesweise anzuwenden.

    Weil es für Kontoguthaben aber die Möglichkeiten des § 850k ZPO gibt, kann § 765a ZPO auf Kontoguthaben eigentlich keine Anwendung finden.

    Ohne Pfändungsschutzkonto besteht keine Möglichkeit nach § 850k ZPO!

    Es bleibt daher nur der (wohl abzulehnende) Antrag nach § 765a ZPO.

  • ... (wobei da nach wie vor intererssant wäre, ob einem obiter dictum in einer Entscheidung des BVerfG Gesetzeskraft nach § 31 BVerGG zukäme - ein Thema, mti dem ich mich zugegebenermaßen sehr lange nicht mehr beschäftigt habe).

    greez Def

    Wenn ich mich an mein Studium richtig erinnere, dann nicht, nur tragende Gründe. Daher hat das BVerfG wohl damals beim Grundlagenvertrag BRD-DDR selbst seine gesamte Entscheidung als tragend bezeichnet um eine Bindung an jeden Buchstaben herzustellen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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