Vorsorgevollmacht - Gesamtvertretung

  • N verkauft am 1.5.21 als vollmachtsloser Vertreter für die Eigentümerin E ein Grundstück an K, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Bevollmächtigten der E, nämlich B1 und B2.

    Am 15.5. genehmigt B1 "als Bevollmächtigte der E" die für diese im KV abgegebenen Erklärungen. Ihre Unterschrift wird von einem österreichischen Notar beglaubigt.
    B2 genehmigt die Urkunde gleichermaßen am 15.6.21 mit Unterschriftsbeglaubigung durch einen notary public in den USA.

    Außerdem wird dem Antrag auf AV eine Vorsorgevollmacht (erteilt durch E, mit Unterschriftsbeglaubigung) für B1 und B2 vom 1.6.13 beigefügt, und zwar in beglaubigter Abschrift vom 10.6.21.
    Beglaubigt wurde (vom obengenannten österreichischen Notar) die Übereinstimmung "mit dem vorliegenden Original".

    Die Genehmigung durch die - gesamtvertretungsberechtigten - B1 und B2 erfolgte somit jeweils ohne, dass beim Unterschreiben das Original vorlag. Die Vollmacht, aufgrund der sie handeln, wird in der Genehmigung auch gar nicht bezeichnet.

    Ist das so ausreichend?
    Wenn nicht, würde es genügen, wenn B1 (bei der sich vermutlich das Original befindet, da sie in Österreich wohnt) mit der Original-Vollmacht nochmals beim Notar den KV genhmigt?

  • Hätte am 15.05.2021 eine Beurkundung durch den österreichischen Notar stattgefunden, dann hätte dem Notar die bereits am 01.06.2013 erteilte Vollmacht noch nicht vorgelegt werden müssen, weil es nach § 69a Absatz 2 Satz 1 der österreichischen Notariatsordnung
    https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassun…nummer=10001677
    ausreicht, wenn die Vollmacht dem Notar innerhalb von 30 Tagen nach der Errichtung des Notarakts vorgelegt wird.

    Ob dies auch bei der Unterschriftsbeglaubigung nach § 79 der österreichischen Notariatsordnung gilt, kann ich der Bestimmung nicht entnehmen. Darauf kann es aber auch nicht ankommen. Wichtig ist, dass dem Notar am 10.06.2021 das Original der Vollmacht vorgelegt wurde. Damit ist die Vermutung verknüpft, dass diese Vollmacht am 10.06.2021 noch bestand. Und wenn die Vollmacht vom 01.06.2013 am 10.06.2021 noch bestand, dann kann davon ausgegangen werden, dass sie nicht zwischenzeitlich (am 15.05.2021) erloschen war.

    Auch kommt es bei der Genehmigung lediglich darauf an, dass sich das Handeln im fremden Namen aus den Umständen ergibt. Wie hier ausgeführt
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…086#post1207086
    genügt es nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sich der Wille, eine Erklärung im fremden Namen abzugeben, aus den Umständen ergibt (HansOLG Hamburg, Beschluss vom 30.3.2010, 13 W 17/10
    https://www.dnoti.de/entscheidungen…849c73ac88a6680
    BayObLG, Beschluss vom 05. September 1991, BReg 2 Z 105/91 =Rpfleger 1992, 99; LG Ravensburg, Beschluss vom 11. Mai 1992, 1 T 85/92 = Rpfleger 1993, 17; BGH, Beschluss vom 14. 4. 2005, V ZB 4/05 =DNotZ 2005, 845/846)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke, auch für die Fundstelle zur Österreichischen Notarordnung!

    Ist es dann so, dass der Notar gemäß § 69a Abs. 4 die nachgereichte Vollmacht mit der beglaubigten Genehmigung hätte verbinden müssen + nur verbunden herausgeben hätte dürfen? Das ist hier nicht der Fall...

    Woraus ergibt sich, dass bei Gesamtvertretung nicht beide Vertreter - unter Vorlage der Original-Vollmacht - gemeinsam beim Notar erscheinen müssen?

  • Wie gesagt, befassen sich die §§ 69, 69a der österreichischen Notariatsordnung mit dem Notariatsakt, also der Beurkundung (§ 69: „Vollmachten, die zur Errichtung eines Notariatsaktes dienen…; § 69a: Liegt dem Notar eine schriftliche Vollmacht in Urschrift, Abschrift oder Kopie vor, jedoch nicht in der im § 69 Abs. 1 vorgeschriebenen Form, so kann dennoch ein Notariatsakt errichtet werden…“).

    Für die Unterschriftsbeglaubigung nach § 79 der österreichischen Notariatsordnung kann ich nicht feststellen, dass diese Bestimmungen entsprechend anzuwenden sind.

    Sind mehrere Personen bevollmächtigt, liegt Gesamtvertretung vor, wenn sich aus dem Inhalt der Vollmacht nicht etwas anderes ergibt. Gesamtvertreter können Vertretererklärungen gemeinsam, einzeln oder auch zeitlich nacheinander abgeben (s. etwa Reetz im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.11.2021, Sonderbereich Vertretungsmacht RN 17)

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  • Laut Beschluss des BayObLG v. 27.12.2001 - 2 Z BR 185/01 - hätte doch jeder der Bevollmächtigen das Original der Vollmacht beim Notar vorlegen müssen:

    "Da § 172 BGB auf den Besitz der Vollmachtsurkunde abstellt, muss das Original oder die Ausfertigung von dem Bevollmächtigten, bei mehreren von jedem von ihnen, vorgelegt sein und auch dies in dem Beglaubigungsvermerk zum Ausdruck kommen. ...
    Knüpft aber das materielle Recht, wie hier § 172 BGB, Rechtsfolgen an den Besitz der Urkunde, genügt die beglaubigte Abschrift allein nicht zum Nachweis des Besitzes der Hauptschrift. Vielmehr muss dieser dem GBA gegenüber gesondert, zweckmäßigerweise in Form einer notariellen Bescheinigung (vgl. § 39 BeurkG), erbracht werden."

    In meinem Fall könnte B1 die notarielle Bescheinigung evtl. ergänzen lassen, aber B2 war bei Unterschriftsbeglaubigung nicht im Besitz der Original-Vollmacht.
    Muss er nicht noch - mit Orignial-Vollmacht - nachgenehmigen?

  • Die Entscheidung des BayObLG bezieht sich auf eine notariell beurkundete Vollmacht. Bei notariell beurkundeten Vollmachten ist nach § 49 Abs. 2 BeurkG im Ausfertigungsvermerk Tag und Ort der Erteilung sowie die Person zu bezeichnen, der die Ausfertigung erteilt ist. Dir liegt aber die beglaubigte Abschrift einer unterschriftsbeglaubigten Vollmacht, also einer privatschriftlichen Vollmacht vor. Von dieser Vollmacht dürfte nur ein Exemplar existieren. Darauf wird auch nicht vermerkt sein (siehe die Dir vorliegende beglaubigte Abschrift), dass sie nur dem einen oder anderen Bevollmächtigten erteilt wird. Wäre dem so, müsste von einer Einzelvertretungsberechtigung ausgegangen werden. Ist die Vollmacht aber beiden Bevollmächtigten erteilt, hätte ein Widerruf gegenüber einem der Bevollmächtigten zur Folge, dass die Vollmacht an die Vollmachtgeberin hätte zurückgegeben werden müssen, jedenfalls zumindest, um den Widerruf gegenüber diesem Vertretungsberechtigten auf der Urschrift zu vermerken. Die Vollmacht lag dem österreichischen Notar aber am 10.06.2021 im Original vor. Also hatte sie am 10.06.2021 noch Bestand. Damit käme es lediglich auf den Zeitraum zwischen dem 10.06.2021 und dem 15.06.2021 an. An diesem Tag hat B2 die abgegebenen Erklärungen mit Unterschriftsbeglaubigung durch einen notary public in den USA genehmigt. Der US-amerikanische notary public nimmt keine Beurkundungsfunktionen wahr. Das OLG Stuttgart führt dazu im Urteil vom 17.05. 2000, 20 U 68/99, aus: „Ein solcher besitzt im Gegensatz zu einem deutschen Notar keine juristische Kompetenz und übt lediglich eine Beglaubigungsfunktion aus (Erman/Hohloch, BGB, § 11 EGBGB Rdn. 20; Palandt/Heinrich, BGB, 59. Aufl., Art. 11 EGBGB Rdn. 5; Staudinger/Großfeld, BGB, IntGesR Rdn. 472)“. Also wird er auch nicht bestätigen können, dass B2 die Erklärung nicht im eigenen Namen abgegeben hat und dass ihm am 15.06.2021 das Original der Vollmacht vom 01.06.2013 vorlag.

    Wenn Du also Zweifel hast, ob die Vollmacht noch am 15.06.2021 bestand, dann kannst Du Dir ja das Original von B1, der die Beglaubigung der Abschrift durch den österreichischen Notar veranlasst hat, vorlegen lassen. Warum sollte er denn nochmals eine Genehmigungserklärung abgeben?

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  • Beim "nochmals genehmigen" meinte ich B2, der ja beim Unterschreiben keine Vollmacht dabei hatte...

    Aber, du hast sicher damit Recht, dass der US-amerikanische notary public auch, wenn B2 die Vollmacht vorgelegt hätte, keine entsprechende Feststellung getroffen hätte.

    Zweifel, dass die Vollmacht noch bestand, hab ich nicht, da E aufgrund ihrer Demenz nicht imstande war die Vollmacht zu widerrufen.

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