Prüfbericht RL: Was bedeutet "sachliche Richtigkeit"?

  • Guten Morgen zusammen,

    ich frage mich, was ich genau tue und was für Konsequenzen es hat, wenn ich im Prüfbericht zur Rechnungslegung die „sachliche Richtigkeit“ bescheinige. Rechnerische Richtigkeit ist mir ja klar, aber wenn ich die sachliche Richtigkeit bescheinige, bringe ich dann damit nur zum Ausdruck, dass – um jetzt mein ein nachvollziehbares Beispiel zu nehmen – der Betreuer in der Aufstellung -120 € für Fußballschuhe angegeben hat und ein Beleg über 120 € teure Fußballschuhe vorlag? Oder bescheinige ich damit auch, dass die Anschaffung der Fußballschuhe an sich notwendig gewesen ist und auch der Höhe nach angemessen? Da müsste ich ja in eine ganz andere Prüfung einsteigen, die mir ja vom Schreibtisch aus in vielen Fällen höchstwahrscheinlich ja gar nicht möglich ist. Um beim Beispiel zu bleiben: Ein Querschnittsgelähmter benötigt im Zweifel (!) nicht unbedingt Fußballschuhe. Es könnte allerdings auch sein, dass er – ich phantasiere mal weiter – vor seinem Unfall leidenschaftlicher Fußballspieler war und er sich (geistig klar) an dem Tragen der Fußballschuhe erfreut. Was ist mit jemandem, der sich nicht äußern kann bzw. über dessen Vergangenheit nichts bekannt ist? Und was ist mit dem hohen Preis? Muss ich prüfen, ob die 120 € den Vermögenverhältnissen des Betreuten angemessen sind und bestätige ich mit der Bescheinigung der sachlichen Richtigkeit, dass die Anschaffung neben notwendig auch angemessen gewesen ist? Und, ich denke natürlich auch an meinen eigenen Hals: was ist, wenn die Erben später daher kommen und sagen, „20 € teure Fußballschuhe hätten es doch auch getan, wir hätten gern die 100 € zurück“? Mir ist klar, dass das nur vorm Zivilgericht geklärt werden kann. Nicht klar ist mir allerdings, unter welchen Umständen ich in einem solchen Fall selbst hafte.
    Im Palandt steht zu § 1843 BGB, dass sich die sachliche Prüfung auch darauf richtet, ob die Ausgaben angemessen sind. Danach bezieht sich die sachliche Richtigkeit ja tatsächlich auch auf die Frage, ob es die teuren Fußballschuhe sein mussten, oder? Aber wo fängt‘s dann an und wo hört‘s auf? Ich meine: muss ich dann jede Anschaffung des Betreuers in Frage stellen und „nach den allgemeinen Lebenserfahrungen und nach den Lebensumständen des Betreuten“ (?) - oder wonach? - prüfen, ob diese oder jene Anschaffung a) wirklich erforderlich und b) wirklich zu diesem Preis nötig war? Bei Fußballschuhen mag das ja vielleicht noch einigermaßen möglich sein, aber ist mit z. B. selbst zu zahlenden Therapien? Wie soll ich prüfen, ob Massagen oder tiergestütze oder Musik-Therapie a) notwendig und b) ihrem Umfang nach angemessen war?
    Ich führe das jetzt hier nicht weiter aus, ich glaube, ich hab mein Problem – natürlich geht’s in meinem Fall tatsächlich nicht um Fußballschuhe und um ganz anderen Beträge – verständlich gemacht.

    Der MüKo sagt:
    b) Sachprüfung
    5 In sachlicher Hinsicht hat das FamG die Rechnung auf die Einhaltung der gesetzlichen Verwaltungsvorschriften, die Einholung der erforderlichen Genehmigungen, die vollständige Anführung von Einnahmen und Ausgaben und die Pflichtgemäßheit der Vermögensverfügungen zu überprüfen.

    Hier frage ich mich: Was ist Pflichtgemäßheit? Wenn ich das google kommt ich schnell zu "Ermessen" und stelle mir dann die selben Fragen wie oben...

    Ich bin ehrlich gesagt ziemlich ratlos und würde mich freuen, wenn mir jemand helfen könnte.
    Vielen Dank! Allein schon fürs Lesen meiner langen Ausführungen…

  • Pflichtgemäß ?

    Da komm ich mit meinem Klassiker .
    Ich habe mal vor zig Jahren beanstandet, dass der Betreuer für einen männlichen Betreuten einen Büstenhalter im Versandhandel bestellt hat.
    Gegenreaktion des Betreuers war , dass er mit einem Foto des Oberkörpers des Betreuten die Anschaffung eines "Stützapparates" wegen erheblicher Adipositas begründen konnte.
    Ganz schnell war meine Beanstandung weg, weil der Betreuer sich pflichtgemäß - d.h. zum Wohle des Betreuten - um die Anschaffung des BH gekümmert hat.

  • Pflichtgemäß ?

    Da komm ich mit meinem Klassiker .
    Ich habe mal vor zig Jahren beanstandet, dass der Betreuer für einen männlichen Betreuten einen Büstenhalter im Versandhandel bestellt hat.
    Gegenreaktion des Betreuers war , dass er mit einem Foto des Oberkörpers des Betreuten die Anschaffung eines "Stützapparates" wegen erheblicher Adipositas begründen konnte.
    Ganz schnell war meine Beanstandung weg, weil der Betreuer sich pflichtgemäß - d.h. zum Wohle des Betreuten - um die Anschaffung des BH gekümmert hat.

    Danke für deine Rückmeldung! :daumenrau
    Mein Problem ist allerdings tatsächlich die Höhe der "Anschaffung". Also auf deinen Fall bezogen die Frage: Musste es ein BH sein für 100 € oder hätte es auch einer für 20 € getan?

  • :gruebel: Kann sein, dass ich einfach zu stumpf bin, aber solche Gedanken habe ich mir noch nicht wirklich gemacht. Auf deinen imaginären Fall bezogen hieße das ja quasi, dass ich - als Betreuungsgericht - mich in jede Transaktion des Betreuers hineinversetzen und prüfen müsste, ob es nicht doch billiger/angemessener gegangen wäre. Diesen Schuh ziehe ich mir als Betreuungsgericht nicht an. "Verantwortlich" ist in letzter Instanz immer der Betreuer. Ich prüfe lediglich, ob die (Gesamt-)Ausgaben in der Gesamtschau des Verfahrens angemessen und vertretbar sind und ob sie "ins Bild passen". Bei Fußballschuhen für einen Querschnittsgelähmten würde ich natürlich auch nachfragen. Oder bei anderen Buchungen, die nicht ohne Weiteres nachvollziehbar sind. Wenn aber ein TV für 1500 EUR gekauft wird, wo es doch viel billigere gibt, ist mir das egal, solange das Gesamtvermögen nicht gefährdet ist. Schon gar nicht maße ich mir an zu beurteilen, ob Therapien, Massagen,... erforderlich sind.

    Also zusammengefasst: Ich prüfe, ob alles läuft und bescheinige dann auch die sachliche Richtigkeit. Und selbst wenn dann z.B. ein Erbe kommt und Unangemessenheit moniert, ist das nicht mein Problem. Schon gar nicht könnte man daraus einen Haftungsfall konstruieren.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Bezogen auf meine Einzelfall musste die Anschaffung bereits deswegen teurer sein, weil der angeschaffte BH viel Stoff hatte . Übergrößen dürften - auch gerichtsbekannt - teurer sein. Allgemein würde ich sagen , dass wir hier uns auf dass Ermessen des Betreuers verlassen müssen . Schließlich haben wir nun mal im Rahmen des §1837 BGB nur die Rechts- und nicht die Fachaufsicht. Dass bei dem Ermessen auch die finanziellen Verhältnisse eine Rolle spielen, steht für mich dabei aber außer Frage. Abgesehen , davon gilt es ja auch den Willen des Betreuten zu berücksichtigen, der mit der Reform ab 2023 eine noch größere Rolle spielt.

  • Ich schließe mich Wolf und Asgoth an.

    Die Höhe des Kaufpreises für Kleidungsstücke, TV-Geräte usw. unterliegt nicht der Prüfungskompetenz des Betreuungsgerichts. Ansonsten müsste man z. B. mutmaßlich jeweils beanstanden, dass das im stationären Handel erworbene TV-Gerät viel günstiger im Internet hätte gekauft werden können.

    Diese Verantwortung liegt beim Betreuer.

  • Ich schließe mich Wolf und Asgoth an.

    Die Höhe des Kaufpreises für Kleidungsstücke, TV-Geräte usw. unterliegt nicht der Prüfungskompetenz des Betreuungsgerichts. Ansonsten müsste man z. B. mutmaßlich jeweils beanstanden, dass das im stationären Handel erworbene TV-Gerät viel günstiger im Internet hätte gekauft werden können.

    Diese Verantwortung liegt beim Betreuer.

    Ok, danke! :daumenrau
    Aber was ist mit Therapien? Habe ich da a) Zweckmäßigkeit (also welche Art von Therapie) und b) Umfang (also wie oft) zu prüfen?

  • Nachtrag:
    Im Beck OK, 59. Edition, 2021, steht in RN 3 zu § 1843 BGB noch folgendes:
    "Sachlich hat das FamG die Rechnungslegung auf Vollständigkeit sowie darauf zu prüfen, ob der Vormund die gesetzlichen Vorschriften beachtet, insbes. erforderliche Genehmigungen eingeholt und Hinterlegungsvorschriften beachtet hat, ob Ausgaben angemessen waren und die möglichen Einnahmen gezogen wurden."

    Da bin ich wieder bei meiner Angemessenheitsfrage. :(

  • Ich schließe mich Wolf und Asgoth an.

    Die Höhe des Kaufpreises für Kleidungsstücke, TV-Geräte usw. unterliegt nicht der Prüfungskompetenz des Betreuungsgerichts. Ansonsten müsste man z. B. mutmaßlich jeweils beanstanden, dass das im stationären Handel erworbene TV-Gerät viel günstiger im Internet hätte gekauft werden können.

    Diese Verantwortung liegt beim Betreuer.

    Ok, danke! :daumenrau
    Aber was ist mit Therapien? Habe ich da a) Zweckmäßigkeit (also welche Art von Therapie) und b) Umfang (also wie oft) zu prüfen?

    Normalerweise werden Therapien doch verschrieben und von der Krankenkasse übernommen.

    Sofern es sich um selbst zu finanzierende (teure) Therapien handelt (z. B. Delfintherapie) sollte der Betreuer, den Nutzen, Umfang usw. für den Betroffenen erläutern/nachweisen können.

  • Bei Therapien könnte man in der Tat auf die Idee kommen , nachzufragen , ob und inwieweit diese von der Krankenkasse bezuschusst/ getragen werden.

    ...und in welchem Umfang sie nötig gewesen sind ja dann auch. Und das ist hier mein großes Problem. :(
    Die von dem Betreuer in meinem Fall gewählte Therapie-Form wird von keiner KK gezahlt. Das ist aber nicht mein Problem, sondern "nur", ob die Anzahl der erfolgten Therapie-Stunden, die der Betreute von seinem umfangreichen Vermögen selbst gezahlt hat, angemessen war. Habe ich das im Rahmen der sachlichen Richtigkeit zu prüfen?

  • Bei Therapien könnte man in der Tat auf die Idee kommen , nachzufragen , ob und inwieweit diese von der Krankenkasse bezuschusst/ getragen werden.

    ...und in welchem Umfang sie nötig gewesen sind ja dann auch. Und das ist hier mein großes Problem. :(
    Die von dem Betreuer in meinem Fall gewählte Therapie-Form wird von keiner KK gezahlt. Das ist aber nicht mein Problem, sondern "nur", ob die Anzahl der erfolgten Therapie-Stunden, die der Betreute von seinem umfangreichen Vermögen selbst gezahlt hat, angemessen war. Habe ich das im Rahmen der sachlichen Richtigkeit zu prüfen?

    M. E. ja.

    Der Betreuer sollte doch in der Lage sein, a) selbst entsprechende Erklärungen abzugeben, warum diese Therapie gewählt wurde und weshalb so oft Sitzungen stattfanden und b) ein entsprechend aussagekräftiges Schreiben des Therapeuten zur Problematik einzureichen.

    Man kann auch einmal recherchieren, weshalb die entsprechende Therapieform keine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse ist (vielleicht gesundheitlicher Nutzen nicht erwiesen?).

  • Bei Therapien könnte man in der Tat auf die Idee kommen , nachzufragen , ob und inwieweit diese von der Krankenkasse bezuschusst/ getragen werden.

    ...und in welchem Umfang sie nötig gewesen sind ja dann auch. Und das ist hier mein großes Problem. :(
    Die von dem Betreuer in meinem Fall gewählte Therapie-Form wird von keiner KK gezahlt. Das ist aber nicht mein Problem, sondern "nur", ob die Anzahl der erfolgten Therapie-Stunden, die der Betreute von seinem umfangreichen Vermögen selbst gezahlt hat, angemessen war. Habe ich das im Rahmen der sachlichen Richtigkeit zu prüfen?

    M. E. ja.

    Der Betreuer sollte doch in der Lage sein, a) selbst entsprechende Erklärungen abzugeben, warum diese Therapie gewählt wurde und weshalb so oft Sitzungen stattfanden und b) ein entsprechend aussagekräftiges Schreiben des Therapeuten zur Problematik einzureichen.

    Man kann auch einmal recherchieren, weshalb die entsprechende Therapieform keine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse ist (vielleicht gesundheitlicher Nutzen nicht erwiesen?).

    Und wenn ich zu dem Ergebnis komme, dass der gesundheitliche Nutzen wissenschaftlich nicht erwiesen ist? Und ist der Betreuer verpflichtet nur wissenschaftlich anerkannte Therapien zu wählen?
    Und: Wie soll ich als Rechtspfleger vom Schreibtisch aus beurteilen, wie oft eine Therapie zu Anwendung kommen kann/sollte und wo nach oben die Grenze ist?
    :confused:

  • Ich vergleiche das immer mit der Einkommenssituation im Verhältnis von Jemanden der 2.000,00€ im Monat hat und einem Anderen mit 20.000,00€. Beide kaufen sich eine Uhr, ein Auto, ein Fernseher etc. Der Nutzen ist jeweils bei den Anschaffungen gleich. Aber der eine gibt für seine Uhr 200,00€ aus und der Andere 2.000,00€. So ist das auch mit meinen Heimbewohnern, welche einen neuen Fernseher wünschen. Der eine kann sich einen Metz für 2.000,00€ leisten und der andere nur ein Medion für 200,00€.


    Alles eine Frage des gesunden Menschenverstandes. Ach, ich habe letztens in einem Vortrag gehört, dass darf man wegen negativer Belegung nicht mehr sagen. Bleiben wir also beim Prakmatismus.

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

  • Und wenn ich zu dem Ergebnis komme, dass der gesundheitliche Nutzen wissenschaftlich nicht erwiesen ist? Und ist der Betreuer verpflichtet nur wissenschaftlich anerkannte Therapien zu wählen?
    Und: Wie soll ich als Rechtspfleger vom Schreibtisch aus beurteilen, wie oft eine Therapie zu Anwendung kommen kann/sollte und wo nach oben die Grenze ist?
    :confused:

    Man kann sich ja vortragen lassen, warum eine Therapie genutzt wird, obwohl deren Nutzen wissenschaftlich nicht erwiesen ist. Unmengen von Menschen wenden "Arzneimittel" oder Behandlungsmethoden an, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht erwiesen ist, das ist erstmal nichts besonderes.
    Und auch zur Häufigkeit wird man sich vortragen lassen können.
    Aber mal was anderes: wie sieht es denn mit der Anhörungsfähigkeit des Betroffenen aus? Ich setze jetzt mal einfach voraus, dass die Therapie, um die es hier geht, keinen Schaden für den Betroffenen verursachen kann. Dann dürfte im vorliegenden Fall, wo es letztlich um eine Äußerung zum eigenen körperlichen Wohlbefinden geht, ein recht geringes Niveau an Anhörungsfähigkeit doch schon ausreichen. Und wenn Handauflegen, Glücksbärchi-Therapie oder was auch immer, dem Betroffenen subjektiv gut tun und die finanziellen Mittel vorhanden sind, ist doch alles in Ordnung.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Und wenn ich zu dem Ergebnis komme, dass der gesundheitliche Nutzen wissenschaftlich nicht erwiesen ist? Und ist der Betreuer verpflichtet nur wissenschaftlich anerkannte Therapien zu wählen? Und: Wie soll ich als Rechtspfleger vom Schreibtisch aus beurteilen, wie oft eine Therapie zu Anwendung kommen kann/sollte und wo nach oben die Grenze ist? :confused:

    Man kann sich ja vortragen lassen, warum eine Therapie genutzt wird, obwohl deren Nutzen wissenschaftlich nicht erwiesen ist. Unmengen von Menschen wenden "Arzneimittel" oder Behandlungsmethoden an, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht erwiesen ist, das ist erstmal nichts besonderes. Und auch zur Häufigkeit wird man sich vortragen lassen können. Aber mal was anderes: wie sieht es denn mit der Anhörungsfähigkeit des Betroffenen aus? Ich setze jetzt mal einfach voraus, dass die Therapie, um die es hier geht, keinen Schaden für den Betroffenen verursachen kann. Dann dürfte im vorliegenden Fall, wo es letztlich um eine Äußerung zum eigenen körperlichen Wohlbefinden geht, ein recht geringes Niveau an Anhörungsfähigkeit doch schon ausreichen. Und wenn Handauflegen, Glücksbärchi-Therapie oder was auch immer, dem Betroffenen subjektiv gut tun und die finanziellen Mittel vorhanden sind, ist doch alles in Ordnung.

    Der Betreute kann sich nach einem schlimmen Verkehrsunfall leider gar nicht mehr äußern und liegt im Wachkoma. Die Therapie lindert lt. Aussagen des Betreuers seine "Beschwerden": Er ist danach sehr entspannt und ruhig.
    Leider ist nicht alles in Ordnung: Der Betreuer, der die Therapien veranlasst hat, wurde vom Richter entlassen und nun werden gegen ihn vom neuen Betreuer Schadensersatzansprüche im hohen 5stelligen Bereich geltend gemacht, bislang noch außergerichtlich.
    Und ich muss jetzt den Prüfbericht zur Schlussrechnungslegung des Betreuers erlassen und weiß halt bzgl. der sachlichen Richtigkeit nicht weiter.

  • Lass mal überlegen, was Sinn und Zweck der Rechnungslegung ist: das Gericht soll prüfen, ob richtig abgerechnet wurde und das Geld des Betroffenen in seinem Sinne ausgegeben wurde. Es soll gewährleisten, dass "Veruntreuungen" zeitnah ein Riegel vorgeschoben wird und ein eingetretener Schaden behoben wird.
    Genau das ist hier aber ja bereits passiert: der Betreuer ist entlassen und kann somit also nicht mehr verfügen und die Beseitigung der - möglicherweise - eingetretenen Schädigung des Vermögens ist in die Wege geleitet.
    Gleichzeitig soll natürlich auch der alte Betreuer ein Stück weit entlastet werden, aber auch ein vollständiger Prüfvermerk würde evtl. Schadenersatzansprüche des Betroffenen oder der Erben ja nicht ausschließen.
    Die Klärung der Streifrage ob und ggf. in welcher Höhe ein Schadenersatzanspruch besteht oder nicht, kann m.E. jedenfalls nicht in das Betreuungsverfahren verlagert werden.
    Ich bin aus Betreuung inzwischen schon eine ganze Weile raus, aber könnte man daher nicht im Prüfvermerk die rechnerische Richtigkeit der Rechnungslegung feststellen und dass alle Verfügungen ordnungsgemäß belegt und verbucht sind und dass die sachliche Richtigkeit der Positionen ... vom Betroffenen, vertreten durch seinen neuen Betreuer, bestritten wird?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • ...
    Ich bin aus Betreuung inzwischen schon eine ganze Weile raus, aber könnte man daher nicht im Prüfvermerk die rechnerische Richtigkeit der Rechnungslegung feststellen und dass alle Verfügungen ordnungsgemäß belegt und verbucht sind und dass die sachliche Richtigkeit der Positionen ... vom Betroffenen, vertreten durch seinen neuen Betreuer, bestritten wird?

    Guten Morgen,
    also ich glaube, das würde in einem Prüfbericht zur weit gehen. Und wäre in meinem vorliegenden Fall auch einfach nicht richtig, da der neue Betreuer die Richtigkeit der bestimmten Positionen nicht ausdrücklich bestritten hat. Ich weiß nur, dass der neue Betreuer diese bestimmten Therapien nicht weiter laufen lässt, aber ausdrücklich bestritten hat er sie nicht.
    Ich habe am Freitag noch lange mit einer erfahrenen Kollegin gesprochen, die meinte, sie würde - gemäß dem TSJ-Baustein - auch gar keine Richtigkeit im Prüfbericht mehr bescheinigen, da diese Bescheinigung keine rechtlichen Auswirkungen habe. Sie schriebe nur, dass die RL sachlich und rechnerisch geprüft wurde und sich keine Beanstandungen ergeben hätte. So werde ich vermutlich in meinem Fall jetzt auch verfahren.

  • Lass mal überlegen, was Sinn und Zweck der Rechnungslegung ist: das Gericht soll prüfen, ob richtig abgerechnet wurde und das Geld des Betroffenen in seinem Sinne ausgegeben wurde. Es soll gewährleisten, dass "Veruntreuungen" zeitnah ein Riegel vorgeschoben wird und ein eingetretener Schaden behoben wird.
    Genau das ist hier aber ja bereits passiert: der Betreuer ist entlassen und kann somit also nicht mehr verfügen und die Beseitigung der - möglicherweise - eingetretenen Schädigung des Vermögens ist in die Wege geleitet.
    Gleichzeitig soll natürlich auch der alte Betreuer ein Stück weit entlastet werden, aber auch ein vollständiger Prüfvermerk würde evtl. Schadenersatzansprüche des Betroffenen oder der Erben ja nicht ausschließen.
    Die Klärung der Streifrage ob und ggf. in welcher Höhe ein Schadenersatzanspruch besteht oder nicht, kann m.E. jedenfalls nicht in das Betreuungsverfahren verlagert werden.
    Ich bin aus Betreuung inzwischen schon eine ganze Weile raus, aber könnte man daher nicht im Prüfvermerk die rechnerische Richtigkeit der Rechnungslegung feststellen und dass alle Verfügungen ordnungsgemäß belegt und verbucht sind und dass die sachliche Richtigkeit der Positionen ... vom Betroffenen, vertreten durch seinen neuen Betreuer, bestritten wird?

    So sehe ich das auch.

  • ...
    Ich bin aus Betreuung inzwischen schon eine ganze Weile raus, aber könnte man daher nicht im Prüfvermerk die rechnerische Richtigkeit der Rechnungslegung feststellen und dass alle Verfügungen ordnungsgemäß belegt und verbucht sind und dass die sachliche Richtigkeit der Positionen ... vom Betroffenen, vertreten durch seinen neuen Betreuer, bestritten wird?

    Guten Morgen,
    also ich glaube, das würde in einem Prüfbericht zur weit gehen. Und wäre in meinem vorliegenden Fall auch einfach nicht richtig, da der neue Betreuer die Richtigkeit der bestimmten Positionen nicht ausdrücklich bestritten hat. Ich weiß nur, dass der neue Betreuer diese bestimmten Therapien nicht weiter laufen lässt, aber ausdrücklich bestritten hat er sie nicht.
    ...

    Ja was denn nun? :gruebel:

    Der neue Betreuer macht - so verstehe ich zumindest deinen Sachverhalt - gegen den früheren Betreuer Schadensersatzansprüche im hohen 5stelligen Bereich wegen einer dubiosen/unnötigen Therapie geltend. Also hat er deren Notwendigkeit/Sinnhaftigkeit und damit die entsprechenden Ausgaben aus dem Vermögen des Betroffenen - zumindest mittelbar - doch bestritten, oder etwa nicht?

    Weshalb sollte der neue Betreuer denn sonst Schadensersatzansprüche in den Raum stellen, wenn mit den Therapieausgaben alles in Ordnung war?

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