Erhöhung Pfandfreibetrag des Kontos und Zusammenrechnung AE u. Witwenrente

  • Hallo zusammen,
    ich habe bei einem erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein paar Probleme.

    1. Problem: Der Gläubiger ist nach Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss verstorben.
    Meiner Meinung nach ist das nicht problematisch, da er zum Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gelebt hat und somit die Voraussetzungen des Erlasses vorlagen.
    Jetzt habe ich aber einen Antrag des Schuldners, die ich dem Gläubiger zur Stellungnahme schicken muss. Schicke ich die jetzt an die Erben? Erbschein liegt mir vor.

    2. Problem: Der Antrag des Schuldners:
    Kurze Zusammenfassung:
    Der hiesige Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betrifft a) sein Arbeitseinkommen und b) das Bankkonto.
    Er hat noch nachrangige Pfändungen von anderen Behörden.
    Auf sein Konto geht nur das monatlich schwankende gepfändete Arbeitseinkommen ein.
    Er bekommt nun seit kurzem Hinterbliebenenversorgung (monatlich knapp 250,00 €), die aber aufgrund der Kontopfändung vollständig gepfändet wird.
    Zuerst hat er einen Antrag gestellt, dass er den unpfändbaren Freibetrag auf dem P-Konto nach der Pfändungstabelle erhöhen möchte, da ihm nach der Tabelle des § 850c ZPO (Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Hinterbliebenenversorgung) ein höherer monatlicher Betrag zusteht. Wegen Unstimmigkeiten im Antrag wurde der Schuldner mehrmals angeschrieben.
    Mit einem weiteren Schreiben hat er jetzt zusätzlich einen Antrag nach § 850b I Nr. 4 ZPO gestellt, um die Hinterbliebenenversorgung (Witwenrente) als unpfändbar festzustellen.

    Der Antrag nach § 850b I Nr. 4 ZPO ist meiner Meinung nach nicht zulässig bei Witwenrente.
    Der Antrag auf Erhöhung bzw. Anpassung der Pfändungsfreigrenze ist möglich. Allerdings tue ich mich schwer mit der Formulierung eines solchen Beschlusses.
    Wie formuliere ich ein Blankettbeschuss mit Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Hinterbliebenenversorgung?
    Ich habe Schwierigkeiten Beträge mit in den Beschluss aufzunehmen. Aber ohne Beträge kann die Bank ja die Grenzen nicht berücksichtigen.

    Hoffe ich habe mich einigermaßen verständlich ausgedrückt.
    Vielleicht hab ich auch grundsätzlich einen Denkfehler gemacht. Ich bearbeite die Pfänder erst seit gut einem Monat. Ich bin für jede Hilfe dankbar.
    Ich bedanke mich bereits jetzt für eure Hilfe.
    LG

  • Zum Verständnis - Lohn und Konto sind gepfändet, es geht also nur noch der unpfändbare Teil des Lohns auf dem Konto ein. Witwenrente ist nach meinem Kenntnisstand pfändbar wie Arbeitseinkommen, Ausnahme § 850b ZPO.

    Ich würde mir hier vom Schuldner Lohnabrechnungen der letzten 3 Monate vorlegen lassen. Aus dem Nettoeinkommen (vor Pfändung) würde ich den Mittelwert bilden, hierzu die Witwenrente addieren und danach den Freibetrag aus der Tabelle nach § 850c ZPO ermitteln.

    Beispiel:
    1.800,00 EUR durchschnittliches Nettoeinkommen (vor Pfändung)
    + 250,00 EUR Witwenrente
    = 2.050,00 EUR Gesamtnettoeinkommen
    - 558,15 EUR pfändbarer Betrag (ohne Unterhaltsverpflichtung)
    ergibt einen monatlichen Pfändungsfreibetrag in Höhe von 1.491,85 EUR

  • Die Erben sind die Nachfolger des Gläubigers- also sind diese anzuhören.

    Witwerrente ist eine Sozialleistung und wird von der Rentenversicherung gezahlt- die klassische Witwerrente unterfällt damit nicht § 850 b I Nr. 4 ZPO und ist wie Arbeitseinkommen pfändbar. Die in § 850 b I Nr. 4 genannten Witwenkassen sind mir noch nicht untergekommen, diese müssten dann ja auch zu Unterstützungszwecken, sprich an einen Bedürftigen gezahlt werden. ( Leistungsträger gemäß Sozialgesetz gehören nicht in den 850 b, sagt auch Zöller, ZPO bei 850 b Rn. 9)

    Ich hatte hier so etwas schon einmal, ich rechnete die Nettobezüge zusammen, entnahm der Tabelle den Pfändbaren Betrag, zog diesen von den berechneten Nettobezügen ab und gab den Rest frei.

    "Der Schuldner erhält Bezüge, die wie Arbeitseinkommen pfändbar sind. Daher waren Nettoarbeitseinkommen (2000,00 € - wichtig: Das Nettoeinkommen vor Pfändung, nicht das auf dem Konto eingehende) und Nettorente (600,00 €) zusammenzurechnen. Dies ergibt einen pfändbaren Betrag in Höhe von 2600,00 €, von dem laut Tabelle mangels Unterhaltsverpflichtungen 943,15 € pfändbar sind. Der monatliche Freibetrag wird daher auf 1656,85 € (2600,00 € -943,15 €) festgesetzt".

    Bei schwankendem Gehalt leider jeden Monat neu...

    Hilft es?

    Gruß


    Nachtrag: Nein, mit Mittelwerten pfusche ich nicht rum. Es ist auch meines Wissens nicht erlaubt, Pfändungen nach fiktiven Mittelwerten zu bestimmen und somit falsche Beträge freizugeben.
    Rate ich dringend von ab!!

    2 Mal editiert, zuletzt von Insulaner (23. November 2021 um 16:38) aus folgendem Grund: Beitrag #2

  • Um nicht mit Mittelwerten rumfuschen zu müssen, kann man für einen dauerhaften Betrag der Berechnung das geringste montliche Gesamteinkommen des Schuldners zugrunde legen.
    Für ein "Mehr" wäre dann gleichwohl ein monatlicher Antrag des Schuldners erforderlich.

  • Korrekt dürfte nur die Lösung von Insulaner sein.

    Mit Mittelwerten oder von vornerein zu hohen oder zu niedrigen Werte zu rechnen, damit Bank, Vollstreckungsgericht und sonstige Beteiligte möglichst wenig Aufwand haben, ist aber durchaus pragmatisch. Ansonsten is es für betroffene Schuldner auch sehr aufwändig jeden Monat nen neuen 850k Abs.4 bzw. ab nächste Woche 906 Abs. 2 Antrag zu stellen und manch einem wäre es lieber, da einmal irgendeinen halbwegs passenden Betrag dauerhaft festzusetzen.

    In diesem speziellen Fall scheint der Schuldner jedoch eher "antragsfreudig" zu sein und wird dem Vollstreckungsgericht irgendwelche Mittelwerte oder Mindestwerte von denen er sich benachteiligt sieht, sicherlich erfolgreich um die Ohren hauen.

    Und zusätzlich: wenn noch weitere Pfändungen "nachrangiger Behörden" vorliegen, greift für diese der 850k IV /906 II Beschluss ja nicht, so dass er dort den gleichen Antrag auch jeden Monat stellen muss.

    Das is dann schon ne ganz schöne Herausforderung für Betroffen.....und führt in Praxis oft zu KOntowechsel oder sonstigen Reaktionen...

  • Die Zugrundelegung des durch die Unterlagen des Schuldners glaubhaften gemachten "Mindesteinkommens" hat eigentlich wenig mit "möglichst geringen Aufwand für Gericht und Banken" zu tun.

    Vielmehrgewährleistet diese, dass der Schuldner dauerhaften und unmittelbaren Zugriff auf den höchstmöglichen unstreitigen Freibetrag erhalten kann.
    Der Schuldner hat eine dauerhafte Freigabe beantragt und das Gericht hat im Rahmen der Prüfung der Begründetheit zu würdigen, im welchem Umfang der Antrag auf eine dauerhafte Erhöhung begründet ist.

    Der Rest wäre dann durch monatliche Anträge und entsprechende Bescheidungen zu klären.

  • Nachtrag: Nein, mit Mittelwerten pfusche ich nicht rum. Es ist auch meines Wissens nicht erlaubt, Pfändungen nach fiktiven Mittelwerten zu bestimmen und somit falsche Beträge freizugeben.
    Rate ich dringend von ab!!

    Wird bei uns i.d.R. vom LG gehalten. Ist nach m.E. eine gangbare Lösung, allerdings kann ich die Bedenken durchaus verstehen.:daumenrau

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