Deutscher Erblasser verstirbt mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Thailand

  • Mein Erblasser war deutscher Staatsangehöriger und hat seit vielen Jahren in Thailand gelebt. Er hinterlässt Vermögen in Deutschland und in Thailand.

    Bei mir wird nun eine notariell beglaubigte Abschrift eines handschriftlichen Testaments abgeliefert, welches seinem Inhalt nach ausdrücklich nur für die in Deutschland befindlichen Vermögenswerte gelten soll. Es werden darin drei Erben mit unterschiedlichen Quoten bestimmt und ein Vermächtnis zugunsten einer vierten Person. Außerdem wird einer der drei Miterben als Testamentsvollstrecker benannt.
    Die Beteiligten möchten nun bei mir einen Termin zur Beantragung eines Erbscheins und eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.
    Laut dem mir vorliegenden Testament hat der Erblasser für seinen in Thailand belegenen Nachlass ein separates Testament verfasst, dessen Inhalt mir aber (bislang) nicht bekannt ist.

    M.E. sind wir aus deutscher Sicht nach Art. 10 I a EuErbVO sogar für den gesamten Nachlass international zuständig.

    Das anwendbare materielle Recht bestimmt sich nach Art. 21 EuErbVO --> thailändisches Recht.

    Wir könnten hier also nach §§ 354, 352 c FamFG auf jeden Fall einen auf in Deutschland belegenes Vermögen beschränkten Erbschein und ein auf in Deutschland belegenes Vermögen beschränktes Testamentsvollstreckerzeugnis erteilen.

    Nun zu dem Punkt, an dem ich mir unsicher bin: muss ich mir nicht auch den Inhalt des Testaments ansehen, welches der Erblasser für den in Thailand belegenen Nachlass erstellt hat?

    Geht so etwas überhaupt: zwei Testamente für unterschiedliche Länder? Im Hinblick auf Gesamtrechtsnachfolge kann es doch nicht zwei unterschiedliche Erbfolgen geben, oder?

    Vielleicht hat jemand eine Idee für mich :gruebel:.

  • Fangen wir mal bei deiner Zuständigkeit an.

    Hatte der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt bei dir im Bezirk, bevor er endgültig nach Thailand ging?

    Wenn ja, dann bist du direkt nach § 343 II FamFG zuständig.

    Nun zum Erbrecht.

    Sofern der Erblasser keine Rechtswahl im Testament getroffen hat…aber halt. Da fangen die Probleme schon an. Alleine das ausdrückliche Testieren für den in Deutschland belegenen Nachlass des deutschen Erblassers könnte schon eine konkludente Rechtswahl sein (vgl dazu OLG Köln, Beschluss vom 05.06.2019 - 2 Wx 142/19) …wenn das so wäre, dann deutsches Erbrecht und dann kann auch nach deutschem Recht ein auf das in Deutschland belegene Vermögen beschränkter Erbschein und TV-Zeugnis erteilt werden.

    Wenn keine Rechtswahl vorliegt, findet eigentlich thailändisches Recht Anwendung. Das dortige IPR verweist aber bzgl. Immobilien auf das Belegenheitsrecht, so dass wir sogar noch eine Nachlassspaltung hätten. Dann gäbe es einen „weltweit“ auszustellenden Erbschein nach thailändischem Recht für das bewegliche Vermögen und einen gegenständliche auf das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen beschränkten Erbschein für das unbewegliche Vermögen nach deutschem Erbrecht.

    So, nun zum Testament. Das sollte dir entweder im Original vorliegen (das für Deutschland tut es ja) oder aber (so wäre es bei dem thailändischen Testament) in gerichtsbeglaubigter Kopie nebst gerichtlichem „Filing“. Du musst wissen, was in dem dortigen Testament steht, aber du wirst das vmtl niemals im Original bekommen. Wir geben ja auch kein Originaltestament nach Thailand.
    Was die Frage nach „zwei Testamente für unterschiedliche Länder“ anbelangt, würde ich sagen, dass du da nochmal über die Testiermöglichleiten nachdenkst und dir verdeutlichst, dass jeder erbrechtliche Berater genau das seinem Mandanten rät. Siehe zum Beispiel hier unter „Anerkennung von Testamenten“: https://www.herfurth.de/die-internationale-erbschaft/. Wer viel Vermögen in unterschiedlichen Ländern hat, sollte sich hüten, nur einen einzigen „Global Will“ zu machen. Der Erblasser war wohl gut beraten, auch weil er eine TV angeordnet hat. Und den Begriff „Gesamtrechtsnachfolge“ schaust du dir bitte von seiner Bedeutung her nochmals an. Ebenso wie „Nachlassspaltung“. Dann wirst du merken, dass du da ein recht löchriges Boot bestiegen hast.

    Ich hoffe ich konnte der Sonnenblume etwas Sonnenlicht in der Nacht spenden.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    5 Mal editiert, zuletzt von TL (1. Dezember 2021 um 00:03)

  • [FONT=&quot]Quod esset demonstrandum


    Egal. Dann ist es eben wie von mir im zweiten Teil aufgezeigt. Ich habe ja gesagt, dass wir unbedingt das Thai-Testament auch noch brauchen. [/FONT]

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Deutscher Erblasser (nur diese Staatsbürgerschaft)verstirbt 2020 in den USA, Bundesstaat Pensylvania. Er errichtet in Deutschland ein notarielles Testament Zitat aus Testamt: -welches wenn rechtlich möglich- nur für das Deutschland belegene Vermögen gelten soll. für das ausländische beabsichtigt er, eine seperate Verfügung zu errichten.
    Sodann folgt die Erbeinsetzung.

    Grundsätzlich würde doch das Nachlassrecht von Pensylvania greifen. Es sei denn, er hat nach Art. 22 EuErVerO eine zulässige Rechtswahl getroffen.

    Alleine das ausdrückliche Testieren für den in Deutschland belegenen Nachlass des deutschen Erblassers könnte schon eine konkludente Rechtswahl sein (vgl dazu OLG Köln, Beschluss vom 05.06.2019 - 2 Wx 142/19) …wenn das so wäre, dann deutsches Erbrecht und dann kann auch nach deutschem Recht ein auf das in Deutschland belegene Vermögen beschränkter Erbschein

    Aber trifft er hier lediglich eine Wahl des Errichtungsstatuts oder wollte er, dass auch deutsches Erbrecht gelten soll? Kann ich das als GBA überhaupt berücksichtigen? Ich bin momentan eher der Überzeugung, dass ich kein eindeutiges notarielles Testament im Sinne des § 35 GBO habe, so dass ich einen auf das inDeutschland belegene Vermögen beschränkter Erbschein verlangen kann?

  • Ich denke, dass man dann kraft Rückverweisung (lex rei sitae) nach Art. 34 Abs. 1 lit. a) EuErbVO für den unbeweglichen inländischen Nachlass zu deutschem Erbstatut und damit zu einer Nachlassspaltung gelangt, sodass es auf die Frage der konkludenten Rechtswahl nicht mehr ankommt. Für England und Wales (mit identischer Teilrückverweisung) gibt es dazu bereits eine Entscheidung des OLG Bremen (Rpfleger 2020, 506 m. Anm. Lamberz = ErbR 2020, 260).

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