Pflicht zur Einreichung elektronischer PfÜB-Anträge ab 01.01.2022

  • Zum 01.01.2022 tritt der neue § 130d ZPO in Kraft:

    § 130d Nutzungspflicht für Rechtsanwälte und Behörden [in Kraft ab 1.1.2022]
    1Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. 2Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. 3Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

    Demnach werden RAe, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts (Stadtsparkassen, Rundfunkanstalten etc.) dazu verpflichtet, Anträge bei Gericht elektronisch einzureichen. Eingeschränkt wird die Einreichung eines PfÜB-Antrags durch den bereits existierenden § 829a ZPO, sodass die elektronische Einreichung nur bei Vorliegen eines Vollstreckungsbescheids unter 5.000,00 € möglich ist.

    In letzter Zeit häufen sich bei mir die Anrufe von Gläubigern, die regelmäßig PfÜB-Anträge stellen, in welcher Form sie ab 01.01.2022 die Anträge einreichen sollen, wenn ein anderer Titel vorliegt (VB über 5.000,00 €; KFB; Urteil etc.). Einerseits wird die elektronische Einreichung durch § 130d ZPO vorgeschrieben, andererseits gibt es weiterhin die Einschränkung des § 829a ZPO.

    Über eine Änderung/Ergänzung/Streichung des § 829a ZPO ist mir nichts bekannt.

    Zu dieser Problematik habe ich leider nicht viel finden können, auch meine Kollegen sind am rätseln, wie ab dem 01.01.2022 zu verfahren ist. Es dürfte ja auch wenig Sinn machen, wenn zwar der Antrag elektronisch eingereicht wird, der Titel (z. B. KFB) auf dem Postweg nachgereicht wird.

    Weiß jemand hierzu genaueres?

  • Ein anderes Problem ist auch, was mit den Anträgen passieren soll, die von Rechtsanwälten usw. "normal" auf dem Postweg gestellt werden? Zurückschicken? Beanstanden? Zurückweisen?

    Ich stelle es mir auch sehr chaotisch für die Servicekräfte vor, wenn ein elektronischer Antrag ohne Titel eingeht, da diese ja getrennt auf dem Postweg eingehen. und alles erstmal ohne Aktenzeichen. Das Zusammenfügen von Antrag und Titel dürfte bei einem Gericht, wo pro Jahr rd. 10000 Pfübse eingehen, sehr spannend werden, um nicht zu sagen unzumutbar.

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    Zu dieser Problematik habe ich leider nicht viel finden können, auch meine Kollegen sind am rätseln, wie ab dem 01.01.2022 zu verfahren ist. Es dürfte ja auch wenig Sinn machen, wenn zwar der Antrag elektronisch eingereicht wird, der Titel (z. B. KFB) auf dem Postweg nachgereicht wird.

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    Genauso sieht es nach derzeitigem Stand aus. Vollstreckungstitel sind außerhalb der Erleichterungen des § 829a ZPO in Papierform einzureichen.

    Ich weiß nur nicht, ob durch den Gesetzgeber die Problematik nicht erkannt oder bewusst keine Regelung getroffen wurde.

  • Ein anderes Problem ist auch, was mit den Anträgen passieren soll, die von Rechtsanwälten usw. "normal" auf dem Postweg gestellt werden? Zurückschicken? Beanstanden? Zurückweisen?

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    Die entsprechenden Anträge wären mindestens zu beanstanden, so hat es sich der Gesetzgeber gedacht (siehe Begründung des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten).

    Zitat

    Um den elektronischen Rechtsverkehr zu etablieren, sieht Satz 1 eine Pflicht für alle Rechtsanwälte und Behörden vor, Schriftsätze, Anträge und Erklärungen den Gerichten nur noch in elektronischer Form zu übermitteln. Die Einreichung ist eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten. Bei Nichteinhaltung ist die Prozesserklärung nicht wirksam.

  • Zu dieser Problematik habe ich leider nicht viel finden können, auch meine Kollegen sind am rätseln, wie ab dem 01.01.2022 zu verfahren ist. Es dürfte ja auch wenig Sinn machen, wenn zwar der Antrag elektronisch eingereicht wird, der Titel (z. B. KFB) auf dem Postweg nachgereicht wird.

    Natürlich macht das keinen Sinn, ist aber nach dem Wortlaut des Gesetzes so vorgesehen. § 829a schränkt den § 130d nicht ein.

    Wenn die Anträge in Papierform kommen, werden die Einreicher im Sinne des § 139 freundlich darauf hingewiesen, daß die Anträge nicht wirksam gestellt sind. Mehr ist nicht zu veranlassen, insbesondere ist nichts zurückzuweisen, wenn schon gar kein wirksam gestellter Antrag vorliegt.

    Dieser ganze Elektro-Kram wird auf Biegen und Brechen durchgedrückt, ohne daß sich da irgendjemand Gedanken über Sinnhaftigkeit oder Reibungspunkte mit bereits bestehenden Regelungen macht. Das goldene Kalb "Digitalisierung" steht über allem und insbesondere über jeder Sinnhaftigkeit.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

    Einmal editiert, zuletzt von Pfänder (2. Dezember 2021 um 08:16)

  • Es ergibt m.E. keinen Sinn, dass der Antrag elektronisch eingereicht werden muss und dazu der Titel auf dem Postweg. Da ist bloß sinnfreie Mehrarbeit für alle.

    Ich tendiere daher derzeit dazu den §130d ZPO in den Vollstreckungssachen vorerst teleologisch zu reduzieren und weiterhin alle Anträge auf dem Postweg zu akzeptieren, da außerhalb des Anwendungsbereiches des §829a ZPO auf die Vorlage des Originaltitels nicht verzichtet werden kann.
    Es ist allerdings denkbar, dass §130d ZPO Anwälte etc. dazu verpflichtet Anträge nach §829a ZPO zu stellen, sofern der Anwendungsbereich eröffnet ist.

  • Es ergibt m.E. keinen Sinn, dass der Antrag elektronisch eingereicht werden muss und dazu der Titel auf dem Postweg. Da ist bloß sinnfreie Mehrarbeit für alle.

    Ich tendiere daher derzeit dazu den §130d ZPO in den Vollstreckungssachen vorerst teleologisch zu reduzieren und weiterhin alle Anträge auf dem Postweg zu akzeptieren, da außerhalb des Anwendungsbereiches des §829a ZPO auf die Vorlage des Originaltitels nicht verzichtet werden kann.

    Halte ich für mutig. Wenn sich ein Vollstreckungschuldner erfolgreich dagegen wehrt und mit seinem Geld abhaut bevor eine neue Pfändung erfolgen kann...

  • Ein anderes Problem ist auch, was mit den Anträgen passieren soll, die von Rechtsanwälten usw. "normal" auf dem Postweg gestellt werden? Zurückschicken? Beanstanden? Zurückweisen?

    Ich stelle es mir auch sehr chaotisch für die Servicekräfte vor, wenn ein elektronischer Antrag ohne Titel eingeht, da diese ja getrennt auf dem Postweg eingehen. und alles erstmal ohne Aktenzeichen. Das Zusammenfügen von Antrag und Titel dürfte bei einem Gericht, wo pro Jahr rd. 10000 Pfübse eingehen, sehr spannend werden, um nicht zu sagen unzumutbar.

    gut, ich praktiziere es schon so - die Gerichte mögen mir gnädig sein - dass ich das ganze elektronisch einreiche, digital signiert und mit den Titeln in normaler elektronischer Abschrift. Auf dem Postweg kommt dann die erste Seite des Antrags (PFÜB oder KFA) mit eingedrucktem Wasserzeichen "bereits per beA eingereicht" (ggf handschriftlich ergänzt, wann, aber meist taggleich mit dem Datum auf dem Antrag). Angetackert sind die Titel. Hat schon ab und an zu doppelter Anlage des Vorgangs bei Gericht geführt, dort aber nicht "nach außen" beanstandet oder gar kostenmäßig erhoben... bisherige Erfahrungen für mich: ganz gut, wenn der Gesetzgeber es so will, auch ok. Ich sehe halt auch die Mehrbelastung bei Gericht (erst diese WOche wieder eine Nachfrage, als der Titel da war, bereits mit Aktenzeichen, das beA-Dokument aber noch nicht...). Aber letztlich auch schon derzeit die einzig gesetzliche Möglichkeit, auf digital umzustellen (mag halt auch nicht 20 Seiten Pfüb + Anhng ausdrucken).

  • Es ergibt m.E. keinen Sinn, dass der Antrag elektronisch eingereicht werden muss und dazu der Titel auf dem Postweg. Da ist bloß sinnfreie Mehrarbeit für alle.

    Ich tendiere daher derzeit dazu den §130d ZPO in den Vollstreckungssachen vorerst teleologisch zu reduzieren und weiterhin alle Anträge auf dem Postweg zu akzeptieren, da außerhalb des Anwendungsbereiches des §829a ZPO auf die Vorlage des Originaltitels nicht verzichtet werden kann.

    Halte ich für mutig. Wenn sich ein Vollstreckungschuldner erfolgreich dagegen wehrt und mit seinem Geld abhaut bevor eine neue Pfändung erfolgen kann...

    Nur mal als Hinweis: ich prüfe auch Gerichtsvollzieher und denen musste ich von oben ausrichten, dass sie ab 01.01. mit einem Bein im Gefängnis stehen wenn sie das so praktizieren. Sie haben keinen Auftrag vom Gläubiger wenn der verpflichtet ist elektronisch einzureichen und das nicht tut.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Inkassounternehmen können einreichen - müssen aber nicht.
    Das Problem ist, dass Inkassounternehmen aktuell nur über EGVP Anträge einreichen können.
    Bei der Einrichtung von EGVP wird aber nicht der Versender überprüft - dies ist bei beA anders.

    Ab dem 01.01.2022 kommt das eBO - elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach.
    Hier wird die Einrichtung auch der Versender überprüft - der Antrag auf ein eBO Postfach soll bei einem Notar dann wohl beglaubigt werden.
    Genaueres wird man wohl im I. Quartal 2022 erfahren

    Inkassounternehmen dürfen dann ab dem 01.02.2024 Anträge nur noch elektronisch einreichen. Wird im neuen § 173 ZPO geregelt.
    Siehe Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 71, ausgegeben zu Bonn am 11. Oktober 2021

  • Inkassounternehmen können einreichen - müssen aber nicht.
    Das Problem ist, dass Inkassounternehmen aktuell nur über EGVP Anträge einreichen können.
    Bei der Einrichtung von EGVP wird aber nicht der Versender überprüft - dies ist bei beA anders.

    Ab dem 01.01.2022 kommt das eBO - elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach.
    Hier wird die Einrichtung auch der Versender überprüft - der Antrag auf ein eBO Postfach soll bei einem Notar dann wohl beglaubigt werden.
    Genaueres wird man wohl im I. Quartal 2022 erfahren

    Inkassounternehmen dürfen dann ab dem 01.02.2024 Anträge nur noch elektronisch einreichen. Wird im neuen § 173 ZPO geregelt.
    Siehe Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 71, ausgegeben zu Bonn am 11. Oktober 2021

    Danke erspart mir gerade längeres Suchen

  • Hallo,

    ich muss nochmal auf das Thema zurückkommen.

    Wie ist es für die Geschäftsstellen mit der Weiterleitung an den Gerichtsvollzieher? Muss das elektronisch erfolgen wegen der Kommunikation zwischen Behörden? Oder kann der zulässig per Post eingereichte Antrag auch per Post an den Gerichtsvollzieher weitergeleitet werden?

    Vielen Dank schon mal.

    Jalu

  • Hallo,

    ich muss nochmal auf das Thema zurückkommen.

    Wie ist es für die Geschäftsstellen mit der Weiterleitung an den Gerichtsvollzieher? Muss das elektronisch erfolgen wegen der Kommunikation zwischen Behörden? Oder kann der zulässig per Post eingereichte Antrag auch per Post an den Gerichtsvollzieher weitergeleitet werden?

    Vielen Dank schon mal.

    Jalu

    Das ist doch nur eine Weiterleitung. Natürlich werden Anträge per Post auch so weitergeleitet. es würde sogar gehen wenn die Verteilerstellen ausdrucken und dann physisch weiter leiten. Nur will das niemand machen .

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Wegen der Strukturreform in meinem Bundesland gehen an meinem Gericht mehrere Anträge ein, für die ein anderes Gericht zuständig ist. In diesem Fall mache ich eine Abgabe per Beschluss.

    Wie ist es hier? Beschluss elektronisch an zuständiges AG? Der Antrag liegt hier u.U. nicht elektronisch vor und muss ohnehin per Post weitergeleitet werden.

  • [quote='Puqepy','RE: Pflicht zur Einreichung elektronischer PfÜB-Anträge ab 01.01.2022']
    Nur mal als Hinweis: ich prüfe auch Gerichtsvollzieher und denen musste ich von oben ausrichten, dass sie ab 01.01. mit einem Bein im Gefängnis stehen wenn sie das so praktizieren. Sie haben keinen Auftrag vom Gläubiger wenn der verpflichtet ist elektronisch einzureichen und das nicht tut.

    Und wie übersende ich den Antrag an den GV? Nur noch über das zuständige Vollstreckungsgericht?

    Wer Schmetterlinge Lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken.
    Carlo Karges

  • [quote='Puqepy','RE: Pflicht zur Einreichung elektronischer PfÜB-Anträge ab 01.01.2022']
    Nur mal als Hinweis: ich prüfe auch Gerichtsvollzieher und denen musste ich von oben ausrichten, dass sie ab 01.01. mit einem Bein im Gefängnis stehen wenn sie das so praktizieren. Sie haben keinen Auftrag vom Gläubiger wenn der verpflichtet ist elektronisch einzureichen und das nicht tut.

    Und wie übersende ich den Antrag an den GV? Nur noch über das zuständige Vollstreckungsgericht?

    Nein, wie üblich an die GVZ-Verteilerstelle. Das Vollstreckungsgericht hat damit nichts zu tun.

  • "Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, ...."


    gehören Antworten auf Monierungen zu Erklärungen?

    Aus meiner Sicht auf jeden Fall, wenn der Gläubiger-Vertreter etwas erläutern muss (z. B. weshalb die für Vollstreckungsmaßnahme ... aus seiner Sicht doch entstanden bzw. erstattungsfähig ist).

    Bei der bloßen Nachreichung von vergessenen Belegen für Vollstreckungskosten kann man das wohl anders sehen.

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