• Hallo Kollegen,

    bei Ausübung des geseztlichen Vorkaufsrechts durch ein Siedlungsunternehmen erlöschen die rechtsgeschäftlichen Vorkausrechte (§ 5 RSiedlG). Aber gilt das auch bei rechtsgeschäftlichen Verkaufsrechten für alle Verkaufsfälle? Nach dem Gesetzeswortlaut schon. Für die Konkurrenz von gesetzlichem und rechtsgeschäftlichem Vorkaufsrecht ist das allerdings nicht zwingend, weil es letztlich ja nur um den Eigentumserwerb durch das Siedlungsunternehmen geht.

  • Die Begründung zu dem Urteil des OLG Hamm v. 25.4.1985, 22 U 316/84 – lässt sich zwar online nicht abrufen. Sie dürfte aber derjenigen im Urteil des BGH vom 3. 5. 1961, V ZR 36/60 = BGHZ 35, 35, 146, 148 = NJW 1961, 1669, das zu mehreren dinglichen Vorkaufsrechten mit verschiedenem Rang ergangen ist, entsprechen.

    Früher war das gesetzliche Vorrangsverhältnis des § 24 BauGB in der Bestimmung des § 24 Absatz 5 BBauG (i. d. F. v. 23./29.6.1961) geregelt. Diese lautete (siehe DNotI-Report 18/2015, 137/138):
    „(5) Das Vorkaufsrecht geht unbeschadet der Vorschriften der §§ 4 bis 11 des Reichssiedlungsgesetzes allen anderen Vorkaufsrechten im Range vor und bedarf nicht der Eintragung in das Grundbuch. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechtes erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte.“

    Auf dieses Vorrangverhältnis des § 5 RSG und die Vergleichbarkeit mit der Regelung in § 28 Absatz 2 Satz 5 BauGB stellen auch Hageböke/Horst in der Abhandlung „Konkurrenzverhältnis zwischen Mietervorkaufsrecht und dinglichem Vorkaufsrecht“ in der DNotZ 2019, 345 ff, 349/350 ab („…eine Gesamtanalogie (Rechtsanalogie) zusammen mit § 28 Abs. 2 Satz 5 BauGB anbietet. Diese Vorschrift ordnet wie § 5 Satz 1 RSiedlG einen Vorrang des gesetzlichen Vorkaufsrechts gegenüber rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrechten an“.. ).

    Zwar erlöschen Vorkaufsrechte durch Ausübung und diese kann grundsätzlich auch beim für mehrere Vorkaufsfälle bestellten Vorkaufsrecht nur einmal erfolgen. Schermaier führt dazu aber im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017 BGB § 1097 RN 16 aus „Verliert allerdings ein Vorkaufsberechtigter den Gegenstand an einen besserberechtigten Vorkaufsberechtigten, so ist mit BGHZ 35, 146, 148 f anzuerkennen, dass die „im Ergebnis erfolglose, wenn auch dem Eigentümer gegenüber wirksame Ausübung“ den weichenden Vorkaufsberechtigten nicht hindert, „sein Recht in späteren Vorkaufsfällen auszuüben“ (BGHZ 35, 146, 148 f)“.

    Auch Reischl geht im BeckOK BGB, Hau/Poseck, Stand: 01.11.2021, § 1097 RN 13 davon aus, dass bei einer erfolglosen Ausübung (zB weil ein besser berechtigter Vorkaufsberechtigter zum Zuge gekommen ist), diese erfolglose Ausübung den weiteren Vorkaufsberechtigten nicht hindert, sein Recht später wahrzunehmen (zitiert allerdings die BGH-Entscheidung mit falschen Fundstellen)

    Hingegen führt Böhringer in seiner Abhandlung „Landesrechtliche Vorkaufsrechte in Baden-Württemberg“ in der BWNotZ 6/2019, 386/388
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz-6-2019.pdf
    zu § 22 ASVG aus, dass auch ein für alle Verkaufsfälle bestelltes Vorkaufsrecht erlöschen würde. (Zitat: „Bei entsprechenden Gesetzesregelungen erlöschen dann alle rechtsgeschäftliche begründeten (schuldrechtliche und sogar dingliche) Vorkaufsrechte, auch wenn sie für mehrere oder alle Verkaufsfälle bestellt wurden, bei einem Eigentumserwerb aufgrund der Ausübung des – vorrangigen- Vorkaufsrechts (so ausdrücklich angeordnet in § 22 S. 1 ASVG beim siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht).23 Das Grundbuch wird bei Erlöschen unrichtig und kann auf Antrag nach § 22 GBO oder auch von Amts wegen nach §§ 84 ff. GBO berichtigt werden….
    23 Zum Erlöschen auch BGH WM 1977, 550“)

    Die Bestimmung des § 22 Satz 1 und 2 ASVG („Bei einem Eigentumserwerb durch Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Für die dadurch entstandenen Vermögensnachteile hat das Siedlungsunternehmen den Inhaber eines erloschenen Rechts in Geld zu entschädigen; dies gilt jedoch nicht, wenn im Zeitpunkt der Begründung des erloschenen Rechts ein Vorkaufsrecht nach diesem Gesetz oder nach dem Reichssiedlungsgesetz bereits bestand“) ist aber mit derjenigen des § 5 Satz 1 und 2 RSG („Bei einem Eigentumserwerb durch Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Für die dadurch entstandenen Vermögensnachteile hat der Vorkaufsberechtigte den Inhaber eines erloschenen Rechts in Geld zu entschädigen; dies gilt jedoch nicht, wenn im Zeitpunkt der Begründung des erloschenen Rechts ein Vorkaufsrecht nach diesem Gesetz bereits bestand“) nahezu identisch.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!