alte Gebührentabelle, Fall der Nachfestsetzung?

  • Der RA hat seine Gebühren aus der alten Gebührentabelle angerechnet, obwohl er diese aus der ab 01.01.2021 geltenden Tabelle hätte abrechnen können.
    KFB wurde erlassen.
    Nun fällt ihm auf, dass er seine Gebühren falsch berechnet hat und er stellt den Antrag nochmal, diesmal korrekt.
    Ein Fall eines Rechtsmittels liegt m.E. mangels Beschwer nicht vor, da ja antragsgemäß entschieden wurde.
    Bleibt noch die Nachfestsetzung, hierzu habe ich unterschiedliche Meinungen gefunden, wie macht Ihr das ? Sehr ihr es als Fall der Nachfestsetzung an und setzt den Differenzbetrag fest?

  • Es gibt da diese Entscheidung bezüglich des vom RA seiner Berechnung falsch zugrundegelegten Gegenstandswertes (BGH, AGS 2011, 566), wonach eine Nachfestsetzung ausscheide. Sie wurde allerdings (wohl zurecht) kritisiert (z. B. von N. Schneider in AGS 2011, 567).

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  • Lustige Entscheidung mit klarer Ergebnisorientiertheit, die für den dortigen Schuldner - zu Recht - teuer geworden ist. :cool: Aber das oben zitierte OLG Köln hat offensichtlich keine Divergenz für den Fall einer falsch zugrundegelegten Gebührentabelle angenommen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Die Entscheidung des OLG Köln habe ich gefunden, aber eben auch die andere Ansicht von Hansens. Deshalb wollte ich eben mal Eure Meinung hören und ich sehe, es sehen alle als Fall der Nachfestsetzung an. Ich war eigentlich der Ansicht, dass es kein Fall der Nachfestsetzung ist. Der Rechtsanwalt hat einen Fehler gemacht und eben nicht nur einen Posten vergessen.

  • Ein typischer Fall der Nachfestsetzung. Welche unterschiedlichen Meinungen soll es denn da geben?


    Es handelt sich nicht um einen typischen Fall der Nachfestsetzung.
    Nachfestsetzungen werden regelmäßig in Fällen beantragt, in denen einzelne Gebühren vergessen wurden (und eher selten wegen Verwendung der veralteten Gebührentabelle).

    Unter Bezug auf BGH, 10.03.2011 - IX ZB 104/09 würde ich die Nachfestsetzung in diesem Fall ablehnen. Die Argumente in der genannten Entscheidung scheinen mir plausibler als die vom OLG Köln.

  • Diese Entscheidung bezieht sich darauf, dass der KFB in Rechtskraft erwachsen ist. Aber was ist davor? Ich sehe es eigentlich so, dass keine Beschwer gegeben ist, da ja antragsgemäß entschieden wurde. Es bleibt also nur die Nachfestsetzung.

  • Ein typischer Fall der Nachfestsetzung. Welche unterschiedlichen Meinungen soll es denn da geben?


    Es handelt sich nicht um einen typischen Fall der Nachfestsetzung.
    Nachfestsetzungen werden regelmäßig in Fällen beantragt, in denen einzelne Gebühren vergessen wurden (und eher selten wegen Verwendung der veralteten Gebührentabelle).

    Unter Bezug auf BGH, 10.03.2011 - IX ZB 104/09 würde ich die Nachfestsetzung in diesem Fall ablehnen. Die Argumente in der genannten Entscheidung scheinen mir plausibler als die vom OLG Köln.

    En garde!

    Mag es auch kein "typischer" Fall sein, so ist doch die genannte BGH-Entscheidung aus meiner Sicht nicht anwendbar. Der im Kostenfestsetzungsverfahren zugrundezulegende Streitwert bemisst sich an Umständen, die sich allein aus der Gerichtsakte ergeben. Entweder es gibt bereits eine Streitwertfestsetzung oder er ist anhand der Anträge feststellbar. In der BGH-Entscheidung gab es eine Streitwertfestsetzung (11 T€), die (noch?) nicht nach § 107 ZPO angegriffen worden war. Der nachträglich begehrten Kostenfestsetzung auf Grundlage eines erhöhten Streitwertes (27 Mio€) stand die (noch?) verbindliche Streitwertfestsetzung entgegen. Für einen "Irrtum" über den Streitwert ist mit § 107 ZPO eine Möglichkeit gegeben, die Rechtskraft des KFB zu durchbrechen.

    Bei einem Irrtum über die anzuwendende Gebührentabelle bedarf es hingegen - mangels einer verbindlichen Festsetzung - keiner Rechtskraftdurchbrechnung, sondern es ist der Weg über eine Nachfestsetzung eröffnet. Denn die Frage, welche Gebührentabelle Anwendung findet, ist allein aus dem Verhältnis des Mandanten zum Anwalt zu beantworten. Hierzu liegt regelmäßig weder eine verbindliche Entscheidung des Gerichts vor noch macht der Anwalt Angaben hierzu. Wie auch bei der Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung handelt es sich um einen außerhalb der Sphäre des Gerichts liegenden Umstand. Wenn daher nachträglich die Einschlägigkeit einer anderen Gebührentabelle glaubhaft und geltend gemacht wird, ist damit - ähnlich wie bei einem Irrtum über die Vorsteuerabzugsberechtigung - eine Nachfestsetzung möglich (OLG Köln, a.a.O.).

    Bin gespannt, wie sich bobbi entscheiden wird und wie die Sache weitergeht.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Diese Entscheidung bezieht sich darauf, dass der KFB in Rechtskraft erwachsen ist. Aber was ist davor? Ich sehe es eigentlich so, dass keine Beschwer gegeben ist, da ja antragsgemäß entschieden wurde. Es bleibt also nur die Nachfestsetzung.


    Würde ich auch so sehen (mit der fehlenden Beschwer). Zwar ist es zulässig, noch in der Beschwerdeinstanz den KFA zu erweitern. Das ist aber nicht zulässig, wenn die Beschwerde ausschließlich dazu dient, einen Posten nachzuschieben (vgl. z. B. OLG Celle, JurBüro 1975, 820 und 1975, 1108 = MDR 1975, 498; OLG Hamm, Rpfleger 1976, 326 = JurBüro 1976, 111; OLG Frankfurt, Rpfleger 1978, 29 = JurBüro 1978, 449; OLG Hamburg, JurBüro 1980, 465; OLG Koblenz, JurBüro 1991, 968; Kostenfestsetzung/Dörndorfer, 24. Aufl. 2021, Rn. 191). Wurde über die beantragten Positionen bereits entschieden, fehlt es an einer Beschwer und damit an der Zulässigkeit des RM, wenn über die jetzt neuen Positionen gar nicht entschieden wurde (OLG Bamberg, JurBüro 1983, 129; OLG Frankfurt, a.a.O.; Dörndorfer, a.a.O., Rn. 198). Daher wäre in diesem Fall grds. die Nachfestsetzung vorzunehmen (BGH, JurBüro 2011, 200 = NJW-RR 2011, 499, Dörndorfer, a.a.O.).

    Und hier stellt sich dann - unter Berücksichtigung der hier schon diskutierten Rechtsprechung - die Frage, inwieweit die Irrtum des Antragstellers über die zugrunde zu legende Gebührentabelle die Zulässigkeit der Nachfestsetzung berühren kann.

    Die Argumentation von Silberkotelett leuchtet mir ein. :daumenrau

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