• In Abt. II ist eingetragen, "die Grundstücke 1 bis 7 sind Pfarrgut"; Eigentümerin ist auch eine Kirchengemeinde. Die beantragt jetzt die Löschung dieses Vermerks.
    Ich meine mich dunkel zu erinnern, dass das so eine Art Verfügungsbeschränkung sein soll, der eigentlich dazu dient, Grundstücke des Pfarrguts "zusammenzuhalten".

    Aber ich finde einfach nichts dazu, weder zur Natur des Vermerks, noch zur Eintragung oder Löschung (auch nicht im Stöber Rn 4085 ff) oder ob es dazu einer Genehmigung der übergeordneten Aufsicht bedürfte. Kann mir jemand auf die Sprünge helfen?

    Ich hab es wirklich versucht! Aber es geht einfach nicht komplizierter...

  • Im alten Güthe/Triebel, GBO, 5.A., 1929, findet man dazu auf S. 2011 (Kapitel Legitimationsfragen, Stichwort "Pfarrgut"):

    "Pfarrgut ist Eigentum der Kirche und steht unter Nießbrauch und Verwaltung des Pfarrers...Zur Veräußerung ist Zustimmung des Pfarrers erforderlich.".

    Zur Löschung des Vermerks würde ich daher die Bewilligung des Pfarrers einholen (= Betroffener), und zwar in Form einer Eigenurkunde, § 29 Abs. 3 GBO. Sofern sich aus der Grundakte kein Nachweis über die Amtsstellung des Pfarrers ergibt, ist der Löschungsbewilligung auch ein entsprechender Urkundsnachweis beizufügen.

  • Der vollständige Passus steht in der 6. Aufl. von 1937 auf S. 1962 und enthält zudem noch Hinweise auf mögliche kirchenrechtliche Genehmigungen, auf OLG Köln 24.2.11, RheinA. 109, 238 für das gemeine evangelische Kirchenrecht und später auch noch: "Im Gebiet des gemeinen Rechts hat das Pfarrgut regelmäßig die Eigenschaft eines selbständigen Rechtssubjekts (KG 15.4.05, KGJ. 29, A 270 = OLG. 11, 7)."

    Also erst einmal mit der Grundakte klären, welches Recht (ALR oder gemeines Recht) einschlägig war und welches Kirchenrecht (ev. oder kath.).

    Ich habe inzwischen noch rausgefunden, was RheinA ist: Archiv für das Civil- und Criminal-Recht der Königlich-Preußischen Rheinprovinzen

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    Einmal editiert, zuletzt von FED (21. Dezember 2021 um 10:16) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • .... "Pfarrgut ist Eigentum der Kirche und steht unter Nießbrauch und Verwaltung des Pfarrers...Zur Veräußerung ist Zustimmung des Pfarrers erforderlich."......

    Vermutlich handelt es sich um einen altrechtlichen Nießbrauch, der nach dem hier
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…110#post1103110
    genannten Gutachten des DNotI vom 09.03.2006, Gutachten-Abruf-Nr. 11451
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…9b1533efb82ae93
    (dort zum Pfarrdotalgut) nur mit Löschungsbewilligung des aktuellen Pfarrers und kirchenaufsichtsrechtlicher Genehmigung auf den Löschungsantrag der Kirchengemeinde hin gelöscht werden kann. Siehe dazu auch die hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…2238#post942238
    genannte Entscheidung des Reichsgerichts vom 7.1.1880, RGZ 1, 208 ff. zu Grundstücken im Eigentum der Kirche, die Gunsten des jeweiligen Pfarrers mit einem Nutzungsrecht belastet waren.

    Wann wurde denn die Eintragung vorgenommen ?

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  • Die oben aufgeführten Stellen habe ich bewusst weggelassen, weil sie nichts zur Klärung der Frage beitragen. Dies gilt auch für den Hinweis auf staatliche Aufsichtsbehörden (vgl. 5.Auflage), die zur Veräußerung zustimmen sollen. Auch der Hinweis auf die Selbständigkeit des Rechtssubjekts ist ohne Bedeutung für die Fragestellung. Betroffen sein müsste evangelisches Kirchenrecht, im aktuellen katholischen Kirchenrecht ist mir das Pfarrgut bislang nicht begegnet.

  • [quote='Harald','RE: Pfarrgut aktuellen katholischen Kirchenrecht ist mir das Pfarrgut bislang nicht begegnet.../QUOTE]

    Im früheren aber schon. Das katholische Kirchenrecht ist im Urteil des Reichsgerichts vom 07.01.1880, RGZ 1, 208 ff zitiert. Wie dort ausgeführt ist, habe nach den Grundsätzen des gemeinen katholischen Kirchenrechts das Eigentum an den Pfarrgütern der Pfarrstelle und den Pfarrern an den Pfarrgütern ein ausgedehnter Nießbrauch zugestanden (Seite 209 unten mit Verweis auf Literatur zum Kirchenrecht auf Seite 210 oben).

    Auf den Seiten 211 und 215 geht das RG davon aus, dass die Pfarrgüter mit den Fabrikgütern gleichzustellen sind und verweist auf Seite 216 darauf, dass die Pfarrer die doppelte Eigenschaft als Vertreter der Pfarrstelle und als Nutznießer des Pfarrgutes haben bzw. hatten.

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  • Auch im aktuellen Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 3.A., 2015, keinerlei Eintrag zum Pfarrgut, das aktuell nur im evangelischen Kirchenrecht eine Rolle zu spielen scheint.
    Zu den Eigenschaften des Rechtsinstituts vgl. die obigen Ausführungen mit den sehr hilfreichen Links.

  • Mag ja sein, daß es im aktuellen katholischen Kirchenrecht keine Rolle mehr spielt. Es handelt sich aber offenbar um eine Alteintragung, weshalb zur Beurteilung auch das alte Recht (welches genau?) heranzuziehen ist.

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  • Erstmal Danke für die vielen hilfreichen Spuren, dem Ding beizukommen.

    Zur Vervollständigung des SV (sorry, ich hielt einen solchen Vermerk für universell, wenn auch heute nicht mehr in Abt. II auf dieselbe Weise eintragungsfähig): Der Pfarrgutvermerk wurde 1937 übernommen, muss daher schon älter sein; eine dieser vom Pfarrgutvermerk umfassten Parzellen ist auch mit Pfarrgehöft beschrieben (heute Friedhof). Das Ausgangsblatt muss ich wohl noch aus dem Landeshauptarchiv anfordern.

    Da die Grundstücke einer evangelischen Kirchengemeinde gehören, bedarf es wenigstens keiner päpstlichen Bulle für die beantragte Löschung.

    Falls einer auch mal über sowas stolpert: in juris bin ich über eine AO der OFD Hannover fündig geworden, dass so eine Verlautbarung auch Pastorat, Pfarrdotation, Pfarre, Pfarreivermögen, Pfarrfonds, Pfarrkasse, Pfarrwittum, Metropolitanei usw. heissen kann.

    Ich hab es wirklich versucht! Aber es geht einfach nicht komplizierter...

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