Kosten im Abhilfeverfahren Räumungsschutz

  • Hallo zusammen,

    ich habe mich einer meiner Räumungsschutzssachen bezüglich der Kosten ein bisschen verrannt und drehe mich gedanklich im Kreis, vielleicht kann mir ja jemand helfen :oops:

    Ablauf war wie folgt:
    Schuldner beantragt Ende April 2021 Einstellung der Räumungsvollstreckung aus einem VU unter Bewilligung von PKH und Beiordnung der Vertreterin. Ich habe dem Antrag stattgegeben und das Verfahren eingestellt bis 30.06. sowie PKH unter Beiordnung bewilligt. Dagegen legt der Gläubiger, ebenfalls vertreten durch RA am 17.05.2021 sof. Beschwerde ein. Aufgrund von neuem Sachvortrag habe ich der Beschwerde komplett abgeholfen und meinen Einstellungsbeschluss aufgehoben und den Antrag auf Räumungsschutz nunmehr zurückgewiesen, außerdem Kosten dem Schuldner auferlegt §788, und Streitwert festgesetzt. Gegen den Abhilfebeschuss legt wiederum der Schuldner Beschwerde ein. Hier habe ich nicht abgeholfen und dem LG vorgelegt (Beschluss 04.06.). Das LG hat Ende Juni entschieden und die sofortige Beschwerde auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen und Streitwert festgesetzt.
    Nun hat der Gläubiger am 01.06. bereits die Kostenfestsetzung beantragt, als Gebühr hat er vv3500 mit dem Streitwert aus meinem Abhilfebeschluss.
    Der Schuldner moniert bei der Anhörung, dass nur die VV3309 entstanden sei. Auf Nachfrage beim Gläubiger erklärt dieser, dass es sich bei dem KFA um die Kosten des Beschwerdeverfahrens handelt. Nun meine Frage:
    1. Handelt es sich bei dem Abhilfeverfahren um ein eigenes Beschwerdeverfahren sodass auch die Beschwerdegebühr VV3500 entsteht?
    Anderenfalls hatte ich den Gläubiger bereits darauf hingewiesen, dass der Streitwert aus dem LG-Beschluss anzusetzten sei, woraufhin er komischerweise auch seinen KFA korrigiert hat. Nun kann ich aber ja schlecht den Zinsbeginn auf den 01.06. (Eingang des KFAs) bestimmen, wenn es sich um Kosten aus dem Beschwerdeverfahren vor dem LG handelt, weil die dortige Entscheidung erst Ende Juni erging.
    Wie ihr vielleicht seht bin ich mittlerweile komplett verwirrt :( und hoffe auf ein paar schlaue Rechtspfleger Kolleg*innen.

    Lieben Dank

  • Dann versuchen wir das mal zu entwirren ;)

    Also:
    Die Beschwerdegebühr für den Anwalt entsteht bereits mit Einreichung (genauer: Vorbereitung, aber fürs Kostenfestsetzungsverfahren erst ab Einreichung interessant^^) der Beschwerde, vgl. Vorbemerkung 3 VV RVG. Ob die Beschwerde jetzt bereits im Abhilfeverfahren endet oder nicht ist daher nicht von Belang. Der Wert hierfür ist allerdings der Wert aus deinem Abhilfebeschluss (bei vollständiger Abhilfe ist Wert und Kostentragung für das Beschwerdeverfahren durch das abhelfende Gericht zu bestimmen).

    Die Beschwerde des Schuldners gegen deinen Abhilfebeschluss ist ein neues Rechtmittel (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021, RVG § 18 Rn. 23), dass auch eine gesonderte Tätigkeit darstellt, § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG.

    Damit kann der Anwalt insgesamt 3 Verfahrensgebühren (1. Instanz und 2mal Beschwerdeverfahren) abrechnen; das sollte auch dein Zinsproblem lösen, schließlich hat er da ja die Festsetzung für die Beschwerde, die mit deiner Abhilfe beendet war, beantragt.

  • Im Ergebnis wie Puqepy :daumenrau Du hast zwei Beschwerdeverfahren, die für den RA auch zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten beinhalten, so daß die 0,5-VG Nr. 3500 VV + Auslagen jeweils entsteht. Wenn er jetzt nur für das 1. Beschwerdeverfahren (das mit Deiner Abhilfe entdete) eine Festsetzung fordert, soll es so sein. ;)

    Aber paar Anmerkungen:

    Die Kostenentscheidung in der Beschwerdeinstanz richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO. § 788 ZPO spielt daher nur im Rahmen des erstinstanzlichen Antrags eine Rolle. Soweit aus Billigkeitsgründen dem Gläubiger aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen die Kosten des Antrags nach § 788 Abs. 4 ZPO aufzuerlegen sind, muß eine Kostenentscheidung ergehen. Treffen die Kosten aber den Schuldner, ist keine Kostenentscheidung zu treffen, weil sie gem. § 788 Abs. 1 ZPO dem Schuldner als ZV-Kosten automatisch zur Last fallen (Zöller/Seibel, ZPO, 33. Aufl., § 765a Rn. 23).

    Eine Streitwertfestsetzung findet ohne Antrag des RA (§ 33 Abs. 1 RVG) nicht statt. Denn eine Wertfestsetzung hat nur zu erfolgen, wenn sich die Gerichtsgebühren nach einem solchen Wert berechnen (§ 63 GKG). Bei einem Antrag nach § 765a ZPO entsteht aber, ebenso wie im Beschwerdeverfahren, lediglich eine Festgebühr (Nr. 2113 bzw. Nr. 2121 KV GKG). Eine Streitwertfestsetzung ist daher - ohne entsprechenden Antrag des RA - unzulässig.

    [FONT=&amp]Insoweit ist es allg. M., daß solche unzulässige Streitwertfestsetzungen gegenstandslos sind. Weder binden sie das Gericht, noch binden sie den Anwalt für die Berechnung seiner Vergütung. Erfolgt von Amts wegen dennoch eine solche Streitwertfestsetzung, ist eine solche Festsetzung gegenstandslos (OLG Karlsruhe AGS 2009, 401; OLG Nürnberg, AGS 2018, 406). Weiter ist es fast [/FONT][FONT=&amp]einhellige Auffassung, daß solche gegenstandslosen Wertfestsetzungen auf eine Beschwerde oder Gegenvorstellung hin aufzuheben sind. Insofern fehlt es mangels Bindungswirkung auch nicht an einer Beschwer. Denn diese besteht bereits darin, dass der Rechtsschein einer Wertfestsetzung besteht, und es gilt, diesen zu beseitigen (VGH Bayern, AGS 2015, 131; OLG Nürnberg, a.a.O.; LG Bonn, AGS 2018, 23).[/FONT]

    Dasselbe gilt im Übrigen für die Streitwertfestsetzung durch das LG als Beschwerdegericht. ;)

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!