Nießbrauch an ideellen Anteilen

  • Hallo zusammen,

    folgender Sachverhalt:
    Mama und Papa sind Miteigentümer zu 1/2 und übereignen nun ihrem Sohn das Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Es sollen im Gegenzug Nießbrauchsrechte eingetragen werden. Und zwar:

    1. lastend auf dem ehemaligen Anteil von Mama:
    1.1 Nießbrauch für Mama
    1.2 aufschiebend bedingt Nießbrauch für Papa

    2. lastend auf dem ehemaligen Anteil von Papa:
    2.1 Nießbrauch für Papa
    2.2 aufschiebend bedingt Nießbrauch für Mama

    Da die Miteigentumsanteile von Mama und Papa mit der Eigentumsumschreibung auf den Sohn untergehen, kann ich ja nicht eintragen "lastend auf dem ehemaligen Anteil von ...". Reicht es, wenn die Rechte wie folgt eingetragen werden
    II/1: Nur lastend auf 1/2 Anteil: Nießbrauch für Mama, im Gleichrang mit II/2
    II/2: Nur lastend auf 1/2 Anteil: aufschiebend bedingter Nießbrauch für Papa, im Gleichrang mit II/1
    II/3: Nießbrauch für Papa, im Gleichrang mit II/4
    II/4: Nur lastend auf 1/2 Anteil: aufschiebend bedingter Nießbrauch für Mama, im Gleichrang mit II/3

    Dann wird ja nicht deutlich, dass der Nießbrauch an dem ehemaligen Anteil lastet. Muss das überhaupt deutlich werden?

    Vielen Dank schon einmal.

  • Daher beantragt der schlaue Notar

    • Antrag 1: jeweils Rechte in Abt. II am jeweiligen Miteigentumsanteil
    • Antrag 2: Eigentumsumschreibung.

    So wie es beantragt ist, ist es aber jedenfalls zulässig (Bruchteilsniessbrauch: BGH 15.11.2012 - V ZB 99/12)

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der nicht so schlaue Notar hat in einem Antrag beantragt:
    a) Eintragung der Eigentumsänderung
    b) Eintragung der Nießbrauchrechte

    Ist auch alles in einer Urkunde drin.

    Unter § 2 d.U. wurde die Auflassung erklärt sowie die Eintragung der Eigentumsumschreibung beantragt und bewilligt.

    Und unter § 3 d.U. wurden die Nießbrauchrecht bestellt:
    "Alle am Vertrag beteiligten Personen bewilligen und beantragen die Eintragung der vorstehenden Nießbrauchrechte".

  • Na ja, das Eigentum steht mit Belastungen in keinem Rangverhältnis (RGZ 116, 363; S. Heinze im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Updatestand 30.06.2021, § 879 RN 7). Die Bestimmung des § 45 GBO ist nach dessen Absatz 3 nicht anzuwenden, wenn ein Rangverhältnis nicht besteht. Daher kann es sich bei der Formulierung a)..und b).. um keine eigentliche Rangbestimmung handeln (mal abgesehen davon, dass nach Cromwells Ansicht der Notar im Rahmen des Antragsrechts nach § 15 GBO keine Rangbestimmung treffen kann; siehe diesen Thread:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post649726

    Wenn vorliegend „alle am Vertrag beteiligten Personen die Eintragung der vorstehenden Nießbrauchrechte bewilligen (und beantragen)", also auch der Veräußerer die Eintragung des Nießbrauchs bewilligt, dann ist es mE eine Frage der Verfügungsbefugnis, nicht des Rangverhältnisses. Und verfügungs- und damit bewilligungsbefugt ist der Veräußerer nur solange, wie er noch Eigentümer ist. Also ist vorab der Nießbrauch einzutragen. Aber selbst wenn in der Formulierung die zulässige Bestimmung der Reihenfolge der vorzunehmenden Eintragungen gesehen wird und das GBA diese Bestimmung verletzt, wird das Grundbuch nicht unrichtig (Zeiser im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.11.2021, § 45 RN 90 i.V. mit RN 89 mwN).

    Ich würde einfach den Notar anrufen und um Klarstellung bitten, dass die Nießbrauchsrechte vor dem Eigentumswechsel eingetragen werden sollen. Die Eintragung nach der Eigentumsumschreibung stellt aber auch kein Problem dar (siehe oben), abgesehen davon, dass sie dann nicht mehr auf Bewilligung des Veräußerers hin vorgenommen werden kann.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Nur um sicher zu gehen:
    Es empfiehlt sich also zunächst die Nießbrauchrechte an den jeweiligen Miteigentumsanteilen von Mama und Papa einzutragen und danach in einer weiteren Eintragung (zum Beispiel einen Tag später) das Eigentum umzuschreiben?

  • Ja. Die Nießbrauchsrechte trägst Du noch am jetzigen MEA ein.

    Also:
    1.1 Nießbrauch für Mama
    1.2 aufschiebend bedingter Nießbrauch für Papa
    -im Gleichrang-
    am derzeitigen MEA der Mama und

    2.1 Nießbrauch für Papa
    2.2 aufschiebend bedingter Nießbrauch für Mama
    -im Gleichrang-
    am derzeitigen MEA des Papa.

    Anschließend nimmt Du die Eigentumsumschreibung vor. Das kannst Du am gleichen Tag machen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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