Testamentsauslegung - Erben oder Vermächtnisnehmer

  • Mir liegt ein Erbvertrag (Eheleute geschieden, Erbvertrag soll aber
    trotz Scheidung weiterhin Bestand haben) vor mit nachfolgendem
    Inhalt:

    Danny vermacht ihren 1/2 Miteigentumsanteil an der Immobilie
    ..... zu gleichen Teilen an die gemeinsamen Kinder "A" und "B".

    Dagobert vermacht seinen 1/2 Miteigentumsanteil an der Immobilie
    ... zu gleichen Teilen an die gemeinsamen Kinder "A" und "B".

    Die vorgetragenen Vermächtnisse erfolgen vertragsgemäß unter
    wechselseitiger Annahme.
    Der Erbvertrag bleibt auch dann gültig, wenn die Ehe geschieden
    wird.

    Danny verstirbt; der Notar stellt einen Erbscheinantrag nach
    gesetzlicher Erbfolge und begründet dies damit, dass der Erb-
    vertrag erklärtermaßen nur einen Teil des Vermögens betreffende
    Vermächtnisanordnung der Erblasserin beinhaltet.
    Der Nachlasswert beträgt 80.000,00 Euro.
    Eine nähere Auflistung, was im Ergebnis an Vermögenswerte
    vorhanden ist, beinhaltet der Erbvertrag nicht.
    M. E. könnte im Ergebnis die Anordnung der Vermächtnisse,
    wenn es sich um den wesentlichen Teil des Vermögens der
    Erblasserin handelt, doch auch in eine Erbeinsetzung von
    "A" und "B" ausgelegt werden.
    Liege ich mit meinen Gedanken total falsch?:gruebel:


  • M. E. könnte im Ergebnis die Anordnung der Vermächtnisse,
    wenn es sich um den wesentlichen Teil des Vermögens der
    Erblasserin handelt, doch auch in eine Erbeinsetzung von
    "A" und "B" ausgelegt werden.
    Liege ich mit meinen Gedanken total falsch?:gruebel:

    Das ist zwar nicht völlig unmöglich, aber ich wäre da hier sehr vorsichtig.

    Ich sehe hier keine Erbeinsetzung. Es handelt sich um einen notariell beurkundeten Erbvertrag bei dem explizit nur Vermächtnisse ausgesetzt wurde und der zudem auch explizit bei Scheidung der Ehe bestand haben soll. Mir scheint es naheliegend, dass die Eheleute nur hinsichtlich des Hauses letztwillig verfügen wollten.
    Auch wenn es sich bei dem Haus um den wesentlichen Teil des Vermögens gehandelt haben sollte, gibt dies allein keinen Anlass für eine fehlerhafte Bezeichnung der Verfügungen im Erbvertrag.
    Der Erbvertrag ist sehr deutlich formuliert.
    Ohne besondere Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute trotzt der Formulierung im Erbvertrag über ihr komplettes Vermögen verfügen wollten sehe ich keine Auslegung als Erbeinsetzung.

  • Ein Vermächtnisnehmer kann weit mehr erhalten (wertmäßig) als ein Erbe. Wer Erbe ist, muss nicht viel bekommen.

    Wer in einer notariellen Verfügung als Vermächtnisnehmer bezeichnet ist und ausdrücklich auch nur einen einzelnen Nachlassgegenstand erhalten soll, der kann nicht einfach deswegen Erbe sein, weil es sich bei dem Gegenstand um das überwiegende Vermögen handelt. Da muss schon sehr viel begründet werden. Da bist du auf dem falschen Gedankengang. Und auch der Umkehrschluss aus § 2087 II BGB hilft dir vielleicht als gesetzliche Unterstützung dessen, was ich sage.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (6. Januar 2022 um 05:46)

  • Lass dich nicht verunsichern von den Vorpostern.
    Du kannst auf jeden Fall verlangen, anzugeben, wie hoch der Wert des Grundbesitzes ist und auch versuchen, herauszufinden, was der Grundbesitz zur Erbvertragsbeurkundung ausgemacht hat.
    Sollte der Grundbesitz den ganz wesentlichen Nachlass ausmachen, kann durchaus eine Erbeinsetzung vorliegen.
    Es könnte aber -so wie die Vorposter sagen- auch lediglich ein Vermächtnis vorliegen. Aber ein bisschen recherchieren schadet nichts.
    Wenn A und B mit gesetzlicher Erbfolge einverstanden sind, wäre das auch ein Indiz

  • Das sehe ich nicht so. Es ist schlicht egal, ob der Grundbesitz den überwiegenden oder nahezu vollständigen Nachlasswert ausmacht, weil das um was ihr euch Gedanken macht, eine völlig andere Situation ist (Stichwort „Verteilungstestament“).

    Man darf auch nicht außer Betracht lassen, dass der Erbscheinsantragsteller ein Rechtschutzbedürfnis hat, den ES baldmöglichst erteilt zu bekommen. Fragen die nur Zeit kosten und deren Beantwortung keinen Sinn machen, sind dann nicht sachgerecht.

    Im Übrigen müssten die Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung ermittelt werden. Wie sie heute sind ist ohnehin unbedeutend.

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