Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Zivilverfahren

  • Guten Morgen!

    Zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde mir ein Beschluss des Zivilgerichts übersandt, mit welchem die Zwangsvollstreckung aus dem zugrunde liegenden Vollstreckungstitel gegen Sicherheitsleistung von 110% des zu vollstreckenden Betrages einstweilen eingestellt wurde, nachdem dort Vollstreckungsabwehrklage vorliegt.

    Die Vollstreckungsmaßnahmen bleiben bestehen, 775 Nr. 2 i.V.m. 776 ZPO.

    Ist es richtig, dass der Schuldner gegenüber dem Vollstreckungsgericht zunächst die Sicherheitsleistung nachweisen muss, bevor ich hier tätig werde? Habe ich den Schuldner diesbezüglich aufzuklären?

    Oder habe ich bereits jetzt den Beschluss des Zivilgerichts dergestalt zu vollziehen, dass ich einen Beschluss mache alá: "Die Zwangsvollstreckung aus dem PfÜB vom ... wird in Vollzug des Beschlusses des AG... vom... gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages einstweilen eingestellt, 775 Nr. 2 i.V.m. 776 ZPO."

    Danke vorab!

  • als Vollstreckungsgericht wirst du erst tätig, wenn dir die Beschlussausfertigung nebst Nachweis der Sicherheitsleistung durch den Schuldner vorgelegt wird.
    Soweit die Übersendung lediglich durch das Prozessgericht erfolgte (wohl eine begl. Beschlussabschrift) würde ich zunächst nichts machen.


  • Ist es richtig, dass der Schuldner gegenüber dem Vollstreckungsgericht zunächst die Sicherheitsleistung nachweisen muss, bevor ich hier tätig werde? Habe ich den Schuldner diesbezüglich aufzuklären?

    So ist es. Wenn der Schuldner dir diesen Beschluß eingereicht hat, würde ich natürlich einen Hinweis erteilen. Wenn dir die Zivilabteilung den Beschluß aber nur z. K. gegeben hat, würde ich zunächst nichts veranlassen.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Vielen Dank! Ihr habt mir sehr geholfen. Beschlussabschrift kam vom Zivilgericht. Ich warte nun einfach mal ab, ob der Schuldner sich meldet. Danke :)

  • Den Nachweis der Sicherheit muss klar der Schuldner erbringen.
    Davon abgesehen genügt es aber, wenn die Ausfertigung des Einstellungsbeschlusses zur Akte kommt, egal woher.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Für mich geht es aktuell um eine Terminsaufhebung ja oder nein:

    Zivilgericht stellt ohne Sicherheitsleistung ein, nach § 775 Nr. 2 ZPO benötigte ich eine Ausfertigung.

    Zivilgericht schickt mir (und dem Schuldnervertreter) elektronisch allerdings nur eine beglaubigte Abschrift (denn elektronisch kann man ja natürlich keine Ausfertigung schicken)... die Freuden des elektronischen Rechtsverkehrs :gruebel::cool: ich tendiere zur Einstellung und Terminsaufhebung und fordere eine Ausfertigung vom Prozessgericht nach (mache ich wegen Zeitnot selbst, bis der Schuldnervertreter das kriegt und dann wieder bei mir hat wäre der Termin vorbei).

    Habt ihr Meinungen?

  • Zwiegespalten.

    I.d.R. sehe ich es nicht als meine Aufgabe an, den Job der Beteiligten zu erledigigen.
    Hätte der Schuldner-Vertreter direkt mit Klageerhebung die Erteilung einer Ausfertigung beantragt, hätte er diese wahrscheinlich auch schon in Händen und könnte tätig werden....
    Wann ist denn der Termin? Wäre § 87 Abs. 2 ZVG ansonsten noch eine Alternative?

    (Sofern du dich in der Zwangsversteigerung befindest....)

  • Grundsätzlich sehe ich es wie WinterM.

    Seit geraumer Zeit muss die Erteilung einer Ausfertigung gesondert beantragt werden, § 317 Abs. 2 S. 1 ZPO. Der Schuldnervertreter hätte daher bereits einen entsprechenden Antrag stellen sollen.

    Unabhängig davon aus Interesse:

    Weshalb hat der Gesetzgeber eigentlich nicht den § 775 ZPO dahingehend angepasst, dass eine beglaubigte Abschrift genügt als diese zum Standard in Zivilverfahren wurde? :gruebel: Das wäre zumindest konsequent gewesen.

  • Zivilgericht schickt mir (und dem Schuldnervertreter) elektronisch allerdings nur eine beglaubigte Abschrift (denn elektronisch kann man ja natürlich keine Ausfertigung schicken)... die Freuden des elektronischen Rechtsverkehrs :gruebel::cool: ich tendiere zur Einstellung und Terminsaufhebung und fordere eine Ausfertigung vom Prozessgericht nach (mache ich wegen Zeitnot selbst, bis der Schuldnervertreter das kriegt und dann wieder bei mir hat wäre der Termin vorbei).

    Wenn die begl. Abschrift unmittelbar vom Zivilgericht kommt, wäre es m.E. reiner Formalismus auf eine Ausfertigung zu bestehen. Sofern die Beteiligten indes nur eine begl. Abschrift einreichen würde ich auf eine Ausfertigung bestehen.

  • ob Formalismus oder Regeln des Spiels.....
    Der Gesetzgeber hatte mehrfach die Gelegenheit den § 775 ZPO redaktionell anzupassen, sofern er dies denn beabsichtigt hätte.
    Hat er aber nicht.

    Nun die unmittelbare Übersendung der Entscheidung vom Gericht ist ja auch nicht vorgesehen (wenngleich natürlich nicht ausgeschlossen). Diesbezüglich wird womöglich kein Regelungsbedarf gesehen.
    Ich wollte ja nicht umsonst einen Unterschied machen, je nachdem woher die Abschrift kommt.
    Die Gesetze müssen nach Sinn und Zweck ausgelegt werden und man darf nicht stumpf am Wortlaut haften. Der Schutzzweck des Erfordernisses einer Ausfertigung dürfte nicht erforderlich sein, wenn die Abschrift unmittelbar vom Erkenntnisgericht kommt.

  • ob Formalismus oder Regeln des Spiels.....
    Der Gesetzgeber hatte mehrfach die Gelegenheit den § 775 ZPO redaktionell anzupassen, sofern er dies denn beabsichtigt hätte.
    Hat er aber nicht.

    Nun die unmittelbare Übersendung der Entscheidung vom Gericht ist ja auch nicht vorgesehen (wenngleich natürlich nicht ausgeschlossen). Diesbezüglich wird womöglich kein Regelungsbedarf gesehen.
    Ich wollte ja nicht umsonst einen Unterschied machen, je nachdem woher die Abschrift kommt.
    Die Gesetze müssen nach Sinn und Zweck ausgelegt werden und man darf nicht stumpf am Wortlaut haften. Der Schutzzweck des Erfordernisses einer Ausfertigung dürfte nicht erforderlich sein, wenn die Abschrift unmittelbar vom Erkenntnisgericht kommt.

    Ich denke nicht, dass man hier differenzieren kann bzw. sollte/darf, woher die beglaubigte Abschrift kommt, also wer diesem dem Vollstreckungsgericht übermittelt hat. Der von dir erwähnte "Schutzzweck des Erfordernisses einer Ausfertigung" bei Einreichung durch die Partei selbst besteht gegenüber einer beglaubigten Abschrift bitte worin? :gruebel:

    Unabhängig davon fordert der § 775 ZPO - warum auch immer - nach wie vor eine Ausfertigung der Entscheidung. Also muss diese auch eingereicht werden.

  • Ich bin grds. auch zwiegespalten.

    Ich habe den Termin jetzt aufgehoben, es lag zwischen der Entscheidung des LG und meinem Termin nur ein Werktag. Das wäre an Postlaufzeiten und Gerichtsfächern gescheitert... ich denke, die Tatsache, dass das LG mir die Entscheidung selbst übermittelt hat, ist in diesem Fall ausreichend. Wenn auch nicht schön, aber das ist eine andere Sache.

    Danke für eure Meinungen! Ich bin auch in den FamFG-Verfahren mit den teilweisen Regelungslücken nicht froh, aber immer dankbar für praktikable Lösungen. :D

  • Um was für einen Termin ging es denn?
    Ich hätte vermutlich nicht eingestellt und/oder den Termin aufgehoben. Das Gesetz ist da eindeutig.

    Und wenn es knapp war, ist daran vermutlich der Schuldner schuld. Falls es das LG war, muss sich eben dies auch darum kümmern oder eben der Schuldner. Der merkt ja auch dass es knapp wird.
    Ich hatte schon mehrfach den Fall, dass der RA den Schuldner rumgeschickt hat um den Beschluss beim LG abzuholen und dem AG vorzulegen.

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  • Der prozessgerichtliche Einstellungsbeschluss wirkt sofort. Eine Einstellung zu verweigern weil das Prozessgericht selbst nur eine begl. Abschrift übermittelt hat scheint mir (weiterhin) weder sinnvoll noch erforderlich. Es kann dann keinen Zweifel daran geben, dass das sich aus der Entscheidung ergebende Vollstreckungshindernis besteht.

    Hierzu ein Zitat aus BGH, III ZR 51/56 (nach beck-online):

    "Es ist gerichtsbekannt, daß auch die Praxis der Vollstreckungsgerichte bei der einstw. Einstellung einer Zwangsvollstreckung eine Auffassung vertritt, die von dem „Schuldnerschutzgedanken” beherrscht ist. In eiligen Fällen wird in der Regel alsbald nach Erlaß des betr. Beschl. der Gerichtsvollzieher benachrichtigt, der seinerseits nunmehr jede weitere Tätigkeit einstellt, selbst wenn der Beschl. von der Geschäftsstelle an die Parteien noch nicht hinausgegeben worden ist (vgl. z.B. den Komm, zur ZPO von Zöller-Karch-Scherübl, 7. Aufl. 1954, S. 792, wo bei den „Entwürfen zu Anträgen, Klagen und Entscheidungen” unter Nr. 56 „Vollstreckungsschutz” lediglich vorgeschlagen wird, den Beschl. über die einstw. Einstellung der Gerichtsvollzieherei zur Kenntnisnahme vorzulegen).
    Dieser Praxis steht nicht nur, wie schon dargelegt, keine Gesetzesvorschrift entgegen, sondern es gibt eine ausdrückliche Gesetzesvorschrift, die im Gegenteil für die Richtigkeit der erwähnten Praxis spricht: die von den Vorinstanzen nicht gewürdigte Vorschrift des § 775 ZPO. Nach seiner Ziff. 2 ist jedwede weitere Vollstreckungstätigkeit einzustellen, und das heißt: eine neue Zwangsvollstreckung überhaupt „nicht zu beginnen” (vgl. Baumbach, 1 B zu § 775), wenn dem Vollstreckungsorgan die Ausfertigung einer gerichtlichen Entsch. vorgelegt wird, aus welcher sich ergibt, daß die einstw. Einstellung der Vollstreckung angeordnet ist. Davon, daß der Einstellungsbeschl. auch dem Gläubiger schon bekanntgemacht sein müßte, ist in der Vorschrift keine Rede. Es ist auch nicht ersichtlich, daß in der Lit. oder Rspr. für die Anwendbarkeit der Vorschrift verlangt würde, daß der Einstellungsbeschl. dem Gläubiger bereits mitgeteilt worden sei. Zur Führung eines solchen Nachweises wäre auch der Schuldner, an den in erster Linie bei der „Vorlegung” der Beschlußausfertigung gedacht ist, in aller Regel nicht imstande. Es muß also davon ausgegangen werden, daß § 775 Ziff. 2 ZPO ohne Rücksicht darauf, ob der Einstellungsbeschl. dem Gläubiger bereits bekanntgemacht worden ist, zum Zuge kommt."

    Im Rechtsmittelverfahren (sofern mangels Vollbeendigung der ZV noch eins statthaft ist) muss die Einstellung dann sowieso berücksichtigt werden auch wenn das Vollstreckungsorgan in Unkenntnis war.

  • Das Zitat sagt NICHTS zur Frage, ob ein Ausfertigung zwingend notwendig ist. Ich kann da auch NICHTS lesen, woraus sich das ableiten ließe.

    Und wo liegt der Unterschied, ob die beglaubigte Abschrift vom Gericht oder vom Schuldner kommt?

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  • Das Zitat sagt NICHTS zur Frage, ob ein Ausfertigung zwingend notwendig ist. Ich kann da auch NICHTS lesen, woraus sich das ableiten ließe.

    ....

    :gruebel: Das ergibt sich doch bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 775 ZPO.

    Ich weiß. Aber das wurde doch gerade als Grund dafür vorgetragen, dass eine Ausfertigung nicht erforderlich sei.

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  • Um was für einen Termin ging es denn?
    Ich hätte vermutlich nicht eingestellt und/oder den Termin aufgehoben. Das Gesetz ist da eindeutig.

    Und wenn es knapp war, ist daran vermutlich der Schuldner schuld. Falls es das LG war, muss sich eben dies auch darum kümmern oder eben der Schuldner. Der merkt ja auch dass es knapp wird.
    Ich hatte schon mehrfach den Fall, dass der RA den Schuldner rumgeschickt hat um den Beschluss beim LG abzuholen und dem AG vorzulegen.


    Es war ein Versteigerungstermin.
    Den durchzuführen und evtl. auch noch den Zuschlag zu erteilen - in Kenntnis des Einstellungsbeschlusses des LG?! Das wäre mir jetzt doch zu heikel gewesen.

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