Akten des Berufsvormunds

  • Heute meldeten sich die Erben eines Berufsvormunds. Der Kollege hatte die Akten seiner laufenden Fälle an verschiedene Nachfolger übergeben. In seinem Nachlass fanden sich Akten, die er bei Volljährigkeit der Mündel abgeschlossen und aufbewahrt hatte, Insgesamt etwa 60 Fälle. Die jüngste Akte ist 5 Jahre alt.
    Wir haben folgende Ideen entwickelt, von denen uns keine überzeugt.
    1. Vernichtung der Akten, da die Mündel sie binnen 5 Jahren nicht an sich genommen haben
    2. Übergabe an die zuständigen Familiengerichte m.d.B., sie zur dortigen Kate zu nehmen.
    3. Mündel soweit möglich anschreiben und ihnen die Akten anzubieten.

  • Die Familiengerichte nehmen die Akten sicher nicht. Von mir gäbe es einen Hinweis auf die Herausgabepflicht an das Mündel bei Verfahrensbeendigung (BeckOGK/Wentzell, 1.10.2021, BGB § 1890 Rn. 49), aber ich verwahre ohne Rechtsgrundlage keine Fremdakten.

    Die richtigste Lösung wäre wohl das ehemalige Mündel anzuschreiben und um Abholung zu bitten. Eventuell könnte man sich überlegen, das Schreiben mit einer Fristsetzung und der Androhung einer datenschutzkonformen Vernichtung nach Fristablauf verbinden.

    Bin mir aber nicht sicher, ob ich es riskieren würde, die Akten dann auch wirklich zu vernichten :gruebel:.
    Auf den ersten Blick erschiene der Weg über §§ 293, 304 BGB zwar rechtlich richtiger, praktisch aber völlig unpraktikabel.

  • Die Gerichte werden die Akten eher nicht nehmen. Da gibt es keine Rechtsgrundlage, der Platz ist meistens eh zu eng und nachher ist der Schwarze Peter bei Gericht, dass man die Dinger nicht loswird.

    Ich würde auch die Mündel anschreiben und die Akten anbieten mit dem Hinweis, dass nach angemessener Frist, z. B. 2 Monate, datenschutzkonforme Vernichtung durchgeführt wird.

    Nach dieser Frist müssten die Erben die Akten m. E. durchgehen und schauen, was zwingend eine gewisse Zeit aufzuheben ist, z. B. Steuerunterlagen, die 10 Jahre aufzuheben sind. In normalen Zivilsachen verjähren Ansprüche regelmäßig nach drei Jahren, diese Fristen sind hier klar rum, da wäre nichts mehr zu beachten - im Verjährungsbereich gibt es auch Ausnahmen. Im Regelfall dürften da aber nicht solche Sachen schlummern, dann könnten die Akten tatsächlich vernichtet werden.

  • Die Gerichte werden die Akten eher nicht nehmen. Da gibt es keine Rechtsgrundlage, der Platz ist meistens eh zu eng und nachher ist der Schwarze Peter bei Gericht, dass man die Dinger nicht loswird.

    Ich würde auch die Mündel anschreiben und die Akten anbieten mit dem Hinweis, dass nach angemessener Frist, z. B. 2 Monate, datenschutzkonforme Vernichtung durchgeführt wird.

    Nach dieser Frist müssten die Erben die Akten m. E. durchgehen und schauen, was zwingend eine gewisse Zeit aufzuheben ist, z. B. Steuerunterlagen, die 10 Jahre aufzuheben sind. In normalen Zivilsachen verjähren Ansprüche regelmäßig nach drei Jahren, diese Fristen sind hier klar rum, da wäre nichts mehr zu beachten - im Verjährungsbereich gibt es auch Ausnahmen. Im Regelfall dürften da aber nicht solche Sachen schlummern, dann könnten die Akten tatsächlich vernichtet werden.

    Seh ich genauso :daumenrau

  • Heute meldeten sich die Erben eines Berufsvormunds. Der Kollege hatte die Akten seiner laufenden Fälle an verschiedene Nachfolger übergeben. In seinem Nachlass fanden sich Akten, die er bei Volljährigkeit der Mündel abgeschlossen und aufbewahrt hatte, Insgesamt etwa 60 Fälle. Die jüngste Akte ist 5 Jahre alt.
    ...

    Wie wäre es eigentlich ohne den Tod des Berufsvormundes gelaufen? Nach welchem Zeitraum hätte dieser denn eine abgeschlossene Akte vernichtet?

    Da die Erben in die Rechte und Pflichten des Verstorbenen eintreten, müsste es von diesen genauso gehandhabt werden, wie es der Verstorbene hätte machen müssen.

  • Danke für die Antworten und Anmerkungen.

    Mit der Frage, ob und wann die Berufsvormünder Akten vernichtet haben wir uns an einige Berufsvormünder gewandt. Im Amt gilt: 30 Jahre nach Volljährigkeit werden die Akten ohne weitere Prüfung vernichtet. Die Vereine hatten sich unsere Aufbewahrungsregeln zu eigen gemacht und stehen zur Zeit noch nicht vor dem Problem. Von den Anwälten haben zwei geantwortet: Unter Verweis auf Absprachen mit den Versicherern werden die Akten 12 Jahre nach Beendigung der Tätigkeit vernichtet. Ein Betreuerbüro bei dem auch Vormünder arbeiten mailte uns: Nach den Regeln die für Betreuungsakten bestehen - ohne auszuführen, was für Regeln dort bestehen. Unsere Betreuungsstelle ist diese Woche nicht besetzt.

  • Danke für die Antworten und Anmerkungen.

    Mit der Frage, ob und wann die Berufsvormünder Akten vernichtet haben wir uns an einige Berufsvormünder gewandt. Im Amt gilt: 30 Jahre nach Volljährigkeit werden die Akten ohne weitere Prüfung vernichtet.

    Bei dieser langen Frist dürften dann häufig die Erben der Berufsvormünder gefragt sein... Stehen die 30 Jahre irgendwo? :gruebel:

    ...Ein Betreuerbüro bei dem auch Vormünder arbeiten mailte uns: Nach den Regeln die für Betreuungsakten bestehen - ohne auszuführen, was für Regeln dort bestehen. Unsere Betreuungsstelle ist diese Woche nicht besetzt.

    Regeln, die für Betreuungsakten bestehen, sind mir auch nicht bekannt. Gefühlt macht das auch jeder Berufsbetreuer wie er meint bzw. ggf. dessen Erben.

  • Familiengerichte in Bayern legen 10 Jahre nach Vollendung des 21. Lebensjahres weg, vgl. § 4 Abs. 5, Anlage 1 Ziff. 93 AufbewV, AufbewV: § 4 - Bürgerservice (gesetze-bayern.de)

    Bei Akten für Geschwisterkinder beginnt die Frist mit dem 21. Geburtstag des jüngsten Kindes. Gem. Nr. 95 der Anlage gilt auch bei Betreuungssachen grundsätzlich eine 10jährige Frist.

    Das gilt soweit für den staatlichen Bereich. Berufsvormünder sind da grundsätzlich frei, für etwaige nachfolgende Rechtsstreitigkeiten oder aufgrund gesetzlicher Vorgaben (z. B. Steuerunterlagen) sollten aber die erforderlichen Grundlagen vorhanden sein. Beim Familiengericht müssten ja die gespiegelten Akten der Gerichte auch noch vorhanden sein. Auch Originale von Festsetzungsurkunden oder sonstigen Titeln werden behördlich/gerichtlich ja lange aufbewahrt, da kann zur Not eine weitere (vollstreckbare) Ausfertigung erteilt werden. Also nur Mut mit Vernichtung.

    Auch wenn ich nicht glaube, dass es was wird, Versuch macht kluch: Bei der Behördenleitung des zuständigen Amtsgerichts mal fragen, ob die 60 Akten übernommen und ggf. als Beiakten zu den dort befindlichen gerichtlichen Vormundschaftsakten aufbewahrt werden können. Mehr als nein sagen, können sie ja nicht.

    Falls das nicht klappt, würde ich nach Anhörung der früheren Mündel die Akten vernichten, es sei denn, es sind da wichtige Unterlagen drin, die zwingend gesetzlich aufzubewahren sind oder die sonst für etwaige Rechtsstreitigkeiten noch relevant sein dürften. Ich gehe mal davon aus, dass bei den allermeisten nichts relevantes dabei ist, zumal bei Ende der Vormundschaft die Unterlagen an die Mündel ja auszuhändigen waren.

  • Ich denke, man kann hier nicht den Vergleich zu den Aufbewahrungsfristen bei Behörden und Gerichten ziehen, da diese mitunter überdurchschnittlich lang sind.

    Meiner Meinung nach ist es Sache der Erben, eine Risikobewertung vorzunehmen, inwiefern noch unter Berücksichtigung des § 199 BGB unverjährte Forderungen bestehen könnten.

  • Muss man nicht trennen:

    a) welche Aktenteile sind Eigentum des Mündels/Pfleglings/Betroffenen und somit an diesen, den Nachfolger im Amt bzw. ggf. die Erben herauszugeben und

    b) welche Aktenteile sind nicht Eigentum des Mündels/Pfleglings/Betroffenen (somit Eigentum des Vormunds/Pflegers/Betreuers) und verbleiben somit beim Vormund/Pfleger/Betreuer bzw. dessen Erben?

    Auf die Akten nach b) haben weder das Mündel/der Pflegling/der Betroffene, deren Erben bzw. ein evtl. Nachfolger im Amt Anspruch.

    So wird zumindest in Betreuungsverfahren verfahren bzw. im Handbuch Betreuugsrecht von Deinert beschrieben.

    Die Aufbewahrungsfristen für die Akten nach b) bestimmen sich nach allgeme8nen Regeln, z.B. nach steuerrechtlichen Vorschriften. Eigenständige Bestimmungen für Vormünder/Pfleger/Betreuer sind zumindest mir nicht bekannt.

  • Die Erben hatten um eine fachliche Stellungnahmen zu den einzelnen Akten gebeten, da sie sich dazu fachlich nicht in der Lage sahen und etwaige Datenschutzvorschriften nicht verletzen wollten. Also habe ich mir die ersten 5 Fälle ins Homeoffice geholt.
    Keinerlei Schuldtitel oder Hinweise darauf.
    In allen Fällen haben Schlussgespräche stattgefunden.
    In einem Fall erhielt das Mündel medizinische Unterlagen.
    In einem Fall wurden Unterlagen aus dem Sorgerechtsverfahren, insbesondere ein Gutachten, an Mündel und deren Pflegeeltern übergeben.
    Vermögen war in den 5 Fällen nicht zu verwalten.

    Daher gehe ich davon aus, dass der Berufsvormund nach @Einstein-Kriterien die Akten überprüft hat und nach steuerlichen und strafrechtlichen Kriterien aufbewahrt werden müssen.

    Zum Strafrecht: Im Sorgerechtsgutachten wird sexueller Missbrauch thematisiert. Eine strafrechtliche Würdigung findet sich nicht in den Unterlagen. In dem Fall - der übrigens die Erben veranlasste auf uns zuzugehen - werde ich die inzwischen über 30 Jahre alte Frau auf die Hemmung der Verjährung hinweisen und fragen, wie mit den Akten verfahren werden soll.

    Ich unterstelle, dass für die Abrechnungen beim Amtsgericht die Belegfristen unter 10 Jahren liegen.
    Und vielen Dank!

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!