Frühzeitiger Versetzungsantrag nach „Initiativbewerbung“ - Auswirkungen?

  • Hallo zusammen,

    ich befinde mich aktuell in einer für mich schwierigen Situation und würde gerne mal eure Einschätzung dazu hören. Die Situation stellt sich wie folgt dar:
    Ich habe im Herbst 2021 mein Examen abgeschlossen. Kurz vor der mündlichen Prüfung hat „mein“ OLG eine Ausschreibung veröffentlicht, dass demnächst Stellen in den Bereichen x, y und z zu besetzen wären und falls unter den Anwärtern Menschen mit Interesse an Verwaltungstätigkeiten wären, so seien diese herzlich eingeladen, sich zu melden.

    Ich, absoluter Justizneuling und ohne echte Ahnung, was Verwaltungstätigkeit bedeutet, aber grundsätzlich neugierig und aufgrund der diesbezüglich brodelnden Gerüchteküche ziemlich ängstlich, ansonsten nach dem Examen erstmal sehr weit pendeln zu müssen („mein“ OLG liegt in meiner Heimatstadt), habe mich auf diese Ausschreibung gemeldet.
    Ich hatte dann auch ein Kennenlerngespräch, in dem schon mal über das potentielle Einsatzgebiet - ohne Gewähr ;) - gesprochen wurde, schien alles zu passen und klang auch ganz gut und so habe ich nach dem Gespräch mein Interesse bestätigt und nach dem Examen beim OLG angefangen.

    Jetzt bin ich seit fast 3 Monaten dabei und sowohl inhaltlich als auch was die Atmosphäre bzw. das Behördenklima betrifft, ziemlich unglücklich dort. Dazu kommt, dass ich direkt nach 4 Wochen den Großteil meines Einsatzgebietes wechseln musste und nun etwas ganz anderes mache, als das, worauf ich mich „beworben“ hatte (ich hatte keine Garantie auf mein Wunschgebiet, das weiß ich, ich sage das nur dazu, um nicht komplett sprunghaft und wie jemand, der sofort die Flinte ins Korn wirft, zu wirken). Da es auch nicht besser, sondern tendenziell eher schlimmer wird, denke ich nun über einen Versetzungsantrag „in die Praxis“ nach. Ich frage mich allerdings, ob sich das negativ auf meine künftigen Beurteilungen und meinen Ruf innerhalb der Justiz auswirkt, weil ich mich ja schließlich aus freien Stücken gemeldet hatte und jetzt nach doch kurzer Zeit einen VA stellen…:( Wie ist denn eure Einschätzung diesbezüglich, ab wann könnte/sollte man den VA stellen, ohne dass einem nachgesagt wird, man hätte es ja nur nicht richtig versucht? Bin für jede Meinung dankbar.

    Liebe Grüße

  • Ja, das betrifft dann aber eher nur die Abteilung. Gerichts-/behördenübergreifend gibt es dagegen bei manchen Gerichten wohl sogar eher Versetzungssperren für ca. 3 Jahre. Das wird so argumentiert, das sich sonst der Aufwand für die Einarbeitung ja gar nicht lohnen würde, wenn manche gleich nach nem halben Jahr wieder weg wollen. Zumindest offiziell scheint das vom OLG aus aber nicht zu gelten…

  • Klingt nach einer Sache, mit der du dich vielleicht mal vertrauensvoll an den örtlichen Personalrat wenden solltest. Der dürfte dir wohl am ehesten die Auswirkungen auch unter Rücksichtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten erläutern können.

  • Ich würde an deiner Stelle Versetzungsantrag stellen, im Zweifel kommst du ohnehin erst im Herbst zum Zuge, wenn neu verteilt wird. Kann mir nicht vorstellen, dass sich das negativ auswirkt. Gerade wenn man direkt von der Prüfung zum OLG kommt, ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass es nicht so passt.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ich frage mich allerdings, ob sich das negativ auf meine künftigen Beurteilungen und meinen Ruf innerhalb der Justiz auswirkt, weil ich mich ja schließlich aus freien Stücken gemeldet hatte und jetzt nach doch kurzer Zeit einen VA stellen.

    Ja, das dürfte sich einerseits tendentiell negativ auswirken.

    Andererseits kann ein Wechsel dann in die Praxis auch wieder positiv bei "Flexibilität" verbucht werden. Außerdem weiß auch jeder, der Verwaltungssachen macht, dass das nicht jedermanns Sache ist. Offensichtlich gab es auch sonst keine Bewerbung auf diese Stelle, so dass Anwärter gleich nach der Prüfung hinkamen.

    Wichtiger als Auwirkungen auf Beurteilungen scheint mir aber zu sein, ob einem das Tätigkeitsgebiet und das Umfeld Freude bereiten und man gern auf Arbeit geht. Wenn diese Faktoren passen, passt dann idR auch das Arbeitsergebnis und in der Folge werden auch die Beurteilungen passen, zumindest bei den ersten Beurteilungen - je höher man in der Karriere kommt, umso enger wird es in der Beförderungspyramide. Klassische Frage bei Mitarbeitergesprächen: "Wo sehen Sie sich in X Jahren?" - Wenn da der Gedanke an das OLG Panik aufkommen ließe, wäre Zeit zu wechseln.

    Persönlich würde ich das Gespräch mit den Vorgesetzten suchen und ausloten, welche Möglichkeiten es gibt, das Tätigkeitsgebiet und das Umfeld innerhalb des OLGs zu ändern. Geht das nicht oder ist das von vornherein aussichtslos würde ich an die Vorgesetzten die Signale streuen, dass Du Dich versetzen lassen willst. Vielleicht geht die "Trennung" ja einvernehmlich und am OLG wissen die Chefs ja in der Regel auch, wo es Bedarf gibt (z. B. infolge Babypause oder anderer Versetzungswünsche) und können Dich dann dorthin versetzen.

    Aufgrund der Formulierung und der Selbstreflexion in der Eingangsfrage bin ich überzeugt, dass Du den richtigen Ton gegenüber den Vorgesetzten finden wirst, dass Du nicht als absolut wankelmütig und fordernd dastehst.

  • Ich danke schon mal allen für ihre Einschätzungen :) Verstehe ich das richtig, dass aber niemand zum Abwarten einer bestimmten Höflichkeitsfrist rät? Ich hatte ursprünglich, als so die ersten Zweifel laut wurden, so an ein halbes Jahr gedacht, da gilt halb offiziell die Einarbeitung als beendet und da dachte ich, ab da müsste man eigentlich davon ausgehen können, dass ich einschätzen kann, wie es mir gefällt. Um aber zu vermeiden, dass am Ende andere schneller mit den Versetzungsanträgen sind, würde ich den Antrag aber auch früher stellen bzw. zumindest das Gespräch schon früher suchen, sofern das nicht als übereilt und unhöflich aufgefasst wird..

  • Ich kenne die Frankfurter Gepflogenheiten nicht. Ob der Versetzungsantrag jetzt oder in wenigen Monaten gestellt wird, dürfte im Rhein-Main-Gebiet wohl keine Rolle spielen, die Wartefrist dürfte eher bei Versetzungsanträgen Richtung Nordhessen relevant sein.

    Meine Empfehlung: Das Gespräch mit den Vorgesetzten frühzeitig suchen und entsprechende Signale senden, den Versetzungsantrag dann aber erst in einigen Monaten - aber eben noch rechtzeitig vor Ende der Planungen für die nächste Personalverteilung - stellen. Versetzungsanträge aus heiterem Himmel kommen bei Vorgesetzten selten gut an.

  • Danke! Das war auf jeden Fall ein sehr wertvoller Hinweis :) Ich hätte aus dem Bauch heraus nämlich eher befürchtet, dass ein Andeuten eines geplanten Versetzungsantrages leicht wie "Erpressung" anmutet, nach dem Motto "Wenn ich kein schöneres Aufgabengebiet kriege, dann gehe ich" und diesen Eindruck will ich natürlich auf keinen Fall vermitteln. Wenn man durch das Gegenteil dem Vorgesetzten aber viel mehr auf die Füße tritt, werde ich dann wohl doch in absehbarer Zeit das Gespräch suchen und dann sehen wir weiter. :)

  • Wenn du jetzt den Versetzungsantrag stellst, hast du auf jeden Fall noch die Möglichkeit bei der nächsten Runde im Oktober berücksichtigt zu werden. Ich kenne keinen, bei dem es geschadet hat, dass er direkt einen Versetzungsantrag gestellt hat. Aus meinem Jahrgang haben teilweise Leute am ersten Tag den Versetzungsantrag gestellt. Nur weil du freiwillig dich für das OLG gemeldet hast, kann ich mir nicht vorstellen, dass dir daraus ein Strick gedreht wird.
    Wenn du jetzt länger wartest, stehen wieder mehr Kollegen vor dir auf der Versetzungsliste und eine Versetzung dauert noch länger.

    Und zum AG FFM zu kommen, sollte auch relativ schnell machbar sein, denke ich.

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