Kontopfändung; Freigabeantrag Spesen/Weihnachtsgeld § 906 Abs. 2 ZPO

  • Hallo!

    Mir liegen mehrere Kontopfändungen eines P-Kontos des Schuldners vor. Das Arbeitseinkommen ist derzeit nicht gepfändet. Das Arbeitseinkommen wird somit vollständig auf dem P-Konto gutgeschrieben. Dieses enthält teilweise unpfändbare Beträge gemäß § 850a ZPO wie z.B. Spesen und Weihnachtsgeld.

    Hab ich das richtig verstanden, dass die Bank nur § 899 ZPO zu beachten hat und keine Pflicht zur Prüfung evtl. unpfändbarer Teile des Arbeitseinkommens hat?
    Hierfür muss der Schuldner einen Antrag nach § 906 Abs. 2 ZPO auf Festsetzung eines nach § 899 ZPO abweichenden Freibetrages stellen mit der Möglichkeit der vorläufigen Einstellung nach § 906 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Richtig?

    Da der Schuldner jeden Monat einen anderen Spesenbetrag bekommt, müsste der dann jeden Monat so einen Antrag stellen, oder? Ganz schön aufwändig.

    Danke für Eure Hilfe

  • Hab ich das richtig verstanden, dass die Bank nur § 899 ZPO zu beachten hat und keine Pflicht zur Prüfung evtl. unpfändbarer Teile des Arbeitseinkommens hat?
    Hierfür muss der Schuldner einen Antrag nach § 906 Abs. 2 ZPO auf Festsetzung eines nach § 899 ZPO abweichenden Freibetrages stellen mit der Möglichkeit der vorläufigen Einstellung nach § 906 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Richtig?

    Korrekt. Die Bank hat ja auch gar keine Möglichkeit zur Prüfung, wie sich das Einkommen zusammensetzt.

    Weihnachtsgeld kannst du ja bis 500,00 EUR netto freigeben. In der Regel liegt das Weihnachtsgeld höher, sodass du dir eine komplizierte Berechnung ersparen kannst.
    Bzgl. der Spesen bin ich bisher erst einmal in das zweifelhafte Vergnügen der Freigabe gekommen. Ich habe wie folgt freigegeben:

    In pp. werden die monatlich durch den Arbeitgeber xyz an den Schuldner gezahlten "Spesen" gemäß §§ 850a Nr. 3 ZPO auf Antrag aus der Pfändung freigegeben. Die "Spesen" sind dem Schuldner neben dem derzeitigen Pfändungsfreibetrag zu belassen und an diesen auszuzahlen. Zur Auszahlung ist der Drittschuldnerin die jeweilige, monatliche Lohnabrechnung vorzulegen.

    Die Entscheidung habe ich im Januar 2020 getroffen, seither läuft das problemlos. Wichtig ist allerdings, dass die "Spesen" auch explizit aus der Lohnabrechnung zu erkennen sind. Ansonsten bleibt dir nichts anderes übrig, als monatliche Freigabebeschlüsse zu fertigen.

  • Nach dem neuen § 850a ZPO ist die 500,00 € Grenze ja ohnehin weggefallen

    Ja, jetzt ist es noch komplizierter geregelt. :confused:

    Wieso komplizierter? :gruebel: Man hat nach m.E. lediglich die maximale Höhe der Unpfändbarkeit des Weihnachtsgeldes auf die Hälfte des jeweils aktuellen Mindestpfändungsfreibetrags angehoben. (aktuell 630,00 EUR) Oder täusche ich mich da?

  • Nach dem neuen § 850a ZPO ist die 500,00 € Grenze ja ohnehin weggefallen

    Ja, jetzt ist es noch komplizierter geregelt. :confused:

    Wieso komplizierter? :gruebel: Man hat nach m.E. lediglich die maximale Höhe der Unpfändbarkeit des Weihnachtsgeldes auf die Hälfte des jeweils aktuellen Mindestpfändungsfreibetrags angehoben. (aktuell 630,00 EUR) Oder täusche ich mich da?

    Durch den Verweis im neuen § 850a ZPO bei Ziffer 4 "in Verbindung mit Absatz 4" gehe ich davon aus, dass bei der Berechnung der Hälfte der tatsächliche unpfändbare Betrag des Schuldners (also inklusive Erhöhungsbeträge für Unterhaltspflichten) zugrunde zu legen ist.

    Verstehe ich die Vorschrift falsch? :gruebel:

  • Es gibt jedoch keinerlei Übergangsvorschriften (zumindest habe ich noch keine entdeckt :gruebel:). Das heißt die Anträge die ich dazu im Dezember 21 bekommen habe, müssen nach dem Recht entschieden werden, welches aktuell gilt.

    Einen Antrag habe ich jetzt auch von jmd. der mit seinem Dezmbergehalt das Weihnachtsgeld bekommen hat und die Lohnabrechnung ist vom 06.01.2022. Den Antrag hat er dann gleich am 07.01.2022 gestellt.

    Insofern stellt sich die Problematik bei mir schon.

  • Durch den Verweis im neuen § 850a ZPO bei Ziffer 4 "in Verbindung mit Absatz 4" gehe ich davon aus, dass bei der Berechnung der Hälfte der tatsächliche unpfändbare Betrag des Schuldners (also inklusive Erhöhungsbeträge für Unterhaltspflichten) zugrunde zu legen ist.

    Verstehe ich die Vorschrift falsch? :gruebel:

    Also da in § 850a Nr. 4 ZPO lediglich explizit Bezug auf § 850c Abs. 1 und 4 ZPO genommen wird, denke ich, dass Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners bei der Bemessung keine Berücksichtigung zu finden haben. Abs. 1 spricht lediglich von dem Freibetrag des Schuldners, Abs. 4 von der regelmäßigen Anpassung dieses Freibetrags.

  • Hallo zusammen,

    ich habe meinen ersten Antrag auf Freigabe des Weihnachtsgeldes...

    Gepfändet ist ausschließlich das Bankkonto.

    Jetzt bin ich etwas überfragt...

    Aus der Gehaltsabrechnung ergibt sich folgendes:

    Bruttogehalt: ca. 1610 €

    Weihnachtsgeld Brutto: ca. 650 €

    Netto insgesamt ausgezahlt: ca. 1600 €

    (Gehalt netto: ca. 1210 €; Weihnachtsgeld netto: ca. 390 €)

    Was genau gebe ich den jetzt frei?

    Gehalt wäre es unter der Freibetragsgrenze von 1410 €

    Gebe ich dann Weihnachtsgeld in Höhe von 190 € (1600 €-1410 €) frei?

    Oder Weihnachtsgeld in Höhe von 390 € (tatsächliches netto), dann hätte er ja aber tatsächlich in diesen Monat einen Freibetrag von 1800 €.

    Kann mir jemand helfen?

    Hat vielleicht jemand einen Musterbeschluss, den er mir schicken kann?

  • Ich würde den Freibetrag für den Monat auf den Betrag des Nettoeinkommens bestimmen, da sowohl das Gehalt, als auch das Weihnachtsgeld nach §§ 850c und a ZPO in voller Höhe unpfändbar sind.

    Nach m.E. ist das nicht ganz korrekt. Dem Schuldner steht das Weihnachtsgeld in voller Höhe (390€ netto) zusätzlich zum Freibetrag in Höhe von 1.410€ zu. Es ist unpfändbar. Du weißt ja nicht, ob der Schuldner nicht noch weitere Einkünfte auf dem P-Konto hat.

  • Sein Arbeitseinkommen ist in der Höhe auch unpfändbar nach § 850c ZPO und trotzdem kriegt er es nicht zusätzlich zum Freibetrag....

    Und wenn er noch 250 EUR aus aus z.B. Verkäufen hat, mangelt es an einer Grundlage dem Schuldner hiervon noch etwas zu belassen (was bei deinem Weg der Erhöhung ja erfolgen würde).

  • Ich sehe es wie WinterM. Der individuelle Pfändungsschutz nach §906 II ZPO ist m.E. nur insoweit zu gewähren soweit die Beträge nicht bereits vom pauschalen Pfändungsschutz umfasst sind. Nur insoweit besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.

    Aus §906 II ZPO i.V.m. §§850c, 850a ZPO ergibt sich nur ein pfandfreies Einkommen von 1.600 €.

    Wenn der Schuldner weitere pfandfreie Einkünfte hat, mag er das darlegen.

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