Nachlassinsolvenz in der Insolvenz?

  • Habe hier einen verzwickten Fall und fand auch nichts ähnliches im Forum.

    Ein Schuldner im Verbraucherinsolvenzverfahren hat rund 100 000 € Schulden, Ca 80. 000 € davon sind "ererbt", d.h. der Schuldner versäumte es vor über 20 Jahren, die Erbschaft seiner damals verstorbenen Frau auszuschlagen. 20.000 € hat er selbst "verbockt" durch die Aufnahme eines Verbraucherdarlehens. Ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Mannes nun verpflichtet, einen weiteren (Nachlass)insolvenzantrag zu stellen, um zu erreichen, dass die Haftung "nur" auf die 20.000 € an eigenen Schulden beschränkt wird und eine bessere Quote erzielt wird? Geht das nach über 20 Jahren noch?
    Freue mich über Antworten.

  • ja, das ist eine nicht unspannende Frage.... die sich aber m.E. simpel entschärft

    Eine Simultaninsolvenz macht Sinn, um die Wirkungen des § 331 InsO herbeizuführen. Da das schon alles so lange her ist, wäre es Fallfrage, ob diese Wirkungen hier hilfreich wären. Dies setzt aber voraus, dass es eine entsprechende "Nachlassmasse" gibt....
    Einmal hiervon weggewendet: ausgehend davon, dass es eine Nachlassmasse nich mehr gibt, würde eine Insolvenzantragsstellung nix bringen, da sie untunlich wäre. I.Ü. würde eine Abweisung nach § 26 InsO nix bringen, mit Ausnahme des Indiz für eine Nachlassinsuffizienz, was nun zu dem entscheidenden Punkt meiner Ausführungen (imho) führt:
    kann oder hat sich der Insolvenzverwalter auf die Dürftigkeitseinrede zu berufen ?
    Theoretisch schon...
    p1: Forderungen sind bereits tituliert
    p2: er müsste bei Feststellungsklagen die Dürftigkeitseinrede belegen können

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Wie sieht es denn mit einer Konfusion aus? Nach 20 Jahren lassen sich Aktiva und Passiva des Erblassers und des Erben nur noch schwerlich auseinanderhalten.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wie sieht es denn mit einer Konfusion aus? Nach 20 Jahren lassen sich Aktiva und Passiva des Erblassers und des Erben nur noch schwerlich auseinanderhalten.

    Darin läge die Erschwernis bei der Begründung der Dürftigkeitseinrede

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  • Für die Beantragung des Nachlassinsolvenzverfahrens fallen Gerichtskosten an (Nr. 2310 KV GKG, evtl. auch Auslagen für einen Sachverständigen). Wenn der Antrag abgewiesen werden sollte, müsste doch der IV als Antragsteller die Kosten tragen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Für die Beantragung des Nachlassinsolvenzverfahrens fallen Gerichtskosten an (Nr. 2310 KV GKG, evtl. auch Auslagen für einen Sachverständigen). Wenn der Antrag abgewiesen werden sollte, müsste doch der IV als Antragsteller die Kosten tragen.

    Das stört keinen großen Geist, da dies Aufgabe des IV ist, selbst wenn dieser nicht in § 217 InsO genannt ist, vergl. BGH vom 11.05.2006, IX ZB 42/05, Rn. 18. Ansonsten löst er § 60 InsO aus.

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  • was soll bitte der Antrag auf Nachlassinsolvenz bringen, sofern kein Nachlass mehr da ist ???

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  • Abhängig vom konkreten Einzelfall könnte durch den Antrag auf Nachlassinsolvenz Masseunzulänglichkeit eintreten. Ist das wirklich im Interesse der Gläubiger?

    Ich wage zu behaupten, dass der IV nicht immer automatisch dazu verpflichtet ist Nachlassinsolvenz zubeantragen. Vielmehr muss er prüfen, was im Interesse der Gläubiger liegt und für diese vorteilhaft ist.

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  • :daumenrau

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  • Aber führt denn nicht auch schon die Abweisung des Nachlassverfahrens mangels Masse zur beschränkten Haftung des Erben, so dass sich die Quote für die Gläubiger im eigenen Verfahren erheblich erhöht?:gruebel:

    Ein gnädiger Gutachter macht das Ganze vielleicht zum "fairen Preis"? Es ist ja auch im Nachlass nix da :)

  • Also die Idee bzw. Frage ist Folgende:

    Die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens führt zur Abweisung mangels Masse und bietet damit die Voraussetzung zur Erhebung der Dürftigkeitseinrede des § 1990 BGB, was wiederum dazu führt, dass man mit dieser Einrede die Forderungsanmeldungen der Gläubiger, die aufgrund der Erbschaft eine Forderung gegen den Schuldner anmelden, bestreiten könnte und somit die Anzahl der Insolvenzgläubiger und -forderungen deutlich reduziert

    Ich kenne die Antwort auf die Frage: "Muss" der IV das machen ? aber leider nicht, habe mir die Frage aber auch schön häufiger gestellt.

    Falls sich in einem solchen Verfahren Masse bildet, hätte dies ja ganz enorme Auswirkungen auf den oder die übrigen Gläubiger, die Forderungen gegen den Schuldner selbst haben.


    Man könnte ja noch einen Schritt weiter gehen und fragen, ob auch der Schuldner selbst vor dem Verfahren verpflichtet wäre, auf diesem Weg seine Verbindlichkeiten zu reduzieren ?

  • Eine Abweisungs mangels Masse führt neben der gewünschten Haftungsbeschränkung auch zu weiteren Masseverbindlichkeiten. Wenn das Gericht einen Sachverständigen beauftragt hatte, dann reden wir von Kosten im unteren vierstelligen Bereich. Der Sachverständige wird nach dem JVEG abrechnen.

    Ob das im konkreten Verfahren sinnvoll ist, muss anhand der konkreten Umstände geprüft werden.

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  • Eine Abweisungs mangels Masse führt neben der gewünschten Haftungsbeschränkung auch zu weiteren Masseverbindlichkeiten. Wenn das Gericht einen Sachverständigen beauftragt hatte, dann reden wir von Kosten im unteren vierstelligen Bereich. Der Sachverständige wird nach dem JVEG abrechnen.

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    Aber die trägt ja nicht die Masse als eigenantragsteller, sondern der Nachlass. Durch die AmM wird ja die Haftung auf den Nachlass beschränkt

  • ich würde als richter (der ich nicht bin :D) das Teil wg. mangelndem rechtschutzedürfnis abweisen. Der IV kannauch ohne gerichtlichen Beschluss nach § 26 die Dürftigkeitseinrede im Tabellenprüfungsverfahren erheben, sofern der kruscht nicht ohnehin verjährt sein sollte ....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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  • ich würde als richter (der ich nicht bin :D) das Teil wg. mangelndem rechtschutzedürfnis abweisen. Der IV kannauch ohne gerichtlichen Beschluss nach § 26 die Dürftigkeitseinrede im Tabellenprüfungsverfahren erheben, sofern der kruscht nicht ohnehin verjährt sein sollte ....

    Mir hat jetzt ein Verwalter gesagt (ich habe nämlich so einen doofen Fall) das der Verwalter keine Dürftigkeitseinrede bzw. die Forderung nicht bestreiten kann, da sie ja materiell rechtlich besteht sie ist nur nicht durchsetzbar.

    Mein Fall ist übrigens so (vielleicht hat ja jemand eine gute Idee wie man hier die "Rechtsstaatlichkeit" herstellen kann).
    Eine Minderjährige ist gesetzliche Erbin nach ihrem Vater der im fast 6 stelligen Bereich Schulden aus seiner Selbständigkeit hinterlässt. Die Mutter schlägt das Erbe aus vergisst aber die erteilte familiengerichtliche Genehmigung dem Nachlassgericht zu übersenden. Das Gericht entzieht ihr daraufhin die elterliche Sorge
    und die Pflegeeltern (ob mit oder ohne Jugendamt als Amtsvormund weiss ich jetzt nicht ist auch egal) beantragen das Nachlassinsolvenzverfahren. Das wird mangels Masse abgelehnt. Ein Gläubiger des Vaters kommt und beantragt einen Erbschein den er auch kriegt und nun wird das Jugendamt als Amtsvormund panisch und beantragt das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der mittlerweile 16jährigen. Und das wird eröffnet.
    Wenn es schlecht läuft hat das Mädel jetzt eigene Schulden an der Backe und steht außerdem noch in der Schufa nur weil der Staat hier auf der ganzen Linie versagt hat.
    Sorry, Das musste jetzt mal raus. Der Amtsvormund hat bis heute nicht begriffen was er angerichtet hat. Außer das ich das Verfahren jetzt mit der Stundung durchlaufen lasse fällt mir jetzt auch nichts anderes ein. Ich habe gelernt lasst den Staat ja nicht in euer Privatleben. :(

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • 2 Anmerkungen

    1. Natürlich kann der Verwalter bestreiten, auch z. Bsp. nur aufgrund Verjährung
    2. Ich halte es für gefährlich Fehler einzelner Akteure als Staatsversagen hochzustilisieren.

    (abgesehen davon: die ursprüngliche Ursache, war das unterbliebene Übersenden der erteilten familiengerichtlichen Genehmigung)

  • Eine Abweisungs mangels Masse führt neben der gewünschten Haftungsbeschränkung auch zu weiteren Masseverbindlichkeiten. Wenn das Gericht einen Sachverständigen beauftragt hatte, dann reden wir von Kosten im unteren vierstelligen Bereich. Der Sachverständige wird nach dem JVEG abrechnen.

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    Aber die trägt ja nicht die Masse als eigenantragsteller, sondern der Nachlass. Durch die AmM wird ja die Haftung auf den Nachlass beschränkt

    Wenn die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen wird, werden die Kosten des Eröffnungsverfahrens gemäß § 23 Abs. 1 GKG zu Soll gestellt. Die Haftungsbeschränkung wirkt nur gegenüber Nachlassgläubigern.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Eine Abweisungs mangels Masse führt neben der gewünschten Haftungsbeschränkung auch zu weiteren Masseverbindlichkeiten. Wenn das Gericht einen Sachverständigen beauftragt hatte, dann reden wir von Kosten im unteren vierstelligen Bereich. Der Sachverständige wird nach dem JVEG abrechnen.

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    Aber die trägt ja nicht die Masse als eigenantragsteller, sondern der Nachlass. Durch die AmM wird ja die Haftung auf den Nachlass beschränkt

    Wenn die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen wird, werden die Kosten des Eröffnungsverfahrens gemäß § 23 Abs. 1 GKG zu Soll gestellt. Die Haftungsbeschränkung wirkt nur gegenüber Nachlassgläubigern.

    es lag ein Eigenantrag des nachlasses vor. DAmit wirkt die Haftungsbeschränkung auch für die Gerichtskosten.

    Das ist ja kein Fremdantrag, bei dem ich die Kosten dem Antragsteller in Rechnung stelle.

  • es lag ein Eigenantrag des nachlasses vor. DAmit wirkt die Haftungsbeschränkung auch für die Gerichtskosten.

    Das ist ja kein Fremdantrag, bei dem ich die Kosten dem Antragsteller in Rechnung stelle.

    Der Nachlass ist keine eigene Rechtspersönlichkeit. Somit kann der Nachlass auch keinen Antrag stellen. Der Nachlass ist ein Teil des Vermögens des Erbes bzw. der Erben.

    Wenn Erben die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen, dann sind die Erben auch Kostenschuldner.

    Wenn ein Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt, dann handelt es sich bei den Kosten um eine Masseverbindlichkeit.

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