Freihändiger Verkauf, unkooperativer Grundschuldgläubiger

  • S. auch hier: Heggen, Zum Verkauf von Grundstücken aus der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung - Überlegungen zu den Auswirkungen der Entscheidung des BGH vom 10.7.2008 auf die notarielle Beurkundungspraxis, RNotZ 2009, 384-388

  • Noch einmal konkret:
    Grundstück belastet mit 5 Grundpfandrechten, nur zwei sind Versteigerung beigetreten (erster Rang und zweiter Rang). Die drei hinteren sind "im Griff" (sie haben insbesondere meine Vereinbarung unterzeichnet).
    Gläubigerin 1 ist eine Bank mit einem Grundpfandrecht von 200.000 Euro mit 15 Prozent Jahreszinsen. Sie hat einen Betrag ausgeworfen von "165.000 Euro zzgl. 3.500 Euro Kosten"
    Gläubiger 2 ist eine natürliche Person mit 20T ohne Zinsen/Nebenleistungen. Hier habe ich jetzt auch eine anwaltliche Mitteilung. An diese Person sind vorab (leider nicht abgesprochen) 7.000 gezahlt worden. Der Anwalt hat das aber eingeräumt.

    Da zwischen Beurkundungstermin und ZV-Termin nur wenig Zeit liegt, bin ich mir nicht sicher, wie verfahren werden kann:
    Kann ich, wenn ich den von der Bank geforderten Betrag zahle (als Käufer und damit Ablösungsberechtigter) mit dem Bank-Schreiben und einer Ausführungsbestätigung § 775 Nr. 5 ZPO beanspruchen? Das Problem ist, dass das ja nicht der für die Ablösung erforderliche Betrag ist. In der Kaufvertragsurkunde würde der Verkäufer natürlich alle Rückgewähransprüche und Eigentümerrechte (gegenwärtig und zukünftig) an die Käuferin abtreten. Ich habe Bedenken, denn die Bank betreibt natürlich wegen des Grundschuldanspruchs in voller Höhe die ZV, ist aber befriedigt, wenn nur der wirklich geschuldete Betrag fließt. Aber ist das eine Zahlung im Sinne von § 775 Nr. 5 ZPO? Wegen des Grundsatzes der Formalisierung fürchte ich, dass das eher nicht der Fall ist und wir hier tatsächlich die Rücknahmeerklärung benötigen.

    Ich versuche, die Rücknahmeerklärung vor Beurkundung zu erhalten, um keinen Stress zu haben.

    Bei dem zweiten Recht ist das Problem, dass die erste Teilzahlung nicht mit einer klaren Tilgungsbestimmung erfolgt sein dürfte. Wenn ich aber den Ausführungsbeleg der ersten Zahlung, die Bestätigung des Anwalts und dessen weitere Anforderung sowie den Ausführungsnachweis der zweiten Zahlung vorlege, genügt das dann für Einstellung nach § 775 Nr. 5 ZPO oder sogar Rücknahme nach § 30 ZVG, welche ja in der Rspr immer mal wieder diskutiert wurde? Also: Wenn der Anwalt sagt: "Sie schulden mir 13T plus 8.500 Kosten, nachdem Sie 7T schon bezahlt haben" - und ich dieses Schreiben sowie die Ausführungsbestätigungen von 21.500 Euro und 7.000 Euro vorlege, bekomme ich dann § 775 Nr. 5 ZPO?

    Es hat schon seinen Grund, dass wir in der notariellen Praxis lieber mit den Rücknahmeerklärungen der Gläubiger arbeiten, denn die Nachweise einer Ablösung oder nach § 775 Nr. 5 ZPO scheinen mit großer Rechtsunsicherheit verbunden zu sein, da die Praxis eben nicht perfekt-steril funktioniert, insbesondere, wenn vor Einschaltung der Berater Tatsachen geschaffen werden.

  • Noch einmal konkret:
    Grundstück belastet mit 5 Grundpfandrechten, nur zwei sind Versteigerung beigetreten (erster Rang und zweiter Rang). Die drei hinteren sind "im Griff" (sie haben insbesondere meine Vereinbarung unterzeichnet).
    Gläubigerin 1 ist eine Bank mit einem Grundpfandrecht von 200.000 Euro mit 15 Prozent Jahreszinsen. Sie hat einen Betrag ausgeworfen von "165.000 Euro zzgl. 3.500 Euro Kosten"
    Gläubiger 2 ist eine natürliche Person mit 20T ohne Zinsen/Nebenleistungen. Hier habe ich jetzt auch eine anwaltliche Mitteilung. An diese Person sind vorab (leider nicht abgesprochen) 7.000 gezahlt worden. Der Anwalt hat das aber eingeräumt.

    Da zwischen Beurkundungstermin und ZV-Termin nur wenig Zeit liegt, bin ich mir nicht sicher, wie verfahren werden kann:
    Kann ich, wenn ich den von der Bank geforderten Betrag zahle (als Käufer und damit Ablösungsberechtigter) mit dem Bank-Schreiben und einer Ausführungsbestätigung § 775 Nr. 5 ZPO beanspruchen? Das Problem ist, dass das ja nicht der für die Ablösung erforderliche Betrag ist. In der Kaufvertragsurkunde würde der Verkäufer natürlich alle Rückgewähransprüche und Eigentümerrechte (gegenwärtig und zukünftig) an die Käuferin abtreten. Ich habe Bedenken, denn die Bank betreibt natürlich wegen des Grundschuldanspruchs in voller Höhe die ZV, ist aber befriedigt, wenn nur der wirklich geschuldete Betrag fließt. Aber ist das eine Zahlung im Sinne von § 775 Nr. 5 ZPO? Wegen des Grundsatzes der Formalisierung fürchte ich, dass das eher nicht der Fall ist und wir hier tatsächlich die Rücknahmeerklärung benötigen.

    Ich versuche, die Rücknahmeerklärung vor Beurkundung zu erhalten, um keinen Stress zu haben.

    Bei dem zweiten Recht ist das Problem, dass die erste Teilzahlung nicht mit einer klaren Tilgungsbestimmung erfolgt sein dürfte. Wenn ich aber den Ausführungsbeleg der ersten Zahlung, die Bestätigung des Anwalts und dessen weitere Anforderung sowie den Ausführungsnachweis der zweiten Zahlung vorlege, genügt das dann für Einstellung nach § 775 Nr. 5 ZPO oder sogar Rücknahme nach § 30 ZVG, welche ja in der Rspr immer mal wieder diskutiert wurde? Also: Wenn der Anwalt sagt: "Sie schulden mir 13T plus 8.500 Kosten, nachdem Sie 7T schon bezahlt haben" - und ich dieses Schreiben sowie die Ausführungsbestätigungen von 21.500 Euro und 7.000 Euro vorlege, bekomme ich dann § 775 Nr. 5 ZPO?

    Es hat schon seinen Grund, dass wir in der notariellen Praxis lieber mit den Rücknahmeerklärungen der Gläubiger arbeiten, denn die Nachweise einer Ablösung oder nach § 775 Nr. 5 ZPO scheinen mit großer Rechtsunsicherheit verbunden zu sein, da die Praxis eben nicht perfekt-steril funktioniert, insbesondere, wenn vor Einschaltung der Berater Tatsachen geschaffen werden.

    Die Nachweise der Ablösung sind mit Rechtsunsicherheit verbunden. Bei PRivatgläubigern führt da auch kein Weg dran vorbei, da bleibt nur Überzahlung - mit dem Risiko, dass man das Geld nicht zurückbekommt.

    Von den Banken fordere ich immer einstweilige Einstellungen auflagenfrei und Rücknahme gegen Treuhandauflage. Das funktioniert, wenn nicht schonmal eingestellt worden war.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Da zwischen Beurkundungstermin und ZV-Termin nur wenig Zeit liegt, bin ich mir nicht sicher, wie verfahren werden kann:
    Kann ich, wenn ich den von der Bank geforderten Betrag zahle ...

    Alles viel zu kompliziert.

    Wie üblich hat der Herr Eigentümer sich mit dem Verkauf so lange Zeit gelassen, bis es "brenzlig" wird. Dann muss er jetzt auch damit leben, wenn es eng wird.

    Normalerweise wird in solch einem Fall beurkundet und der Schuldner beantragt unter Vorlage des Kaufvertrages zusammen mit einer festen Finanzierungszusage der Bank des Käufers bei den Gläubigern die Einstweilige Einstellung zu bewilligen, dann kann der Vertrag in Ruhe abgewickelt werden.

    Früher wurde auch schon mal der Vertrag dem Gericht vorgelegt, mit der Bitte den Termin aufzuheben, da im Freihandverkauf ja ein besserer Erlös zu erhoffen ist, als bei Durchführung der ZV. Das Argument kann bei der jetzigen Marktlage aber kaum noch ziehen, wenn der VKW regelmässig überschritten wird, teilweise um das mehrfache.

    Übrigens (und das mag jetzt ketzerisch rüberkommen): ein Notar der die Sache verbummelt, weil er sich erst lang und breit über die Möglichkeiten der Abwicklung erkundigt handelt meines Erachtens möglicherweise nicht im Sinne der Parteien. :teufel:

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Die Nachweise der Ablösung sind mit Rechtsunsicherheit verbunden. Bei PRivatgläubigern führt da auch kein Weg dran vorbei, da bleibt nur Überzahlung - mit dem Risiko, dass man das Geld nicht zurückbekommt.

    Von den Banken fordere ich immer einstweilige Einstellungen auflagenfrei und Rücknahme gegen Treuhandauflage. Das funktioniert, wenn nicht schonmal eingestellt worden war.

    Das funktioniert auch nach einer Einstellung, aber nicht mehr nach zweien. :D Ist meines Erachtens der Königsweg.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Das funktioniert auch nach einer Einstellung, aber nicht mehr nach zweien. :D Ist meines Erachtens der Königsweg.

    Wie gesagt: Bei Privatgläubigern, denen es nicht um Geld, sondern um das Prinzip geht (der Schuldner soll durch die Versteigerung so sehr geschädigt werden wie nur möglich, meistens um ihm ein aus Sicht des Gläubiger bestehendes früheres Fehlverhalten heimzuzahlen) bleibt nur Zahlung auf das dingliche Recht, und zwar so viel, dass auf jeden Fall alles abgedeckt ist, was in der ZV geltend gemacht werden kann. Im Ausgangsfall gibt es wenigstens keine dinglichen Zinsforderungen, da ist das Rechnen immerhin schon einfacher.

    Es liegt in der Natur dieser Fälle, dass dem Eigentümer selbst in den Fällen, in denen der Ablösebetrag im Verhältnis zum Wert der Immobilie eher niedrig ist, das nötige Geld hierfür fehlt. Der Käufer muss also in Vorlage gehen, abgesichert durch Grundpfandrecht für den Käufer auf dem Kaufobjekt (ja, das ist nachrangig, aber vom Übererlös sollte schon genug übrig bleiben). Käuferbanken sind zur Vorfinanzierung dieses Betrages wenn überhaupt nur in Fällen mit sehr guter Kundenbeziehung bereit - der Teil des Kaufpreises muss also aus dem Eigenkapital des Käufers kommen.

    (Welchen Einfluss das alles auf den erzielbaren Kaufpreis hat, kann sich jeder denken. )

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Auch wenn der Eigentümer sich lange Zeit gelassen hat: Wenn die betreibenden Gläubiger auch kurz vor dem Termin abgelöst werden, hat der Eigentümer ein grundrechtlich gesichertes Recht, dass die Versteigerung nicht stattfindet. Arrogante Sprüche sind fehl am Platze. Selbstverständlich sind die Standardmethoden schon ausgeschöpft worden. Versteigerungsveräußerungen eine Woche nach Verfahrensanordnung sind natürlich einfach. Hier hat natürlich der Eigentümer Sch... gebaut, aber die Gläubiger sind auch in ungewöhnlicher Weise unkooperativ ("normale" Gläubiger erteilen selbstverständlich kurzfristig treuhänderische Rücknahmeerklärungen).
    Wenn ich der Käufer wäre, hätte ich überhaupt keine Bedenken. Ich würde hart an die Gläubiger herantreten und sie auffordern, unverzüglich nach Zahlung die geforderten Erklärungen abzugeben; anderenfalls kündige ich an, ohne weitere Ankündigung Klage nach §§ 767, 769 ZPO zu erheben, die ich dann natürlich gewinne; und sofortiges Anerkenntnis können sie sich dann wohl auch abschminken.
    Aber den Klienten darf ich das natürlich nicht raten.
    Eigentlich sollten sich auch die Anwälte der Gläubiger rational verhalten, um ihren Mandanten das Kostenrisiko bei Unterliegen bei Vollstreckungsgegenklage zu ersparen nach Zahlung...
    Hier werde ich nur zur Beurkundung raten, wenn ich diese Erklärungen treuhänderisch habe.

  • Für die Vollstreckungsgegegklage müßte man die Forderung tilgen. Und dazu deren Höhe kennen. Aber auch wenn sie sich nicht anhand der Akte herleiten läßt, würde der Gläubiger sie in einem Beschwerdeverfahren zur Einstellung bekanntgeben müssen. Nicht nachgelesen, aber könnte der Eigentümer nicht auch dann noch einen Differenzbetrag nachschiessen.

  • Für die Vollstreckungsgegegklage müßte man die Forderung tilgen. Und dazu deren Höhe kennen.


    Bei einer Grundschuld steht die Forderungshöhe im Grundbuch. Man muss ja auf die Grundschuld zahlen, nicht auf die gesicherte Forderung (dann habt man zwar einen Anspruch auf Freigabe der Sicherheit, aber die Grundschuld als solche ist abstrakt).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der Schuldner zahlt dann aber mehr als erforderlich. Zur Ausgangsfrage: Würde die Kosten beim zuständigen Gericht erfragen. Die machen das. Und die Forderungshöhe der Akte entnehmen. Oder den Gläubiger darauf hinweisen, dass er bei einer Weigerung spätestens im Beschwerdeverfahren gar nicht mehr anders könnte.

  • Unabhängig von den Erfolgsaussichten:
    Wenn der Versteigerungstermin so kurz bevor steht, kann der Schuldner auch einen Antrag nach § 765a ZPO stellen. Dann würde die Versteigerung zwar durchgeführt, aber sehr wahrscheinlich zumindest eine Verkündungstermin anberaumt. Dann wäre "ausreichend" Zeit gewonnen, um den Vertrag abzuwickeln.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wenn der Zwangsversteigerungstermin stattfindet und der Eigentümer die abgegebenen Gebote hört, dann dürfte der freihändige Verkauf schnell Geschichte sein.

    Im Moment bieten die Leute erstaunliche Summen. Nur als Beispiel: festgestellter Verkehrswert 230.000,00 €. Zuschlag bei 650.000,00 €. Baujahr des Objektes 1947. 4 sanierungsbedürftige Wohnungen.

    Der beabsichtigte freihändige Verkauf war damit Geschichte.

    »Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch, weil sie ohne Mitwirkung von Juristen zustandegekommen sind.«
    Charles de Gaulle (1890 − 1970)

  • Ok, das Gericht hat sehr gut Auskunft erteilt; die gesamtschuldnerische Haftung ist auch kein Problem, weil das Gericht einen so hohen Vorschuss erhoben hat, dass Gläubiger eins einen Erstatungsanspruch erhält.
    Zu dem Thema "besser Versteigerung": Ja, das stimmt mit dem Wert häufig, aber eben nicht immer; und außerdem kann man bei einem freihändigen Verkauf so etwas wie eine Rückvermietung machen, während der Eigentümer bei der Versteigerung rausfliegt. Klar bekommt er dann den Überschuss als Cash, aber bei einer älteren Damen, noch ohne Familie, fehlt es dann an der erforderlichen Hemdsärmeligkeit/Fähigkeit, um etwas neues zu suchen, auch mit Geld in der Tasche. Andererseits ist so eine ja eine Super-Mieterin, wenn die Lebenserwartung für den Vermieter "passt" :teufel:Aber dennoch, hier gilt tatsächlich: Geld ist nicht alles.

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