Vor- und Nacherbschaft, Vorausvermächtnis

  • Ich muss einen Erbschein erteilen. Grundlage hierfür ist ein privatschriftliches
    Testament.
    "A" ist bereits vorverstorben. Es wird ein Erbschein für "B" benötigt.
    Der Testamentsinhalt lautet wie folgt:

    Wir, die Eheleute "A" und "B" setzen uns gegenseitig zu Alleinerben
    ein.
    Nach dem Tode des Längstlebenden von uns soll unser Sohn "C" Vorerbe
    für das Einfamilienhaus in ........ sein. Nacherben zu gleichen Teilen
    sollen die Kinder von "C" sein.
    Das vorhandene Bankguthaben und das vorhandene Bargeld sollen
    unsere Kinder "C" und "D" zu je 1/2 teilen. Ebenfalls den vorhandenen
    Hausrat.
    Ersatzerben unserer Kinder sollen deren leiblichen Nachkommen sein.

    Es liegt ein Erbscheinsantrag eines Notars vor.
    Dieser lautet im Ergebnis:

    "B" ist beerbt worden von "C" und "D" zu je 1/2 Anteil.
    Betreffs des Grundbesitzes ist "C" nur Vorerbe.
    Nacherbfolge ist angeordnet. Sie tritt ein beim Tode des Vorerben. Der Vorerbe
    ist - soweit nach § 2136 BGB zulässig - von den Verfügungs-
    beschränkungen befreit.
    :confused::confused::confused:

  • Ah ja, die dinglich beschränkte Nacherbeinsetzung...

    "C ist Vorerbe, Nacherben sind dessen Kinder [wirklich? nicht die 'Abkömmlinge'?] zu unter sich gleichen Teilen.
    Der gesamte Nachlass mit Ausnahme der Immobilie ist C und D als nicht der Nacherbfolge unterliegendes Vorausvermächtnis zugewendet, § 2110 Abs. 2 BGB."

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Sehe ich anders:

    Erben sind C und D (Quotelung nach je 1/2 Wert Sparguthaben/Hausrat und Zuwendung Grundstück an C) - ungeteilte Erbengemeinschaft an allem

    Hinsichtlich eines X-tel Anteils (Grundstückswert) ist Nacherbfolge angeordnet.
    Sie tritt ein mit dem Tod des Vorerben. (da kein anderer Zeitpunkt benannt)
    Nacherben sind:
    Kind von C
    Kind von C
    (namentlich benannt)

    (Nachlassgegenstände werden nicht im Erbschein genannt vgl. Handbuch Firsching/Graf, eine befreite Vorerbschaft sehe ich nicht -vgl. Notar, urkundlicher Nachweis zu den Abkömmlingen des C)

  • Sehe ich anders:

    Erben sind C und D (Quotelung nach je 1/2 Wert Sparguthaben/Hausrat und Zuwendung Grundstück an C) - ungeteilte Erbengemeinschaft an allem

    Hinsichtlich eines X-tel Anteils (Grundstückswert) ist Nacherbfolge angeordnet.
    Sie tritt ein mit dem Tod des Vorerben. (da kein anderer Zeitpunkt benannt)
    Nacherben sind:
    Kind von C
    Kind von C
    (namentlich benannt)

    (Nachlassgegenstände werden nicht im Erbschein genannt vgl. Handbuch Firsching/Graf, eine befreite Vorerbschaft sehe ich nicht -vgl. Notar, urkundlicher Nachweis zu den Abkömmlingen des C)


    Und genau deshalb ist das nicht gewollt. Gewollt ist Sicherung der Immobilie für die Nacherben, das kann so wie von Dir vorgeschlagen nicht erreicht werden.

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  • Es steht tatsächlich im Testament so geschrieben, dass die Kinder
    des "C" namentlich aufgeführt, Nacherben sein sollen.

    Tom, siehst du die befreite Vorerbschaft ebenfalls nicht?

    Doch natürlich. Aber eine "dinglich beschränkte Vorerbschaft" gibt es nicht. Es gibt nur die Einsetzung als (alleiniger, ggf. befreiter) Vorerbe und ein Vorausvermächtnis von allen Nachlassgegenständen außer demjenigen, der durch die Vor- und Nacherbschaft gesichert werden soll. Daher ist auch die Argumentation mit dem Wert der Gegenstände mehr als befremdlich, denn möglicherweise ist z.B. das Barvermögen viel mehr Wert als die Immobilie, und wenn man dann hingeht und Quoten ausrechnet, untergräbt man den Erblasserwillen (der nämlich dahin ging, dass der Vorerbe über bestimmte Gegenstände nicht zum Nachteil der Nacherben verfügen kann).

    Handwerklich kann ich hier nur den Kopf schütteln. In den Worten des unvergessenen Colonia-Duetts: "Dat glöövste net, do krije mer Jeld für!"

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  • Dementsprechend wurde die Quotenlösung auch schon längst verworfen, weil sich die beiden in Betracht kommenden Lösung gegenseitig ausschließen (OLG München, Beschl. v. 01.10.2014, 31 Wx 314/14, Rpfleger 2015, 94 = FamRZ 2015, 964 = FGPrax 2015, 38 = MittBayNot 2015, 416). Offenbar spukt diese Quotenlösung aber immer noch in einigen Köpfen herum.

    Zu allem vgl. hier (mit weiteren Links):

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1198332

    Ich habe manchmal den Eindruck, dass manche Leute das Nacherbenrecht nie begreifen werden. Auch die im Link genannten beiden Nachlassgerichte haben das trotz ausführlichen rechtlichen Vortrags nicht begriffen und mussten - überflüssig wie ein Kropf - erst von den Oberlandesgerichten Nürnberg und Bamberg über die zutreffende Rechtslage belehrt werden.

    Im vorliegenden Fall hat auch der den Erbscheinsantrag beurkundende Notar das besagte rechtliche Konstrukt nicht begriffen.

    Die Lösung:

    C ist Alleinerbe als Vorerbe (ob befreit oder nicht befreit, bedarf noch der Klärung, das Testament schweigt). Infolge Anordnung von Vorausvermächtnissen beschränkt sich die Nacherbfolge auf den im Grundbuch des AG ... für ... (Gemarkung) Blatt ... vorgetragenen Grundbesitz (ggf. lediglich auf den zum Nachlass gehörenden Miteigentumsanteil). Nacherben sind ... (hierzu weiter unten). Die Nacherbfolge tritt mit dem Ableben des Vorerben ein.

    Offen erscheint, wer Nacherbe ist.

    Die im Zeitpunkt des Vorerbfalls vorhandenen Kinder (in persona, also insoweit bekannt) des Vorerben, wobei Ersatznacherben für jedes Kind dessen Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge sind? Hierauf könnte hindeuten, dass die Kinder namentlich benannt sind.

    Problem: Evtl. noch zusätzlich etwaige künftige Kinder des Vorerben, sodass alle Kinderstämme die gleiche Erbquote erhalten.

    Oder die Abkömmlinge des Vorerben nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls - dann sind sämtliche Nacherben i. S. des § 1913 BGB unbekannt. Hiergegen spricht allerdings die namentliche Nennung der aktuell (oder jedenfalls im Zeitpunkt der Testamentserrichtung) vorhandenen Kinder.

  • Kann folgende Formulierung in einem im Jahre 2000 durch den Richter erteilten Erbschein so stehen bleiben:

    "ist von... allein beerbt worden, hinsichtlich des Erbbaurechts... allerdings nur als Vorerbe"?

    Laut VvTw soll die eine Person bzgl. des Erbbaurechts Vorerbe und ansonsten Alleinerbe sein. Nach dem Tode des Vorerben soll eine zweite Person ausdrücklich nur das Erbbaurecht erben. Ich war bisher der Meinung, man müsste das eigentlich über ein Vorausvermächtnis lösen und negativ formulieren, vgl. Beitrag #2 von tom.

    Soeben habe ich jedoch Literatur gefunden, laut der sowohl die positive (bspw. "Die Nacherbfolge erstreckt sich nur auf...") als auch die negative Formulierung (bspw. "Das Recht des Nacherben erstreckt sich nicht auf... mit Ausnahme von...") zulässig sein soll (Schäuble: Erbscheinanträge bei sog „gegenständlich“ beschränkter Nacherbfolge, ZEV 2016, 675 (679)). Muss der ES des Richters eingezogen werden oder nicht?

  • Wie verhält es sich, wenn sich die Eheleute nur bzgl. des Grundbesitzes zu Vorerben und den Sohn B zu Nacherben bestimmen?

    Nach der gesetzlichen Erbfolge würde der überlebende Ehegatte A und zwei Kinder (B und C) erben.

    Kann im Erbschein formuliert werden, dass A bzgl. des Grundbesitzes Vorerbe und B Nacherbe ist? Eigentlich ist das doch so nicht möglich...

  • "Der am... in... verstorbene E ist von A -allein- beerbt worden.

    A ist Vorerbe. Nacherbe ist B, ersatzweise .... . Der Nacherbfall tritt ein, wenn ... .

    Der gesamte Nachlass mit Ausnahme [aller Grundstücke und grundstücksgleichen Rechte - ggf. ist das in der Verfügung von Todes wegen genauer bezeichnet] ist A als nicht der Nacherbfolge unterliegendes Vorausvermächtnis zugewendet, § 2110 Abs. 2 BGB."

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  • Hatte - wie Tom vermutlich auch - angenommen, dass A auch für den "Rest" Alleinerbe sein sollte. Was steht denn genau im Testament - oder erschöpft sich der Inhalt in dem einen Satz, den du geschrieben hattest?

  • Mmh, was ist mit Sohn C? Der wäre ja gesetzlicher Erbe zu 1/4?

    Na wenn sich die Eheleute zu Vorerben einsetzen, der Nacherbe nur B ist, und der überlebende Ehegatte alles außer Immobilien als Vorausvermächtnis bekommt, dann ist C nach dem Erstversterbenden der Eltern enterbt.

    Nach dem Längerlebenden - falls die Verfügung von Todes wegen hierzu schweigt - sind B und C dann Erben. Aber nicht für das Vermögen, das von der Nacherbfolge umfaßt ist, denn das geht (nur) an den Nacherben.

    Wenn nicht bestimmt ist, wer "alles außer Immobilien" bekommt, ist es wohl (Auslegung) ein Vermächtnis an Ehegatte und Kinder nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.

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  • Die Eheleute haben sich aber nur bzgl. des Grundbesitzes zu Vorerben eingesetzt... Bzgl. des weiteren Vermögens wurde keine Bestimmung getroffen.

    Die genaue Formulierung lautet: Hinsichtlich des Grundbesitzes setzten wir uns gegenseitig zu Vorerben ein. Nacherbe soll Sohn B sein.

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