Prüfungspflicht bei Pfleger für unbekannte Beteiligte

  • Hallo zusammen!

    Im Grundbuch ist eine Grundschuld für eine namentlich benannte natürliche Person eingetragen.
    Nun wird die Löschung der Grundschuld durch einen Pfleger für unbekannte Beteiligte bewilligt. Aus dem Genehmigungsbeschluss des Betreuungsgerichts geht hervor, dass die Berechtigte "wohl" im Ausland verstorben ist und "wohl" durch ihre drei Kinder beerbt sei, deren Aufenthalt jedoch nicht zu ermitteln sei.

    Muss ich als Grundbuchamt überprüfen, ob die Berechtigte tatsächlich unbekannt ist oder liegt das nur in der Prüfungspflicht des Betreuungsgerichts?

    LG Kamillentee

  • Entweder ist der eingetragene Gläubiger verstorben (dann Nachlasspflegschaft oder bei festgestellter Erbfolge Abwesenheitspflegschaft für die Kinder/Erben mit unbekanntem Aufenthalt) oder es kann nicht ermittelt werden, ob er verstorben ist (dann Abwesenheitspflegschaft für den Eingetragenen). Die Pflegschaft nach § 1913 BGB ist also so oder so nicht das zutreffende Rechtsinstitut, sodass das Recht nach meiner Ansicht aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht gelöscht werden kann.

    Zu bewilligen hat der eingetragene Berechtige, sein gesetzlicher Vertreter (Abwesenheitspfleger) oder sein Rechtsnachfolger (also entweder unbekannte Erben, repräsentiert durch einen Nachlasspfleger oder bekannte Erben, repräsentiert durch einen Abwesenheitspfleger). Ein Pfleger nach § 1913 BGB gehört nicht hierzu.

  • Uff, das bedeutet ja, dass ich als Grundbuchamt verlangen muss, dass ein komplett neuer Pfleger bestellt wird, dieser erneut die Bewilligung abgibt, erneut ein Genehmigungsverfahren samt Verfahrenspfleger durchgeführt wird, und das alles nur, weil das Betreuungsgericht den Pfleger falsch bezeichnet hat. Das wird zu erheblichem Unmut führen.

  • Ich würde die Prüfungspflicht hier eher beim Betreuungsgericht sehen. Vielleicht ist ja unbekannt, ob wirklich 3 Kinder existierten, und ob diese noch leben bzw. nachverstorben sind?

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Wie Cromwell.

    Uff, das bedeutet ja, dass ich als Grundbuchamt verlangen muss... ... Das wird zu erheblichem Unmut führen.

    Du musst es nicht verlangen. Wenn die Beteiligten es nicht wollen, wird das Recht eben nicht gelöscht. Und ein Grundbuchbearbeiter hat mit der täglichen Portion Unmut zu leben ;)

    Im Übrigen vermag derjenige, der den Unmut verspürt, ihn bei demjenigen abzuladen, der diese Pflegerbestellung erledigt/angeregt/beantragt hat.

  • Ich würde die Prüfungspflicht hier eher beim Betreuungsgericht sehen. Vielleicht ist ja unbekannt, ob wirklich 3 Kinder existierten, und ob diese noch leben bzw. nachverstorben sind?

    Dann wäre aber (falls festseht, dass der Eingetragene verstorben ist) die Nachlasspflegschaft das zutreffende Rechtsinstitut gewesen.

    Um meine Darlegungen noch ein wenig zu verdeutlichen:

    Aus Sicht des Grundbuchamts gibt es keinen Nachweis, dass der eingetragene Gläubiger verstorben ist. Wenn nun jemand - gleich wer - auftritt und behauptet, materiell anstelle des Eingetragenen zur Abgabe einer Löschungsbewilligung befugt zu sein, dann muss diese materielle Berechtigung nachgewiesen werden. Das ist aus den von mir genannten Gründen für einen nach § 1913 BGB bestellten Pfleger nicht möglich.

    Ich vermute - wie mein Vorredner - dass der Anregung auf Anordnung der Pflegschaft keine fundierte rechtliche Prüfung vorausgegangen ist und das Betreuungsgericht diese Prüfung auch nicht nachgeholt hat.

  • Danke für eure Antworten!

    Was mir noch unklar ist (vielleicht eine dumme Frage, ich kenn mich leider nicht so aus): Von dem, was ich gelesen habe, ist

    Zitat

    § 1913 als allgemeine Norm und § 1960 als lex specialis zu sehen, sodass § 1960 in seinem Anwendungsbereich § 1913 ausschließt. (BeckOGK/Schöpflin, 1.12.2021, BGB § 1913 Rn. 3)

    Eine Nachlasspflegschaft wird ja zur Sicherung des Nachlasses angeordnet. Hier gibt es aber gar keinen Hinweis darauf, dass in Deutschland noch weiterer Nachlass vorhanden ist oder dass dieser gefährdet ist. Auch die Löschungsbewilligung wird nicht zur Sicherung des Nachlasses abgegeben, oder?
    Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, lehnt das Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft in der Praxis mitunter auch ab, wenn kaum Nachlass vorhanden ist oder nicht einmal die Vergütung des Nachlasspflegers gedeckt wäre.
    In meinem Fall benötigt man "nur" jemanden, der die Löschungsbewilligung abgibt und das Geld hinterlegt. Das klingt eher nicht danach, dass ein Bedürfnis besteht, einen Nachlass zu sichern, sondern eher, dass man einen Beteiligten benötigt, also eher nach § 1913 BGB als nach § 1960 BGB. Oder was übersehe ich da? :gruebel:

  • Nachlasspflegschaften werden nicht ausschließlich zur Sicherung des Nachlasses angeordnet, sondern auch auf Antrag eines Gläubigers ( §1961 BGB).

    Richtig.

    Allerdings scheint im Fall #1 der Tod des Betreffenden nicht einmal festzustehen. Da würde es wohl auch bei einem Gläubigerantrag nicht zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft kommen.

    Deutlich naheliegender scheint mir für diesen Fall daher die Abwesenheitspflegschaft für den Eingetragenen.

  • Eben. "Wohl verstorben" hilft nicht weiter.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Würde der Unmut von Beteiligten dazu führen, dass gesetzliche Vorgaben plötzlich nicht mehr zu beachten sind, wäre unsere Arbeit erheblich einfacher.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Beginnend damit, den Kreis der Beteiligten weiter zu fassen... :teufel::D

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