Gesellschafterversammlung und -beschluss in einer Videokonferenz

  • 13 von 16 Gesellschaftern einer gGmbH (über die ganze Republik verstreut) haben haben an einer Videokonferenz teilgenommen. Der Versammlungsleiter hat die Ordnungsgemäßheit der Ladung und die Beschlussfähigkeit festgestellt. Laut Protokoll, hat er die Teilnehmer der Videokonferenz gefragt, ob sie mit einer Abstimmung per Handzeichen einverstanden sind. Alle Teilnehmer erklärten sich einverstanden. Sodann wurde gemäß Protokoll ein Geschäftsführer abberufen und ein neuer Geschäftsführer bestellt.
    Das Protokoll dieser Videokonferenz wird nunmehr mit den entsprechenden Anmeldungen (Ausscheiden und Eintritt Geschäftsführer) dem Handelsregister elektronisch übermittelt.
    Im Gesellschaftsvertrag der gGmbH findet sich keine ausdrückliche Regelung über die Zulässigkeit einer Videokonferenz. Die Satzung lässt (lediglich) die schriftliche Zustimmung zu einem Gesellschafterbeschluss per Telefax oder E-Mail durch alle Gesellschafter zu.
    Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie vom 27.03.2020 (verlängert bis zum 31.08.2022) sieht für eine GmbH eine Video- oder Telefonkonferenz nicht vor. § 2 dieses Gesetzes lässt (lediglich) Beschlüsse der GmbH in Textform oder durch schrifltiche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter zu. Eine Gesellschafterversammlung der GmbH durch Videokonferenz dürfte zwar zulässig sein, aber § 2 Covid-19-Gesetz in Verbindlung mit § 48 Abs. 2 GmbHG schaffen lediglich die Möglichkeit, Gesellschafterbeschlüsse auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung durch schriftliche Stimmabgabe zu fassen.
    M.E. ist die Zustimmung der Gesellschafter zu den Beschlüssen in der virtuellen Gesellschafterversammlung in Schriftform (Umlaufbeschluss) dem Registergericht einzureichen.
    Liege ich richtig?
    Gibt es schon Rechtssprechung darüber?
    Vielen Dank für Eure Stellungnahmen!

  • Ich bin kein Gesellschaftsrechtler. Aber mir ist heute in den Jurisnachrichten folgende Entscheidung untergekommen: BGH, Beschluss vom 05. Oktober 2021 – II ZB 7/21 –, juris. Insbesondere ab Rn. 14 erscheint mir die Begründung auf Deine Problematik übertragbar. Daher würde ich dahin tendieren, dass die Beschlussfassung in einer virtuellen Versammlung zulässig ist und keine Bestätigung durch ein schriftliches Verfahren bedarf.
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    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Hallo!

    M. E. kann der BGH-Beschluss vom 05. Oktober 2021 – II ZB 7/21, der für Genossenschaften erging, nicht auf GmbHs übertragen werden.
    Für Genossenschaften lässt das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie ausdrücklich auch die elektronische Beschlussfassung zu, das ist bei GmbHs gerade nicht der Fall.

    Ich stimme daher K2 zu, dass die für uns maßgebliche Stimmabgabe in Textform (z. B. per E-Mail während oder am Ende der Versammlung, das dürfte zulässig sein) oder gesondert durch schriftlichen Umlaufbeschluss erfolgen muss und beim Registergericht entsprechend einzureichen ist.

    Jedes Mal, wenn man mir sagt, ich wäre nicht gesellschaftsfähig, werfe ich einen Blick auf die Gesellschaft und bin überaus erleichtert... :unschuldi

  • Meines Erachtens handelt es sich bei der Beschlussfassung in einer Videokonferenz nicht um eine elektronische Beschlussfassung, sondern um eine Beschlussfassung in einer virtuell durchgeführten Versammlung. Wenn man die Zulässigkeit einer virtuellen Versammlung bejaht, gelten meines Erachtens für die Beschlussfassung die gleichen Regeln wie für eine Präsenzveranstaltung. Es wäre inkonsequent für die protokollierten Beschlüsse noch die Bestätigung in Textform zu verlangen.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Meines Erachtens handelt es sich bei der Beschlussfassung in einer Videokonferenz nicht um eine elektronische Beschlussfassung, sondern um eine Beschlussfassung in einer virtuell durchgeführten Versammlung. Wenn man die Zulässigkeit einer virtuellen Versammlung bejaht, gelten meines Erachtens für die Beschlussfassung die gleichen Regeln wie für eine Präsenzveranstaltung. Es wäre inkonsequent für die protokollierten Beschlüsse noch die Bestätigung in Textform zu verlangen.

    Es ist insbesondere deswegen keine elektronische Beschlussfassung, weil die Beschlussfassung durch Handzeichen erfolgte. Durch die Übermittlung innerhalb der virtuellen Versammlung wird m.E. daraus keine elektronische Beschlussfassung.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Wenn man die Zulässigkeit einer virtuellen Versammlung bejaht, (...)

    Genau das dürfte bei der GmbH der Knackpunkt sein, denn eine virtuelle Versammlung sieht § 2 COVMG nicht vor. Für die AG (§ 1 COVMG) und die Genossenschaft (§ 3 COVMG) hat der Gesetzgeber sie jedoch ausdrücklich zugelassen.

    "There are three ways to do things: The right way, the wrong way and the OKE way!"
    "Isn´t that the wrong way?"
    "Yeah, but... FASTER!"

  • Der Aufsatz von Wertenbruch stammt aus 2019 und damit aus der Zeit vor dem COVMG. Er setzt sich damit auseinander, ob ein abwesender Gesellschafter seine Stimme wirksam abgeben kann, indem er audiovisuell in die (physische) Versammlung zugeschaltet wird und bejaht dies. Die Stimmabgabe des zugeschalteten Gesellschafters soll durch "akustisch richtiges Verstehen in der Gesellschafterversammlung" wirksam werden. Es geht dabei nicht um die Durchführung einer vollständig virtuellen Versammlung.

    "There are three ways to do things: The right way, the wrong way and the OKE way!"
    "Isn´t that the wrong way?"
    "Yeah, but... FASTER!"

  • Der Aufsatz von Wertenbruch stammt aus 2019 und damit aus der Zeit vor dem COVMG. Er setzt sich damit auseinander, ob ein abwesender Gesellschafter seine Stimme wirksam abgeben kann, indem er audiovisuell in die (physische) Versammlung zugeschaltet wird und bejaht dies. Die Stimmabgabe des zugeschalteten Gesellschafters soll durch "akustisch richtiges Verstehen in der Gesellschafterversammlung" wirksam werden. Es geht dabei nicht um die Durchführung einer vollständig virtuellen Versammlung.

    In der Tat, mit dem COVMG hat das alles nichts zu tun. Die Problematik ändert sich aber dadurch nicht. Einer ist immer in der "physischen" Versammlung, alle anderen sind zugeschaltet - wenn man das für "alle bis auf einen sind da" zuläßt, dann geht es auch für "alle bis auf einen sind nicht da". Die Frage ist halt, ob das überhaupt geht, wenn der Gesellschaftsvertrag hierzu schweigt. Das ist streitig und bisher nicht ober- oder gar höchstrichterlich entschieden. Im vorliegenden Fall hätte ich da Schwierigkeiten, weil nicht alle dabei und einverstanden waren, was dem Argument "es wollten doch alle so haben" ziemlich die Luft rausläßt.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • "In der Tat, mit dem COVMG hat das alles nichts zu tun. Die Problematik ändert sich aber dadurch nicht. Einer ist immer in der "physischen" Versammlung, alle anderen sind zugeschaltet - wenn man das für "alle bis auf einen sind da" zuläßt, dann geht es auch für "alle bis auf einen sind nicht da". ... "

    Das sehe ich ebenso.


    "Im vorliegenden Fall hätte ich da Schwierigkeiten, weil nicht alle dabei und einverstanden waren, was dem Argument "es wollten doch alle so haben" ziemlich die Luft rausläßt."

    Dem schließe ich mich an. Zumindest müsste der Nachweis erfolgen, dass alle Gesellschafter ordnungsgemäß eingeladen und mit der Durchführung einer virtuellen Versammlung einverstanden waren. Sofern dies gelingt könnte man zu einer Zulässigkeit kommen. Ich würde dann eher zu einer Zulässigkeit tendieren, weil moderne audio-visuelle Verbindungen in Konferenzschaltungen eine Präsenz der Teilnehmer ermöglichen, die einer Anwesenheit vor Ort sehr nahe kommt. Allerdings sind die Gegenargumente auch wohlbegründet. Eine obergerichtliche, besser noch gesetzliche, Klarstellung wäre wünschenswert.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

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