Nicht wirtschaftliche Verteilung

  • Guten Morgen, ich würde gern mal hören wie das anderswo gehandhabt wird:
    Ich habe ein Verfahren mit 450 Gläubigern, Verteilung ist zwar erfolgt, aber dann kam von einer Haftpflichtversicherung noch eine Rückerstattung, jetzt sind ca. 5.000 Euro da. Festgestellte Forderungen 31 Mio, das bedeutet, pro 100.000 Euro festgestellter Forderung gäbe es 1,60 Euro. Der Großteil der Forderungen bewegt sich allerdings im Bereich unter 10.000,- Euro, also gibts 16 Cent oder weniger. Erschwerend kommt hinzu dass bei der Schlussverteilung in ca. 30 Fällen der Auszahlbetrag hinterlegt werden musste, weil Gläubiger schon nicht mehr auffindbar.
    Muss Verteilung trotzdem durchgezogen werden, immerhin gibt es ja auch zwei große Gläubiger mit 3 und 5 Mio festgestellter Forderung, die würden schon noch ein bischen was kriegen, aber dann müssten auch die Centbeträge verteilt bzw. hinterlegt werden. Pech für den Verwalter?

  • Pech für den Verwalter?

    In diesem Fall würde ich sagen: Ja.

    Solange der Großteil der Forderungen überhaupt noch quotal auszahlbar ist, muss man m.E. auch verteilen.
    Ich hatte hier mal 150 € bei festgestellten 10 Mio, viele Kleingläubiger, die unter 0,01 € bekommen hätten. Da habe ich mich breitschlagen lassen, den Betrag spenden zu lassen. Denn wenn er an jeden mind. 1 Cent ausgezahlt hätte, hätte er draufgezahlt.
    Wo man da die Grenze zieht, ist aber schwierig. Bei einem vierstelligen Betrag halte ich persönlich das aber nicht mehr vertretbar, hier nicht auszuzahlen.
    Ich bin aber auch gespannt auf weitere Meinungen.

  • Ich verstehe den Sachverhalt so, dass die Schlussverteilung bereits erfolgt ist und es jetzt um die mögliche Anordnung einer Nachtragsverteilung geht. § 203 Abs. 3 InsO gibt dem Gericht die Möglichkeit von der Anordnung einer Nachtragsverteilung abzusehen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Ich verstehe den Sachverhalt so, dass die Schlussverteilung bereits erfolgt ist und es jetzt um die mögliche Anordnung einer Nachtragsverteilung geht. § 203 Abs. 3 InsO gibt dem Gericht die Möglichkeit von der Anordnung einer Nachtragsverteilung abzusehen.

    (die dann doch nicht ganz) Schlussverteilung wurde zwar vollzogen, aber das Verfahren ist noch nicht aufgehoben. Verwalter hat quasi mit seinem Verteilungsbericht eine fortgesetzte Schlussrechnung eingereicht, die nicht 0,- Euro ergibt.

  • Ich verstehe § 203 Abs. 1 InsO so, dass es nicht darauf ankommt, ob das Verfahren schon aufgehoben wurde, sondern, dass es nur darauf ankommt, ob der Schlusstermin bereits statt gefunden hat.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • so viel Arbeit ist die Verteilung für den Verwalter gar nicht. Er hat doch eh schon alle Bankverbindungen aktuell eingespeichert. An die zurückgekommenen kann er gleich die Hinterlegung veranlassen. Also 1 Knopfdruck für die Verteilung und ein paar Hinterlegungsanträge ...

  • Von der Anordnung der Nachtragsverteilung kann wegen Geringfügigkeit abgesehen werden, wenn unter Berücksichtigung der durch die Nachtragsverteilung entstehenden Kosten und der Anzahl der Gläubiger im Ergebnis allenfalls ein zu verteilender Betrag verbleibt, der sich im Bereich von wenigen Cent bewegt. In einem solchen Fall stehen nach der Kosten/Nutzen-Relation der für die Verteilung erforderliche Aufwand und die damit verbundenen Kosten in einem objektiven Missverhältnis zum Verteilungsbetrag.

    LG Göttingen, Beschluss vom 16.12.2011 - 10 T 110/11, BeckRS 2012, 00201


  • Von der Anordnung der Nachtragsverteilung kann wegen Geringfügigkeit abgesehen werden, wenn unter Berücksichtigung der durch die Nachtragsverteilung entstehenden Kosten und der Anzahl der Gläubiger im Ergebnis allenfalls ein zu verteilender Betrag verbleibt, der sich im Bereich von wenigen Cent bewegt. In einem solchen Fall stehen nach der Kosten/Nutzen-Relation der für die Verteilung erforderliche Aufwand und die damit verbundenen Kosten in einem objektiven Missverhältnis zum Verteilungsbetrag.

    LG Göttingen, Beschluss vom 16.12.2011 - 10 T 110/11, BeckRS 2012, 00201


    Im Fall hier ist man aber noch nicht bei der Nachtragsverteilung, sondern noch bei der Schlussverteilung

  • Also für mich ein klarer Fall von § 203 InsO; Der Gegenstand wurde nach dem Schlusstermin "ermittelt" und die Verteilung ist bereits erfolgt. Insofern würde ich hier auch § 203 III InsO anwenden.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Den Sachverhalt kann man unter § 203 InsO subsummieren, jedenfalls lese ich IX ZB 9/12, Rn. 11, so.

    Ob man das dann macht, ist die zweite Frage. Da man jedoch davon ausgehen konnte, dass die nicht verbrauchten Versicherungsbeträge zurückfließen, stehlt sich schon die Frage, ob eine Vergütung nach § 6 InsVV begründet ist.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • dies ist kein neues Thema in der Praxis, was aber zu Recht immer wieder ventiliert wird.
    Zum vorliegen Fall würde ich zuächst nachfragen, ob noch weitere Massezuflüsse zu erwarten sind. Ist die UST-Vorsteuererstattung aus der Verwaltervergütung gezogen worden ? (dann wäre die Gerichtskostenrechnung noch zu ergänzen !).

    Es gibt im aufgehobenen Verfahren das Thema der Nachtragsliquidation zu dem die KollegInnen schon entsprechend ausgeführt haben. Im noch nicht aufgehobenen Verfahren gibt es häufig das Prob, dass Quoten wg. fehlender Gläubigerdaten nicht ausgeschüttet werden können, und sich die Hinterlegungsfrage stellt.
    Letzteres dürfte mit Deinem Fall vergleichbar sein.
    Wir diskutierieren immer mal wieder die Umgangsweise damit.
    In Fälllen wirtschaftlichen Unfugs (so wie hier) gibt es einerseits die Möglichkeit, an die größten Gläubiger auszuschütten (bei dieser Summe erscheint dies angemessen) oder halt dem Verwalter als weiteren Auslagenersatz zur Entnahme (bloß keine Festsetzung) zu genehmigen. Bei dieser Summe eher Bedenken.
    Oki, völlig unjuristisch (und das von mir *weckduck*) ordnen wir dies als "Portokassen-Lösung" ein. Wenn ein Gläubgiger sich anschickt, und möchte seine 1,56 EUR noch haben, wird erwartet, dass der - vormalige - Verwalter das bezahlt.
    (sollte er damit ein Prob haben (hab ich seit 20 Jahren nich erlebt) = autodelisting :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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