Provinzial Wegeverband Hannover

  • Ich habe im Grundbuch ein Wasserableitungsrecht zugunsten des Provinzialwegeverbandes Hannover.
    Wie kann ich denn den Rechtsnachfolger finden? Gibt es dazu irgendwo ein Verzeichnis?

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  • Ich habe im Grundbuch ein Wasserableitungsrecht zugunsten des Provinzialwegeverbandes Hannover.
    Wie kann ich denn den Rechtsnachfolger finden? Gibt es dazu irgendwo ein Verzeichnis?

    Es handelt sich vermutlich um einen nach der Provinzialordnung für die Provinz Hannover vom 7. Mai 1884
    http://www.verfassungen.de/nds/hannover/p…dnung1884-i.htm
    gegründeten preußischen Provinzialverband, der nach Art 164 EGBGB bestehen geblieben ist und dessen Rechtsverhältnisse im niedersächsischen Realverbandsgesetz vom 04.11.1969, Nds. GVBl. 187 (RealVbG), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 07.12.2021 (Nds. GVBl. S. 830)
    https://www.voris.niedersachsen.de/jportal/portal…=0.0#focuspoint
    geregelt wurden (siehe Zeiser im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.11.2021; Sonderbereich „Alte Rechte“ RN 207a)

    Der Erste Abschnitt der Provinzialordnung für die Provinz Hannover vom 7. Mai 1884, nach der der Text der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875, wie er sich aus den in den Artikeln I., II., III. des Gesetzes vom 7. Mai 1884 festgestellten Änderungen ergibt, als "Provinzialordnung für die Provinz Hannover" bekannt gemacht wurde
    http://www.verfassungen.de/nds/hannover/p…dnung1884-i.htm
    sah in § 1 vor, dass jede Provinz einen mit den Rechten einer Korporation ausgestatteten Kommunalverband zur Selbstverwaltung seiner Angelegenheiten bildet.

    Demnach war (siehe Wikipedia)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Provinzialverband
    „der Provinzialverband eine Körperschaft der kommunalen Selbstverwaltung in den preußischen Provinzen oberhalb der Kommunen und Land- und Stadtkreise, die 1875 per Gesetz eingerichtet wurde und die älteren landständischen Gebietskörperschaften ersetzte“

    Er dürfte zu den Realgemeinden gehört haben. Nach wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/Realgemeinde
    sind Realgemeinden Grundgenossenschaften mit nach Grundeigentum gestuftem Stimmrecht ihrer Mitglieder (ähnlich wie bei Kuxen) oder als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert (Realkörperschaft).

    Zu den Vorläufern der niedersächsischen Nutzvermögens-Realverbände siehe auch das Urteil des BGH vom 17.07.1998, V ZR 370/97.

    Nach § 1 Nr. 2 des niedersächsischen Realverbandsgesetz vom 04.11.1969 zählen die nach dem Gesetz, betreffend die Verfassung der Realgemeinden in der Provinz Hannover, vom 5. Juni 1888 - Nieders. GVBl. Sb. III S. 246, bestehenden Realgemeinden zu den Realverbänden; nach § 1 Nr: 7 gehören auch die Realgemeinden und Holzungsgenossenschaften ohne Statut im Gebiet des früheren Landes Hannover sowie die Markgenossenschaften im Gebiet des früheren Landes Oldenburg zu den Realverbänden.

    Zu den zu Realverbänden führt die Begründung im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Realverbandsgesetzes in der Drucksache 16/4681 des niedersächsischen Landtags
    https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/dr…000/16-4681.pdf
    auf Seite 8 aus:
    „Realverbände sind Selbstverwaltungskörperschaften, die demokratisch organisiert sind, in schlanken Strukturen arbeiten und ehrenamtlich geführt werden. Beiträge richten sich nicht nach dem Vorteil des Einzelnen, sondern nach dem Umfang der eingebrachten Grundstücke und dem Solidaritätsprinzip. Dies unterscheidet einen Realverband mit den Aufgaben eines Unterhaltungsverbandes von einem Wasser- und Bodenverband. Vonseiten der Landwirtschaft wird diese Organisationsform gewünscht. Die Lasten können gleichmäßig auf alle Mitglieder eines Verbandes verteilt werden. Damit kann eine punktuelle Belastung Einzelner vermieden werden. Bei einem konzeptionellen Vorgehen eines Verbandes wird, über einen bestimmten Zeitraum betrachtet, für alle Mitglieder ein vergleichbarer Vorteil bei tragbaren Lasten zu erreichen sein….Das Gebiet eines Realverbandes kann nach gegenwärtiger Gesetzeslage nur verkleinert werden. Den umgekehrten Weg einer Vergrößerung durch Aufnahme weiterer Mitglieder und Grundstücke sieht das Gesetz bisher nicht vor. In der Praxis besteht das Bedürfnis, einem bestehenden Realverband beitreten zu können, wenn Anlagen des Realverbandes als Zuwegung oder Entwässerung eines Grundstückes benötigt werden. Dies gilt auch, wenn Realverbände auf Wunsch von Grundstückseigentümern mit dem Ziel der Übernahme der effizienteren Unterhaltung gemeinschaftlicher Anlagen erweitert werden sollen. Eine solche Übernahme darf nur dann erfolgen, wenn auch der bisherige Träger der Unterhaltslast seine Zustimmung erteilt…“

    Eine etwaige Rechtsnachfolge müsste sich also aus dem niedersächsischen Realverbandsgesetz ergeben.

    Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass lediglich die Aufgaben übertragen wurden. Dazu sehen die §§ 44, 45 des niedersächsischen Realverbandsgesetzes vor:

    Abschnitt 3:
    Übertragung der Verbandsaufgaben auf andere Träger

    § 44
    (1) Der Realverband kann mit der Gemeinde vereinbaren, dass sie Aufgaben des Verbandes zusammen mit dem Verbandsvermögen, das zur Erfüllung dieser Aufgaben dient, als Gemeindeangelegenheit übernimmt.

    (2) Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Will die Gemeinde von dem Realverband Aufgaben übernehmen, mit denen dauernde Lasten verbunden sind, und besitzt der Verband Nutzvermögen, so soll die Aufsichtsbehörde die Vereinbarung nur genehmigen, wenn der Realverband einen angemessenen Teil seines Nutzvermögens auf die Gemeinde mitüberträgt.

    (3) Werden die Vorstandsgeschäfte durch die Gemeinde geführt (§ 21), so ist nach § 46 zu verfahren.

    § 45
    (1) Die Aufsichtsbehörde kann das Vermögen und die Aufgaben des Realverbandes durch Verfügung auf einen Wasser- und Bodenverband übertragen, wenn

    1.der den Stimmrechten nach überwiegende Teil der Mitglieder des Realverbandes dem Wasser- und Bodenverband bereits angehört und

    2. die Übernahme der Aufgaben des Realverbandes durch den Wasser- und Bodenverband nach dessen Satzung zulässig ist und dieser der Übertragung zustimmt.

    (2) Für die Verfügung gelten § 40 Abs. 2 und 4 und § 41 Abs. 1 entsprechend. Die Aufsichtsbehörde hat in der Bekanntmachung (§ 40 Abs. 2) die hauptsächlichen Gegenstände des Verbandsvermögens aufzuführen, die auf den neuen Träger übergehen sollen. Dieser erwirbt das Vermögen in dem Zeitpunkt, in dem der Realverband erlischt (§ 41 Abs. 1). Er tritt von diesem Zeitpunkt an in die Verpflichtungen des Realverbandes ein.

    (3) Hatte der Verband Nutzvermögen, dessen Wert die Verbindlichkeiten des Verbandes und die mit den gemeinschaftlichen Angelegenheiten verbundenen Lasten überstieg, so können die früheren Verbandsmitglieder innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Übertragung unanfechtbar geworden ist, von dem Wasser- und Bodenverband eine angemessene Entschädigung für den Verlust ihres Verbandsanteils verlangen.

    Wegen der Rechtsfolgen müsstest Du daher mE bei der Aufsichtsbehörde nachfragen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (29. Januar 2022 um 12:21) aus folgendem Grund: "Abschnitt" eingefügt


  • Wegen der Rechtsfolgen müsstest Du daher mE bei der Aufsichtsbehörde nachfragen.

    Danke für die ausführlichen Infos. Aufsichtsbehörde ist vermutlich unser Landkreis, deshalb frage ich dort mal nach.

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