E-Post-Pflicht nach § 130d ZPO in der Zwangsversteigerung

  • Ich habe hier ein paar offene Fragen im Umgang mit der Pflicht zur elektronischen Einreichung für Rechtsanwälte und Behörden nach § 130d ZPO.

    1. Allgemein

    a) Welche Anträge muss der in § 130d ZPO genannte Personenkreis denn nun zwingend elektronisch einreichen? Den Antrag auf Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Einstellungs- und Fortsetzungsanträge, Anmeldungen zum Verfahren, Stellungnahmen zum Verfahren?

    b) Muss und kann ich nicht formgerecht eingereichte Anträge - nach erfolgloser Fristsetzung - zurückweisen? Contra: Es ist *kein* formgerechter Antrag da. Was nicht da ist, kann ich nicht zurückweisen. Pro: Es ist kein *formgerechter* Antrag da, aber eben doch ein Antrag.

    2. Zwangsversteigerungsanträge von Gemeinden

    a) Siegel
    Bisher wollten wir die Anträge von den Gemeinden immer gesiegelt. Ist dies bei elektronischer Übermittlung entbehrlich?

    b) Technische Ausstattung fehlt
    Die kleinen Gemeinden in meinem AG-Bezirk sind überwiegend technisch nicht darauf vorbereitet, dass sie bei uns Anträge nur noch auf dem vorgesehenen elektronischen Weg einreichen können. Ich bin der Meinung, dass dies nicht unter Satz 2 von § 130d ZPO fällt, da dieser den Ausfall der Technik meint, nicht das Fehlen derselben oder der fehlende Zugang des einzelnen Bearbeiters zur vorhandenen Technik.

    2. Sparkassen
    Gilt § 130d ZPO auch für Zwangsversteigerungsanträge von Sparkassen? Wohl ja, da es sich um Anstalten des öffentlichen Rechts handelt.

    3. Zwangsverwalter
    "Meine" Zwangsverwalter sind allesamt Rechtsanwälte. Müssen die ihre Berichte (Inbesitznahme, Jahres- und Schlussbericht) nun auch elektronisch einreichen? Was ist mit den Anlagen? Müssen die das dann also - ähnlich wie bei Zwangsversteigerungsanträgen - doppelt einreichen, nämlich elektronisch wegen § 130d ZPO und in Papierform wegen der im Original vorzulegenden Belege (Kontoauszüge, Rechnungen)?

  • Ich bestehe auf die Einhaltung der Form, da z. B. die Anordnungen anfechtbar sein könnten.

    Schöne Ei vom Gesetzgeber. Vorschriften werden eingeführt, obwohl die technischen Voraussetzungen noch gar nicht vorliegen. Ganz großes Kino.

  • Die Handhabung an anderen Gerichten würde mich hierzu grundsätzlich auch nochmal interessieren.

    Die hier vor Ort tätigen Zwangsverwalter (alle Rechtsanwälte) sträuben sich derzeit, elektronische Einreichungen vornehmen zu müssen, da sie in ihrer Eigenschaft als Zwangsverwalter keine Rechtsanwälte seien und man hier eine Abgrenzung des Berufsbildes vornehmen müsse.

    Das sehe ich grundsätzlich ein bisschen anders (auch im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 06.07.2015, AnwZ Brfg 24/14 = NJW 2015, 3241, da hier grundsätzlich nicht zwischen Briefkopf als Zwangsverwalter oder Anwaltsbriefkopf unterschieden wird).
    Meines Erachtens sind alle einzureichenden Erklärungen des Rechtsanwalts-Zwangsverwalters auf elektronischem Wege zu übermitteln. Anlagen der Schriftsätze, die nicht Bestandteil der Akte werden (Belege der Rechnungslegung) sind parallel auf dem Postweg einzureichen.
    Auf die hiesige Mitteilung, dass die Zwangsverwalter dies bitte so umsetzen mögen, wurde telefonisch mitgeteilt, dass mein Amtsgericht das einzige (in ganz Deutschland) sei, dass dies so wolle und bei allen anderen Gerichten die bisherige Praxis beibehalten bleiben würde :confused:


    Zitat

    a) Welche Anträge muss der in § 130d ZPO genannte Personenkreis denn nun zwingend elektronisch einreichen? Den Antrag auf Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Einstellungs- und Fortsetzungsanträge, Anmeldungen zum Verfahren, Stellungnahmen zum Verfahren


    Das Problem haben wir hier derzeit bereits auch bei Anmeldungen von Gemeinden. Diese bekommen ein Hinweisschreiben, dass die Anmeldung mangels Form keine Berücksichtigung finden kann.
    Kleine Gemeinden behelfen sich bei uns tatsächlich auch mit der (vorher telefonisch angekündigten) Anmeldung persönlich im Termin oder eben der Beauftragung eines Anwalts.


    Bezüglich der Siegelung des Antrages der Gemeinde sollte man tatsächlich nochmal genau darüber nachdenken. Der gesiegelte Antrag ersetzt in der Verwaltungsvollstreckung ja den Vollstreckungstitel. Da müsste vermutlich zumindest auf dem elektronischen Dokument das Siegel vorhanden sein.


  • Die hier vor Ort tätigen Zwangsverwalter (alle Rechtsanwälte) sträuben sich derzeit, elektronische Einreichungen vornehmen zu müssen, da sie in ihrer Eigenschaft als Zwangsverwalter keine Rechtsanwälte seien und man hier eine Abgrenzung des Berufsbildes vornehmen müsse.


    Das Thema wurde hier schon diskutiert.
    Schon interessant - wenn es um die Qualifikation für das Amt eines Zwangsverwalters geht, wird gerne betont, dass man Rechtsanwalt ist. Später will man es dann nicht mehr sein. Dass die sich dabei nicht selbst blöd vorkommen :gruebel:


    Auf die hiesige Mitteilung, dass die Zwangsverwalter dies bitte so umsetzen mögen, wurde telefonisch mitgeteilt, dass mein Amtsgericht das einzige (in ganz Deutschland) sei, dass dies so wolle und bei allen anderen Gerichten die bisherige Praxis beibehalten bleiben würde :confused:


    :wechlach::wechlach::wechlach:
    Das war schon immer ein beliebtes Totschlagargument.
    Aber wie pflegte mein geschätzter Kollege in solchen Fällen immer zu sagen: Und wenn wir die letzten sind, die das so wollen ... ;)

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!


  • Ich bestehe auf die Einhaltung der Form, da z. B. die Anordnungen anfechtbar sein könnten.

    Schöne Ei vom Gesetzgeber. Vorschriften werden eingeführt, obwohl die technischen Voraussetzungen noch gar nicht vorliegen. Ganz großes Kino.

    Wie lang war denn der Vorlauf (Gesetzgebungsverfahren) bis zur Einführung des § 130d ZPO für Behörden? :gruebel:

    Je nach Dauer könnte man auch sagen, dass die Gemeinden usw. genügend Zeit hatten, sich die technischen Voraussetzungen zu beschaffen.

  • Zitat

    Nein, ich meine, dass die Gerichte selber die technischen Voraussetzungen noch gar nicht dafür haben.

    Die technischen Voraussetzungen für die Entgegennahme der elektronischen Eingänge haben wir schon. Wir können sie - mangels E-Akte - aber noch nicht elektronisch weiter bearbeiten, sodass wir alle Eingänge derzeit ausdrucken. Das wird sich sicherlich mit der flächendeckenden Einführung der E-Akte erledigen.

    Zum Versenden elektronischer Nachrichten gibt es bei uns an jeder Behörde nur einzelne Mitarbeiter, die solche Zugänge haben, weil die damit öfter beschäftigt sind. Zumindest gibt es den Zugang aber grundsätzlich.


    Zitat

    Und wenn wir die letzten sind, die das so wollen ...

    Das Argument gefällt mir ;) Ich will aber auch gar nichts verlangen, nur weil ich das so möchte. Ich möchte es RICHTIG machen.

  • Ich habe hier ein paar offene Fragen im Umgang mit der Pflicht zur elektronischen Einreichung für Rechtsanwälte und Behörden nach § 130d ZPO:


    b) Muss und kann ich nicht formgerecht eingereichte Anträge - nach erfolgloser Fristsetzung - zurückweisen? Contra: Es ist *kein* formgerechter Antrag da. Was nicht da ist, kann ich nicht zurückweisen. Pro: Es ist kein *formgerechter* Antrag da, aber eben doch ein Antrag.

    Aus meiner Sicht müsste der Antrag als unzulässig verworfen werden...

    Wenn kein Wind geht, dann rudere!
    (polnisches Sprichwort)

  • Ich habe hier ein paar offene Fragen im Umgang mit der Pflicht zur elektronischen Einreichung für Rechtsanwälte und Behörden nach § 130d ZPO:


    b) Muss und kann ich nicht formgerecht eingereichte Anträge - nach erfolgloser Fristsetzung - zurückweisen? Contra: Es ist *kein* formgerechter Antrag da. Was nicht da ist, kann ich nicht zurückweisen. Pro: Es ist kein *formgerechter* Antrag da, aber eben doch ein Antrag.

    Aus meiner Sicht müsste der Antrag als unzulässig verworfen werden...

    Aus meiner Sicht nicht. Mangels wirksam gestelltem Antrag gibt es auch nichts zurückzuweisen, sondern nur einen freundlichen Hinweis. Unabhängig davon, daß ausreichend Rechtsprechung zu dem ganzen elektronischen Kram noch nicht vorhanden ist, dürfte das eindeutig sein, denn es ist im Ergebnis nichts anderes als ein nicht unterschriebener Papierantrag.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Ich habe hier ein paar offene Fragen im Umgang mit der Pflicht zur elektronischen Einreichung für Rechtsanwälte und Behörden nach § 130d ZPO:


    b) Muss und kann ich nicht formgerecht eingereichte Anträge - nach erfolgloser Fristsetzung - zurückweisen? Contra: Es ist *kein* formgerechter Antrag da. Was nicht da ist, kann ich nicht zurückweisen. Pro: Es ist kein *formgerechter* Antrag da, aber eben doch ein Antrag.

    Aus meiner Sicht müsste der Antrag als unzulässig verworfen werden...

    Dazu gibt es bereits eine Entscheidung: LAG Schleswig-Holstein vom 25.03.2020, 6 Sa 102/20.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Bezüglich der Siegelung des Antrages der Gemeinde sollte man tatsächlich nochmal genau darüber nachdenken. Der gesiegelte Antrag ersetzt in der Verwaltungsvollstreckung ja den Vollstreckungstitel.

    BGH; Beschl. v. 18.12.2014 – I ZB 27/14; zum § 7 JBeitrO
    Goldbach ZfIR 2017, 384, 386; zum § 322 AO
    Stöber/Becker § 16 ZVG Rn 5 m.w.N.

    Überall in der Kommentierung steht nur "soll". Ich habe allerdings keine Vorschrift gefunden, dass ich tatsächlich ein Siegel fordern darf. Wir haben das immer beanstandet, wenn es vergessen wurde, und ich wollte das mal mit Vorschriften unterfüttert. Nur leider habe ich dazu nichts gefunden. Also hinsichtlich der Anträge und Schriftsätze des Finanzamtes und der Gemeinden finde ich nichts. Und im Schneider, § 16 Rdnr. 366 sagt Goldbach auch, dass ein Siegel nicht verlangt werden kann. Damit ist das bei den elektronischen Schriftsätzen meiner Ansicht nach obsolet.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki




  • BGH; Beschl. v. 18.12.2014 – I ZB 27/14; zum § 7 JBeitrO
    Goldbach ZfIR 2017, 384, 386; zum § 322 AO
    Stöber/Becker § 16 ZVG Rn 5 m.w.N.

    Und daraus schließen wir jetzt für den elektronischen Rechtsverkehr, dass wir es doch schriftlich brauchen? Müssten wir den Antrag dann zweifach bekommen, also schriftlich als "Titel" und elektronisch, weil dies die Formvorschrift für den Antrag ist? :gruebel:

  • Die Gemeinden müssen jetzt alles über beBPo einreichen. Auch die Behörden und Anwälte. Da besteht eigentlich kein Unterschied zu der Art des Schreibens. Man muss halt nur auf die Signatur schauen. Aber das ist ja nur bei der Verwendung des EGVP notwendig. Bei allen anderen brauche ich ja keine qualifizierte Signatur, da es sich ja um einen besonderen Übermittlungsweg handelt. Ausnahmen sind nur Titel und alles was in tatsächlicher Ausfertigung vorgelegt werden muss, z.B. Erbscheine oder Entscheidungen bzgl. § 775 Nr. 1, 2 ZPO.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki




  • BGH; Beschl. v. 18.12.2014 – I ZB 27/14; zum § 7 JBeitrO
    Goldbach ZfIR 2017, 384, 386; zum § 322 AO
    Stöber/Becker § 16 ZVG Rn 5 m.w.N.

    Und daraus schließen wir jetzt für den elektronischen Rechtsverkehr, dass wir es doch schriftlich brauchen? Müssten wir den Antrag dann zweifach bekommen, also schriftlich als "Titel" und elektronisch, weil dies die Formvorschrift für den Antrag ist? :gruebel:

    nein, ein einfacher elektronischer Antrag über beBPo - ohne Siegel - reicht.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Zitat

    Nein, ich meine, dass die Gerichte selber die technischen Voraussetzungen noch gar nicht dafür haben.

    Die technischen Voraussetzungen für die Entgegennahme der elektronischen Eingänge haben wir schon. Wir können sie - mangels E-Akte - aber noch nicht elektronisch weiter bearbeiten, ....

    Beim Beitrag von rainer klang es so als könne das Gericht noch nicht einmal elektronische Eingänge empfangen. Wie man diese weiterverarbeitet, ist ja wieder eine andere Baustelle.


  • BGH; Beschl. v. 18.12.2014 – I ZB 27/14; zum § 7 JBeitrO
    Goldbach ZfIR 2017, 384, 386; zum § 322 AO
    Stöber/Becker § 16 ZVG Rn 5 m.w.N.

    Und daraus schließen wir jetzt für den elektronischen Rechtsverkehr, dass wir es doch schriftlich brauchen? Müssten wir den Antrag dann zweifach bekommen, also schriftlich als "Titel" und elektronisch, weil dies die Formvorschrift für den Antrag ist? :gruebel:

    Zur Auswahl ;)

  • Beim Beitrag von rainer klang es so als könne das Gericht noch nicht einmal elektronische Eingänge empfangen. Wie man diese weiterverarbeitet, ist ja wieder eine andere Baustelle.

    Empfangen und senden können wir schon, aber noch nicht elektronisch verarbeiten. Heisst, es wird ausgedruckt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!