Flurbereinigung - Erbe meldet sich

  • Es wurde im Jahr 2020 ein Betrag in Höhe von 2.971,00 € hinterlegt aufgrund einer Flurbereinigung durch das Flurneuordnungsamt.
    Empfangsberechtigte sind zwei Personen bzw. deren Rechtsnachfolger zu je 1/2.

    Die benannten Empfangsberechtigten sind um 1880 geboren.

    Von einem Empfangsberechtigen wurde nun lückenlos die Erbfolge nachgewiesen. Der Erbe als Rechtsnachfolger des einen Empfangsberechtigten beantragt die Auszahlung des hälftigen Betrages an sich.

    Kann ich die Hälfte des Betrages nun auszahlen oder benötige ich die Zustimmung der Rechtsnachfolger des anderen Empfangsberechtigten?

    Dadurch dass bei der Empfangsberechtigung der Anteil 1/2 angegeben ist tendiere ich dazu die Hälfte des eingezahlten Betrages an die Rechtsnachfolger des einen Empfangsberechtigten auszuzahlen.

    Was meint ihr?

  • Dadurch dass bei der Empfangsberechtigung der Anteil 1/2 angegeben ist tendiere ich dazu die Hälfte des eingezahlten Betrages an die Rechtsnachfolger des einen Empfangsberechtigten auszuzahlen.

    So sehe ich das auch.
    Wenn für zwei Personen zu je 1/2 hinterlegt wurde, dann kann jeder davon (oder dessen Rechtsnachfolger) eigenständig die Auszahlung des hälftigen hinterlegten Betrages verlangen.

  • Unter dem Vorbehalt, dass es ggf. bei euch länderrechtlich anders geregelt ist:

    Die Hinterlegungsstelle ist nicht befugt, Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten zu prüfen, auch wenn sie wie in diesem Fall recht simpel erscheinen mögen. Solange nicht explizit zwei Hinterlegungen vorliegen (vielleicht könnte man darüber diskutieren, wenn im Antrag den Empfangsberechtigen jeweils klar 1/2 zugeordnet ist; aber selbst dann eher dünnes Eis), würde ich die Auszahlung unter den beschriebenen Umständen ablehnen unter Berufung auf die abschließende Aufzählung in Art. 20 Abs. 1 BayHintG.

  • Unter dem Vorbehalt, dass es ggf. bei euch länderrechtlich anders geregelt ist: Die Hinterlegungsstelle ist nicht befugt, Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten zu prüfen, auch wenn sie wie in diesem Fall recht simpel erscheinen mögen. Solange nicht explizit zwei Hinterlegungen vorliegen (vielleicht könnte man darüber diskutieren, wenn im Antrag den Empfangsberechtigen jeweils klar 1/2 zugeordnet ist; aber selbst dann eher dünnes Eis), würde ich die Auszahlung unter den beschriebenen Umständen ablehnen unter Berufung auf die abschließende Aufzählung in Art. 20 Abs. 1 BayHintG.


    +1 unabhängig vom Bundesland.

    Wenn jedem tatsächlich jeweils 1/2 unstreitig zustünde, müsste das ganze in zwei separaten Verfahren laufen mit einer Hinterlegung aufgrund von Annahmeverzug. Das klingt hier aber nach Gläubigerungewissheit, sonst hätte man das auch nicht in ein Verfahren gepackt.

  • Formal gebe ich Euch recht.

    Das Geld kommt aus einer Flurbereinigung, d.h. es wurden Grundstücke umgelegt. Also ist handelt es sich wahrscheinlich nur um die Eigentümer zu je 1/2 eines in die Flurbereinigung einbezogenen Grundstücks. Weil man schon bei der Flurbereinigung nicht mehr wusste, wer die wirklichen Eigentümer (bzw. deren Rechtsnachfolger) sind, hat man den Überschussbetrag eben hinterlegt.

    Wenn der Hinterlegungsantrag das hergibt (dass es sich um Hinterlegung zugunsten zweier 1/2-Alteigentümer handelt), dann hätte ich letztlich auch keine Bedenken, auszuzahlen. Richtig ist, dass es damals dann eigentlich 2 getrennte Hinterlegungsanträge hätte geben müssen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Bzgl. Baden-Württemberg kann ich folgende Anweisung finden:


    • § 22 Antrag auf Herausgabe, Nachweis der Berechtigung

      (1) Die Herausgabeanordnung ergeht auf Antrag, wenn die Berechtigung des Empfängers nachgewiesen ist.
      (2) 1Der Antrag auf Herausgabe ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen. 2Dabei soll, soweit hinterlegtes Geld herausgegeben werden soll, eine Bankverbindung des Empfangsberechtigten angegeben werden. 3Befindet sich der Nachweis der Empfangsberechtigung bei den Akten des Gerichts, zu dem die Hinterlegungsstelle gehört, genügt die Bezugnahme auf diese Akten.
      (3) 1Der Nachweis ist namentlich als geführt anzusehen,

      • 1.wenn die Beteiligten die Herausgabe an den Empfänger schriftlich oder zur Niederschrift der Hinterlegungsstelle, eines Gerichts oder eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bewilligt oder seine Empfangsberechtigung in gleicher Weise anerkannt haben;


        Demnach muss die Berechtigung des Empfängers nachgewiesen sein.

        Das ist wohl Auslegungssache.

        Beim Antrag stehen als Empfangsberechtigte zwei Personen mit dem Zusatz jeweils 1/2.

        Die beiden Empfangsberechtigte waren je zu 1/2 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.


        Im Beckonline-Kommentar zu § 1008 BGB steht: Demgegenüber kann der einzelne Miteigentümer über seinen ideellen Anteil an dem jeweiligen Gegenstand isoliert verfügen (§ 747). Der einzelne Eigentumsbruchteil ist „nicht etwa ein neben das Eigentum sich stellendes und dieses belastendes Bruchteilrecht. Es ist vielmehr in seinem Wesen dem Sacheigentum gleichartig, also Eigentum und ein selbstständiges Recht in gleicher Art wie das Recht als Ganzes.“ Daher finden die Bestimmungen über das Eigentum – sofern sich nicht ausdrücklich oder aus der Natur der Sache heraus etwas anderes ergibt, wie dies mit Blick auf den Verzicht nach § 928 angenommen wird – auch auf das Miteigentum Anwendung (BeckOGK/P. Müller, 1.11.2021, BGB § 1008 Rn. 7).

        Im § 747 BGB steht: Verfügung über Anteil und gemeinschaftliche Gegenstände


        1Jeder Teilhaber kann über seinen Anteil verfügen.


        2Über den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen können die Teilhaber nur gemeinschaftlich verfügen.



  • § 1008 BGB, 747 BGB, das wäre mir alles wurscht. Als Hinterlegungsstelle bin ich "dumm", ich prüfe ob die formellen Voraussetzungen für die Auszahlung vorliegen und das war es.
    Wenn hier nicht ausdrücklich bereits im Antrag die Empfangsberechtigung zu 1/2 angegeben wäre, würde ich keinesfalls auszahlen und wenn ich mir 100% sicher wäre, dass die materielle Rechtslage es hergibt.
    So, wie sich der Fall hier darstellt, scheint es mir aber, dass jedem Empfangsberechtigten von vorneherein nur ein 1/2 Anteil des hinterlegten Betrages zustehen sollte. Dass nur ein Verfahren angelegt wurde ist zwar unglücklich, aber kann im Eifer des Gefechts passieren.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

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