Verfügungsbeschr. § 161 BGB eintragbar (Erbteilsabtretung)?

  • Die eingetragene Erblasserin wird lt. Erbschein von A,B,C,D beerbt. A,B,C treten jeweils auflösend bedingt (Vertragsrücktritt bei Zahlungsverzug Kaufpreis Erbteile) ihre Erbteile an D ab.

    Es wird beantragt:

    a) D als Alleineigentümer einzutragen (und die Erbfolge vorher nicht einzutragen).
    b) Verfügungsbeschränkungen gem. § 161 BGB für A,B und C einzutragen.
    c) Eine von D bewilligte Grundschuld im Rang vor der Verfügungsbeschränkung einzutragen (A,B,C haben Vollmacht erteilt).

    Ich habe im Münchner Vertragshandbuch eine Kommentarstelle gefunden, wonach b) keinen Sinn macht, da durch die auflösend bed. Übertragung die Erbteile dann nicht mehr existieren (Vereinigung durch Konfusion beim Erwerber). Der Bedingungseintritt würde dann nur noch schuldrechtliche Ansprüche auslösen. Die Beschränkung ist doch auch nicht rangfähig. Und braucht man nicht zumindest die Voreintragung der Erbengemeinschaft?

    Das Notariat meint, dass auch bei Vor- und Nacherbschaft oder Pfandrecht die Erbteile weiterhin ein rechtliches Einzelschicksal haben können und das sei hier auch so. Man könne also einen Erbteil rückübertragen, auch wenn D schon als Alleineigentümer eingetragen sei. Das belege auch die nachgenannte BGH-Entscheidung. Die Verfügungsbeschränkung würde sich dann eben auf das ganze Grundstück erstrecken.

    BGH, Beschl. v. 12.7.2018 – V ZB 228/17 GBO § 51; BGB § 2113 Rechtsfolgen einer Vereinigung von Vorerben- und Vollerbenstellung Ist nur für einen Miterben eine Nacherbfolge angeordnet, unterliegt dieser, wenn er die übrigen Erbanteile hinzuerwirbt, hinsichtlich eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks insgesamt den Beschränkungen des § 2113 BGB; bei seiner Eintragung als Grundstückseigentümer ist daher ein Nacherbenvermerk anzubringen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 15. März 2007 – V ZB 145/06, BGHZ 171, 350 Rn. 13).

    Was meint ihr zu dem Fall?

  • ...Ich habe im Münchner Vertragshandbuch eine Kommentarstelle gefunden, wonach b) keinen Sinn macht, da durch die auflösend bed. Übertragung die Erbteile dann nicht mehr existieren (Vereinigung durch Konfusion beim Erwerber). Der Bedingungseintritt würde dann nur noch schuldrechtliche Ansprüche auslösen. ...

    Handelt es sich dabei um die hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…504#post1228504
    zitierte Kommentierung von Otto im Münchener Vertragshandbuch, Bürgerliches Recht II, Herrler, 8. Auflage 2020, Abschnitt XVIII 1 ,Erbteilskauf- und Übertragungsvertrag, Anm. 8 ?

    Die im Beschluss des BGH vom 12.7.2018, V ZB 228/17, geschilderte Konstellation hast Du aber doch nicht, oder ? Und auch ein Nießbrauch wird wohl an keinem der übertragenen Erbteile bestellt worden sein. Warum sollen diese Erbteile dann ihre rechtliche Selbstständigkeit behalten ?

    Wie aus dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 11.11.1976 - 8 U 76/75 = NJW 1977, 1828 und dem Beschluss des BGH vom 22.10.2015, V ZB 126/14,
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…090&pos=0&anz=1
    hervorgeht, erlischt die Gesamthandsgemeinschaft, wenn ein Miterbe oder ein Dritter sämtliche Erbanteile erwirbt und sich damit sämtliche Erbteile in ein und derselben (natürlichen oder juristischen) Person vereinigen. Lt. BGH ist die Rechtslage dann keine andere als bei dem Erwerb des Nachlasses durch einen Alleinerben.

    Durch die auflösende Bedingung wird der ursprüngliche Zustand nicht ex tunc, also von Anfang an, sondern lediglich ex nunc, also vom Eintritt der Bedingung an, wieder hergestellt (Armbrüster in Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 158 BGB, RN 5 mwN). Zwar kann nach § 159 BGB vereinbart werden, dass der Bedingungseintritt zurück wirkt (§ 159 BGB). Eine dingliche Rückbeziehung von Verfügungsgeschäften steht aber nicht zur Disposition der Beteiligten (Rövekamp im BeckOK BGB, Stand: 01.11.2021, § 159 RN 7).

    Also verbleibt es auch bei der auflösenden Bedingung dabei, dass der Zustand, dass der Erwerber alle Erbteile erworben hat und damit Alleineigentum in seiner Person entstanden ist und dadurch die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt wurde, nicht wieder rückwirkend beseitigt werden kann. Das unterscheidet sich dann mE aber auch nicht von der auflösend bedingten Übertragung eines Gesellschaftsanteils an den einzigen verbliebenen Gesellschafter:

    Mit der Übertragung des Anteils auf den einzigen Mitgesellschafter erlischt die GbR und es erwirbt der verbliebene Gesellschafter das Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (s. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.12.2005 - 2 W 141/05, Schöne im BeckOK BGB, Stand 01.11.2021, § 705 RN 51 mwN sowie das Gutachten des DNotI im DNotI-Report 13/2015, 97/99 unter Zitat BGH NJW 1978, 1525; OLG Düsseldorf DNotZ 1999, 440, 441).
    https://www.dnoti.de/fileadmin/user…5-light-pdf.pdf

    Das DNotI führt aus: „Nach der Literatur gilt dies auch dann, wenn die Abtretung auflösend bedingt erfolgt (Krauß, Rn. 823; a. A. wohl LG Koblenz, Beschl. v. 30.9.2008 – 2 T 653/08, BeckRS 2008, 23333). Die GbR soll mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung auch nicht rückwirkend wieder entstehen. Deswegen wird für diesen Fall die aufschiebend bedingte Abtretung empfohlen (Krauß, Rn. 823)“.

    Das vom DNotI zitierte LG Koblenz will den Grundsatz der Einheitlichkeit der Beteiligung auch nur bei den Fallkonstellationen, bei dem der übertragene Anteil mit einem dinglichen Recht, namentlich mit einem Nießbrauch oder einem Pfandrecht belastet ist, ausgenommen wissen.

    Schäfer führt im Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 730 RN RN 82 aus: „Die Vorschriften der §§ 1490, 1491, 2033 BGB, § 142 Abs. 3 HGB aF enthalten daher in der Tat einen allgemeinen, beim Ausscheiden eines von zwei Gesamthändern eingreifenden Rechtsgrundsatz, der dem Anwachsungsprinzip des § 738 Abs. 1 S. 1 bei der mehrgliedrigen Gesellschaft entspricht“ und verweist in der Fußnote 155 zu § 2033 BGB darauf, dass über die Anwachsungsfolge bei Vereinigung aller Anteile Einigkeit besteht.

    Und diese Anwachsungsfolge ist nun einmal mit der Erbteilsübertragung nach § 2033 BGB bereits eingetreten. Der Notar hätte hier die aufschiebend bedingte Erbteilsübertragung wählen müssen

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Herzlichen Dank für deine Ausführungen. Ja, es handelt sich um die genannte Kommentierung.
    Die im BGH-Fall genannte Konstellation hab ich nicht und es wird auch kein Nießbrauch bestellt. Man sucht halt lieber nach irgendwelchen Argumenten, dass es doch irgendwie gehen könnte, als die Beteiligten nochmal zu bemühen.
    Die aufschiebend bedingte Übertragung hatte ich schon öfter. Vielleicht war Ziel der Sache, den Beteiligten durch Nichteintragung der Erbfolge Kosten zu sparen.

  • Man sucht halt lieber nach irgendwelchen Argumenten, dass es doch irgendwie gehen könnte, als die Beteiligten nochmal zu bemühen.

    So ganz abwegig war es aber auch wieder nicht. Laut der von Prinz zitierten Kommentarstelle tritt mit Bedingungseintritt ex nunc der frühere Rechtszustand wieder ein. Bei der Erbengemeinschaft kann, anders als bei einer Gesellschaft (vgl. BeckOGK/Reymann BGB § 158 Rn. 94), auch kein Zweck wegfallen, womit ihr Wiederaufleben nicht grds. ausgeschlossen ist. Die Verfügungsbeschränkung gilt zunächst den Erbanteilen und erst als Annex dem einzelnen Nachlassgegenstand. So, wie ich euch verstehe, gibt es aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge derzeit aber keine Anteile - auch nicht fiktiv oder rückwirkend - die einer Verfügungsbeschränkung unterliegen könnten. Entsprechend auch nicht das Grundstück. Das hat das Notariat dann übersehen. Und daß eine Verfügungsbeschränkung nicht rangfähig ist. Das Ziel der „Nichteintragung der Erbfolge“ haben sie jedenfalls erreicht, da sie wegen des Legalitätsprinzips nicht mehr voreingetragen werden kann.

  • ... nur noch schuldrechtliche Ansprüche ...

    Die Vereinigung aller Anteile führt unter Gesamtrechtsnachfolge und unter Wegfall des ursprünglichen Gesellschaftszwecks zur Vollbeendigung der Gesellschaft. Dafür soll der Anspruch auf Neugründung einer inhaltsgleichen Gesellschaft entstehen. Führt bei der Erbengemeinschaft der Eintritt der Bedingung gleichfalls nicht zur Wiederherstellung der alten Rechtsverhältnisse, besteht die Möglichkeit so eines Anspruchs nicht.

  • Schöner schreibt hierzu noch etwas in RNr. 966 und dort Verweis auf Fußnote 787. Wobei ich auf alte BWNotZ keinen Zugriff habe. Vielleicht steht in der zitierten MittbayNot 1978, 1 noch was Erhellendes. Muss ich doch mal wieder ins Büro gehen. Der BGH, Urteil vom 19. 3. 1992 - IX ZR 14/91(DNotZ 1993, 119, beck-online) schließt eine "Rückgewähr in Natur" nicht generell aus.

  • Andersrum. Mit Eintritt des bestimmten Ereignisses fällt nachträglich das bedingte Rechtsgeschäft (= Anteilsabtretung) weg. Damit leben die alten Rechtsverhältnisse wieder auf und man würde grds. davon ausgehen, dass die ursprüngliche Erbengemeinschaft erneut besteht. Wenn man das in Analogie zur Gesellschaft beschränken möchte, bedarf das der Ausführung, nicht das Wiederaufleben. Unabhängig davon gilt die Verfügungsbeschränkung aber zunächst den Anteilen und erst in der Folge dem Grundstück ("Die Beschränkung erfaßt auch Verfügungen über einzelne Nachlaßgegenstände, die nur von den Miterben gemeinsam vorgenommen werden können (§ 2040 Abs. 1 BGB)"; (BayObLG (2. ZS), Beschl. v. 14.2.1994 - 2Z BR 17/94; BeckRS 1994, 7737). Ohne Anteile kommt man - wie schon geschrieben - auch zu keiner Verfügungsbeschränkung bezüglich des Grundstücks. Das LG Koblenz nimmt deswegen die bedingte Abtretung selbst als Anlaß, die Anteile fiktiv weiterbestehen zu lassen. Kann man auch anders sehen.

  • Der Winkler schreibt halt in diesem Aufsatz in der MittBayNot 1/1978: "...Tritt die (auflösende) Bedingung ein, so können B und C Grundbuchberichtigung verlangen...".
    (Für den Fall, dass B und C ihre Anteile auflösend bedingt auf A übertragen haben und er als bedingter Alleineigentümer an X weiterveräußert hat (X ist dabei schon als Alleineigentümer eingetragen und die Verfügungsbeschränkung wurde auf das Blatt des X mitübertragen).

  • Laut Winkler leben die Erbanteile mit Eintritt der Bedingung wieder auf, was im Grundbuch berichtigend vermerkt werden könne. Eine Rückübertragung ist demnach nicht erforderlich. Das ist als Ergebnis jetzt nicht so überrasschend. Winkler benennt als den ursprünglich übertragenen Gegenstand allerdings das Grundstück, was so nicht ganz richtig ist. Zunnächst sind das - wie schon ausfgeführt - die Erbanteile, die für die Dauer der Bedingung nicht mehr bestehen. Weder fiktiv, noch rückwirkend. Wenn der eigentliche "Gegenstand" i.S.d. § 161 BGB nicht mehr existiert, kann meiner Meinung nach auch ein Nachlassgrundstück nicht mehr der Verfügungsbeschränkung unterliegen. Ist mir eben so aufgefallen. Muss ja nicht so sein.

  • So, wie ich die vorstehenden Ausführungen verstehe, hat Winkler in seiner Abhandlung in der MittBayNot 1978, 1 ff. die Möglichkeit der Vereinigung aller Erbteile in einer Person nicht im Blick.

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  • Nun ja, die Vereinigung der Erbteile und die Frage, ob diese rückwirkend wieder aufgehoben werden kann (die These der Rückwirkung bei Eintritt der Bedingung („Pendenztheorie“) wurde seinerzeit ja auch vertreten; siehe die Nachweise bei Bork im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2020, § 158 BGB RN 3), scheint in der Abhandlung von Winkler aber nicht ausdrücklich angesprochen zu sein.

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  • Was ich meinte. Mit Eintritt des bestimmten Ereignisses entfällt das auflösend bedingte Rechtsgeschäft (= die Anteilsabtretung) und die Anteile bestehen wieder. Dass diese Wirkung bei der Erbengemeinschaft aufgrund der fehlenden Rückwirkung des Wegfalls nicht möglich sei, bedarf - so wie bei Gesellschaften - noch der Ausführung. Winkler hat als Gegenstand der Verfügungsbeschränkung ohne Weiteres das Grundstück unterstellt. Da das nie aufgehört hat zu existieren, hatte er in Bezug auf eine Rückwirkung auch kein Problembewusstsein. Was also immer noch fehlt, ist das Argument, warum die Erbengemeinschaft nicht ex nunc wieder aufleben kann.

  • Wie sollte man das auch "grundbuchtechnisch" umsetzen, wenn z.B. nur in der Person des A die Bedingung eintritt und er die Eintragung der Erbengemeinschaft oder seines Erbteils beantragt?

    Ist eigentlich die Voreintragung der Erbengemeinschaft vor Eintragung einer Verfügungsbeschränkung erforderlich (hab noch einen weiteren Fall mit aufschiebend bedingter Abtretung und die Erbengemeinschaft soll nicht, die Verfügungsbeschränkung aber schon eingetragen werden)?

  • Wie sollte man das auch "grundbuchtechnisch" umsetzen, wenn z.B. nur in der Person des A die Bedingung eintritt und er die Eintragung der Erbengemeinschaft oder seines Erbteils beantragt?

    A und D in Erbengemeinschaft. So, wie wenn nur B und C ihre Anteile übertragen hätten.

  • Ist eigentlich die Voreintragung der Erbengemeinschaft vor Eintragung einer Verfügungsbeschränkung erforderlich (hab noch einen weiteren Fall mit aufschiebend bedingter Abtretung und die Erbengemeinschaft soll nicht, die Verfügungsbeschränkung aber schon eingetragen werden)?

    Bei der Pfändung eines Erbteils braucht man die Voreintragung auch. "...........nur dann eingetragen werden darf, wenn zuvor oder gleichzeitig sämtliche Miterben in Erbengemeinschaft als Berechtigte dieser Grundschulden eingetragen werden (§ 39 GBO; vgl. dazu KG, HRR 1933 Nr. 140)..........
    (OLG Frankfurt Beschl. v. 7.3.1979 – 20 W 50/79)............"

  • Aus meiner Sicht gibt es kein solches durchgreifendes Argument und man kann gleichermaßen bezweifeln, dass es bei der GbR ein solches gibt.

    Vetter geht im Beck'schen Online-Formulare Vertrag, 59. Edition 2022, Stand: 01.01.2022 unter 5.8.1.1 RN 19 davon aus, dass die auflösend bedingte Erbteilübertragung bei der Übertragung an den letzten Miterben zu vermeiden ist („Diese Gestaltung ist jedenfalls zu vermeiden, wenn der Erwerber schon Inhaber aller anderen Erbteile ist, da mit Vereinigung aller Erbteile bei einer Person die Erbengemeinschaft automatisch aufhört zu existieren. Eine Rückabwicklung ist dann nicht mehr möglich“) nd verweist unter 5.8.2.1.2 RN 15 unter anderem auf die Abhandlung von Keim RNotZ 2003, 375 (385) („so schon zutreffend Keim RNotZ 2003, 375 (385); vgl. auch OLG Düsseldorf 25.2.1950 – 3 W 32/50, Rpfleger52 243). Sofern also Gegenleistungen vereinbart werden, ist die Erbteilsübertragung aufschiebend bedingt auf deren Leistung zu erklären“).

    Die RNotZ steht online nicht zur Verfügung. Vielleicht bezieht sie ja jemand ?

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