Vermögensabschöpfung keine Anmeldungen aber vollständige Zahlung

  • Hallo! Ich bin Rechtspflegerin bei einem ganz kleinen AG und versuche mich durch die seltenen Vermögensabschöpfungssachen mehr schlecht als recht durchzuarbeiten. Ich habe aber jetzt eine Sache, in der ich nicht sicher bin, was ich zu veranlassen habe. Zum Kassensturz hatte ich von meinen beiden Geschädigten keine Anmeldung, wohl aber die Zahlung des Wertersatzes durch den Verurteilten. Was nun? Schreibe ich die Geschädigten nochmal an? Müssen sie jetzt einen Titel vorlegen für eine Auszahlung innerhalb der 2 jährigen Titelausschlussfrist oder drücke ich im Falle einer verspäteten Anmeldung beide Augen zu um die Sache abschließen zu können?

    Was für eine Rolle spielt die 10jährige Vollstreckungsverjährungsfrist?

  • Zunächst einmal ist der Anspruch gem. § 73c StGB originär ein staatlicher Zahlungsanspruch und der oder die Geschädigte(n) können nach entsprechender Benachrichtigung ihren Schadensanspruch geltend machen und die Auszahlung an sich verlangen.
    Sollte der Verurteilte Nachweise vorlegen, dass er die Geschädigten bereits außerhalb des Strafverfahrens entschädigt hat, dann kommt eine nochmalige Inanspruchnahme gem.§ 459g Abs. 4 StPO nicht in Frage und der Betrag müsste erstattet werden. Da wäre es aber Sache des Verurteilten, dies mitzuteilen und nachzuweisen.

    Wenn die Geschädigten in deinem Fall ordnungsgemäß nach § 459i StPO über ihren Anspruch unterrichtet worden sind und nach Ablauf der 6-Monatsfrist nichts angemeldet haben, verbleibt die beigetriebene Einziehung von Wertersatz bei der Staatskasse.
    Eine nochmalige Unterrichtung der Geschädigten erfolgt nicht. Nochmal zwei Jahre abwarten musst du auch nicht.
    Das Geld wird intern verbucht (wie müsstest du ggf. mit der Kasse klären) und die Akte kann weggelegt werden.

    Die Verjährungsfrist spielt hier m.E. für die Frage der Auszahlung gar keine Rolle, sondern gibt vor, wann der Anspruch nicht mehr vollstreckt werden kann.

    Noch eine Ergänzung:
    Die von dir angeführte Frist von 2 Jahren betrifft Sonderfälle, in denen ein Insolvenzverfahren oder ggf. ein Mangelfall vorliegt und kein Insolvenzverfahren durchgeführt wird.
    Mit einem Titel kann der Geschädigte gem. § 459n i.V.m. § 459k StPO auch weiterhin (auch nach Ablauf von 2 Jahren!) die Auszahlung an sich verlangen.

    Einmal editiert, zuletzt von Bodil (22. Februar 2022 um 14:26)

  • Hast du meinen Beitrag nicht gelesen? ;)

    Mit einem Titel kann der Geschädigte gem. § 459n i.V.m. § 459k StPO auch weiterhin (auch nach Ablauf von 2 Jahren!) die Auszahlung an sich verlangen.

    Sollte der Geschädigte später anrücken, dann müsste das Geld im Zweifelsfall wieder zurückgebucht werden.
    Aber wie willst du das sonst praktisch lösen? Die Akte 30 Jahre lang auf WV halten?

  • Bodil hat die einschlägigen Vorschriften benannt.

    Im Einzelfall habe ich anders als Bodil den (in meinem Fall sehr jungen) Geschädigten nach erfolgreicher Einziehung doch einmal erneut unterrichtet. Zum einen hatte wohl keiner damit gerechnet, dass von dem minderjährigen Verurteilten der Betrag je aufgebracht werden würde. Zum anderen sind unsere Schreiben an die Geschädigten für Laien unverständlich und enden mit dem Satz, dass man nicht bei Gericht nachfragen, sondern sich einen Anwalt nehmen möge, wenn man nicht versteht, was das soll. Und wer wirft schon mit dem Schinken nach der Wurst ...

    Jedenfalls bist Du zu einer erneuten Unterrichtung der Geschädigten nicht verpflichtet. Solange keiner Ansprüche angemeldet hat, verbleibt das Geld bei der Staatskasse (und Du hast die Umbuchung in den jeweil. Haushaltstitel zu veranlassen).

  • Jedenfalls bist Du zu einer erneuten Unterrichtung der Geschädigten nicht verpflichtet. Solange keiner Ansprüche angemeldet hat, verbleibt das Geld bei der Staatskasse (und Du hast die Umbuchung in den jeweil. Haushaltstitel zu veranlassen).

    Nach dem Genuss zweier Fortbildungen zur Vermögensabschöpfung/Einziehung relativiere ich meine obige Aussage:
    Zumindest in Sachsen sollte man mit der Umbuchung in den betroffenen Haushaltstitel sehr, sehr zögerlich sein. Denn bisher gibt es für den Freistaat angeblich keine Möglichkeit, das einmal dorthin gebuchte Geld dann doch noch an den Geschädigten auszuzahlen, wenn dieser sich - unter Titelvorlage - doch noch meldet.

  • Hat das dann zur Folge, dass die Vollstreckung auch nicht abgeschlossen werden kann, da die Umbuchung nicht erfolgt ist und die Einziehung als Teil der Vollstreckung nicht abgeschlossen ist?

  • Jedenfalls bist Du zu einer erneuten Unterrichtung der Geschädigten nicht verpflichtet. Solange keiner Ansprüche angemeldet hat, verbleibt das Geld bei der Staatskasse (und Du hast die Umbuchung in den jeweil. Haushaltstitel zu veranlassen).

    Nach dem Genuss zweier Fortbildungen zur Vermögensabschöpfung/Einziehung relativiere ich meine obige Aussage:
    Zumindest in Sachsen sollte man mit der Umbuchung in den betroffenen Haushaltstitel sehr, sehr zögerlich sein. Denn bisher gibt es für den Freistaat angeblich keine Möglichkeit, das einmal dorthin gebuchte Geld dann doch noch an den Geschädigten auszuzahlen, wenn dieser sich - unter Titelvorlage - doch noch meldet.

    Das dürfte durch irgendwelche Verwaltungskräfte vorgeschoben sein, ich glaube eher, dass man nicht will. Dass es geht, zeigt sich sofort, wenn man bei einer Weigerung der Auszahlung verklagt wird und dann dazu verurteilt wird.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    P.S. Nur zur Klarstellung: Ich habe keinen Zweifel daran, dass das in der Schulung so behauptet wurde.

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (19. Oktober 2022 um 23:23) aus folgendem Grund: P.S.

  • Hat das dann zur Folge, dass die Vollstreckung auch nicht abgeschlossen werden kann, da die Umbuchung nicht erfolgt ist und die Einziehung als Teil der Vollstreckung nicht abgeschlossen ist?

    Für die sächsischen Staatsanwaltschaften gilt eine dreijährige Wartefrist, ob nicht doch noch Ansprüche von Geschädigten angemeldet werden. Erst danach kann die Umbuchung von Sicherungsbeträgen auf den Staatshaushalt erfolgen und die Akte weggelegt werden.

  • Hat das dann zur Folge, dass die Vollstreckung auch nicht abgeschlossen werden kann, da die Umbuchung nicht erfolgt ist und die Einziehung als Teil der Vollstreckung nicht abgeschlossen ist?

    Für die sächsischen Staatsanwaltschaften gilt eine dreijährige Wartefrist, ob nicht doch noch Ansprüche von Geschädigten angemeldet werden. Erst danach kann die Umbuchung von Sicherungsbeträgen auf den Staatshaushalt erfolgen und die Akte weggelegt werden.

    Es wäre nett, wenn solche Infos auch an die sächsischen Rechtspfleger in der Jugendstrafvollstreckung der Amtsgerichte durchgesteckt würden. (Die Vermögensabschöpfung zählt für mich nach den Pebb§y-Zahlen 0,0 AKA, frisst aber Stunden über Stunden, weil man nie Routine bekommt. Wenn dann noch landeseigene Vorgaben nicht durchgestellt werden, ist man verloren.)

  • Hat das dann zur Folge, dass die Vollstreckung auch nicht abgeschlossen werden kann, da die Umbuchung nicht erfolgt ist und die Einziehung als Teil der Vollstreckung nicht abgeschlossen ist?

    Für die sächsischen Staatsanwaltschaften gilt eine dreijährige Wartefrist, ob nicht doch noch Ansprüche von Geschädigten angemeldet werden. Erst danach kann die Umbuchung von Sicherungsbeträgen auf den Staatshaushalt erfolgen und die Akte weggelegt werden.

    Es wäre nett, wenn solche Infos auch an die sächsischen Rechtspfleger in der Jugendstrafvollstreckung der Amtsgerichte durchgesteckt würden. (Die Vermögensabschöpfung zählt für mich nach den Pebb§y-Zahlen 0,0 AKA, frisst aber Stunden über Stunden, weil man nie Routine bekommt. Wenn dann noch landeseigene Vorgaben nicht durchgestellt werden, ist man verloren.)


    Die Regelung wurde seitens der GenStA ausschließlich für den eigenen Beritt - mehr aus Gründen des Haushaltsrechts - getroffen. Insoweit müsstest du wohl das OLG befragen.

  • Die Regelung wurde seitens der GenStA ausschließlich für den eigenen Beritt - mehr aus Gründen des Haushaltsrechts - getroffen. Insoweit müsstest du wohl das OLG befragen.

    Das OLG hat mir hierzu (bezüglich einer anderen Info die Strafvollstreckung betreffend) geantwortet, dass die Information der für die Jugendstrafvollstreckung Zuständigen zu Fragen der Strafvollstreckung nur in die Zuständigkeit der GenSta falle, nicht in die des OLG. Man zählt uns am OLG also zum Beritt der GenSta.
    Derlei Kompetenz(abwendungs)gerangel wäre lustig, träte der daraus erwachsende Schaden bei den Verursachern ein.

  • Die Regelung wurde seitens der GenStA ausschließlich für den eigenen Beritt - mehr aus Gründen des Haushaltsrechts - getroffen. Insoweit müsstest du wohl das OLG befragen.

    Das OLG hat mir hierzu (bezüglich einer anderen Info die Strafvollstreckung betreffend) geantwortet, dass die Information der für die Jugendstrafvollstreckung Zuständigen zu Fragen der Strafvollstreckung nur in die Zuständigkeit der GenSta falle, nicht in die des OLG. Man zählt uns am OLG also zum Beritt der GenSta.
    Derlei Kompetenz(abwendungs)gerangel wäre lustig, träte der daraus erwachsende Schaden bei den Verursachern ein.


    Ich hab da so meine Zweifel, dass die GenStA die OLG-Auffassung kennt oder gar beachtet. Mir war es in der Deutlichkeit neu.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!