Nießbrauch mit Entgelt und ggf. Wertsicherungsklausel

  • Guten Morgen,

    ich soll einen Nießbrauch eintragen, wobei der Berechtigte an den Grundstückseigentümer ein Entgelt zu zahlen hat. Dieses besteht aus einem Grundentgelt und einem Zinsänderungsgeld. Letzteres orientiert sich an der künftigen Entwicklung des Referenzzinssatzes EURIBROR und wird jährlich angepasst. Das Entgelt selbst wird ja unter Bezugnahme auf die Bewilligung eingetragen. Aber was ist mit diesem Zinsentgelt? Handelt es sich hier um eine Wertsicherungsklausel, die ich dann im Grundbuch mit verlautbare? Oder genügt hier auch die Bezugnahme auf die Bewilligung?

  • Ich habe offenbar genau denselben Fall auf dem Tisch liegen.

    Für mich stellt sich allerdings die Frage, ob das vereinbarte Entgelt und damit auch das zusätzliche Zinsänderungsentgelt mit Wertsicherungsklausel („Euribor“) überhaupt als dinglicher Inhalt des Nießbrauchs eingetragen werden können.
    Dies ist in der Kommentarmeinung durchaus umstritten. Größtenteils wird die Eintragung einer Entgeltregelung mit dinglicher Wirkung als nicht vereinbar mit dem Wesen des Nießbrauchs verneint. Schöner/Stöber bejaht dies zwar (Rn. 1379, 16. Auflage), verweist hierzu jedoch auf die Entscheidung des BayObLG vom 07.08.1979, 2 BReg. 2 Z 5/79: im zugrundeliegenden Fall wurde das Entgelt nur für den Eintritt bestimmter Bedingungen – und nicht von Anfang an - vereinbart.

    Weiterhin erachte ich die zum zusätzlichen Zinsänderungsentgelt vereinbarte Wertsicherungsklausel als nicht ausreichend bestimmt.
    Referenzzinssatz soll hierbei der Geldmarktsatz „EURIBOR“ für Euro für einen einmonatigen Zeitraum sein, wie er „von der Deutschen Bundesbank ERMITTELT und in deren amtlicher Zinsstatistik am letzten Bankarbeitstag jeden Monats veröffentlicht“ wird. Weiterhin soll bei Einstellung der Veröffentlichung und im „Falle etwaiger Unklarheiten“ über einen neuen Referenzzinsatz dem Grundstückeigentümer ein Leistungsbestimmungsrecht nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zustehen.
    Auf der website der Deutschen Bundesbank heißt es zum Euribor-Dreimonatsgeld: „Beim Euribor handelt es sich um Durchschnittszinssätze, zu denen Banken mit erstklassiger Kreditwürdigkeit bereit sind, sich untereinander auf dem unbesicherten Interbankenmarkt Gelder zu den gegebenen Laufzeiten (hier: drei Monate) in Euro zu verleihen. Die Euribor-Sätze werden außer an Wochenenden und an den "TARGET-Feiertagen" täglich von Reuters bei einer Auswahl von Banken ermittelt und um 11 Uhr MEZ veröffentlicht.“
    Es handelt sich m.E. also nicht um einen von der Deutschen Bundesbank ermittelten Zinssatz, diese gibt die von Reuters veröffentlichten Zinssätze nur auf ihrer website wieder.

    Ich tendiere dazu, die Eintragung von Entgelt und damit auch Zinsänderungsentgelt (mit Wertsicherung über Euribor) als dinglichen Inhalt des Nießbrauchs abzulehnen.

    Wer von den KollegInnen hatte diesen Fall bereits?
    Unter welchen Umständen ist ein Nießbrauch mit Entgelt eintragbar?
    Wird die Wertsicherung über den Euribor – Zinssatz (u.U. bei Reallasten) ebenfalls als nicht ausreichend bestimmt erachtet?

  • Ach, das ist ja spannend. Ist dein Sachverhalt mit der XXX verknüpft? Ich hatte den "Euribror" als ausreichend erachtet, allerdings bringen mich deine Ausführungen zum Nachdenken...

    edit by Kai: Klarname entfernt

  • Bei einer Dienstbarkeit ist es doch allgemeine Auffassung, dass ein Entgelt oder die Unentgeltlichkeit nicht dinglicher Inhalt sein kann. Warum sollte das beim Nießbrauch anders sein?
    Allerdings müsste die Entgeltzahlung als Ausübungsbedingung vereinbart werden können.

  • Nachtrag:
    In meinem Fall hatte ich dem Notar mitgeteilt, dass ich die Eintragung des Entgelts als dinglichen Inhalt des Nießbrauchs nicht für möglich erachte.
    Letztlich wurde dies vom Notar - ohne Diskussion - zurückgenommen und gilt nur als schuldrechtlich vereinbart.

  • Die Entgeltlichkeit bei einem Nießbrauch ist hochstreitig.
    Hier vertritt z.B. der BeckOK BGB (= Palandt online) eine andere Meinung als der BeckOGK BGB (Großkommentar).
    Der Streit wird bei einer zunehmenden Anzahl von Teilkaufverträgen vermutlich mal beim BGH landen.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Dies ist in der Kommentarmeinung durchaus umstritten. Größtenteils wird die Eintragung einer Entgeltregelung mit dinglicher Wirkung als nicht vereinbar mit dem Wesen des Nießbrauchs verneint. Schöner/Stöber bejaht dies zwar (Rn. 1379, 16. Auflage), verweist hierzu jedoch auf die Entscheidung des BayObLG vom 07.08.1979, 2 BReg. 2 Z 5/79: im zugrundeliegenden Fall wurde das Entgelt nur für den Eintritt bestimmter Bedingungen – und nicht von Anfang an - vereinbart.

    Ob die Entgeltlichkeit schon anfänglich zum Inhalt des Rechts gehört oder erst über Umwege, wo liegt der Unterschied?

  • Ich habe den Nießbrauch samt Entgelt eingetragen, bei mir wurde eine Formel als Teil der Wertanpassungsklausel genutzt und der darin enthaltene EURIBOR wie folgt definiert:
    "EURIBOR: EURIBOR steht für Euro InterBank Offered
    Rate und ist ein Referenzzinssatz für Termingelder im
    Geschäft zwischen Kreditinstituten in der Währung Euro. Er
    wird unter der Verantwortung des European Money
    Markets Institute (EMMI) täglich für bestimmte
    Zinslaufzeiten ermittelt und veröffentlicht. Maßgeblich für
    die Nutzungsentgelt-Formel ist der 6-Monats-EURIBOR.
    Aktuelle Werte sind auf folgender Internetseite des EMMI
    zu finden: http://www.emmi-benchmarks.eu/euribor-org/euribor-rates.
    html. Sofern der 6-Monats-EURIBOR künftig durch
    einen anderen Referenzzinssatz im Geschäft zwischen
    Kreditinstituten ersetzt wird, gilt dieser andere
    Referenzzinssatz und ist in der Nutzungsentgelt-Formel
    anstelle des 6-Monats-EURIBOR anzusetzen. Nur im Falle
    etwaiger Unklarheiten über den neuen Referenzzinssatz
    steht dem Käufer - ausschließlich in Bezug auf diese
    Unklarheiten - ein Leistungsbestimmungsrecht nach
    billigem Ermessen zu (§ 315 BGB); dabei hat er sich an
    dem Referenzzinssatz zu orientieren, der für die Verzinsung
    seiner Finanzierung des Kaufpreises maßgeblich ist."
    Auf meine Beanstandung hin, dass die Formel nicht aufginge, wurde dies wie folgt ergänzt:
    '[Es] wird hinter dem Satz
    "Aktuelle Werte sind auf folgender Internetseite des EMMI zu finden:
    http://www.emmibenchmarks.eu/euribor-org/euribor-rates.html" wie folgt ergänzt:
    (soweit dort lediglich Dezimalzahlen angegeben werden, sind diese für die Verwendung
    in der Nutzungsentgelt-Formel durch 100 zu teilen)" '
    Weitere Beanstandungen hatte ich bezüglich des Nießbrauchs nicht.


    Als nicht zulässig abgelehnt habe ich jedoch die Eintragung der Verpflichtung der Verkäufer, als Teil der Verwaltungs- und Benutzungsregelung gem. § 1010 BGB für die alleinige Nutzung des Grundbesitzes ein (Nutzungs-) Entgelt an den Käufer zu zahlen, da dies m.E. eine rein schuldrechtliche Mietvertragsregelung ist (vgl. auch BeckOK BGB §1010 Rn. 5). Der Notar nahm den Antrag dann hinsichtlich der Entgeltklausel zurück, sodass parallel zum schuldrechtlichen Mietvertrag eine Eintragung der Nutzung/Verwaltung gem. § 1010 BGB erfolgen konnte.

  • Hallo zusammen,

    ich habe jetzt auch einen solchen Teilkaufvertrag vorliegen, allerdings erst aus dem 3. Quartal 2022, man hat nachgebessert:

    Die Entgeltlichkeit des Nießbrauchs ist ausdrücklich schuldrechtlich.

    In der Benutzungsregelung ist auch keine Entgeltzahlung mehr zu finden.

    Das geschuldete Entgelt soll durch eine Reallast gesichert werden.

    Hat jemand noch weitere Fallstricke, die ich trotz sehr genauer Prüfung des Vertrages übersehen haben könnte? Ich finde diese Praktik mit dem Teilkauf, aber Zahlung aber Kosten usw. nach wie vor dubios, aber solange kein Wucher o.ä. anzunehmen ist, ist das nicht meine Aufgabe...

    Ich tendiere jetzt zum Vollzug, da mir nichts aufgefallen ist.

  • Und bei mir haben sie folgende Variante vorgelegt:

    Eintragung Nießbrauch wird bewilligt und beantragt mit bestimmten Nutzungsentgelt für x Jahre. Nach x Jahren unterliegt die Nutzungsgebühr einer Anpassung nach dem "SWAP-Mitte-Satz in Euro der DZ Bank WKN......". Das wird dann auf einer ganzen Seite mit Berechnungsbeispiel erläutert und schließt mit dem Satz, dass für den Fall, dass dieser Anpassungsmechanismus unwirksam ist oder wird, die Wirksamkeit des restlichen Mists nicht berührt wird.

    Es geht weiter: Zur Sicherung der Ansprüche auf Zahlung Nutzungsgebühr (ohne Anpassung) wird eine Reallast am Miteigentumsanteil zur Eintragung bewilligt und beantragt. ....Die Nutzungsgebühr ist als dinglicher Inhalt des Nießbrauchs vereinbart. Sollte das nach Auffassung des Grundbuchamts nicht möglich sein, wird sie schuldrechtlich vereinbart.... Der Nießbrauch wird dann mit seinem übrigen Inhalt zur Eintragung bewilligt und beantragt....

    Im Vorlageschreiben wird nach § 15 die Eintragung von Nießbrauch und Reallast beantragt.

    (Was ich nie unterschreiben würde ist die Klausel, wonach der Nießbrauch gelöscht werden kann, wenn der Teilkäufer dem Notar schriftlich versichert, dass einer der Löschungsgründe vorliegt (bzw. Grund für Bedingungseintritt bedingter Nießbrauch).

  • Und bei mir haben sie folgende Variante vorgelegt: ...

    Das wird dann auf einer ganzen Seite mit Berechnungsbeispiel erläutert und schließt mit dem Satz, dass für den Fall, dass dieser Anpassungsmechanismus unwirksam ist oder wird, die Wirksamkeit des restlichen Mists (hervorgehoben von wohoj) nicht berührt wird.


    (Was ich nie unterschreiben würde ist die Klausel, wonach der Nießbrauch gelöscht werden kann, wenn der Teilkäufer dem Notar schriftlich versichert, dass einer der Löschungsgründe vorliegt (bzw. Grund für Bedingungseintritt bedingter Nießbrauch).

    Tja, der Teilkauf, der den Senioren so in der Werbung als toll angeboten wird, hat seine Tücken, was die BaFin

    auch schon festgestellt hat:

    Immobilien-Teilverkauf – das sollten Sie wissen!
    Immobilien-Teilverkauf ist ein relativ neues Produkt, mit dem sich Anbieter vor allem an ältere Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer wenden. Das…
    www.bafin.de
  • Allgemein noch -> Schmidt, Das Recht des Teilverkaufs von Immobilien, NJW 2023, 873

    sowie:

    Die rechtlichen Risiken beim Teilverkauf - Anja Hall (IZ 16/2022, 13)

    Tücken bei Teilverkäufen von Immobilien -Andrea Eisenmann (Heilbronner-Stimme v. 5.4.2023 S. 9)

    Teilkauf – Die eigene Immobilie zu Geld machen - Astrid Zehbe (GE-Württ, Heft 5/2023, 48-49)


  • Tja, der Teilkauf, der den Senioren so in der Werbung als toll angeboten wird, hat seine Tücken, was die BaFin

    auch schon festgestellt hat:


    https://www.bafin.de/SharedDocs/Ver…eilverkauf.html

    Ist nochmal verschärft worden (wegen der steigenden Zinsen steigen derzeit die Nutzungsentgelte rasant an):

    BaFin warnt vor Teilverkauf von Immobilien

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Es geht weiter: Zur Sicherung der Ansprüche auf Zahlung Nutzungsgebühr (ohne Anpassung) wird eine Reallast am Miteigentumsanteil zur Eintragung bewilligt und beantragt. ....Die Nutzungsgebühr ist als dinglicher Inhalt des Nießbrauchs vereinbart. Sollte das nach Auffassung des Grundbuchamts nicht möglich sein, wird sie schuldrechtlich vereinbart.... Der Nießbrauch wird dann mit seinem übrigen Inhalt zur Eintragung bewilligt und beantragt....

    Ich habe einen ganz ähnlichen Fall, nur dass bei mir die Einschränkung mit der Auffassung des Grundbuchamts nicht enthalten ist.

    Mein Vertrag stammt aus Juli 2022, möglicherweise gab es zwischenzeitlich Beanstandungen von Grundbuchämtern und die Verträge wurden angepasst? Was haltet ihr davon, dass die Nutzungsgebühr dinglicher Inhalt des Nießbrauchs sein soll?

    Im Übrigen richtet sich bei mir die Anpassung nach dem 3-Monats-EURIBOR.

    Gibt es schon Entscheidungen oder laufen Beschwerdeverfahren?

    Tue mich auch schwer mit Vollzug, habe aber keine fundierte Begründung, warum ich es nicht tun darf.

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