Vermögensverzeichnis § 1640 BGB

  • Guten Morgen allerseits!

    Ich habe hier eine § 1640 BGB-Sache. Die Mutter des Kindes ist verstorben. Ich müsste jetzt eigentlich den Kindesvater (Ehemann d. Mutter) anschreiben. Zu Lebzeiten der Mutter wurde beiden Eltern bereits das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und auf das Jugendamt übertragen.

    Direkt nach dem Tod wurde - aus Gründen - dem Kindesvater sogleich die komplette elterliche Sorge entzogen, sodass nunmehr eine Vormundschaft des Jugendamts besteht. Der Amtsvormund hat wohl bereits einen Erbscheinsantrag beim Nachlassgericht gestellt. Meine Frage: Muss ich wirklich den Kindesvater anschreiben und dieser muss das Vermögensverzeichnis abgeben (es ist offensichtlich Vermögen vorhanden), weil er zum Todeszeitpunkt noch die Vermögenssorge innehatte, oder kann ich auf das Jugendamt abstellen, welches ja auch bereits tätig geworden ist und nun ohnehin die Vermögenssorge innehat?

  • Den Kindesvater trifft mangels elterlicher Sorge keine Verpflichtung, das Verzeichnis nach § 1640 BGB einzureichen, siehe Gesetzeswortlaut:

    Zitat

    Die Eltern haben das ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen...

    Der Kindesvater hat keine Vermögenssorge (mehr) und verwaltet daher auch kein Vermögen des Kindes.

  • Das sehe ich anders. Es kommt allein auf den Todeszeitpunkt an. Wenn es auch nur für einen Tag einen Durchgangszeitraum gab, in dem der Vater die Vermögenssorge hatte, ist er der Adressat der Aufforderung.

    Sonst wäre ja nicht klar, was in diesem Zeitraum mit dem Vermögen geschehen ist.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Das sehe ich anders. Es kommt allein auf den Todeszeitpunkt an. Wenn es auch nur für einen Tag einen Durchgangszeitraum gab, in dem der Vater die Vermögenssorge hatte, ist er der Adressat der Aufforderung.

    ....

    Das ist aus meiner Sicht nicht zutreffend, vgl. BeckOK BGB/Veit, 61. Ed. 1.2.2022, BGB § 1640 Rn. 2:

    Zitat

    Die Inventarisierungspflicht trifft nur den Elternteil, dem die Vermögenssorge (§ 1626 Abs. 1) zusteht (KG JFG 11, 48 (49 f.); MüKoBGB/Huber Rn. 8; Erman/Döll Rn. 3). Demzufolge entfällt sie, wenn die elterliche Sorge bzw. auch nur die Vermögenssorge ruht (§§ 1673 ff.), entzogen (§ 1666 Abs. 1, 2, § 1667 Abs. 3 S. 4), dem anderen Elternteil übertragen (§ 1671), ausgeschlossen (§ 1638), beendet (§ 2, § 1677, § 1680, § 1681 Abs. 1, § 1755 Abs. 1 S. 1) oder beschränkt ist (§ 1630 Abs. 1, 3, § 1667 Abs. 2).

    Ist ein Vormund (§ 1773) oder ein Ergänzungspfleger (§ 1909) eingesetzt, so trifft diesen nach der Vermögensherausgabe durch die Eltern (§ 1698) gem. § 1802 (iVm § 1915 Abs. 1) eine umfassende Verzeichnispflicht ohne Befreiungsmöglichkeit (Horn ZEV 2013, 297 (301)).

    Rein praktisch:
    Wenn der Entzug der elterlichen Sorge des Kindesvaters zeitnah nach dem Tod der Kindesmutter erfolgte, hatte der Kindesvater ggf. überhaupt keine Möglichkeit, sich durch Auskünfte bei Banken usw. einen Überblick über den Erbteil des Kindes zu verschaffen. Seit der Anordnung der Vormundschaft hat er gar keine Chance mehr, entsprechende Auskünfte zu erhalten.

  • Ich habe gerade so was ähnlich nur in umgekehrter Form:

    Die Mutter hatte alleinige elterliche Sorge, ist nun verstorben und ihre beiden minderjährigen Kinder sind Erben. Dem Vater wurde nun (nach dem Tod der Mutter) die elterliche Sorge übertragen. Besonders toll: der Vater wohnt in England und hat zwischenzeitlich (allerdings nach Übertragung der elterlichen Sorge) beide Kinder zu sich geholt.

    Der Vater wohnt zwar in England, ist aber sehr gut erreichbar und kümmert sich auch um alles (nach Rückmeldung meiner Nachlasskollegin). Vermögen ist sowohl in Deutschland in Form von Grundbesitz vorhanden als auch wohl im Ausland (Kenia, Heimatland der Verstorbenen).

    Würdet ihr eine Verzeichnispflicht bejahen?

  • Ich habe gerade so was ähnlich nur in umgekehrter Form:

    Die Mutter hatte alleinige elterliche Sorge, ist nun verstorben und ihre beiden minderjährigen Kinder sind Erben. Dem Vater wurde nun (nach dem Tod der Mutter) die elterliche Sorge übertragen. Besonders toll: der Vater wohnt in England und hat zwischenzeitlich (allerdings nach Übertragung der elterlichen Sorge) beide Kinder zu sich geholt.

    Der Vater wohnt zwar in England, ist aber sehr gut erreichbar und kümmert sich auch um alles (nach Rückmeldung meiner Nachlasskollegin). Vermögen ist sowohl in Deutschland in Form von Grundbesitz vorhanden als auch wohl im Ausland (Kenia, Heimatland der Verstorbenen).

    Würdet ihr eine Verzeichnispflicht bejahen?

    Aus meiner Sicht liegt diese vor, auch wenn der Vater zum Todeszeitpunkt nicht die elterliche Sorge besaß, siehe auch die von mir im anderen Beitrag erwähnte Kommentierung. Auf den Todeszeitpunkt wird da hinsichtlich des Sorgerechts nicht abgestellt.

    Ich finde die von dir geschilderte Konstellation im Hinblick auf den erforderlichen Minderjährigenschutz vergleichbar mit dem o. g. genannten Fall, dass die Übertragung der elterlichen Sorge auf den überlebenden Elternteil nicht erfolgt, sondern ein Vormund bestellt wird.

    Da kann man m. E. schlecht sagen, dass ein Vormund ein Verzeichnis einreichen und somit den Vermögenszuwachs des Kindes durch die Erbschaft offenlegen müsste, der neusorgeberechtigte Elternteil aber nicht. Zumindest theoretisch würde dem jetzigen Kind sonst bei Eintritt der Volljährigkeit die Möglichkeit entgehen festzustellen, was beim Tod seiner Mutter an Vermögen da war (und ggf. noch vorhanden sein müsste).

  • Ich würde eine Verzeichnispflicht auch bejahen. Allerdings sehe ich keinen Unterschied zwischen Verzeichnissen nach § 1640 BGB und vor dem Nachlassgericht. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form vor. Hat der Vater in der Nachlassakte bereits angegeben, worin der Nachlass besteht, hielte ich es für sinnlose Förmelei, ein Verzeichnis nach § 1640 BGB anzufordern.
    Hinzu kommt hier, dass man ohnehin nichts erzwingen könnte, da ein Zwangsgeldverfahren in England kaum tunlich wäre.

  • Ich würde eine Verzeichnispflicht auch bejahen. Allerdings sehe ich keinen Unterschied zwischen Verzeichnissen nach § 1640 BGB und vor dem Nachlassgericht. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form vor. Hat der Vater in der Nachlassakte bereits angegeben, worin der Nachlass besteht, hielte ich es für sinnlose Förmelei, ein Verzeichnis nach § 1640 BGB anzufordern.
    Hinzu kommt hier, dass man ohnehin nichts erzwingen könnte, da ein Zwangsgeldverfahren in England kaum tunlich wäre.

    Wenn der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder jetzt in England ist, sind ohnehin nach KSÜ die dortigen Behörden für die Sicherung des Kindesvermögens zuständig und das dortige Recht dafür anwendbar.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Vielen Dank für eure Meinungen. Also Verzeichnispflicht zwar grundsätzlich ja, aber nicht mehr mein Zuständigkeitsbereich?

    Im Nachlassverfahren ist ein Nachlassverzeichnis vorhanden, allerdings beschränkt auf den Nachlass in Deutschland. Wieviel in Kenia vorhanden ist, ergibt sich daraus nicht; nur das dort wohl Vermögen verhanden ist. Der Erbschein ist auch nur beschränkt auf das Vermögen in Deutschland.

  • Ich würde eine Verzeichnispflicht auch bejahen. Allerdings sehe ich keinen Unterschied zwischen Verzeichnissen nach § 1640 BGB und vor dem Nachlassgericht. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form vor. Hat der Vater in der Nachlassakte bereits angegeben, worin der Nachlass besteht, hielte ich es für sinnlose Förmelei, ein Verzeichnis nach § 1640 BGB anzufordern.
    ....

    Dann hätte der Gesetzgeber eine entsprechende Ausnahme regeln sollen, so in der Art: "Der sorgeberechtigte Elternteil muss kein Verzeichnis nach § 1640 BGB einreichen, wenn er bereits ein Verzeichnis beim Nachlassgericht eingereicht hat."

    Da dies nicht geschehen ist, befreit die Einreichung eines Nachlassverzeichnisses nicht von der Erstellung eines Verzeichnisses nach § 1640 BGB.

  • Hallo zusammen,

    ich würde das gerne nochmal aufgreifen und nur ein bisschen Meinungen sammeln.

    KV ist verstorben und hinterlässt Ehefrau und mind. Kind.

    Ich kenne den Fall sowohl aus dem (für den KV) eingerichteten Betreuungsverfahren, als auch aus dem Erbscheinsverfahren. Das heißt also, das Vermögen zum Todeszeitpunkt ist hinreichen dokumentiert.
    Muss ich die arme Witwe jetzt echt noch mit einem dritten Verzeichnis quälen oder kann ich die nicht aus dem ein oder anderen Verfahren einfach kopieren und zur F- Akte nehmen, basta....?!

    Verliere immer den ganzen Verstand - ein halber verwirrt nur! :grin:

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!