Entzug Vermögenssorge und Erbausschlagung

  • Hallo, ihr Lieben!

    Ich brauche - bzw. meine Kollegin braucht - die Schwarmintelligenz!
    Sie steckt in folgender Klemme:

    Minderjährige Kinder, gemeinsame elterliche Sorge der getrennt lebenden Eltern (Kinder leben bei der Oma).
    KiMu hat ausgeschlagen.
    KiVa bisher nicht, Frist läuft morgen ab.

    Lösungsansätze:

    Variante 1: Dem KiVa im Wege der eAO die Vermögenssorge für die Erbschaftsausschlagung entziehen -> § 1680 Abs. 3 BGB -> KiMu hat eS insoweit alleine.
    Problem: NL-Gericht ist der Ansicht, die KiMu müsste dann nochmal ausschlagen als nunmehr allein Sorgeberechtige (obwohl ihre Ausschlagung ja schon vorliegt).
    Das wird aber bis morgen garantiert nichts (lässt sich aus der Akte entnehmen; sie kümmert sich um nix, was die Kinder angeht, macht alles die Oma.
    Zur Ausschlagung ist sie vermutlich nur gegangen, weil es sie betraf und das NL-gericht hat dann halt nach Kindern gefragt)

    Variante 2: Dem KiVa im Wege der eAO die Vermögenssorge für die Erbschaftsausschlagung entziehen und auf einen Pfleger übertragen. Dieser könnte morgen ausschlagen (wäre quasi schon abgesprochen, weil das JA uns aufmerksam gemacht hat).
    Problem: Gesetzlich nicht vorgesehen, sondern entweder § 1680 Abs. 3 BGB (s.o.) oder - wenn beim anderen Elternteil auch Gründe für den Entzug vorliegen - gemeinsamer Entzug und Pflegschaft (s.u.).

    Variante 3: beiden Eltern im Wege der EAO die VS für die EAS entziehen und Pflegschaft anordnen.
    Problem: Bezüglich der Mutter liegt aktuell kein Grund für die Entziehung vor; sie hat alles aus ihrer Sicht Nötige und Mögliche getan.


    Ich bin ja eigentlich der Meinung, dass Variante 1 richtig wäre und die KiMu nicht nochmal erneut ausschlagen muss, aber das bringt leider nichts, wenn das NL-Gericht das anders sieht...

    Hilfe, was würdet ihr machen??

    Don't blink. Blink and you're dead. They are fast. Faster than you can believe. Don't turn your back. Don't look away. And don't blink. Good Luck. - The Doctor

  • Wenn, dann Variante 1. Die Pflegerbestellung ginge nur, wenn du der Mutter auch entziehen würdest und dafür gibt es keinen Grund. Nur aus "Praktikabiliätsgründen" die elterliche Sorge der Mutter gleich mitzuentziehen, halte ich für ziemlich rechtswidrig.....

    Du kannst eigentlich nur dem Vater entziehen und die Entscheidung umgehend (z.B. telefonisch) der Mutter bekannt geben, damit die das Notwendige veranlasst. Ansonsten kannst du allenfalls noch beim Nachlassgericht Bescheid sagen, dass eine eilige Erbausschlagung kommt und bei der Terminsvergabe ein gutes Wort für sie einlegen ;).

    Wenn es in die Hose geht, ist es eben so. Dann kannst du nur einen Hinweis auf die möglichen Haftungsbeschränkungen (z.B. Nachlassinsolvenz) geben und schauen, dass die Mutter das ordentlich abwickelt.

  • Ich nehme Variante 4 und mache (vorerst) gar nicht.
    Es ist die Entscheidung der Eltern, ob sie die Erbschaft für das Kind ausschlagen oder nicht.
    Vielleicht ist der Nachlass ja auch nicht überschuldet und der Vater schlägt aus gutem Grund nicht aus.
    Warum sollte sich das Familiengericht jetzt einmischen? Oder liegt ein Antrag der Mutter vor?

  • So, wie der Beitrag von Zahira geschrieben war, nahm ich (vielleicht etwas voreilig) an, dass die Überschuldung relativ eindeutig ist. Eine bewusste Entscheidung des Vaters durch die Entziehung der Nachlassangelegenheiten im eA Verfahren zu übergehen, wäre wohl wirklich schwierig.

    In der Praxis habe ich es bisher noch nicht erlebt, dass der andere Elternteil bewusst nicht ausgeschlagen hat. In allen meinen Fällen lag der unterbliebenen Ausschlagung Nachlässigkeit oder Desinteresse zugrunde.

    Bei einer unklaren Sachlage oder einer bewussten Entscheidung des Vaters, die Erbschaft anzunehmen, hast du natürlich recht.

  • Ich nehme Variante 4 und mache (vorerst) gar nicht.
    Es ist die Entscheidung der Eltern, ob sie die Erbschaft für das Kind ausschlagen oder nicht.
    Vielleicht ist der Nachlass ja auch nicht überschuldet und der Vater schlägt aus gutem Grund nicht aus.
    Warum sollte sich das Familiengericht jetzt einmischen? Oder liegt ein Antrag der Mutter vor?

    Ah, das hatte ich vergessen, zu sagen. Der Nachlass ist nach Mitteilung des JA überschuldet.
    Ein Antrag der KiMu liegt nicht vorn (wie gesagt, kümmert sie sich quasi nicht), sonern das JA hat die Pflegerbestellung angeregt.

    edit: da war Corypheus schneller.

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  • Es ist vorrangig Sache der Eltern, zu entscheiden, ob die Erbschaft ausgeschlagen oder angenommen wird.
    Ob man einem untätigen Elternteil die Vertretungsmacht entzieht, ist sicherlich Ermessenssache zumal man als Familiengericht wahrscheinlich auch nicht sicher weiß, ob der Nachlass tatsächlich überschuldet ist, selbst wenn dies behauptet wird.

    Es gibt übrigens auch noch genügend andere Instrumente, die Haftung der Kinder auf den Nachlass zu beschränken. Dahingehend können sich die Eltern gerne rechtlich beraten lassen, wenn nicht wirksam ausgeschlagen wurde.


    Variante 1: Dem KiVa im Wege der eAO die Vermögenssorge für die Erbschaftsausschlagung entziehen -> § 1680 Abs. 3 BGB -> KiMu hat eS insoweit alleine.
    Problem: NL-Gericht ist der Ansicht, die KiMu müsste dann nochmal ausschlagen als nunmehr allein Sorgeberechtige (obwohl ihre Ausschlagung ja schon vorliegt).
     Das wird aber bis morgen garantiert nichts


    Finde ich merkwürdig. Ich würde dazu tendieren, dass die bereits abgegebene Erklärung der schon zum damaligen Zeitpunkt vertretungsberechtigten Kindesmutter ausreichend sein dürfte. Sie war, wie gesagt, bisher vertretungsberechtigt und wäre es nach Entziehung der Vertretungsmacht des Kindesvaters weiterhin. Dass der Kindesvater als gesetzl. Vertreter nun nachträglich wegfallen würde, führt doch nicht dazu, dass die bereits abgegebene Erklärung der Mutter als nunmehr alleinvertretungsberechtigter Elternteil nun nachträglich weniger wert ist?!
    Sofern man allerdings eine solche Logik vertritt, müsste man doch konsequenterweise zu dem Schluss kommen, dass die Ausschlagungsfrist in dem Moment, in dem sie die "weitere Vertretungsmacht erwirbt", bezüglich dieses "Anteils der Vertretungsmacht" erst neu zu laufen beginnen müsste. Vorher hätte sie nämlich nicht mehr machen können, als die Erklärung aufgrund der ihr in dem Zeitpunkt zur Verfügung stehen Vertretungsmacht abzugeben.


    Variante 3: beiden Eltern im Wege der EAO die VS für die EAS entziehen und Pflegschaft anordnen.
    Problem: Bezüglich der Mutter liegt aktuell kein Grund für die Entziehung vor; sie hat alles aus ihrer Sicht Nötige und Mögliche getan.


    Man kann der Mutter doch nicht einfach die Vermögenssorge entziehen, nur weil man so nach Ansicht des zust. Nachlassgerichts keinen Ablauf der Ausschlagungsfrist zu befürchten hätte. Zumal ich die Ansicht des NL-Gerichts merkwürdig finde.


    Ich bin ja eigentlich der Meinung, dass Variante 1 richtig wäre und die KiMu nicht nochmal erneut ausschlagen muss, aber das bringt leider nichts, wenn das NL-Gericht das anders sieht...


    Die Wirksamkeit der Erbausschlagungserklärungen wird im Ausschlagungsverfahren nicht abschließend geklärt. Sollte es irgendwann zu einem Erbscheinsverfahren kommen, könnte man einwenden, dass die Erbschaft wirksam ausgeschlagen wurde und ggf. Einwendungen erheben etc.

  • Zu den Fristen noch ein Hinweis:
    Erst wenn der Vater informiert wurde, dass die Ausschlagung der Mutter wirksam wurde und das Kind damit Erbe wurde, beginnt die Frist. Ich arbeite konsequent nach den Schreiben des Nachlassgerichts, auch wenn das Familiengericht immer wieder versucht, ein früheres "Kenntnisdatum" zu unterstellen.

  • Zu den Fristen noch ein Hinweis:
    Erst wenn der Vater informiert wurde, dass die Ausschlagung der Mutter wirksam wurde und das Kind damit Erbe wurde, beginnt die Frist. Ich arbeite konsequent nach den Schreiben des Nachlassgerichts, auch wenn das Familiengericht immer wieder versucht, ein früheres "Kenntnisdatum" zu unterstellen.

    So ist es. Vorher wird nichts geerbt (es sei denn, dass das Kind durch Verfügung von Todes wegen eingesetzt wurde, aber dann wäre der Zugang des eröffenten Testaments bei den Eltern jeweils massgeblich).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Zu den Fristen noch ein Hinweis:
    Erst wenn der Vater informiert wurde, dass die Ausschlagung der Mutter wirksam wurde und das Kind damit Erbe wurde, beginnt die Frist. Ich arbeite konsequent nach den Schreiben des Nachlassgerichts, auch wenn das Familiengericht immer wieder versucht, ein früheres "Kenntnisdatum" zu unterstellen.

    Weshalb sollte denn ein Familiengericht versuchen, "ein früheres "Kenntnisdatum zu unterstellen"? :gruebel: Aus welcher Motivation heraus denn?

    ....

    Einmal editiert, zuletzt von Frog (7. April 2022 um 11:14) aus folgendem Grund: überflüssigen Teil gelöscht

  • Zu den Fristen noch ein Hinweis:
    Erst wenn der Vater informiert wurde, dass die Ausschlagung der Mutter wirksam wurde und das Kind damit Erbe wurde, beginnt die Frist. Ich arbeite konsequent nach den Schreiben des Nachlassgerichts, auch wenn das Familiengericht immer wieder versucht, ein früheres "Kenntnisdatum" zu unterstellen.

    Weshalb sollte denn ein Familiengericht versuchen, "ein früheres "Kenntnisdatum zu unterstellen"? :gruebel: Aus welcher Motivation heraus denn?

    Aber wandeln wir den hier diskutierten Fall mal ab:

    gemeinsame elterliche Sorge für ein Kind, verstorben ist der neue Ehemann der Kindesmutter ohne Hinterlassung einer Verfügung von Todes wegen, Kind ist somit neben der Mutter gesetzlicher Erbe;
    Ausschlagung soll (auch) für das Kind erfolgen wegen Überschuldung des Nachlasses

    Wann beginnt denn hier die Frist für den Kindesvater? Eine Benachrichtigung durch das NLG erfolgt in diesem Fall ja nicht, oder doch?

    Warum hat denn das Kind ein gesetzliches Erbrecht nach seinem Stiefvater? :gruebel:

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • caba #6

    Es wurde im Forum bereits mehrfach erörtert, dass die Mutter in einem solchen Fall erneut ausschlagen muss, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Ausschlagung (für das Kind) noch nicht die alleinige elterliche Sorge innehatte.

  • caba #6

    Es wurde im Forum bereits mehrfach erörtert, dass die Mutter in einem solchen Fall erneut ausschlagen muss, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Ausschlagung (für das Kind) noch nicht die alleinige elterliche Sorge innehatte.

    echt!? Verdammt, ich bin offenbar echt zu doof für die Suchfunktion -.-

    Aber ich frage mich dennoch, mit welcher Begründung. Ich sehe absolut keinen Sinn darin, die KiMu die gleiche Erklärung zweimal abgeben zu lassen, nur damit einmal "allein sorgeberechtigt" in der Urkunde steht...
    Würde man das auch verlangen, wenn der Vater in meinem Fall gestorben wäre?

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  • caba #6

    Es wurde im Forum bereits mehrfach erörtert, dass die Mutter in einem solchen Fall erneut ausschlagen muss, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Ausschlagung (für das Kind) noch nicht die alleinige elterliche Sorge innehatte.

    Wobei ich nach wie vor nicht verstehe, warum dann die Frist insoweit nicht erneut beginnt.

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  • gemeinsame elterliche Sorge für ein Kind, verstorben ist der neue Ehemann der Kindesmutter ohne Hinterlassung einer Verfügung von Todes wegen, Kind ist somit neben der Mutter gesetzlicher Erbe;


    Nein, das Kind ist nur gesetzlicher Erbe, wenn der Vater des Kindes verstirbt ("Das Gut rinnt wie das Blut"). Wenn der Stiefvater verstirbt, sind gesetzliche Erben dessen Ehefrau und daneben Abkömmlinge des Vaters (wenn vorhanden), ersatzweise die Erben der 2. Ordnung.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Du hast recht, die Fallabwandlung war Unsinn. :oops:

  • caba #6

    Es wurde im Forum bereits mehrfach erörtert, dass die Mutter in einem solchen Fall erneut ausschlagen muss, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Ausschlagung (für das Kind) noch nicht die alleinige elterliche Sorge innehatte.


    Alles klar, das Thema wurde bspw. hier behandelt.

    tom: S. folgenden Beitrag aus dem o.g. Thema

    ich stimme Cromwell zu.:daumenrau

    @ Frog: diese Lösung ist nur konsequent, denn der Kindesvater war zum Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft an das Kind mit vertretungsberechtigt und somit läuft ab diesem Zeitpunkt auch seine Frist. Soweit er nicht an der Wahrnehmung der gesetzlichen Vertretung nachweislich verhindert war, läuft die Frist für das Kind bis zum Entzug. Im Zweifel ist der Entzug des Vertretungsrechts eben leider zu spät und kann den Zeitablauf nicht mehr heilen. Blöd fürs Kind, aber der Entzug der Vertretung hilft hier dann auch nicht mehr. :oops:

  • Meiner Erfahrung nach, entscheiden Elternteile sich meistens nicht bewusst gegen eine Ausschlagung, sondern kümmern sich einfach nicht. Dies kann man jedoch nicht einfach unterstellen.
    Wenn die meisten Familienmitglieder ausschlagen, ist der Nachlass meistens überschuldet, aber nicht immer. Ich erlebe immer wieder Fälle, wo nachher doch etwas Geld übrig bleibt. Wie kommt das JA zu der Aussage, dass Überschuldung vorliegt?

    Nebenbei gibt es zwei Meinungen: 1. Die Ausschlagungsfrist beginnt für beide Elternteile mit Kenntnis eines Elternteils, oder 2. Die Ausschlagungsfrist läuft für jeden Elternteil separat. Ich folge der Meinung Nr. 1. Zu Nr. 2 ist zu sagen, dass die Frist grundsätzlich mit Kenntnis beginnt, nicht unbedingt erst mit schriftlicher Benachrichtigung durch das Nachlassgericht. Kenntnis kann man auch schon vorher erlangen.

  • Ist herrschende Meinung jetzt nicht, dass die Frist zur EAS erst beginnt, wenn beiden (sorgeberechtigten) Elternteile Kenntnis haben?

    vgl. BeckOGK/Heinemann, 1.3.2022, BGB § 1944 Rn. 56, 57:

    Zitat

    Ist ein Elternteil alleinsorgeberechtigt, so genügt dessen Kenntnis. Soweit die Eltern das Kind gemeinsam vertreten, genügt nicht die Kenntnis nur eines Elternteils, § 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 gilt nur für die Entgegennahme von Willenserklärungen und kann nicht auf die Zurechnung von Kenntnissen erstreckt werden (→ Rn. 56.1).

    Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der letzte der beiden Erziehungsberechtigten Kenntnis erlangt hat.

    @ Lilly: Weshalb magst du dich dem nicht anschließen?

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