Zuständigkeit § 766 ZPO i.V.m. § 850d ZPO nach Insoeröffnung

  • Guten Morgen,

    ich habe einen PÜ nach § 850d ZPO erlassen.

    Den pfandfreien Betrag habe ich ohne Berücksichtigung von unterhaltsberechtigten Personen festgesetzt.

    Die Schuldnerin hat sodann Erinnerung eingelegt, da sie zwei Kinder hat denen sie einmal Bar- und einmal Naturalunterhalt leistet.

    Über die Berücksichtigung wird sich mit dem GlV gestritten.

    Sodann teilt die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit.

    Es war bereits vorher für etliche Monate einstweilen eingestellt.

    Jetzt frage ich mich, wer für die Entscheidung zuständig ist.

    Es würden ja mit einer entsprechenden Erhöhung Beträge fei aus der einstweiligen Einstellung, die vor Insoeröffnung lagen.

    Wegen dem rückständigen Unterhalt darf nicht mehr an den Gläubiger abgeführt werden.

    Ist die Erinnerung jetzt nach § 89 Abs. 3 InsO zu behandeln?

    Darf das Vollstreckungsgericht hier überhaupt noch entscheiden? :gruebel:

    Liebe Grüße

  • Von was für einem Zeitraum reden wir hier denn? Die Erinnerung ist m.E. als Antrag nach § 850f ZPO auszulegen. Grundsätzlich dürfen Freigabebeschlüsse ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr durch das Vollstreckungsgericht erfolgen, so mein Kenntnisstand.

  • Die Erinnerung ist schon der richtige Weg, wenn der Gl. die Tatsachen für die Bemessung des unpfändbaren Betrages (wie hier die Unterhaltspflichten) unzutreffend vorgetragen hat.
    Im Erinnerungsverfahren sind auch nochmals die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung zu prüfen, so dass auch das nunmehr bekanntgewordene Volsltreckungshindernis des § 89 InsO, so nicht die Ausnahme des Abs. 2 greift, zu beachten ist.

    Soweit das Volsltreckungsgericht der Erinnerung abhelfen will/kann, ist es hierfür auch zuständig.
    Sofern nach der evtl. Abhilfe die Erinnerung nicht vollständig erledigt ist, wäre der Richter des Insolvenzgerichts zur Bescheidung der Erinnerung berufen.

  • Die Erinnerung ist schon der richtige Weg, wenn der Gl. die Tatsachen für die Bemessung des unpfändbaren Betrages (wie hier die Unterhaltspflichten) unzutreffend vorgetragen hat.
    Im Erinnerungsverfahren sind auch nochmals die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung zu prüfen, so dass auch das nunmehr bekanntgewordene Volsltreckungshindernis des § 89 InsO, so nicht die Ausnahme des Abs. 2 greift, zu beachten ist.

    ....

    Hindert denn der § 89 Inso die Auszahlung des schon mehrere Monate lang aufgrund einstweiliger Einstellung eingefrorenen Betrages an den Gläubiger?

    Ungeachtet dessen, kann das Vollstreckungsgericht in dieser Falllage (Kontopfändung unterstellt) der Erinnerung für die Zukunft überhaupt abhelfen (mögen auch die Einwendungen der Schuldnerin bezüglich der Unterhaltspflichten zutreffend sein)? :gruebel:

  • Aufgrund #1 "ich habe einen PÜ nach § 850d ZPO erlassen" gehe ich erstmal von der Pfändung von Arbeitseinkommen aus....

    Dann wäre zu prüfen, ob der PfüB aufgrund von § 88 InsO insgesamt Bestand haben kann und ob Unterhalt nach Insolvenzeröffnung in welchem Umfang noch weiter volsltrecken kann, § 89 Abs. 2 InsO.

    Sofern § 88 InsO nicht zum tragen kommt, sind die aufgrund der Einstellung noch nicht ausgekehrten Lohnanteile bis zur Eröffnung, soweit sie der Pfändung, unter Berücksichtigung des evtl anzupassenden Freibetrages aufgrund der Unterhaltspflichten, unterliegen, mit einem Absonderungsrecht behaftet.
    Insoweit steht die Insolvenzeröffnung der Auskehr an den Gl. nicht entgegen.

  • M. E. ist der Richter von Insolvenzgericht für die Erinnerung zuständig, der dann entscheidet, ob er dem Rpfl des Vollstreckungsgerichts eine Abhilfemöglichkeit gibt oder nicht.

    Seit wann entscheidet denn ein Richter darüber, ob ich als Rechtspfleger ein Abhilferecht habe?! :gruebel:

    Dessen ungeachtet sehe ich dennoch die komplette Zuständigkeit beim Insolvenzgericht (sei es 766 oder 850f). Gerne zitiere ich wieder das Amtsgericht Hamburg... :D

  • Er kann darüber entscheiden oder die Akte vorher an den Rpfl des Vollstreckungsgerichts geben mit der Bitte um Abhilfe.

    Und das ist nach wie vor äußerst streitig und wird an unserem Gericht z.B. auch so nicht gehandhabt. Hier entscheidet der Rechtspfleger beim Insolvenzgericht im laufenden Insolvenzverfahren über die Abhilfe. M.E. auch nur folgerichtig, denn ich finde es einigermaßen abwegig, dass ein Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts eine Entscheidung (im Wege der Abhilfe) nach § 36 Abs. 4 InsO trifft.

  • ...so dass sich der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts bereit (seit Monaten) im Abhilfeverfahren befindet.

    Das ist mir ohnehin schleierhaft, wieso das Verfahren mehrere Monate einstweilen eingestellt war. Man muss m.E. doch nach maximal 2 Anhörungen Farbe bekennen... :confused:

  • Matze: Das wiederun finde ich abwegig, da abhelfen nur das Organ des Gerichts kann, dessen Entscheidung angegriffen wurde, hier Rechtspfleger des Volsltreckungsgerichts.

    Den InsO-Rechtspfleger sehe ich im gesamten Erinnerungsverfahren an keiner Stelle, nur den Inso-Richter.

  • Warum sollte der Rpfl des InsoGerichts darüber entscheiden, der damit überhaupt nichts zu tun hatte und auch nicht zuständig ist?

    Weil es eine Entscheidung nach § 36 Abs. 4 InsO ist.

    AG Hamburg, Beschluss vom 25.10.2020 - Aktenzeichen 68g IK 386/18

    Die Entscheidung finde ich wenig überzeugend.
    Im Abhilfeverfahren, soll das erkennede Gericht seine eigene Entscheidung überprüfen.
    Ein Organ, was nie mit der Sache befasst war, damit betrauen zu wollen, erscheint mir systemwidrig.

    Da hätte ich es konsequenter gefunden, in diesem Fällen ein Abhilfeverfahren für nicht möglich zu erachten und die Sache bein InsO-Ruichter zur Bescheidung zu belassen (wozu es - glaubich - auch ein paar Entscheidungen von Amtsgerichten gibt. Aber so ist das in der InsO, eigentlich findet man zu jeder Auffassung eine Entscheidung irgend eines Amts- oder Landgerichts. Für mich ein sehr bunter Flickenteppich....)

  • Da hätte ich es konsequenter gefunden, in diesem Fällen ein Abhilfeverfahren für nicht möglich zu erachten und die Sache bein InsO-Ruichter zur Bescheidung zu belassen (wozu es - glaubich - auch ein paar Entscheidungen von Amtsgerichten gibt. Aber so ist das in der InsO, eigentlich findet man zu jeder Auffassung eine Entscheidung irgend eines Amts- oder Landgerichts. Für mich ein sehr bunter Flickenteppich....)

    Da bin ich bei dir!

    Allerdings hinkt der Vergleich mit dem erkennenden Gericht. Gerade in ZV gibt es eine relativ hohe Fluktuation, sodass die angefochtene Entscheidung nicht selten von einem anderen Rechtspflegerkollegen erlassen worden ist. Ehrlich gesagt bin ich auch nicht mehr sonderlich bibelfest, was Insolvenzrecht angeht. Ein Insolvenzrechtspfleger sollte daher doch eher erkennen können, ob die Pfändung noch rechtens war oder eben nicht... ist meine Auffassung. :)

  • Zum Zeitpunkt der Anhängigkeit der Erinnerung war § 89 Abs. 3 InsO noch gar nicht einschlägig, so dass sich der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts bereit (seit Monaten) im Abhilfeverfahren befindet.

    Allerdings kam nun die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dazwischen, ehe die Entscheidung über die Abhilfe erfolgte. Da kann man schon darüber streiten, ob diese noch durch den Rechtspfleger beim VG erfolgen darf/sollte.

    Ferner stellt sich auch die Frage, in welchem Umfang eine Abhilfe gerechtfertigt wäre.

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