Schuldnerberatung und Verbraucherinsolvenz

  • Anlässlich eines Gesprächs mit den Schuldnerberatern in unserem Gerichtsbezirk
    hat sich die Frage gestellt, ob Jugendliche, die eine erste Ausbildung begonnen haben,
    einen Verbraucherinsolvenzantrag stellen können. Die Schuldnerberater
    waren teilweise der Ansicht, dass dies nicht gehen würde, da die Jugendlichen einer
    Erwerbsobliegenheitspflicht nicht nachkommen können.
    Gibt es hierzu Erfahrungswerte bei den Kollegen?

  • Der Umfang der Erwerbsobliegenheit wird durch Vorkenntnisse, Ausbildung, gesundheitliche Eignung, Alter, Möglichkeiten am Arbeitsmarkt etc. bestimmt. Sie stellt an verschiedene Personen unterschiedliche Anforderungen.

    Deshalb steht einem Insolvenzantrag eines Jugendlichen meines Erachtens nichts entgegen, da man bei ihm eben zu dem Erkenntnis kommen wird, dass der Schulbesuch oder eine Ausbildung zum späteren Erwerb eines Arbeitseinkommens ausreichend ist.

    Die Erwerbsobliegenheit bedeutet ja auch nicht, dass der Schuldner zwingend ein pfändbares Einkommen erzielen muss.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Mit der Argumentation der Schuldnerberater könnten ja Rentner auch kein IK-Verfahren anstreben.

    Nicht so ganz, denn es gibt durchaus Rentner mit pfändbarer Rente.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Es geht streng genommen um die Frage, ob die Fortführung bzw. der Beginn der ersten Berufsausbildung einen Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit darstellt und aus diesem Grund entweder seitens des Gerichts die Verfahrenskostenstundung nicht gewährt wird bzw. aufgehoben werden könnte oder seitens eines Gläubigers ein Antrag auf Versagung der RSB erfolgreich sein könnte.

    In Gesprächen mit "unseren" Gerichten und Insolvenzverwaltern ist unstrittig, dass Fortführung oder Beginn einer ersten Ausbildung völlig unproblematisch sind. Versagensanträge von Gläubigern gibt es in der Praxis ja ohnehin kaum... Entsprechend beraten wir in der Praxis und ermutigen ggf. sogar junge Schuldner:innen zur Aufnahme einer Ausbildung im Hinblick auf die Schaffung einer stabilen Lebensgrundlage.

    Ich habe auf die Schnelle in den mir zugänglichen Kommentaren allerdings wenig gefunden...

    Man könnte ggf. analog zur unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit argumentieren, die ja tendenziell strenger ausgelegt wird als die insolvenzrechtliche. Dort stellt meines Wissens eine erste Berufsausbildung keinen Verstoß dar.

  • Nicht so ganz, denn es gibt durchaus Rentner mit pfändbarer Rente.

    Ich denke, es geht um die Erwerbsobliegenheit? :gruebel:

    Denn es gibt auch Arbeitnehmer in der Insolvenz, die trotz bereits zur Masse gelangender pfändbarer Einkünfte ihrer Erwerbsobliegenheit nicht ausreichend nachkommen, weil sie entweder bei Vollzeit oder aber Aufnahme einer adäquaten Tätigkeit mehr an die Masse liefern könnten.

  • Anlässlich eines Gesprächs mit den Schuldnerberatern in unserem Gerichtsbezirk
    hat sich die Frage gestellt, ob Jugendliche, die eine erste Ausbildung begonnen haben,
    einen Verbraucherinsolvenzantrag stellen können. Die Schuldnerberater
    waren teilweise der Ansicht, dass dies nicht gehen würde, da die Jugendlichen einer
    Erwerbsobliegenheitspflicht nicht nachkommen können.
    Gibt es hierzu Erfahrungswerte bei den Kollegen?

    Erfahrungswerte gibt es bei uns wenig bis keine. Die Erwerbsobliegenheit des § 295 ist aber sicher kein Hinderungsgrund. Auch wenn (noch) keine Ausbildung begonnen und normaler Schulbesuch vorliegt, egal ob jemand 17 oder 19 ist.

    Aber es dürfte genügend andere Fragen geben, die zu klären sind, bevor man in ganz jungen Jahren, noch dazu als Minderjähriger, Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellt. Hängt auch wesentlich von der Art der Verschuldung ab, ob 1629a BGB ne Möglichkeit bietet, wie die Gesamtsituation so ist usw. Ich glaube, dass auch Jugendamt / Familiengericht da mit involviert sein können, wenn es um Frage der Vermögenssorge geht.

    Was ist eigentlich mit der Willenserklärung bei Unterzeichnung des Antrags ? Muss die von Eltern genehmigt werden ? Im Prinzip werden durch die anfallenden Gerichtskosten ja auch nochmal neue Verbindlichkeiten begründet ? Wie ist das bei anderen Gerichtsverfahren von Jugendlichen ?

  • Gemäß § 4 InsO findet die ZPO auf Insolvenzverfahren grundsätzlich entsprechende Anwendung. Minderjährige sind nicht prozessfähig (§§ 51, 52 ZPO, § 104 Nr. 1, § 106 BGB). Somit können Minderjährige nicht selbst einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen.

    Minderjährige werden von ihrem gesetzlichen Vertreter vertreten. In aller Regel das sind das beide Eltern gemeinsam (§§ 1626, 1629 BGB).

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

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