Gebühr bei isolierter Erinnerung nach § 732 ZPO

  • Hallo liebes Forum,

    der Anwalt vertrat die Ast. nur mit der Einlegung der Erinnerung nach § 732 ZPO gegen die Erteilung einer weiteren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids.

    Wir frage uns: Fällt eine 0,3 Gebühr nach 3309 an oder ein 0,5 nach 3500?

    Der Anwalt wurde vorher nicht tätig - ist ja auch ein Mahnverfahren.

    Der 19 Abs. 6 RVG erfasst ausdücklich nur die Erinnerung nach § 766 ZPO.

    Vielen Dank für eure Hilfe!

  • "Im Verfahren über eine Klauselerinnerung nach § 732 ZPO erhält der Anwalt eine gesonderte Vergütung, und zwar in Höhe einer 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG und nicht lediglich in Höhe einer 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG."
    (LG Freiburg, Beschl. v. 15.02.2010 - 1 O 201/08)

    a.A.:
    "Das Verfahren nach § 732 ist für den Anwalt von Gläubiger und Schuldner eine besondere Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 RVG). Es fällt die Verfahrensgebühr aus Nr. 3309 VV RVG an."
    (Musielak/Voit/Lackmann, 19. Aufl. 2022, ZPO § 732 Rn. 11)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • "Im Verfahren über eine Klauselerinnerung nach § 732 ZPO erhält der Anwalt eine gesonderte Vergütung, und zwar in Höhe einer 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG und nicht lediglich in Höhe einer 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG."
    (LG Freiburg, Beschl. v. 15.02.2010 - 1 O 201/08)

    a.A.:
    "Das Verfahren nach § 732 ist für den Anwalt von Gläubiger und Schuldner eine besondere Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 RVG). Es fällt die Verfahrensgebühr aus Nr. 3309 VV RVG an."
    (Musielak/Voit/Lackmann, 19. Aufl. 2022, ZPO § 732 Rn. 11)

    Vielen lieben Dank, insbesondere das Urteil aus Freiburg.

    Der vollstädnige Absatz im Musielak lautet ja:

    Die erstmalige Erteilung der Klausel wird von der Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG19 Abs. 1 Nr. 13 RVG) oder der Vollstreckungsgebühr der Nr. 3309 VV RVG (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG) abgegolten. Das Verfahren nach § 732 ist für den Anwalt von Gläubiger und Schuldner eine besondere Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 RVG). Es fällt die Verfahrensgebühr aus Nr. 3309 VV RVG an. Eine Terminsgebühr Nr. 3310 VV RVG kann entstehen. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 25 RVG.

    Ich lese das so, dass sich der Hinweis auf die besondere Angelegenheit auf den Fall bezieht, dass der RA vorher schon tätig wurde. Dann kann ich ja eine 0,3er nachvollziehen, in unserem Fall (nur Erinnerung, sonst nichts) allerdings nicht.

    Nun wird der Sachverhalt komplizierter: Vor Erteilung des zweiten VB hörten wir an. Im Anhörungsverfahren beantragte der RA Wiedereinsetzung die Widersprichsfrist (Mahnbescheid). Darüber muss jetzt das Landgericht entscheiden, wir geben die Akte ab. Führt dieser Vorgang dazu, dass der RA für die parallel laufende Erinnerung in jedem Fall nur die 0,3-Gebühr abrechnen kann?

  • Im AnwK-RVG, 9. Aufl. 2021, Nr. 3309 VV Rn. 412 f wird von Volpert der Meinungsstreit, ob die 0,5 Nr. 3500 VV oder die 0,3 Nr. 3309 VV für das Verfahren nach § 732 ZPO entsteht, dargestellt. Der Meinung des LG Freiburg (AGS 2010, 174 m. zust. Anm. N. Schneider) scheint er wohl zuzustimmen, weil er meint, daß für die Gebühr Nr. 3500 VV (die im Verfahren über die Beschwerde und die Erinnerung entsteht) auch spreche, dass die Überschrift zu § 732 ZPO "Erinnerung gegen Erteilung der Vollstreckungsklausel" laute (sog. Klauselerinnerung) - mit Verweis auf Giers in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2020, § 732 ZPO Rn. 1.

    Als Gegenmeinung, welche die 0,3 Nr. 3309 VV favorisiert, zitiert er



    • Giers, a.a.O., Rn. 17;


    • Kindl in: Saenger, ZPO, 8. Aufl. 2019, § 732 Rn. 8;


    • Zöller/Seibel, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 732 Rn. 18 (<- allerdings wohl fehlerhaft zitiert, weil dieser unter Verweis auf Hansens, RVGreport 2017, 2, auch die Auffassung vertritt, daß Nr. 3500 VV entsteht);


    • Rohn in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, § 18 Rn. 56, der zwar meint, daß Nr. 3500 VV entsteht, wegen § 15 Abs. 6 RVG aber nur in Höhe von 0,3, weil keine höheren Gebühren anfallen könnten als für die ZV-Maßnahme selbst (mit Verweis auf Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, Nr. 3309 VV Rn. 85, der dort aber zu § 766 ZPO diese Reduzierung nach § 15 Abs. 6 RVG kommentiert, während er bei Nr. 3309 VV Rn. 407 ausführt, daß im Rahmen der Erinnerung nach § 732 ZPO die Nr. 3500 VV entsteht);


    • Müller-Rabe, a.a.O., Rn. 403, der aber an der dortigen Stelle nicht zu § 732 (wie vorstehend), sondern zu § 733 kommentiert.

    Soweit das RVG etwas als "besondere" oder "verschiedene" Angelegenheit qualifiziert, wird damit zum Ausdruck gebracht, daß diese Tätigkeit des RA immer gesondert zu vergüten ist. Denn ist der RA wegen des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit bereits anderweitig tätig, werden bestimmte Tätigkeiten gem. § 19 RVG nicht gesondert vergütet, weil sie zum gebührenrechtlichen "Rechtszug" gehören, für den anderweitig bereits die Verfahrensgebühr entstanden und die weitere Tätigkeit damit auch abgegolten ist.

    Was Deine weitere Frage anbetrifft: Neben der Verfahrensgebühr Nr. 3305 VV (+ Auslagen) für die Vertretung im Mahnverfahren (bzw. der dortigen Wiedereinsetzung) sind für das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733 ZPO) eine 0,3 Nr. 3309 VV (+ Auslagen) und für die Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) eine 0,3 Nr. 3309 VV oder 0,5 Nr. 3500 VV (+ Auslagen) entstanden. Denn beide letztgenannten Verfahren sind besondere Angelegenheiten für den RA: § 18 Abs. 1 Nr. 4 => § 732 ZPO und § 18 Abs. 1 Nr. 5 => § 733 ZPO.

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