Testament und Auflage

  • IK-Schuldner S erbt im eröffneten Verfahren einen Kontenbestand von 60.000,00 € von seinem Vater V. S nimmt das Erbe an, das Kontoguthaben fließt der Masse zu.


    Aber: In dem Testament hat V (lange vor dem Insolvenzverfahren) als 'Auflage' bestimmt, dass S aus den geerbten Mitteln zuerst die Belastung des Wohnhauses des S abbezahlen soll. Das Grundstück ist in der Masse und noch mit 130.000,- € der Bank B grundbuchlich belastet.


    Fragen:


    • Ist so eine Auflage überhaupt erbrechtlich möglich (unabhängig vom Insolvenzrecht)?
    • Kann die Auflage den IV dazu verpflichten, aus dem geerbten Kontoguthaben Zahlungen an den Insolvenzgläubiger B zu leisten?

    Grüße

  • Zitat

    Ist so eine Auflage überhaupt erbrechtlich möglich (unabhängig vom Insolvenzrecht)?

    Ja - vergleiche § 1940 BGB.

    Zitat

    Kann die Auflage den IV dazu verpflichten, aus dem geerbten Kontoguthaben Zahlungen an den Insolvenzgläubiger B zu leisten?

    Nein. Eine von B einklagbare Verpflichtung besteht nicht. Auch der Erbe selbst wäre nicht verpflichtet (Ausnahme: § 2194 BGB).

  • Zitat

    Ist so eine Auflage überhaupt erbrechtlich möglich (unabhängig vom Insolvenzrecht)?

    Ja - vergleiche § 1940 BGB.

    Zitat

    Kann die Auflage den IV dazu verpflichten, aus dem geerbten Kontoguthaben Zahlungen an den Insolvenzgläubiger B zu leisten?

    Nein. Eine von B einklagbare Verpflichtung besteht nicht. Auch der Erbe selbst wäre nicht verpflichtet (Ausnahme: § 2194 BGB).

    Danke. Welchen Sinn haben solche Auflagen dann, wenn sie idR keine Verpflichtung beim Erben und beim Begünstigten auslösen?

  • Zitat

    Welchen Sinn haben solche Auflagen dann, wenn sie idR keine Verpflichtung beim Erben und beim Begünstigten auslösen?

    Im vorliegenden Fall könnte eine Berechtigung des Insolvenzschuldners bestehen, den Insolvenzverwalter zur Erfüllung der Auflage anzuhalten, damit dem Willen des Erblassers Genüge getan wird (ich formuliere im Konjunktiv, weil ich grad zu faul bin, im Kommentar nachzukucken). Wenn der Schuldner halbwegs vernünftig ist, wird er nix veranlassen, weil die Erfüllung der Auflage hier keinen Sinne ergeben würde.

    Ich könnte mir außerdem vorstellen, dass die Auflage als "Abwehrrecht" Sinn macht. Wenn Gläubiger außerhalb eines Insolvenzverfahrens den Anspruch auf den Kontenbestand gepfändet hätten, könnte man dagegen die Auflage einwenden.

  • Zitat

    Welchen Sinn haben solche Auflagen dann, wenn sie idR keine Verpflichtung beim Erben und beim Begünstigten auslösen?

    Im vorliegenden Fall könnte eine Berechtigung des Insolvenzschuldners bestehen, den Insolvenzverwalter zur Erfüllung der Auflage anzuhalten, damit dem Willen des Erblassers Genüge getan wird

    Wie würde sich das mit der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des IV (§ 80) vertragen? Auch: Was passiert denn mit dem Testament, wenn eine Erbe außerhalb eines Insolvenzverfahrens eine Auflage ignoriert? Verliert er dann seine Erbenstellung?

  • Kein Nachrang, aber es dürfte sich eher um eine Insolvenzforderung und keine Masseverbindlichkeit handeln.

    Wirklich? Der Erbfall trat doch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein, damit ist doch auch der Pflichtteilsanspruch dann entstanden. Würde ich daher als Masseverbindlichkeit einstufen, oder?

  • Ich bin kein Nachlassexperte deswegen solltest du vielleicht mal dort fragen: ob der Pflichtteilsanspruch sich gegen den Nachlass oder den Erben persönlich richtet .

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Kein Nachrang, aber es dürfte sich eher um eine Insolvenzforderung und keine Masseverbindlichkeit handeln.

    Das ist streitig, siehe HamKo, § 83 Rn. 4.

    Entweder ist der Nachlass überschuldet, dass wäre die Stellung eines Nachlassinsolvenzverfahrens zu prüfen oder aber man trennt die Vermögensmassen, so dass die Nachlassgläubiger aus dem Nachlass und die Insolvenzgläubiger aus dem Eigenvermögen befriedigt werden können, BGH vom 11.05.2006, IX ZR 42/05; Achtung, hier Erbanfall vor IE

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Kein Nachrang, aber es dürfte sich eher um eine Insolvenzforderung und keine Masseverbindlichkeit handeln.

    Das ist streitig, siehe HamKo, § 83 Rn. 4.

    Entweder ist der Nachlass überschuldet, dass wäre die Stellung eines Nachlassinsolvenzverfahrens zu prüfen oder aber man trennt die Vermögensmassen, so dass die Nachlassgläubiger aus dem Nachlass und die Insolvenzgläubiger aus dem Eigenvermögen befriedigt werden können, BGH vom 11.05.2006, IX ZR 42/05; Achtung, hier Erbanfall vor IE

    Also ich kannte das bisher so:


    • Nachlass werthaltig: Aktiva fließen in die Masse des Verfahrens des Erben, die Nachlassverbindlichkeiten sind Masseverbindlichkeiten im Verfahren des Erben. Bei deren Befriedigung wird keine Trennung zwischen der ohnehin im Verfahren des Erben bereits vorhandenen Masse und dem aus dem Nachlass hinzukommenden Vermögen gemacht.
    • Nachlass überschuldet: IV des Erben muss Antrag auf Nachlassinsolvenzverfahren stellen, nur damit kann der Zugriff der Nachlassgläubiger auf die im Verfahren des Erben vorhandenen Masse verhindert werden.

    Habe aber gerade keinen Kommentar zur Hand.

  • Kein Nachrang, aber es dürfte sich eher um eine Insolvenzforderung und keine Masseverbindlichkeit handeln.

    Das ist streitig, siehe HamKo, § 83 Rn. 4.

    Entweder ist der Nachlass überschuldet, dass wäre die Stellung eines Nachlassinsolvenzverfahrens zu prüfen oder aber man trennt die Vermögensmassen, so dass die Nachlassgläubiger aus dem Nachlass und die Insolvenzgläubiger aus dem Eigenvermögen befriedigt werden können, BGH vom 11.05.2006, IX ZR 42/05; Achtung, hier Erbanfall vor IE

    Ich war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der Erbfall vor Eröffnung lag. Dann dürfte es sich bei Pflichtteilsansprüchen um Insolvenzforderungen handeln (MüKoInsO/Siegmann/Scheuing, 4. Aufl. 2020, InsO § 331 Rn. 7).

    Bei einem Erbfall nach Eröffnung ist - worauf LFdC zu Recht hingewiesen hat - vieles streitig (Siehe etwa Nachweise bei MüKoInsO/Siegmann/Scheuing, 4. Aufl. 2020, InsO § 331 Rn. 8). So soll es sich nach einer Ansicht bei dem zugeflossenen Nachlassvermögen um Neuerwerb handeln, während die Pflichtteilsansprüche Neuverbindlichkeiten und daher im Verfahren nicht zu berücksichtigen sind (MüKoInsO/Siegmann/Scheuing, 4. Aufl. 2020, InsO § 331 Rn. 8). Andere vertreten die Meinung, dass auch in diesem Fall die Pflichtteilsansprüche als reine Insolvenzforderungen am Verfahren berücksichtigt werden (Vallender NZI 2005, 318, 320). Wieder andere sehen in den Pflichtteilsansprüchen Masseverbindlichkeiten. Die Pflichtteilsgläubiger sollen aber Nachlassverwaltung beantragen können, um eine Trennung der Vermögensmassen herbeizuführen (Uhlenbruck/Hirte/Praß, 15. Aufl. 2019, InsO § 35 Rn. 199).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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