Kündigung durch Vermieter gegenüber dem Nachlassgericht

  • Habe in einem Nachlassverfahren die Kündigung des Vermieters gemäß "§ 580 BGB", müsste wohl richtig § 564 BGB heißen, erhalten, mit der Bitte den Eingang zu bestätigen.

    Alle mir bekannten Erben haben ausgeschlagen.

    Was würdet ihr hier tun?

    Einfach nur den Eingang bestätigen. Oder darauf hinweisen, dass die Kündigung gegenüber dem Erben erfolgen muss und dass alle bekannten Erben ausgeschlagen haben und Wirksamkeit nur im Erbscheinsverfahren geprüft wird.

  • Die ggü. dem Nachlassgericht unwirksam ausgesprochene Kündigung ist als Antrag nach § 1961 BGB auszulegen und infolge des eindeutigen Sachverhalts umgehend ein Nachlasspfleger zu bestellen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Oder evtl. Fiskuserbrecht, wenn keine Erbenermittlungen mehr in Betracht kommen.
    Denke, dass du ggf. zwischen diesen beiden Möglichkeiten wählen kannst.

    Nein! Eine vorschnelle Fiskuserbrechtsfeststellung (und das wäre es hier, weil niemand in der Wohnung nach einem Testament oder Werten bzw. Hinweisen darauf gesucht hat), wäre außerhalb des pflichtgemäßen Ermessens. So kann man das nicht handhaben. Im Prinzip wird man immer erst einen NLP bestellen müssen, bevor man zur Feststellung des Fiskuserbrechts kommen kann.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Die ggü. dem Nachlassgericht unwirksam ausgesprochene Kündigung ist als Antrag nach § 1961 BGB auszulegen und infolge des eindeutigen Sachverhalts umgehend ein Nachlasspfleger zu bestellen.

    Sehe ich nicht so.

    Hinweis an den Vermieter, dass Kündigung unwirksam ist und er als Nachlassgläubiger die Möglichkeit hat, Antrag auf Nachlasspflegschaft zu stellen.

    Wortlaut des § 1961 BGB:
    "Das Nachlassgericht hat in den Fällen des § 1960 Abs. 1 einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird".

    Dieses Mindestmaß an Juristerei wird man mit dem Vermieter auch noch führen dürfen. ;)

  • Solange selbst von Anwälten auslegungsbedürftige Anträge gestellt werden, sehe ich da überhaupt kein Problem.

    Was soll das? Dann macht man sich halt doppelte Arbeit und irgendwann kommt dann der Antrag doch. Wie viele notarielle Testamente oder anwaltliche Anträge muss man denn auslegen? Was für ein Quatsch wird von Gerichten entschieden? Wo ist da das „Mindestmaß an Juristerei“? Es ergießt sich oft darin, dass man statt zu entscheiden, lieber verschiebt oder verlagert. Ehrlich? Bei dem Sachverhalt braucht man nach der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht mal einen Antrag. Man kommt sogar über § 1960 BGB von Amts wegen zur Pflegschaft.

    By the way - aus Keidel zu § 23 FamFG:

    „Gegenüber dem Gericht abgegebene Erklärungen und Anträge unterliegen der Auslegung. Hierfür sind die zu § 133 BGB entwickelten Grundsätze maßgebend, soweit Erklärungen einen tatsächlichen oder sachlich rechtlichen Inhalt haben. Die Auslegung verfahrensrechtlicher Anträge und Erklärungen können nur nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts, somit nicht nach den Grundsätzen des materiellen Rechts vorgenommen werden.122 Das Gericht muss nach Möglichkeit den Willen des Erklärenden erforschen; es kann aber nur der Wille in Betracht kommen, der in der Erklärung verkörpert ist.123 Unter Beachtung dieser Grundsätze ist regelmäßig eine wohlwollende Auslegung dahin möglich, dass der Erklärende das nach der erkennbaren Interessenlage erstrebte Ergebnis erreichen will.124Beispielsweise kann eine unzulässige Beschwerde gegen eine Registereintragung in eine Anregung auf Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens umgedeutet werden.“

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • ohje... Nachlassakten fliegen heute wohl wieder tief... (fiskalerbrecht... :gruebel:.. wirklich???)

    den zutreffenden Ausführungen meines Vorredners ist (fast) nichts hinzuzufügen. Das vorgeschlagene Anschreiben von Einstein würde ich so fassen, dass die Kündigung unwirksam sei, und man die Kündigung als Anregung einer Nachlasspflegschaft aufgefasst habe, und diesem mit gesondertem Beschluss (welcer vielleicht soch beigefügt werden kann) entspreche...

  • Ohne weitere Worte.

    Kein Wunder, dass zwischenzeitlich Nachlassrichter und -rechtspfleger Erbscheine so erteilen, wie sie es für inhaltlich richtig erachten. Und zwar ohne Zwischenentscheidung, egal was beantragt ist.

    Bei Gericht habe ich mich aus dem Nachlass schon verabschiedet. Nun auch im Forum. Es ist sinn- und zwecklos geworden, seine Meinung zu äußern.

  • Also bitte! Gerade Sie! Und wir zwei kennen uns persönlich und wissen doch wie wir zwei streitbare Köpfe sind.

    Was ist falsch an dem, was meine Meinung ist? Noch dazu wenn sie durch Kommentierung belegt werden kann? Und ich sage nicht, dass wir einen ESA auslegen. Das ist doch klar und hier überhaupt nicht das Thema. Mit dem Verweis führst du in die Irre bzw. bewusst weg von der schon immer möglichen (wohlwollenden und weitgehenden) Auslegung von Anträgen - so wie ich es dargestellt habe.

    Diskussion lieber Einstein entsteht durch unterschiedliche Ansichten. Und so wie du mit „Mindestmaß an Juristerei“ mich „kitzelst“, wirst du es doch bitte aushalten müssen, wenn ich „zurück kitzle“. Mensch Einstein. Das ist doch kein Angriff gegen dich und dein sicher immenses Fachwissen. Also jedenfalls wollte ich dir nicht persönlich „an den Karren fahren“ und bitte dich um Entschuldigung, wenn ich dich blöd angemacht habe. Das war und ist nicht meine Absicht. Tut mir leid.

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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (4. Mai 2022 um 06:18)

  • Was spricht denn gegen eine Nachfrage? Die Auslegung ergibt, dass der Vermieter eine Kündigung wollte und keine Nachlasspflegschaft. Solange keine Fristen ablaufen (abgelaufen sind), muss man die Auslegung auch nicht überdehnen, um den Beteiligten zu helfen.

  • Was spricht denn gegen eine Nachfrage? Die Auslegung ergibt, dass der Vermieter eine Kündigung wollte und keine Nachlasspflegschaft. Solange keine Fristen ablaufen (abgelaufen sind), muss man die Auslegung auch nicht überdehnen, um den Beteiligten zu helfen.

    Problem dabei ist, dass es dem Vermieter letztlich egal sein kann, ob er es mit einem Nachlasspfleger zu tun hat oder mit dem Gericht. Dem Gericht gegenüber kann er aber keine Willenserklärungen materieller Art (Kündigung des Mietverhältnisses) abgeben, da es an der "Gegenpartei" mangelt. Diese kann nur durch die Erben bzw. einem ges. Vertreter eingenommen werden. leztlich ist es ein "hey, Vermieter. Uns als Gericht gegenüber kannst du den Mietvertrag nicht kündigen, aber wir geben dir nen Nachlasspfleger, dem du diese Erklärung gegenüber abgeben kannst". Für den Vermieter laufen auch Fristen, eben die des § 580 BGB, innerhalb derer die außerordnetliche Kündigung erklären muss... über seine Steuern zahlt der Vermieter einen Teil der Staatskosten für diesen Service eben auch mit, sollte der Nachlass unergiebig sein :D

    und @einstein: es wäre schade, wenn du dich wegen so was aus dem Forum verabschieden würdest. der (streitbare) Austausch von juristisch begründeten Meinungen gehört eben dazu. und deine Beiträge bringen die diskussion eben oft weiter !!! ihr habt beide (gute) Argumente für das eine, wie das andere.

  • Nein! Eine vorschnelle Fiskuserbrechtsfeststellung (und das wäre es hier, weil niemand in der Wohnung nach einem Testament oder Werten bzw. Hinweisen darauf gesucht hat), wäre außerhalb des pflichtgemäßen Ermessens. So kann man das nicht handhaben. Im Prinzip wird man immer erst einen NLP bestellen müssen, bevor man zur Feststellung des Fiskuserbrechts kommen kann.

    Woher willst du das wissen?
    Der Sachverhalt schweigt sich diesbezüglich aus. Wir wissen nur, dass alle bekannten Erben ausgeschlagen haben.

    Wenn also hinreichende Ermittlungen durchgeführt sind, dann liegen die Voraussetzungen für das Fiskalerbrecht vor.
    Es ist durchaus möglich, dass es nahe Angehörige (z.B. Kinder) gab, die Kenntnis vom Inhalt der Wohnung hatten und das Vorliegen eines Testamentes verneinen können und ggf. auch (verneinende) Angaben zu Vermögenswerten machen konnten.

    Als Antrag nach §1961 BGB würde ich das Vorbringen auch nicht auslegen wollen. Dafür ist das erklärte viel zu weit davon weg. Gerade wenn keine Fristen zu beachten sind ist m.E. bei der Auslegung Zurückhaltung angebracht und der Klarstellung auf Nachfrage Vorrang zu geben.

    M.E. ist darauf hinzuweisen, dass die Kündigung unwirksam ist und dass ein Nachlasspfleger auf entsprechenden Antrag hin bestellt werden kann. Letzteres nur, sofern man die Voraussetzungen für das Fiskalerbrecht als nicht gegeben ansieht und keine Veranlassung für die amtswegige Bestellung eines NLP sieht (für beides fehlt es an hinreichenden Angaben im Sachverhalt).
    Zudem kann man dann ggf. gleich auf die erforderliche Substantiierung des Antrages hinweisen, wenn es an dieser fehlt (was bei solch einem Vorbringen i.d.R. der Fall sein wird). Ich hätte bei §1961 BGB gerne den Nachweis der Antragsberechtigung (z.B. durch Mietvertrag) und Vortrag dahingehend, dass kein Fall der §§563, 563a BGB vorliegt.

    OT: weiß eigentlich jemand woher diese Mär kommt, man könne die Kündigung gegenüber dem NLG erklären? Hatte das in meiner Zeit beim NLG auch mehrmals (gerne auch von Anwälten).

  • Das kommt wahrscheinlich daher, dass das NachlG nach der Rechtsprechung auch in unmittelbarer Vertretung der Erben handeln kann (OLG Colmar KGJ 51, 319: Ausübung von Gestaltungsrechten; OLG Tübingen DNotZ 1952, 484: Annahme eines Vertragsangebots und Genehmigung von Verträgen; vgl. auch RGRK-Dickescheid, 12. Aufl., § 1846 Rn. 5: Beantragung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung von Ansprüchen des Nachlasses oder Klageerhebung zum Zweck der Unterbrechung der Verjährung).

    Heutzutage überlässt man dies üblicherweise einem Nachlasspfleger, aber von Rechts wegen ist es schon denkbar, dass das Nachlassgericht im Ausnahmefall selbst handelt. Auch die Freigabe von Nachlassgeldern zum Zweck der Begleichung von Bestattungskosten gehört zu diesem Problemkreis.

  • Auch ich würde nur ungern auf die erbrechtliche Expertise unseres geschätzten Users Einstein verzichten wollen.

    Ich denke, es war hier jeder mal schon so weit, dass er sich aus diesen oder jenen Gründen (meist aus Ärger über andere User) überlegt hat, keine Lust mehr zu haben. Aber bis dato habe ich insoweit immer wieder die Kurve gekriegt und bei Einstein verhält es sich hoffentlich genauso.

  • Dto.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
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  • Hier eine aktuelle neue Ohrfeige des Kammergerichts (diesmal für das AG Berlin-Charlottenburg):

    KG, Beschl. v. 02.09.2021, Az. 19 W 120/21, ErbR 2022, 263 m. Anm. Wendt = openJur 2022, 4287 = ZEV 2022, 307 (LS) = BeckRS 2021, 46081:

    Das Nachlassgericht ist nicht "als Vertreter der unbekannten Erben" zur Kündigung des Mietverhältnisses des Erblassers und zur Freigabe der Wohnung berechtigt und es kann den Vermieter auch nicht auf das Vermieterpfandrecht und die vermieterseits erfolgende Eigenräumung der Wohnung verweisen, weil der nach § 1961 BGB antragstellende Vermieter einen Anspruch darauf hat, seine Ansprüche rechtskonform durchzusetzen.

    Ich frage mich, wann manche Nachlassgerichte das endlich begreifen werden (so sie es nicht bereits begriffen haben und gleichwohl offenkundig rechtswidrig handeln).

    Im entschiedenen Fall hatte das Nachlassgericht den nach § 1961 BGB gestellten Antrag des Vermieters nach etlichen erfolgten Erbausschlagungen zurückgewiesen, weil für eine Pflegschaft nach der gerichtlicherseits erfolgten Kündigung und Freigabe der Wohnung kein Bedürfnis bestehe.

  • Hier eine aktuelle neue Ohrfeige des Kammergerichts (diesmal für das AG Berlin-Charlottenburg):

    KG, Beschl. v. 02.09.2021, Az. 19 W 120/21, ErbR 2022, 263 m. Anm. Wendt = openJur 2022, 4287 = ZEV 2022, 307 (LS) = BeckRS 2021, 46081:

    Das Nachlassgericht ist nicht "als Vertreter der unbekannten Erben" zur Kündigung des Mietverhältnisses des Erblassers und zur Freigabe der Wohnung berechtigt und es kann den Vermieter auch nicht auf das Vermieterpfandrecht und die vermieterseits erfolgende Eigenräumung der Wohnung verweisen, weil der nach § 1961 BGB antragstellende Vermieter einen Anspruch darauf hat, seine Ansprüche rechtskonform durchzusetzen.

    Ich frage mich, wann manche Nachlassgerichte das endlich begreifen werden (so sie es nicht bereits begriffen haben und gleichwohl offenkundig rechtswidrig handeln).

    Im entschiedenen Fall hatte das Nachlassgericht den nach § 1961 BGB gestellten Antrag des Vermieters nach etlichen erfolgten Erbausschlagungen zurückgewiesen, weil für eine Pflegschaft nach der gerichtlicherseits erfolgten Kündigung und Freigabe der Wohnung kein Bedürfnis bestehe.

    *tiefer Seufzer*

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