Thema Diplomarbeit

  • Hallo liebe zukünftige Kollegen,

    ich bin Rechtspflegeranwärterin und werde dieses Jahr mit meinem Studium fertig. Wir können bereits jetzt ein Thema für die Diplomarbeit anmelden, welche keinen praktischen Teil enthalten, sondern lediglich theoretisch ein Thema auf mind. 40 Seiten beleuchten soll.
    Da ich mich für Strafrecht, -prozessrecht und -vollstreckungsrecht sehr interessiere, würde ich mich gerne mit eine Thema aus diesem Bereich beschäftigen.

    Daher wollte ich fragen, ob jemand vielleicht eine Idee oder einen guten Tipp hätte.

    Es wurde zu diesem Thema zwar schon einmal ein Beitrag erstellt, jedoch ist das schon eine Weile her und es gibt vielleicht andere Ideen aufgrund von neuen praktischen Problemen, Gesetzesänderungen, etc.

    Vielen Dank schon mal vorab!:)

  • Wie wäre es mit dem seit dem 18.3.2021 verschärften Geldwäsche-Strafrecht und seine weitreichenden Folgen? Ein echter Systemwechsel. Gibt es auch unzählige Aufsätze zu. Da könnte man unheimlich viel zu schreiben... Vorteil: Zu neu als dass es schon diplomarbeitsmäßig ausgelutscht ist und "alt" genug, um viel Literatur zu finden.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Es ist unabhängig vom Thema zu empfehlen mit der Erstkorrektorin / dem Erstkorrektor das Thema zu besprechen. Es sollte nicht zu allgemein gefasst sein. Gerade bei aktuellen Themen ist wollen häufig sehr Viele das Thema bearbeiten, so dass die Dozenten von zu weit gefassten Themen nicht begeistert sind. Außerdem ist die Gefahr der Verzettelung zu hoch. Meist muss man für die spezielle Problematik das Allgemeine mit abarbeiten. Hier lohnt es sich z.B. einzelne Instrumente wie Arrest, Beschlagnahme etc. sich näher anzuschauen.
    Auch die Einführung der eAkte und der elektronische Rechtsverkehr und die damit verbundenen rechtlichen Fragen könnten interessant sein.

    Ein weiteres Problem aktueller Themen ist die Quellendiskussion. Die entsprechende Literatur ist nicht so exorbitant weit gefächert. Was andereseits aber Raum für Diskussion divergenter Auffassungen gibt, einschließlich der eigenen. Zudem solltest Du die Diskussionen aktuell bis unmittelbar vor Abgabeschluss verfolgen und einarbeiten.

    Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, ein Exotenthema zu bearbeiten. Denn auch die Dozenten freuen sich über Abwechslung. Eventuell gibt es sogar ein Thema, was d. Dozent:in auf Nachfrage vorschlägt. Schau auch mal z.B. auf lto.de unter Strafrecht, verfassungsblog.de, etc. welche Themen aktuell diskutiert werden (z.B. Strafrechtsreform, Umweltstrafrecht, Unternehmensstrafen, Vermögensabschöpfung, Geldwäsche, ...). Sprich auch mit dem d. Dozent:in, inwieweit das Thema Bezug zur Rechtspflegertätigkeit haben soll. Darüber hinaus ruhig mal die Praktiker bei der StA fragen. Zumindest ein Versuch ist es wert.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Ich gehe davon aus, dass förmliche Vorgaben (einschließlich des Genderns) und Gesprächsangebote des Erstkorrektors ohnehin angeboten werden, und habe die Frage ausschließlich so aufgefasst, was aus der Vielfalt des Strafrechts/Strafprozessrechts/Strafvollstreckungsrechts denn genug interessanten Stoff (möglichst mit Rechtspflegerbezug) ergibt, um 40 Seiten (mit vermutlich 6 cm Korrekturrand) zu füllen.

    Mein persönlicher Wunsch wäre dabei, die Besonderheiten der Jugendstrafvollstreckung einmal gebündelt aufbereitet vorzufinden. Die einschlägige Literatur lässt mich Rechtspflegerlein am Amtsgericht da im Regen stehen, da die Vollstreckung ja dem Jugendrichter als Vollstreckungsleiter obliegt. In praxi überträgt der aber alles auf mich Rechtspflegerlein.

    Wer sich sehr für Rechtspolitik interessiert, der könnte sich in einer Diplomarbeit damit befassen, was sich die einzelnen Bundesländer haben einfallen lassen, um die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden. (Zum Einlesen in die Problematik eignet sich etwa das hier: https://kriminologie.uni-koeln.de/sites/kriminol…eitsstrafen.pdf )

    Akut ist auch die "Wiederaufnahme nach rechtskräftigem Freispruch" - wie wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden?

    Wen Feminismus umtreibt, dem bietet der aktuelle Streit um § 219a StGB sicherlich eine Fülle Material, sich mit einem äußerst umstrittenen, vielschichtigen Thema auseinanderzusetzen.

    Das ging jetzt aber schon recht weit von Rechtspflegeraufgabengebieten weg. Im Rechtspflegeraufgabenbereich gibt es natürlich auch noch viele vergütungsrechtliche Fragestellungen. Schade, dass die meisten diese Sachen langweilig finden.

  • Ihr könnt Probleme haben. Ich bemühe mich sicher um eine geschlechtergerechte Sprache. Sie spiegelt die Wirklichkeit besser wieder. Das hat für mich mit Feminismus wenig zu tun. Ich gendere daher, wenn es mir angezeigt scheint. Aber sicher mache ich daraus keine Ideologie. Das hat hier und da Inkonsistenzen zur Folge. Ja mei, entspannt euch. Ich persönlich finde, dass die Doppelpunktvariante den Lesefluss weniger stört, als eine explizite Aufzählung beider Varianten. Vor allem bei längeren Texten. Bei kurzen Texten - wie hier - kann aber auch die Aufführung beider Varianten angemessen sein.

    In einer Diplomarbeit sollte dies mit der Dozentin bzw. dem Dozenten besprochen werden. Ein konsequentes Gendern ist da sowieso nicht möglich, da Gesetzestexte, Urteile, andere Entscheidungen und Kommentare regelmäßig im generischen Maskulinum vorliegen und sich das Gendern von direkten Zitaten eh verbietet. Auch Sprache muss situationsangemessen sein, sei es bei der Diplomarbeit oder im Alltag. Ein Schema F führt zu absurden Ergebnissen.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Wie geändert man "Rechtspflegertätigkeit"?

    Rechtspfleger:innentätigkeit oder die Tätigkeit der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, wenn Du die lange Variante bevorzugst.

    Oder ich fange gar nicht erst damit an ;). Bei Komposita wirkt Gendern eben noch seltsamer. Bürger*innersteig? Lehrer*innenzimmer?

    Das heißt, Du nutzt das generische Femininum? Bürgerinnensteig, Lehrerinnenzimmer :wechlach:

    Im Übrigen gebe ich 15. Meridian Recht :)

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Ohne hier an dieser Stelle weiter auf das Für und Wider und Wie überhaupt eingehen zu wollen finde ich durchaus, dass das Thema gendergerechte Sprache im Alltag der Justiz für eine Diplomarbeit geeignet und lohnenswert sein könnte. Hat allerdings nichts mit dem gewünschten Bezug zum Strafrecht zu tun.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Erstmal vielen Dank für die Antworten und dass ihr euch die Zeit zum Antworten genommen habt. Damit habt Ihr mir wirklich sehr geholfen.

    [QUOTE=Geologe;1233013]Vermögensabschöpfung - sehr ergiebig[/QUOTE]

    Vermögensabschöpfung finde ich eine gute Idee. Ich denke nur da es so breit gefächert ist, müsste man sich auf bestimmte Aspekte davonbeziehen.

    Wie wäre es mit dem seit dem 18.3.2021 verschärften Geldwäsche-Strafrecht und seine weitreichenden Folgen? Ein echter Systemwechsel. Gibt es auch unzählige Aufsätze zu. Da könnte man unheimlich viel zu schreiben... Vorteil: Zu neu als dass es schon diplomarbeitsmäßig ausgelutscht ist und "alt" genug, um viel Literatur zu finden.

    Das Thema hatte ich überhaupt nicht auf den Schirm, klingt aber sehr gut. Gerade da es nichts ist, was jeder bisherhatte und es wirklich genug Literatur gibt. Das behalte ich auf jeden Fall imHinterkopf.

    Ich würde auch die Vollstreckung und Verwertung von Kryptowährungen interessant finden, das werden aber sicher keine 40 Seiten.

    Die Einziehung von Kryptowährung finde ich super, aber leider hatte bereits letztes Jahr jemand das Thema schon L Schade


    Es ist unabhängig vom Thema zu empfehlen mit der Erstkorrektorin / dem Erstkorrektor das Thema zu besprechen. Es sollte nicht zu allgemein gefasst sein. Gerade bei aktuellen Themen ist wollen häufig sehr Viele das Thema bearbeiten, so dass die Dozenten von zu weit gefassten Themen nicht begeistert sind. Außerdem ist die Gefahr der Verzettelung zu hoch. Meist muss man für die spezielle Problematik das Allgemeine mit abarbeiten. Hier lohnt es sich z.B. einzelne Instrumente wie Arrest, Beschlagnahme etc. sich näher anzuschauen.
    Auch die Einführung der eAkte und der elektronische Rechtsverkehr und die damit verbundenen rechtlichen Fragen könnten interessant sein.

    Ein weiteres Problem aktueller Themen ist die Quellendiskussion. Die entsprechende Literatur ist nicht so exorbitant weit gefächert. Was andereseits aber Raum für Diskussion divergenter Auffassungen gibt, einschließlich der eigenen. Zudem solltest Du die Diskussionen aktuell bis unmittelbar vor Abgabeschluss verfolgen und einarbeiten.

    Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, ein Exotenthema zu bearbeiten. Denn auch die Dozenten freuen sich über Abwechslung. Eventuell gibt es sogar ein Thema, was d. Dozent:in auf Nachfrage vorschlägt. Schau auch mal z.B. auf lto.de unter Strafrecht, verfassungsblog.de, etc. welche Themen aktuell diskutiert werden (z.B. Strafrechtsreform, Umweltstrafrecht, Unternehmensstrafen, Vermögensabschöpfung, Geldwäsche, ...). Sprich auch mit dem d. Dozent:in, inwieweit das Thema Bezug zur Rechtspflegertätigkeit haben soll. Darüber hinaus ruhig mal die Praktiker bei der StA fragen. Zumindest ein Versuch ist es wert.



    Danke für den Hinweis. Ich hatte mir bisher gar nicht so genau überlegt, dass es nicht zu allgemein sein darf und man auchbei einem speziellen Thema, allgemeine Voraussetzungen etc. mit beleuchtet werden können. Daher könnte ich mir das auch mit dem Exotenthema vorstellen, weil ich bisher immer nur Angst hatte, ich bekomme dann nicht genug zusammen.
    Danke auch für die Empfehlung von den Websiten, da schaue ich mich nochmal um.
    Ich weiß nur nicht genau etwas mit dem Begriff „Quellendiskussion“ anzufangen.Was genau ist das?
    Ich hab mich bereits in der StA umgehört, aber da kamen leider kaum Ideen.


    Die Jugendstrafvollstreckung finde ich auch interessant.Denkst du man könnte nur dies als Thema nehmen oder müsste man das speziellerfassen? Da würde mir ansonsten etwas einfallen wie "ob das Jugendstrafrecht nochzeitgemäß ist". Ich weiß nur nicht, ob das dann zu gesellschaftsrechtlich wird.
    Aber die Wiederaufnahme nach dem Freispruch finde ich sehr gut. Echt interessant und man könnte die Voraussetzungen gut erklären und hätte einen aktuellen Bezug.



  • Mit Quellendiskussion meine ich folgendes:

    In der Literatur, die Du als Quelle Deiner Arbeit mit heranziehst, wirst Du Meinungen finden und Begründungen zu diesen. Du kannst diese Meinungen und Argumente überzeugend finden oder auch nicht. In jedem Fall musst Du sie diskutieren und Deine eigene Meinung formulieren und begründen. Autoritätsargumente ohne eigene Meinung und Begründung werden nicht so hoch angesehen. Das gilt um so mehr, wenn es noch keine gefestigte Rechtsprechung gibt oder eine bedeutende Mindermeinung existiert. Die Diskussion muss strikt auf das Thema bezogen sein. Wenn ein Exkurs notwendig wird, schreibe dies ausdrücklich und halte ihn so kurz wie möglich.

    Bei neueren Themen ist die Breite der Publikationen häufig überschaubar. Häufig beziehen sich die Autor:innen aufeinander. Dafür mit spannenden Dikussion. Bei älteren Themen kann es mühsam sein zur Primärsquelle vorzudringen, aus der alle zitatenreich schöpfen. Es ist insgesamt immer zu empfehlen, zu versuchen die Primärquelle zu ergründen und die von ihr ausgehenden Diskussionen zu verfolgen. Das vermeidet tradierte Abschreibfehler. Gib niemals Sekundärquellen als Primärquellen aus. Die Dozenten kennen im Zweifel die Abschreibfehler (der anderen). Ein peinlich genaues zitieren sollte selbstverständlich sei.Schreibe Dir von Anfang an ganz exakt auf, wo Du welches direkte oder indirekte Zitat oder Idee her hast. Du kommst später nicht mehr ode rnur mit unverhältnismäßigem Aufwand nach!

    In der Bachelorarbeit kommt es vor allem darauf an, dass Du zeigst, dass Du systematisches wissenschaftliches Arbeiten beherrschst und hierdurch zu einer eigenen begründeten Meinung gelangst. Ob der Dozent oder die Dozentin die Auffassung teilt, ist dabei noch nicht einmal so entscheidend. Du darfst auch Meinungen die diese in der Literatur vertreten diskutieren. Es gibt aber natürlich auch Dozenten und Dozentinnen, die sehr von ihrer Auffassung eingenommen sind. Diese Sorte Eitelkeit führt ggf. schon zu Punktabzug, wenn ihre Veröffentlichung keinen Niederschlag findet. Hier ist also etwas Feingefühl gefragt. Du wirst wissen, wer an Deiner Hochschule dazu gehört. (Wenn Du in Berlin bist, brauchst Du Dir zumindest im Strafrecht über Eitelkeiten keine Gedanken machen. ;-))

    Alles in allem ist so eine Bachelorarbeit eine ziemliche Energieleistung. Um so schöner der Moment, wenn man es geschafft hat. Dafür lohnt es sich :)


    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

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