Pfändung durch das Finanzamt in Hinterlegungssache

  • Hallo zusammen,
    ich habe ein etwas verzwicktes Problem - Telefonate mit Kollegen anderer Hinterlegungsstellen haben mich bisher nicht weitergebracht.
    Folgender Sachverhalt: Hinterlegt ist eine (größere) Summe für unbekannte Erben. Hinterleger war die Bank. Es gibt Erben; diese weigern sich jedoch, einen Erbschein zu beantragen. Die Erbengemeinschaft bestand wohl laut Nachlassakte bisher aus 4 Personen, einer der Miterben ist aber zwischenzeitlich verstorben. Es gibt einen Nacherben, aber das ist wohl noch nicht so ganz geklärt. So weit, so gut.
    Nun liegt mir eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts vor. Gepfändet wird der Anspruch auf Herausnahme aus der Hinterlegung wegen geschuldeter Abgaben. Als Schuldner wird die "Erbengemeinschaft, bestehend aus Person A, Person B, Person B, als Erben nach x" genannt.
    Ich habe jetzt folgende Probleme:
    - Die Erbengemeinschaft ist nicht rechtsfähig. Den Schuldner und den Anspruch muss ja aber in diesem Fall das Finanzamt prüfen. Allerdings ist mir ja aufgrund Beiziehens der Nachlassakte bekannt, dass die Erbengemeinschaft im Übrigen nicht korrekt bezeichnet ist, da das Finanzamt einfach den verstorbenen Miterben ersatzlos gestrichen hat. Ist das mein Problem oder das Problem des Finanzamts? Der Sachbearbeiter hat mir mitgeteilt, dass der Titel nicht auf "Erbengemeinschaft nach x" ohne Nennung der einzelnen Namen umgeschrieben werden kann/darf und dass ich als Drittschuldner im Übrigen gar nicht die Pfändung des Finanzamts überprüfen dürfe, da die Erbenermittlung in diesem Fall einzig und allein diesem obliege.
    - Bisher wurde keine Nachlasspflegschaft angeordnet. Der Sachbearbeiter ist auch der Meinung, dass das Finanzamt dies trotz § 1961 BGB nicht beantragen darf.
    - Die Verfügung ist nicht gesiegelt. Hier hat mir der Sachbearbeiter mitgeteilt, dies sei nicht erforderlich, wobei ich die Verfügung eigentlich als "Ersuchen" ansehe und ein solches müsste ja durchaus gesiegelt sein, oder etwa nicht?
    Hatte schon irgendjemand einen ähnlich gelagerten Fall und hat aufgrund einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung ans Finanzamt ausgezahlt? Muss/darf ich die Pfändung tatsächlich nicht überprüfen und stelle mich einfach auf den Standpunkt, dass es dann das Problem des Finanzamts ist, wenn da irgendwas falsch gelaufen ist?
    Vielen Dank schon mal!

  • Als drittschuldner sollte man nur auf eine pfändung auszahlen, wenn die wirksam ist. So gesehen ist es schon deine Aufgabe das zu prüfen.
    Wenn die pfändung unwirksam ist, hättest du ohne Rechtsgrund an den Gläubiger gezahlt und damit nicht schuldbefreiend. Die Erben könnten noch mal Zahlung verlangen

  • Einen Anspruch auf Auszahlung haben die Erben. Zur Auszahlung muss die Erbenstellung nachgewiesen sein. Daran ändert auch die pfändung nichts.

    Der pfändungsgläubiger hat es ja mit seinem Auszahlungsverlangen nicht einfacher als die Erben. Er müsste also die erbnachweise vorlegen und dann könnte man prüfen ob richtig gepfändet ist, also ob pfändungsschuldner und hinterlegungsempfänger, also Erben überhaupt identisch sind

  • Vielen Dank für deine Antwort! Ok, du siehst das also schon mal so wie ich.
    Ich verstehe auch absolut nicht, wieso der Herr vom Finanzamt, der inzwischen doch schon recht angefressen ist, die ganze Zeit darauf beharrt, dass der Drittschuldner die von ihm ermittelten Erben gar nicht in Frage stellen darf ...

  • Da als Empfangsberechtigte die unbekannten Erben angegeben sind, würde ich auszahlen, sobald durch die Vorlage eines Erbscheins nachgewiesen wurde, dass es sich bei den, in der Pfändungs- und Einziehungsverfügung benannten Personen, um sämtliche unbekannte Erben handelt.

    Aus Drittschuldnersicht dürfte eine Würdigung der nicht vorhandenen Prozessfähigkeit der Erbengemeinschaft nicht angebracht sein.

  • Ich würde auch Auszahlung erwarten, wenn mir ein Titel gegen den Erblasser oder "die unbekannten Erben des X [= Erblasser]" vorgelegt wird.
    Für die Zustellung, so nicht schon zu Lebzeiten des Erblassers an diesen erfolgt, braucht es dann aber den Erbnachweis oder einen Nachlasspfleger.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Die Zustellung an die Erben ist keine Voraussetzung zur Wirksamkeit der Pfändung.

    Unabhängig davon hat der Drittschuldner selbstverständlich zu prüfen, ob der Schuldner korrekt bezeichnet ist. Wie sollte er sonst prüfen können, wessen Ansprüche gepfändet werden sollen? Das ist bei Banken, Arbeitgebern u a nicht anders.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Nach dem Sachverhalt verfügt das Finanzamt über einen Titel gegen den Erblasser, denn sonst würde sich nicht die Frage stellen, auf wen er umzuschreiben ist.

    Weshalb beantragt das Finanzamt also nicht einfach selbst nach § 792 ZPO den erforderlichen Erbschein? Dieser ist nach der aktuellen Rechtslage zu erteilen und verlautbart daher auch den an die Stelle des nachverstorbenen Mit(vor)erben getretenen Nacherben.

  • Herzlichen Dank für eure Antworten!

    Das Finanzamt stellt sich derzeit auf den Standpunkt, dass es einen Erbschein nicht beantragen darf, da ein eigener Titel vollstreckt wird und hat mir diesbezüglich auch eine entsprechende Entscheidung vorgelegt; inzwischen habe ich aber mit einer Kollegin herausgefunden, dass diese Entscheidung nicht anwendbar ist. Ich bin gespannt, wie sie darauf reagieren.

    Ich dachte ja eigentlich auch, dass das Finanzamt nach § 1961 BGB in diesem Fall selbst die Nachlasspflegschaft beantragen darf - laut dem Finanzamt geht das ja aber auch nicht.

    Leider teilt mir das Finanzamt halt auch nicht, um was für einen Anspruch es sich konkret handelt, also ob es Schulden vom Erblasser sind, die vererbt wurden, oder ob die Schulden erst mit dem Erbfall eingetreten sind (nicht gezahlte Erbschaftssteuer). Meiner Meinung nach wäre das sehr wohl ein Unterschied. Das FA beruft sich aber auf das Steuergeheimnis und gibt keine weitere Auskunft. Wobei ich mich da frage, inwiefern ich das überhaupt weiter prüfen muss ...

    Ich habe dem FA jetzt mal schriftlich mitgeteilt, welche Bedenken ich habe und bin gespannt, wie sich der Sachbearbeiter dazu äußert.

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