Eine Angelegenheit - Arbeitsrecht

  • Hallo,

    da ich in nach Recherche in Kommentaren und hier im Forum keinen vergleichbaren Fall gefunden habe, wollte ich mal fragen, ob mir hier jemand einen Tipp zu folgendem Fall geben kann:

    Es werden 4 Scheine beantragt (der erste davon bereits erteilt, die drei weiteren wurden im Nachgang beantragt):

    - Forderung ausstehendes Gehalt
    - Arbeitsvertrag (es lag kein schriftlicher Arbeitsvertrag vor)
    - Urlaubsabgeltung
    - Arbeitszeugnis

    resultierend aus der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem ehem. Arbeitgeber. Somit dürfte aus meiner Sicht ein innerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Ansprüchen bestehen und es wäre nur ein Schein zu erteilen.

    Über weitere Meinungen würde ich mich freuen!:)

  • Da über jede der Forderungen getrennt entschieden werden könnte, ohne dass es dabei der Entscheidung über das jeweilig andere bedarf, sind es m.E. verschiedene Angelegenheiten. Die Kündigung war lediglich der gemeinsame Anlass, stellt aber keinen inneren Zusammenhang her.

    Anders aber, wenn die verschiedenen Gegenstände aufgrund eines einheitlichen Auftrags in einer Klage, in einem Schriftsatz verfolgt werden. Dann sind sie eine Angelegenheit. vgl. BeckOK zu § 15 RVG, denn das Arbeitsverhältniss ist natürlich das verbindende Lebensverhältnis, dass den inneren Zusammenhang begründet. Es gibt aber keinen (inneren) Zwang, diese Angelegenheiten in einem Auftrag zu bearbeiten.

    Anders ausgedrückt, wenn der Anwalt Gebühren maximieren will, verfolgt er die einzelnen Angelegenheiten aufgrund verschiedener Aufträge in verschiedenen Verfahren.

    pareo, non servio (Diener bin ich, nicht Sklave)

  • Mache schon ein paar Jahr keine BerH mehr, allerdings habe ich in solchen Fällen nur BerH für eine Angelegenheit bewilligt. Was letztendlich wie und in welcher Form eingeklagt wird, steht ja auf einem ganz anderen Blatt.

    Der Begriff der „Angelegenheit“ ist nicht identisch mit dem „Gegenstand“ der anwaltlichen Tätigkeit und ist daher von diesem Begriff abzugrenzen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Angelegenheit mehrere Gegenstände umfasst. Es gilt vielmehr die Gesamtumstände zu überprüfen (Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel – Beratungs- und Prozess-, Verfahrenskostenhilfe, Randnummer 216/217).

    Nach herrschender Meinung gibt es drei Kriterien, aufgrund derer überprüft werden kann, ob dieselbe oder mehrere Angelegenheiten vorliegen. Das wären die Gleichzeitigkeit und Einheitlichkeit des Auftrages, Gleichartigkeit des Verfahrens und der innere Zusammenhang der Beratungsgegenstände (Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel – Beratungs- und Prozess-, Verfahrenskostenhilfe, Randnummer 218 - 221).

    Objektiv betrachtet kann es sich also bei den gestellten Anträgen nur um eine Angelegenheit handeln. Der Rechtsanwalt wurde mit allen Aufträgen gleichzeitig oder aber in unmittelbarer zeitlicher Nähe beauftragt. Bei allen Anträgen handelt es sich um arbeitsrechtliche Problematiken. Unstreitig dürfte weiterhin der innere Zusammenhang der Beratungsgegenstände sein. Sowohl die Forderung nach einem Arbeitszeugnis, die Urlaubsabgeltung als auch die Schließung eines Arbeitsvertrags betreffen alle einen einheitlichen Lebenssachverhalt, nämlich das (ehemalige) Arbeitsverhältnis (Lissner/ Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel – Beratungs- und Prozess-, Verfahrenskostenhilfe, Randnummer 235).

    Aber wie gesagt, ich mache es schon ein paar Jahre nicht mehr und evtl. steht in neueren Kommentaren auch etwas anderes... :confused:


  • […] wäre nur ein Schein zu erteilen.
    Über weitere Meinungen würde ich mich freuen!:)

    Die Frage der Anzahl der Angelegenheiten ist, unabhängig der Anzahl der erteilten Berechtigungsscheine, erst abschließend bei der Gebührenfestsetzung zu berücksichtigen.
    Wegen der Selbständigkeit des Verfahrens auf Bewilligung von Beratungshilfe einerseits und auf Feststellung der Vergütung andererseits ist zwischen ihnen keine Bindungswirkung gegeben.

    Das heißt für das Verfahren auf Bewilligung von Beratungshilfe :

    • Es dürfen vier Berechtigungsscheine erteilt werden, selbst wenn es sich um nur eine Angelegenheit handelt.
    • Es darf aber auch nur ein Berechtigungsschein erteilen, selbst wenn es sich um vier Angelegenheiten handelt.

    Das heißt für das Verfahren auf Feststellung der Vergütung:

    • Wenn die Beratungsperson vier Angelegenheiten liquidieren möchte, darf für vier Angelegenheiten festgesetzt werden, selbst wenn nur ein Schein erteilt ist, wenn man der Rechtsauffassung ist, dass es sich um vier Angelegenheiten handelt.
    • Wenn die Beratungsperson vier Angelegenheiten liquidieren möchte, darf für nur eine Angelegenheit festgesetzt werden, auch wenn vier Scheine erteilt wurden, wenn man der Rechtsauffassung ist, dass es sich um nur eine Angelegenheit handelt.

  • […] wäre nur ein Schein zu erteilen.
    Über weitere Meinungen würde ich mich freuen!:)

    Die Frage der Anzahl der Angelegenheiten ist, unabhängig der Anzahl der erteilten Berechtigungsscheine, erst abschließend bei der Gebührenfestsetzung zu berücksichtigen.
    Wegen der Selbständigkeit des Verfahrens auf Bewilligung von Beratungshilfe einerseits und auf Feststellung der Vergütung andererseits ist zwischen ihnen keine Bindungswirkung gegeben.

    Das heißt für das Verfahren auf Bewilligung von Beratungshilfe :

    • Es dürfen vier Berechtigungsscheine erteilt werden, selbst wenn es sich um nur eine Angelegenheit handelt.
    • Es darf aber auch nur ein Berechtigungsschein erteilen, selbst wenn es sich um vier Angelegenheiten handelt.

    Das heißt für das Verfahren auf Feststellung der Vergütung:

    • Wenn die Beratungsperson vier Angelegenheiten liquidieren möchte, darf für vier Angelegenheiten festgesetzt werden, selbst wenn nur ein Schein erteilt ist, wenn man der Rechtsauffassung ist, dass es sich um vier Angelegenheiten handelt.
    • Wenn die Beratungsperson vier Angelegenheiten liquidieren möchte, darf für nur eine Angelegenheit festgesetzt werden, auch wenn vier Scheine erteilt wurden, wenn man der Rechtsauffassung ist, dass es sich um nur eine Angelegenheit handelt.

    Da magst Du Recht haben. Sind aber erst mal vier Scheine draußen, ist es schwierig zu argumentieren, wenn man dann bei der Festsetzung nur eine Angelegenheit sieht. Schließlich erwecken die Scheine für den Anwalt den Anschein, dass das Gericht hier entsprechende Anzahl an Angelegenheit annimmt.

    Nach dem Sachverhalt würde ich hier dazu neigen, nur einen Schein zu erteilen, da ein einheitlicher Sachverhalt zugrundeliegt (Kündigung Arbeitsverhältnis) und nun eben eine 360°-Betrachtung dieses einen Sachverhalts erfolgen soll. Sollte sich dann herausstellen, dass der Sachverhalt so komplex ist, dass man tatsächlich weitere Angelegenheiten annehmen kann, kann man immer noch nachsteuern.

  • :daumenrau

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