Dauervermächtnisvollstreckung und Erfüllung des Vermächtnisses

  • Hallo,

    ich habe in einer Nachlasssache ein privatschriftliches Testament vorliegen, welches u.a. eine Dauervermächtnisvollstreckung beinhaltet. Das Testament enthält keine Angaben, ob der Testamentsvollstrecker auch für die Erfüllung des Vermächtnisses zuständig ist. Vermächtnisnehmerin ist ein minderjähriges Kind.

    Würdet ihr die Auffassung vertreten, dass die Dauervermächtnisvollstreckung grds. auch die Erfüllung des Vermächtnisses auf Seiten des Vermächtnisnehmers beinhaltet?

    Ich habe hierzu unterschiedliche Auffassungen gefunden. Nach BGH NJW 1954,1036f. RdNr. 29 a.E. umfasst die Dauervermächtnisvollstreckung grds. nicht die Erfüllung des Vermächtnisanspruchs.

    Es gibt noch eine Entscheidung des OLG Hamm FamRZ 2011,329ff. Dort lag u.a. auch neben einer Vermächtnisvollstreckung eine Dauervermächtnisvollstreckung vor. In dem Testament wurde jedoch ausdrücklich angeordnet, dass der Testamentsvollstrecker die Befugnis hat, die Vermächtnisse zu erfüllen. Das OLG Hamm stellt noch klar, dass bei einer Vermächtnisvollstreckung nach § 2223 BGB der Testamentsvollstrecker auch die Befugnis hat, die Entgegennahme der Auflassung für den Vermächtnisnehmer zu erklären. Bei § 2223 BGB kann es sich aber eigentlich nur um die Entgegennahme der Auflassung für den Untervermächtnisnehmer oder Nachvermächtnisnehmer handeln. Ich kann eigentlich § 2223 BGB nicht heranziehen, um zu begründen, dass der Testamentsvollstrecker auch für den Hauptvermächtnisnehmer das Vermächtnis durch Annahme erfüllen kann.

    Dann noch eine Rückfrage zu Problemen im Grundbuchverkehr. Dem Grundbuchamt dürfte regelmäßig die Dauervermächtnisvollstreckung nicht bekannt sein. Es kann also sein, dass das GBA die Eigentumsumschreibung (Auflassung zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer) vollzogen hat. Nach OLG München FamRZ 2016,1811f. juris RdNr. 15 hat das Grundbuchamt aber insoweit nichts falsch gemacht, weil dem Grundbuchamt Hinweise auf die Dauervermächtnisvollstreckung nicht vorlagen und Ermittlungen von Amts wegen nicht veranlasst sind. Vertrete ich die Auffassung, dass auch die Erfüllung des Vermächtnisses von der Testamentsvollstreckung erfasst wird, ist die Auflassung ja weiterhin materiell-rechtlich unwirksam. Muss dann nicht der Testamentsvollstrecker und die Erben die Auflassung wiederholen und die neue Auflassung zur Grundbuchakte einreichen?

  • In welchem Zusammenhang bist Du mit der Frage befasst? Geht es um die evtl. Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses?

    Ansonsten dürfte die Frage eine solche zivilrechtlicher Natur sein, für deren Beantwortung (gegenüber Dritten) Du eigentlich gar nicht zuständig sein dürftest.

  • Aktuell liegt mir ein Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses vor.
    Über den Antrag muss ich als Rechtspfleger entscheiden (die Angelegenheiten werden in NRW mittlerweile vom Rechtspfleger bearbeitet).

    In dem Testamentsvollstreckerzeugnis sind gesetzliche Befugnisse des Testamentsvollstreckers nicht aufzuführen
    (OLG Hamm FamRZ 2005,70f.). Da es umstritten ist, ob die Erfüllung von Vermächtnissen auf Seiten des Vermächtnisnehmers von dem Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers (Dauervollstreckung) umfasst sind, müsste ich dies eigentlich im TV-Zeugnis positiv oder negativ aufführen.

  • Des Rätsels Lösung dürfte sein, dass es sich bei der den Erben beschwerenden TV und bei der den Vermächtnisnehmer beschwerenden TV im Rechtssinne um zwei verschiedene Testamentsvollstreckungen handelt. Ist nur der Erbe beschwert, kann überhaupt keine Vermächtnis-TV vorliegen und ist es (auch) eine Dauervermächtnis-TV, weil der TV den Vermächtnisgegenstand für bestimmte Zeit für den VM verwalten soll, liegt es in der Natur der Dinge, dass der VM-TV auch für die rechtsgeschäftliche Erfüllungshandlung auf Seiten des VM zuständig ist.

    Dementsprechend ist der Erben-TV-Vermerk im Zuge der Eintragung der Erbfolge im Grundbuch einzutragen (sofern die Veräußerung an den VM nicht ohne Voreintragung der Erbfolge erfolgt) und der Vermächtnis-TV-Vermerk erst Zug zum Zug mit Eigentumsumschreibung auf den VM (unter Löschung des Erben-TV-Vermerks).

    Wenn keine Dauer-Vermächtnis-TV angeordnet ist, stellt sich die Frage, ob überhaupt eine VM-TV (in diesem Fall: nur für die Erfüllungshandlung auf Seiten des VM) angeordnet ist. Das dürfte regelmäßig nicht der Fall sein.

  • Das privatschriftliche Testament enthält nur folgenden Passus:

    Die treuhänderische Verwaltung bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres soll die Tochter xxx (= Kindesmutter) übernehmen. Soll dieser etwas zustoßen, soll die Verwaltung der Bruder und der Vater übernehmen.

    Ich habe dies als Dauervermächtnisvollstreckung bis zum 18. Lebensjahr der Vermächtnisnehmerin ausgelegt. In diesem Rahmen stellte sich dann die Frage, ob die Vermächtnisvollstreckung auch die Erfüllung des Vermächtnisses umfasst.

    Hierzu habe ich direkt nur die alte BGH-Entscheidung gefunden, die mir zunächst merkwürdig vorkam (der Testamentsvollstrecker kann ja nur handeln, wenn zuvor das Vermächtnis erfüllt worden ist). Die meisten Rechtspfleger waren der Auffassung, der Testamentsvollstrecker müsste auch für den Vermächtnisnehmer das Vermächtnis annehmen können.

  • [FONT=&quot] Bei angeordneter Dauervermächtnisvollstreckung im Hinblick auf vermächtnisweise zugewendeten Grundbesitz erstreckt sich die Verfügungsbefugnis des Vermächtnisvollstreckers auch auf die Entgegennahme der seitens der Erben erklärten Auflassung, und zwar unabhängig davon, ob der Bedachte das Vermächtnis bereits angenommen hat (OLG München Rpfleger 2013, 453 = FamRZ 2013, 1928 = ZEV 2013, 620).


    [/FONT][FONT=&quot][/FONT]

  • Ich habe folgendes notarielles Testament:
    Als Alleinerbe wird der Großneffe eingesetzt. Zudem wird der Testamentsvollstreckerin und Mutter des Alleinerben Grundbesitz als Vorvermächtnis zugewandt. Nachvermächtnisnehmer ist der Alleinerbe.
    Des weiteren ordnet der Erbl. folgende Testamentsvollstreckung an: "Als Testamentsvollstreckerin ernenne ich meine Nichte. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, den Nachlass zu verwalten unter Beachtung der Erbfolge hinsichtlich der Erbeinsetzung und hinsichtlich des Vermächtnisses. Das Amt des Testamentsvollstreckers endet für den Großneffen mit der Vollendung seines 25.Lebensjahres."

    Es liegt mir ein notarieller Antrag auf Erteilung eines TV-zeugnisses vor, der weder die Angabe enthält, ob Verwaltungs- oder Dauertestamentsvollstreckung angeordnet ist geschweige denn die zeitliche Befristung hinsichtlich des Alleinerben angibt. Beantragt ist lediglich "die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses".
    Dies ist zu beanstanden.
    Wie wäre denn eurer Meinung nach das TV-Zeugnis zu formulieren, wenn ein korrekter Antrag vorliegt und die Anhörung stattgefunden hat?
    Ich bin mir hinsichtlich des Vor- und Nachvermächtnisses unsicher. Soll die komplette TV mit dem 25. Lebensjahr des Alleinerben enden oder soll sie bzgl. des Vermächtnisses bestehen bleiben?

    Vielen lieben Dank für eure Meinungen!

    2 Mal editiert, zuletzt von Karo (18. August 2022 um 14:17)

  • Vielen Dank für deine Meinung! Der Erbe ist 18 Jahre alt.
    Hat noch jd. einen Formulierungsvorschlag für das Zeugnis?

    "Die Nichte ist zur Testamentsvollstreckerin ernannt worden.
    Dauervollstreckung gem. § 2209 S.1, 1. Halbs. BGB ist angeordnet. Gem. § 2210 BGB dauert die Verwaltung fort bis zum 25. Lebensjahr des Erben."

    Ist etwas zum Vermächtnis mit aufzunehmen?

    Nach Erteilung des Zeugnisses eine Frist notieren und das Zeugnis bei Erreichen des 25. Lebensjahres des Erben einziehen/zurückfordern?

    Einmal editiert, zuletzt von Karo (19. August 2022 um 13:19)

  • Hallo an alle!

    Ich hoffe, ihr hattet schöne freie Tage.

    Ich wäre für eure Meinung zu folgender Sache dankbar:

    ein Kollege von mir hat 2019 eine Grundbuchberichtigung nebst TV-Vermerk eingetragen. Erbe ist A.

    Vorgelegt wurde damals ein Erbschein als auch ein TV-Zeugnis. Folgendes steht bzgl. der TV drin:

    Der Wirkungskreis der TV umfasst den Zweck der Vermächtniserfüllung und der dauernden Verwaltung des an C (=kein Erbe!)

    Zugewendeten einschl. der Erträge hieraus.

    Es handelt sich um eine Dauertestamentsvollstreckung.


    Der Erbe A macht bei uns "Terror", weil er der festen Ansicht ist, der TV-Vermerk im Grundbuch sei falsch.

    Aber das wäre ja nur der Fall, wenn es sich hier um eine reine Vermächtnisvollstreckung handeln würde oder? Ich bin der Ansicht, das ist hier nicht der Fall. Müsste A dann nicht sich an das Nachlassgericht wenden, wenn er meint, der Erbschein sei bzgl. der TV falsch oder muss ich als Grundbuchamt prüfen, ob das Grundstück von dem Vermächtnis umfasst ist?

    Ich wäre für Meinungen sehr dankbar.

    Liebe Grüße!

  • Genau das ist das Problem. Im Erbschein steht nur das, was ich oben geschrieben habe. Der Kollege hat auf der Grundlage eingetragen. Ich frage mich, ob wir hätten prüfen müssen, ob das Grundstück von dem Vermächtnis erfasst ist. Aber grds. dürfen wir doch auf die Richtigkeit des Erbscheins vertrauen.

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