Genehmigung der Ausschlagungserklärung nicht beim Nachlassgericht abgegeben

  • Die Ausschlagungserklärung der Mutter eines Minderjährigen wurde von mir familiengerichtlich genehmigt, da der Nachlass überschuldet war.

    Die Ausfertigung des Genehmigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk habe ich an die Mutter zugestellt und das Zustellungsdatum dem Nachlassgericht mitgeteilt.

    Auf meine Anfrage teilt das Nachlassgericht nun mit, dass die vorgenannte Ausfertigung innerhalb der Ausschlagungsfrist dort nicht eingegangen ist.

    Der Minderjährige ist somit Erbe geworden und hat Schulden geerbt, soweit sich an der Zusammensetzung des Nachlasses seit meiner Genehmigung nichts geändert hat. Die Erbenstellung des Minderjährigen wird allerdings nur in einem Erbscheinerteilungsverfahren geprüft, zu dem es eventuell -mangels Antragstellung- nie kommt.

    Mich würde interessieren, was Ihr in einem solchen Fall macht. Möglich wäre m. E. die Einleitung eines Verfahrens zum Entzug der Vermögenssorge nach § 1666 Abs. 3 BGB (Zuständigkeit Rechtspfleger) oder die Aufforderung an die Mutter, gem. § 1667 das Vermögen des Minderjährigen zu verzeichnen (Zuständigkeit Rechtspfleger).

    Was würdet Ihr hier machen?

  • Die Suche mit den Begriffen "Erbausschlagung" und "Gebrauch" im Forum Familie und Vormundschaft liefert reichlich Ergebnisse.
    Siehe zum Beispiel hier (mit weiteren Links):

    Entziehung der Vermögenssorge nach §1666 BGB (rechtspflegerforum.de)

    Vorliegend ist der Erblasser der Vater des Minderjährigen, für den von seiner Mutter ausgeschlagen wurde. Somit ist naheliegend, dass die Mutter derzeit die alleinige elterliche Sorge ausübt. Eine Zuständigkeit des Richters (Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil alleine - wie teilweise in den mitgeteilten Links besprochen) dürfte damit ausscheiden.

    Ich muss mich daher entscheiden, ob ich etwas unternehme oder nicht.

    Wie handhabt Ihr das konkret?

  • Habe da in den letzten 10 Jahren gefühlt 5 Fälle dieser Art gehabt und nie was unternommen, weil das Kind nun mal in den Brunnen gefallen ist und es mit den Vorschriften über die Begrenzung der Erbenhaftung oder über § 1629a BGB noch Möglichkeiten gibt, den Schaden zu begrenzen.
    "Entzug der Vermögenssorge nach § 1666 Abs. 3 BGB (Zuständigkeit Rechtspfleger) Halte ich für überzogen und zudem kann man damit auch nichts rückgängig machen

    oder die Aufforderung an die Mutter, gem. § 1667 das Vermögen des Minderjährigen zu verzeichnen (Zuständigkeit Rechtspfleger)." Was sollte das auch bringen?

    Einen Hinweis, sich - ggf. über Beratungshilfe - eines Anwalts zu bedienen, um nach Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung zu suchen, habe ich aber dennoch immer gegeben.

    Die nicht abgegebene Genehmigung beim Nachlassgericht führt ja im Übrigen zu demselben Ergebnis wie eine gar nicht erst erklärte Erbausschlagung, von der wir häufig gar nichts erst mitbekommen und was ganz sicher auch regelmäßig bei überschuldeten Nachlässen passiert.

  • Habe da in den letzten 10 Jahren gefühlt 5 Fälle dieser Art gehabt und nie was unternommen, weil das Kind nun mal in den Brunnen gefallen ist und es mit den Vorschriften über die Begrenzung der Erbenhaftung oder über § 1629a BGB noch Möglichkeiten gibt, den Schaden zu begrenzen.
    "Entzug der Vermögenssorge nach § 1666 Abs. 3 BGB (Zuständigkeit Rechtspfleger) Halte ich für überzogen und zudem kann man damit auch nichts rückgängig machen

    oder die Aufforderung an die Mutter, gem. § 1667 das Vermögen des Minderjährigen zu verzeichnen (Zuständigkeit Rechtspfleger)." Was sollte das auch bringen?

    Einen Hinweis, sich - ggf. über Beratungshilfe - eines Anwalts zu bedienen, um nach Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung zu suchen, habe ich aber dennoch immer gegeben.

    Die nicht abgegebene Genehmigung beim Nachlassgericht führt ja im Übrigen zu demselben Ergebnis wie eine gar nicht erst erklärte Erbausschlagung, von der wir häufig gar nichts erst mitbekommen und was ganz sicher auch regelmäßig bei überschuldeten Nachlässen passiert.

    Ein sehr treffendes Statement! Alles drin und auf den Punkt gebracht. Ich schließe mich in vollem Umfang an.

  • Die Verlinkung führt leider zu einer BGH Entscheidung, der Beschluss des OLG Koblenz ist aber sehr lesenswert daher nochmal mit richtiger Verlinkung: OLG Koblenz Beschl. v. 14.5.2021 – 9 UF 669/20, FamRZ 2021, 1889

    Diese liest sich ganz interessant.

    Dennoch frage ich mich, ob man die Entscheidung des OLG Koblenz auf sämtliche Fälle des Nichtgebrauchmachens von der Genehmigung der Erbausschlagung anwenden sollte/müsste.

    Es bleibt doch dem betroffenen Kind bei Eintritt der Volljährigkeit die Möglichkeit, seine Haftung zu beschränken, § 1629a BGB. Daher legen wir entsprechende Aktne auf Frist, um kurz vor Volljährigkeit dem Kind einen entsprechenden Hinweis zu geben.

    Wie sehen das andere Kolleginnen und Kollegen?


  • Es bleibt doch dem betroffenen Kind bei Eintritt der Volljährigkeit die Möglichkeit, seine Haftung zu beschränken, § 1629a BGB.

    Vermögen, das bereits vorhanden ist oder bis zur Volljährigkeit noch erworben wird, wird dadurch aber nicht geschützt.

    Die betroffenen Kinder haben häufig kein (nennenswertes) Vermögen in den Fällen der Nichteinreichung der Genehmigung, so zumindest meine Erfahrung.

    Sehr oft kommt einem der betreffende Elternteil bzw. dessen schlechte wirtschaftliche Verhältnisse aus der VKH-Überprüfung bekannt vor. Vermögen des Kindes ist da m. E. nicht zu erwarten.
    Wer mehrere Fachgebiete bearbeitet, dem ist dann ggf. der Elternteil auch schon in der Zwangsvollstreckungsabteilung als Schuldner aufgefallen.

    M. E. stellt sich daher die Frage, ob ein Teilentzug der elterlichen Sorge nicht erst bzw. nur erfolgen sollte, wenn das Kind tatsächlich Vermögen besitzt.

  • M. E. stellt sich daher die Frage, ob ein Teilentzug der elterlichen Sorge nicht erst bzw. nur erfolgen sollte, wenn das Kind tatsächlich Vermögen besitzt.

    Vielleicht.
    Aber vom Anfall des Vermögens (von dem du erstmal erfahren musst und hoffentlich erinnerst du dich dann an die vergeigte Ausschlagung) bis zum Teilentzug des Sorgerechts und der Haftungsbeschränkung wird etwas Zeit vergehen. Es ist zwar unwahrscheinlich aber nicht ausgeschlossen, dass in der Zwischenzeit ein Gläubiger vollstreckt.

  • M. E. stellt sich daher die Frage, ob ein Teilentzug der elterlichen Sorge nicht erst bzw. nur erfolgen sollte, wenn das Kind tatsächlich Vermögen besitzt.

    Vielleicht.
    Aber vom Anfall des Vermögens (von dem du erstmal erfahren musst und hoffentlich erinnerst du dich dann an die vergeigte Ausschlagung) bis zum Teilentzug des Sorgerechts und der Haftungsbeschränkung wird etwas Zeit vergehen. Es ist zwar unwahrscheinlich aber nicht ausgeschlossen, dass in der Zwischenzeit ein Gläubiger vollstreckt.

    Zu welchem Zeitpunkt bzw. in welchen Fällen würdest du denn ein entsprechendes Verfahren einleiten?

    a) sogleich, wenn dem FamG bekannt wurde, dass das Kind wegen Nichteinreichung der Genehmigung Erbe geworden ist oder

    b) nur, wenn sich in der Nachlassakte bereits Anfragen von Gläubigern nach den Erben des Verstorbenen befinden


    Gern können auch andere ihre Meinung kundtun. Leider handelt es sich ja um ein wiederkehrendes Problem.

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