Löschung Dienstbarkeit trotz Herrschvermerk - Widerspruch?

  • Hallo zusammen,
    ich könnte mal bitte ein wenig Input gebrauchen, wie ich eine blöde Sache möglichst unkompliziert bereinigt bekomme. Achtung, könnte etwas länger (und wirrer) werden:

    Ein Flurstück vorne an der Straße, nennen wir es 100 und ein Flurstück dahinter, sagen wir 200, liegen so vor sich hin. 200 soll bebaut werden, weshalb dem jeweiligen Eigentümer von 200 ein Wegerecht zulasten von 100 eingeräumt wird. Der Weg soll "eine angemessene Breite" haben, befestigt werden und zum Befahren mit Fahrzeugen aller Art dienen. Als Lage wird festgelegt die westliche Grundstücksgrenze von FS 100.
    Später wird FS 100 geteilt in 101 und 102 (liegt östlich von 101), wobei es sich fortan bei FS 101 nach Beschrieb und auch Flurkarte um einen Weg handelt. Nachträglich wird ein Herrschvermerk eingetragen, der naturgemäß in der Veränderungsspalte landet.
    FS 102 wird mit der Dienstbarkeit in das Blatt 1002 übertragen. Der Herrschvermerk nicht.
    FS 200 wird ebenfalls geteilt in 201 und 202. 201 wird abgeschrieben nach Blatt 2001, 202 wird abgeschrieben nach Blatt 2002. Der Herrschvermerk wird jeweils nicht berichtigt, sondern verweist weiterhin auf das Blatt, in dem (jetzt nur noch) FS 101 eingetragen ist.
    Flurstück 202 wird verkauft, für den Käufer wird eine Auflassungsvormerkung eingetragen.
    Zeitlich danach beantragt der Eigentümer von FS 102, die Grunddienstbarkeit in seinem Blatt zu löschen.
    Die damaligen Eigentümer in Blatt 2001 und 2002 bewilligen die Löschung. Der AV-Berechtigte wird nicht beteiligt, da durch die fehlerhaften Vermerke nicht ersichtlich war, dass er zustimmen muss. Insgesamt war die Geschichte nochmal komplizierter, aber festzuhalten bleibt: Löschung der Dienstbarkeit auf einem der belasteten Flurstücke ohne die erforderliche Zustimmung des AV-Berechtigten.
    Der Eigentumswechsel auf den Käufer wird vollzogen. Zuvor hatte es in dem Eigentümerbestand aller beteiligten Grundbuchblätter keine Veränderungen gegenüber dem Stand bei Bewilligung und Eintragung des Rechts gegeben.
    Bereits kurz darauf kommt es zu Schwierigkeiten tatsächlicher Art (störender Zaun, falsch geparkte Autos…) bei der Ausübung des Wegerechts, der Eigentümer von FS 102 verweist darauf, dass sein Grundstück aus der Nummer raus ist und die ganze Sache kommt ins Rollen.

    Akten gesichert, Fall angelegt, Einsichtsverbot gesetzt, das volle Programm und dann habe ich natürlich gleich geprüft, ob ich einen Amtswiderspruch eintragen muss.
    Von Amts wegen gelöscht hätte ich das Recht auf FS 102 seinerzeit nach Teilung nicht. Ich hätte auch – bei Kenntnis des Herrschvermerks - nicht ohne Zustimmung des AV-Berechtigten gelöscht. Um grundbuchrechtlich völlig sicher zu sein, dass die Ausübungsstelle des Rechts nicht auch auf Flurstück 102 liegt, wäre mir die Bewilligung zu vage gewesen.
    Ich bin mir allerdings nach allen Karten und Urkunden, die mir zugänglich sind, zu fast 100% sicher, dass das Grundbuch durch die Löschung eben nicht unrichtig geworden ist, sondern von Anfang an das jetzt als „Weg“ bezeichnete FS 101 die Ausübungsstelle darstellt.
    Mit der Eintragung eines Widerspruchs von Amts wegen hätte ich mich daher etwas schwer getan. Allerdings habe ich jetzt einen Antrag des Eigentümers von FS 202 vorliegen, mit dem er die Grundbuchunrichtigkeit glaubhaft macht.

    Und um mein Glück perfekt zu machen meldet sich jetzt auch noch der Anwalt des Eigentümers des jetzt noch belasteten FS 101 und beantragt Grundbuchauszüge vom eigenen und dem herrschenden Grundstück. Durch das gesetzte Einsichtsverbot hat die Geschäftsstelle natürlich gesehen, dass da was nicht stimmt und mich informiert.

    Mein ursprünglicher Plan war, den Antrag auf Eintragung des Widerspruchs der „Gegenseite“, also dem Eigentümer von FS 102, zur Stellungnahme zu schicken mit der Ankündigung, dass ich beabsichtige einen Amtswiderspruch einzutragen, gleichzeitig aber anrege, zu dessen Vermeidung die Wiedereintragung des Rechts zu beantragen. Einen vorbereiteten Antrag hätte ich mitgeschickt. Rangverlust wäre nicht eingetreten.
    Der Antrag auf Grundbuchauszug hat mich etwas ins Schleudern gebracht und ich überlege, ob nicht doch die sofortige Eintragung des Widerspruchs (und natürlich gleichzeitige Berichtigung aller nicht fortgeschriebenen Herrschvermerke) die bessere Variante ist.

    Oder habt ihr womöglich noch eine ganz andere Idee, wie ich es am besten anpacke? Sorry, ist arg lang geworden, aber zu viel straffen wollte ich den Sachverhalt dann doch nicht.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • "In angemessener Breite an der westlichen Grundstücksgrenze" ist doch mehr als deutlich als Beleg dafür, daß das Flurstück 102 nicht mehr betroffen sein kann. Oder ist 101 so schmal, daß eine angemessene Breite nicht mehr erreicht wird? Blöd ist natürlich die unterbliebene Beteiligung des Vormerkungsberechtigten, die jetzt aus diesem rein formalen Grund zur Eintragung eines Widerspruches gegen die Löschung mit ihm als Berechtigten führen wird. Das klingt für mich nach einem (un-)schönen Zivilrechtsstreit.

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    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • "In angemessener Breite an der westlichen Grundstücksgrenze" ist doch mehr als deutlich als Beleg dafür, daß das Flurstück 102 nicht mehr betroffen sein kann. Oder ist 101 so schmal, daß eine angemessene Breite nicht mehr erreicht wird?


    Flurstück 101 ist recht schmal, an der schmalsten Stelle etwas über 3 m. Es besteht quasi nur aus dem Weg. Meines Erachtens haben die halt damals den Teil des belasteten Flurstücks, das vom Wegerecht betroffen sein sollte, schön sauber neu einmessen lassen. Eigentlich ja eine gute Idee. Nur das Grundbuch hat halt leider niemand angepackt, bevor es zu spät war.

    Blöd ist natürlich die unterbliebene Beteiligung des Vormerkungsberechtigten, die jetzt aus diesem rein formalen Grund zur Eintragung eines Widerspruches gegen die Löschung mit ihm als Berechtigten führen wird. Das klingt für mich nach einem (un-)schönen Zivilrechtsstreit.


    Den wird es vermutlich ohnehin geben. Das Hauptproblem scheint mir hier eher die tatsächliche Ausübung zu sein und weniger die Löschung auf dem anderen Flurstück. Den "Kampf um die Wegbreite" hätte es so oder so gegeben.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

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