Mündelsichere Anlage

  • Hallo, ich muss eine Geldanlage genehmigen (insgesamt ca. 70.000 €). Dem Betreuer wurden vom Kreditinstitut eine Festzinsanleihe (halte ich für mündelsicher, allerdings beträgt die Dauer mindestens 3 Jahre und die Betroffene ist bereits 77 Jahre alt) sowie Fondsanlagen (Immobilienfonds und Aktienfonds) angeboten, die Eröffnung eines Sparbuchs wurde abgelehnt. Bei den Fonds habe ich Bauchschmerzen aufgrund der möglichen Kursschwankungen, allerdings wäre das Geld hier grundsätzlich jederzeit verfügbar. Leider habe ich auch keine Alternativvorschläge. Wer kann mir einen Rat geben?

  • Normalerweise sind Anleihen jederzeit verkäuflich. Welche Art von Anleihe soll das also sein?

    In steigende Zinsen hinein festverzinsliche Anleihen zu kaufen, ist im Übrigen keine allzu gute Idee, weil Kursverluste vorprogrammiert erscheinen. Und wenn es sich wirklich so verhält, dass es eine Mindestanlagezeit von drei Jahren gibt, muss man diesen Kursverlusten tatenlos zusehen.

    Immobilien- oder Aktienfonds halte ich in der aktuellen Krisenzeit auch nicht gerade für ideal.

    Sein Pulver in solchen Zeiten trocken zu halten und auf Cash-Positionen zu sitzen, hat noch niemandem geschadet.

  • Es gibt noch ETFs. Die halte ich zwar nicht wirklich für "besser" als aktiv gemanagte Aktienfonds, aber sie sind immerhin an die entsprechenden Indizes gebunden und, ganz wichtig, man kann long und short investieren.
    Wenn man also der Meinung ist, dass die Kurse fallen werden, kann man auch so investieren. Das ganze geht sogar gehebelt.

    Oder man nutzt den Cost-Avarage-Effekt und investiert über einen Sparplan. Dann hat man sogar auch etwas davon, wenn die Kurse fallen.
    Bei 70.000 wären 2.000 im Monat 35 Monate, also 3 Jahre. Man kann also durchaus auch noch höher gehen. Außerdem würde ich bei dieser Summe mindestens 4 verschiedene Fonds nehmen, z. B. Weltweit, Europa, Konsumgüter, Dividenden.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Sowas kann man selten pauschal beantworten. Ganz gut macht sich aber schon mal immer der Leitsatz "mit fremden Geld spekuliert man nicht".

    Grundlegende Fragen sind eigentlich immer:
    - welche Anlageform wünscht der Betreute (ggf. mutmaßlicher Wille zu ermitteln ;) )?
    - in welchem Zeitraum wird das Geld benötigt (insbesondere bei Fonds oder Aktien mit Kursschwankungen wichtig)?
    - welchen Anteil vom Vermögen macht der Anlagebetrag aus?
    - wie ist ggf. der Rest des Vermögens angelegt?

    Leider ist momentan eher ein eher ungünstiger Zeitpunkt für sichere Geldanlagen. Es ist wohl bald mit einem Zinsanstieg zu rechnen, was Festgeld (wie Cromwell bereits ausgeführt hat) eher ungünstig macht. Gleichzeitig sind insbesondere Aktienfonds momentan dank diverser Krisen gerade auch sehr instabil.

  • Nachtrag:
    Wie hoch ist den der Anteil dieser 70.000 am Gesamtvermögen? Sind das 10% oder 100%? Ist ein Unterschied, der auch Berücksichtigung finden sollte.
    Und wie ist das restliche Vermögen investiert?
    Kann der Betroffene noch seine Meinung äußern?

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  • Und was soll der aussagen können? "Finanzanlagen unterliegen generell einem besonderen Risiko und je höher die Rendite desto höher das Risiko. Ergebnisse aus der Vergangenheit sagen nichts über die zukünftige Wertentwicklung aus"? Dafür braucht man keinen Gutachter.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

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  • Und was soll der aussagen können? "Finanzanlagen unterliegen generell einem besonderen Risiko und je höher die Rendite desto höher das Risiko. Ergebnisse aus der Vergangenheit sagen nichts über die zukünftige Wertentwicklung aus"? Dafür braucht man keinen Gutachter.

    Du unterschätzt den Umfang und Inhalt solcher Gutachten. Natürlich hat auch der Gutachter keine Glaskugel (sonst müsste er nicht als Gutachter arbeiten :D), aber gerade bei großen Vermögen mit verschiedenen, auch komplexeren Anlageformen kann sowas echt hilfreich sein.
    Und wieviel man dem Gutachten abgewinnen kann, hängt auch davon ab, wieviel Ahnung man selbst von sowas hat. Ich behaupte einfach mal, dass es genug Kollegen gibt, die die Hälfte deiner im Vorpost verwenden Begriffe nicht kennen (am Ende des Tages haben wir halt Rechtspflege studiert, nicht irgendwas mit Finanzen^^)

  • Was der Qualität der Ausbildung aber - jedenfalls in dieser Hinsicht - kein gutes Zeugnis ausstellt. Die Rechtspfleger in Familien-, Betreuungs- und Nachlassangelegenheiten sind im Rahmen der Verwaltung des Vermögens durch Vormünder, Pfleger, Betreuer und Nachlasspfleger regelmäßig mit diesen Dingen befasst und dann kann in der Ausbildung nicht so tun, als wenn das den Rechtspfleger nichts anginge.

    Mich hat einmal eine Kollegin gefragt, weshalb bei einer Unternehmensbilanz auf beiden Seiten unter dem Strich der gleiche Betrag stehe.

    Na ja, da ist Hopfen und Malz verloren und da hat auch ihr Abitur nichts genützt.

  • Bei Zweifeln an der Wirtschaftlichkeit einer Anlage ist ggfs. ein Sachverständigengutachten einzuholen,
    OLG Frankfurt Rpfleger 84,147, OLG Schleswig FGPrax 2000,23, Grüneberg § 1811 Rz. 2.

    Ich würde derzeit das Geld bei der Bank lassen, da demnächst Zinsen für Guthaben zu erwarten sind und die Verwahrgelder wegfallen. Das derzeitige auf und ab auf den Aktienmärkten ist nervenaufreibend und nicht gewinnversprechend.

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?89437-Aktien

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ight=Geldanlage

  • Was der Qualität der Ausbildung aber - jedenfalls in dieser Hinsicht - kein gutes Zeugnis ausstellt. Die Rechtspfleger in Familien-, Betreuungs- und Nachlassangelegenheiten sind im Rahmen der Verwaltung des Vermögens durch Vormünder, Pfleger, Betreuer und Nachlasspfleger regelmäßig mit diesen Dingen befasst und dann kann in der Ausbildung nicht so tun, als wenn das den Rechtspfleger nichts anginge.

    Mich hat einmal eine Kollegin gefragt, weshalb bei einer Unternehmensbilanz auf beiden Seiten unter dem Strich der gleiche Betrag stehe.

    Na ja, da ist Hopfen und Malz verloren und da hat auch ihr Abitur nichts genützt.

    Wenn die Kollegin nie Wirtschaft hatte - und man kann Abitur machen und sogar studieren, ohne jemals damit in Kontakt zu kommen - dann hatte sie bisher keine Chance, dass ihr jemand das beigebracht hat. Und ob bisher Anlass zum entsprechenden Selbststudium bestanden hat, wissen wir nicht. Da hast Du hoffentlich die Gelegenheit ergriffen und ihr das erklärt und Dich über die gut angelegten 2-3 Stunden Zeit gefreut. Oder etwa nicht?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Und was soll der aussagen können? "Finanzanlagen unterliegen generell einem besonderen Risiko und je höher die Rendite desto höher das Risiko. Ergebnisse aus der Vergangenheit sagen nichts über die zukünftige Wertentwicklung aus"? Dafür braucht man keinen Gutachter.

    Du unterschätzt den Umfang und Inhalt solcher Gutachten. Natürlich hat auch der Gutachter keine Glaskugel (sonst müsste er nicht als Gutachter arbeiten :D), aber gerade bei großen Vermögen mit verschiedenen, auch komplexeren Anlageformen kann sowas echt hilfreich sein.
    Und wieviel man dem Gutachten abgewinnen kann, hängt auch davon ab, wieviel Ahnung man selbst von sowas hat. Ich behaupte einfach mal, dass es genug Kollegen gibt, die die Hälfte deiner im Vorpost verwenden Begriffe nicht kennen (am Ende des Tages haben wir halt Rechtspflege studiert, nicht irgendwas mit Finanzen^^)

    Klar ist das Gutachten umfangreicher. Aber vermutlich kann man 10, 50 oder auch 100 Seiten auf dieses Resümee reduzieren. Zumindest grob.

    Auch hier magst Du recht haben. Leider.
    Denn dann sollte man nicht mit Entscheidungen über Geldanlagen betraut sein.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Mich hat einmal eine Kollegin gefragt, weshalb bei einer Unternehmensbilanz auf beiden Seiten unter dem Strich der gleiche Betrag stehe.

    Na ja, da ist Hopfen und Malz verloren und da hat auch ihr Abitur nichts genützt.

    Lieber Cromwell, da gebe ich dir Recht, aber ich hätte (wenn ich es darauf angelegt hätte, was ich mit dolus directus 1. Grades eben nicht tat) das komplette jurastudium erfolgreich abschließen können, ohne jemals was konkret von Bilanz, Genossenschaftanzeil und Aktie (außer dem Wort) wissen zu müssen. Rechtspfleger sollten spätestens mit dem Beruf damit grundlegend firm sein, was was ist (von dem depositum irregulare bis hin zu Vermögensverzeichnis und Bilanz). Klar, Entwicklungen am Kapitalmarkt vorauszuahnen verlange ich auch nicht^^ (daher muss ich mein Geld auch noch mit Arbeit verdienen..)

  • Die besagte Kollegin wusste übrigens auch nicht, wie man aufgrund einer auf den Lebenshaltungskostenindex abstellenden Anpassungsklausel den erhöhten Betrag einer Leibrente berechnet.

    Das hätte man allerdings auch mit Abitur mittels Dreisatz berechnen können, wenn einem schon die alternative Art und Weise der Berechnung nicht bekannt ist.

  • Um vielleicht mal zur Ursprungsfrage zurück zu kommen:

    Leider habe ich auch keine Alternativvorschläge. Wer kann mir einen Rat geben?

    Als Gericht habe ich nie Alternativvorschläge wie "Schauen Sie sich doch mal Produkt XY an" gemacht. Die Auswahl der Anlageform obliegt im Ermessen des Betreuers, wir haben lediglich darüber zu entscheiden, ob wir dessen Anlageentscheidung betreuungsgerichtlich genehmigen können.

    Eine Anlageberatung kann und darf ich nicht vornehmen.

    In meiner Praxis habe ich festgestellt, dass sich viele Bürger von ihrer Hausbank beraten lassen. Der dortige Bankberater scheint oft von seinem Arbeitgeber angehalten worden zu sein, gewisse Produkte unter das Volk zu bringen. Anders kann ich mir manche Depotzusammensetzungen, welche Betreuer bei Verfahrensübernahme vorgefunden haben, nicht erklären.

    Ich habe den Betreuern in geeigneten Fällen schon nahegelegt, sich bei einem unabhängigen Anlageberater einen Vorschlag machen zu lassen. Darüber hinaus würde ich nicht in den Auswahlvorgang eingreifen und erst nach Eingang eines konkreten Antrags bei nicht genehmigungsfähigen Anlagen die Genehmigung förmlich versagen.

    Oft gehen die Betreuer trotzdem zu "ihrem" Bankberater und lassen sich dort einen Vorschlag machen. Nicht selten finde ich die ausgewählten Produkte nur mittelmäßig (meist sind es aktiv gemanagte Mischfonds mit relativ hohen Ausgabeaufschlägen und recht hohen laufenden Kosten) und würde sie privat nicht kaufen. Wenn die Anlageentscheidung allerdings nach den Umständen des Einzelfalls vertretbar erscheint, erteile ich die Genehmigung dennoch.

  • Das Problem ist doch, dass die Betreuer auch nicht wissen, wie sie anlegen sollen bzw. wenn sie mit einem nicht genehmigungsfähigen Vorschlag kommen, zusammen mit der Ablehnung der Genehmigung erwarten, dass man ihnen einen genehmigungsfähigen Vorschlag macht.

    Und dem ist nicht so.

    Und wenn ich den 51. Genehmigungsantrag abschlägig bescheide, muss der Betreuer den 52. Genehmigungsantrag vorlegen, ohne dass ich ihm einen Vorschlag mache, was ggf. genehmigungsfähig ist. Diesbezüglich besteht seitens des Gerichts keine Beratungspflicht. Und das muss in die Köpfe der gerichtlichen Entscheider -und in die Köpfe, auch der ehrenamtlichen Betreuer, endlich einmal rein. Alle Statements an Betreuer in Richtung „Fonds würden gehen“ oder „wieso kein Tagesgeld“ sind fehl am Platz. Entscheiden, wie angelegt werden soll, muss allein der Betreuer. Ob wie vorgesehen angelegt werden kann, entscheidet das Gericht. So geht das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren. Und nicht anders.

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